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Anhang - Sechste Verordnung zur vorübergehenden Abweichung von der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (6. BinSchStrOAbweichV)

V. v. 02.04.2024 BGBl. 2024 I Nr. 112
Geltung ab 01.05.2024 bis 30.04.2027; FNA: 9501-57-3 Verkehrsordnung

Anhang (zu § 1) Abweichungen zur Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (BinSchStrO)



I. Inhaltsübersicht

• Inhaltsverzeichnis (Angabe zu § 1.28 - neu)*

• Abweichungen von dieser Verordnung für ein Fahrzeug, bei dem Aufgaben der Navigation ferngesteuert wahrgenommen werden (§ 1.28 - neu)*

II. Vorübergehende Regelungen

1.
Das Inhaltsverzeichnis der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung ist in der um die nachstehende Angabe zu § 1.28 ergänzten Fassung anzuwenden:

„1.28
Abweichungen von dieser Verordnung für ein Fahrzeug, bei dem Aufgaben der Navigation ferngesteuert wahrgenommen werden".

2.
Das Kapitel 1 der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung ist in der um den nachstehenden § 1.28 ergänzten Fassung anzuwenden:

„§ 1.28 Abweichungen von dieser Verordnung für ein Fahrzeug, bei dem Aufgaben der Navigation ferngesteuert wahrgenommen werden

1.
Zu Versuchszwecken kann die zuständige Behörde auf Antrag für ein Fahrzeug, bei dem Aufgaben der Navigation ferngesteuert wahrgenommen werden sollen, Ausnahmen von Anforderungen dieser Verordnung für einen bestimmten Zeitraum für einen bestimmten Streckenabschnitt widerruflich genehmigen. Die Genehmigung darf nur auf der Grundlage einer Begutachtung der für die technische Zulassung von Fahrzeugen zuständigen Stelle nach Maßgabe der Nummer 2 erfolgen. Die Genehmigung ist - auch nachträglich - mit den für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie dem Schutz von Personen und Ladung erforderlichen Nebenbestimmungen zu versehen; dies gilt auch hinsichtlich Anforderungen an die Einrichtung, die Ausrüstung und den Betrieb des Fahrzeugs sowie die Einrichtung und die Ausrüstung der Fernsteuerungszentrale und den Betrieb des Fahrzeugs durch die Fernsteuerungszentrale.

2.
Die Begutachtung nach Nummer 1 Satz 2 muss Aussagen zu den Mindestanforderungen an die Besatzung, an die Einrichtung, die Ausrüstung und den Betrieb des Fahrzeugs sowie an die Einrichtung und die Ausrüstung der Fernsteuerungszentrale und den Betrieb des Fahrzeugs durch die Fernsteuerungszentrale enthalten, mittels derer gewährleistet werden kann, dass das Fahrzeug bei der ferngesteuerten Wahrnehmung der Aufgaben der Navigation

a)
die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und den sicheren Schiffsbetrieb nicht beeinträchtigt und

b)
über ein den anderen auf den Wasserstraßen im Geltungsbereich dieser Verordnung verkehrenden Fahrzeugen der vergleichbaren Fahrzeugart gleichwertiges Sicherheitsniveau verfügt.

Die Eignung zur Fernsteuerung ist durch die zuständige Behörde in der Fahrtauglichkeitsbescheinigung zu vermerken.

3.
Die Fernsteuerungszentrale muss ihren Sitz im Inland haben.

4.
Im Falle einer Genehmigung nach Nummer 1 gelten unbeschadet der sich infolge der Begutachtung nach Nummer 2 ergebenden Anforderungen folgende Vorgaben:

a)
Das Fahrzeug ist mit der nach seiner Fahrtauglichkeitsbescheinigung oder der als Ersatz zugelassenen Urkunde vorgeschriebenen Mindestbesatzung zu besetzen.

b)
Der oder die nach der Fahrtauglichkeitsbescheinigung oder der als Ersatz zugelassenen Urkunde vorgeschriebene Schiffsführer oder Schiffsführerin ist für die Schiffsführung, insbesondere für die Steuerung des Fahrzeugs, und den Schiffsbetrieb weiterhin uneingeschränkt allein verantwortlich.

c)
Der Schiffsführer oder die Schiffsführerin

aa)
muss in der Lage sein, jederzeit und unverzüglich die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen;

bb)
ist gegenüber der Person, die in der Fernsteuerungszentrale die Fernsteuerung des Fahrzeugs wahrnimmt (Operator oder Operatorin), im Hinblick auf die Steuerung des Fahrzeugs weisungsbefugt;

cc)
hat die ständige Anwesenheit eines Besatzungsmitgliedes im Steuerhaus sicherzustellen.

d)
Der Operator oder die Operatorin muss

aa)
ein Befähigungszeugnis zum Führen des Fahrzeugs, das Gegenstand der Genehmigung ist, und für die zu befahrende Strecke,

bb)
im Falle des Befahrens eines Streckenabschnittes, der als Binnenwasserstraßenabschnitt mit besonderen Risiken ausgewiesen ist, die hierfür erforderliche besondere Berechtigung nach der Binnenschiffspersonalverordnung und

cc)
im Falle einer Radarfahrt die besondere Berechtigung für Radar nach der Binnenschiffspersonalverordnung oder ein nach der Binnenschiffspersonalverordnung weitergeltendes Radarpatent oder einen gleichgestellten Nachweis

besitzen.

e)
Auf den Operator oder die Operatorin ist § 1.03 Nummer 4 entsprechend anzuwenden.

f)
Der Operator oder die Operatorin muss jederzeit alle Schallzeichen der Verkehrsteilnehmer so zeitnah wahrnehmen können, dass er oder sie auf diese für die sichere Teilnahme des Fahrzeugs am Schiffsverkehr reagieren kann.

g)
Für die Navigation und die Kommunikation des Fahrzeugs mit anderen Fahrzeugen und Landfunkstellen hat der Operator oder die Operatorin die an Bord vorhandenen Einrichtungen und Geräte zu verwenden.

h)
Die zur Fernsteuerung des Fahrzeugs verwendeten Anlagen müssen dem Operator oder der Operatorin Sichtverhältnisse bieten, die denen nach Artikel 7.02 ES-TRIN für Steuerstände an Bord gleichwertig sind. Insbesondere ist eine Sicht zu gewährleisten, die derjenigen nach § 1.07 Nummer 2 gleichwertig ist.

i)
Die Fernsteuerung des Fahrzeugs darf während der Radarfahrt nur erfolgen, wenn

aa)
die von Bord des ferngesteuerten Fahrzeugs an die Fernsteuerungszentrale übertragenen Radarbilder unmittelbar und so zeitnah übertragen werden, dass der Operator oder die Operatorin für die sichere Teilnahme des Fahrzeugs am Schiffsverkehr reagieren kann,

bb)
in der Fernsteuerungszentrale die Darstellung des Radarbildes der gleichen Qualität des Radarbildes an Bord entspricht,

cc)
der Operator oder die Operatorin in der Lage ist, eigenständig mit einem geeigneten Bedienteil das Radarbild zu verändern, um es zur Navigation auswerten zu können und

dd)
in der Fernsteuerungszentrale auch die Wendegeschwindigkeit angezeigt wird.

j)
Der Schiffsführer oder die Schiffsführerin hat bei einer länger andauernden Beeinträchtigung oder bei Ausfall

aa)
eines für die sichere Teilnahme des Fahrzeugs am Schiffsverkehr notwendigen Navigationsgerätes, Informationsgerätes oder Kommunikationsgerätes, insbesondere des Inland AIS Gerätes, des Inland ECDIS Gerätes, des Radargerätes oder des Wendeanzeigers, während der Fernsteuerung des Fahrzeugs oder

bb)
eines für die Fernsteuerung notwendigen Gerätes an Bord des Fahrzeugs

unverzüglich die Kontrolle des Fahrzeugs zu übernehmen.

k)
Der Operator oder die Operatorin hat die Kontrolle des Fahrzeugs unverzüglich an den Schiffsführer oder die Schiffsführerin abzugeben

aa)
bei einer länger andauernden Beeinträchtigung oder bei Ausfall der Übertragung der Informationen eines nach Buchstabe j für die sichere Teilnahme des Fahrzeugs am Schiffsverkehr notwendigen Gerätes an die Fernsteuerungszentrale,

bb)
bei einer länger andauernden Beeinträchtigung oder bei Ausfall eines für die Fernsteuerung notwendigen Gerätes in der Fernsteuerungszentrale oder

cc)
wenn eine jederzeitige Wahrnehmung aller Schallzeichen der Verkehrsteilnehmer nicht oder nur zeitlich verzögert möglich ist.

l)
Für das Fahrzeug ist eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die auch den Fall einer Fernsteuerung des Fahrzeugs umfasst. Die Versicherung ist der zuständigen Behörde ohne Aufforderung vor dem erstmaligen Betrieb nachzuweisen.

m)
Der zuständigen Behörde ist auf deren Wunsch die Möglichkeit zur Teilnahme an Fahrten einzuräumen sowie Zugang zu der Fernsteuerungszentrale zu gewähren.

5.
Die zuständige Behörde kann von den Eigentümern oder Ausrüstern verlangen, dass die während einer Fahrt in die Fernsteuerungszentrale übertragenen Bilder der Kameras und des Radargerätes des Fahrzeugs aufgezeichnet und der zuständigen Behörde zur Auswertung zur Verfügung gestellt werden.

6.
Der Schiffsführer oder Schiffsführerin hat sicherzustellen, dass die Genehmigung nach Nummer 1 an Bord mitgeführt wird. Zulässig ist auch eine jederzeit lesbare, elektronische Textfassung im Dateiformat PDF.

7.
Der Schiffsführer oder die Schiffsführerin hat die Genehmigung nach Nummer 1 auf Verlangen der zuständigen Behörde auszuhändigen oder in einer jederzeit lesbaren, elektronischen Textfassung in dem in Nummer 6 Satz 2 genannten Format zur Verfügung zu stellen.

8.
Die Eigentümer und Ausrüster haben jeweils dafür zu sorgen, dass die Genehmigung nach Nummer 1 oder eine jederzeit lesbare, elektronische Textfassung in dem in Nummer 6 Satz 2 genannten Format an Bord mitgeführt wird.

9.
Die Nummern 1, 2 und 4 bis 8 gelten nicht für ein Kleinfahrzeug, das keiner Untersuchungspflicht unterliegt oder nicht untersucht worden ist. Im Einzelfall kann die zuständige Behörde zu Versuchszwecken die ferngesteuerte Wahrnehmung von Aufgaben der Navigation auf einem Kleinfahrzeug zulassen. Nummer 1 Satz 2 in Verbindung mit Nummer 2 Satz 1 ist entsprechend anzuwenden."


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erstmals erlassen