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Teil 1 - Wirtschaftsprüfungsexamens-Anrechnungsverordnung (WPAnrV)

V. v. 27.05.2005 BGBl. I S. 1520; zuletzt geändert durch Artikel 4 V. v. 28.04.2016 BGBl. I S. 1046
Geltung ab 08.06.2005; FNA: 702-1-10 Berufsrecht
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Teil 1 Anerkennung von Studiengängen (§ 8a der Wirtschaftsprüferordnung)

§ 1 Besondere Eignung von Masterstudiengängen



Leistungen aus einem Masterstudiengang im Sinn des § 19 des Hochschulrahmengesetzes werden auf das Wirtschaftsprüfungsexamen angerechnet, wenn der Masterstudiengang zur Ausbildung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüferinnen besonders geeignet ist. Dies ist der Fall, wenn er den Anforderungen dieser Verordnung entspricht und akkreditiert ist (Anerkennung im Sinn des § 8a Abs. 1 der Wirtschaftsprüferordnung).


§ 2 Anerkennungsgrundlagen



(1) Die Anerkennung eines Masterstudiengangs nach § 1 Satz 2 setzt voraus, dass mit dem Studiengang das Ziel erreicht wird, den Studierenden die Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die dem Berufsprofil des Wirtschaftsprüfers oder der Wirtschaftsprüferin entsprechen. Künftige Berufsangehörige müssen am Ende ihrer Ausbildung insbesondere die Fähigkeit zur Durchführung betriebswirtschaftlicher Prüfungen sowie in den Tätigkeitsbereichen der Steuer- und Wirtschaftsberatung und der Rechtsdienstleistung die Kenntnisse und Fertigkeiten erworben haben, um Mandantenaufträge erledigen und interdisziplinäre Fragestellungen lösen zu können. Der Masterstudiengang muss dazu folgende wesentliche Lehrinhalte umfassen:

1.
das wirtschaftliche Prüfungswesen, die Unternehmensbewertung und das Berufsrecht,

2.
die Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre,

3.
das Wirtschaftsrecht und

4.
das Steuerrecht.

(2) Das Lehrangebot muss die theoretischen und praktischen Aspekte der Ausbildung des Wirtschaftsprüfers oder der Wirtschaftsprüferin in ausgewogener Form berücksichtigen, hohe Anforderungen an eine umfassende Entwicklung der erforderlichen sozialen Kompetenz stellen und die in Absatz 1 genannten Kenntnisse und Fähigkeiten mit folgenden Ausprägungen vermitteln:

1.
Grundwissen: Studierende kennen die wesentlichen Definitionen und können die herrschende Meinung wiedergeben.

2.
Verständnis: Studierende können das Wissen ordnen und es systematisch wiedergeben sowie Probleme erkennen.

3.
Anwendung: Studierende können das erworbene Wissen anwenden und eigene Berechnungen sowie Interpretationen erstellen; sie können Einzelfälle angemessen beurteilen und die Ergebnisse auswerten.

4.
Analyse: Studierende können komplexe Problemstellungen erkennen und auf Grundlage der erworbenen Erfahrung analysieren.

5.
Synthese: Studierende können korrigierend in Prozesse eingreifen, neue Vorgehensweisen entwickeln und Verbesserungsvorschläge unterbreiten; dazu gehört auch die Fähigkeit, die eigene Leistung angemessen darzustellen und lösungsorientiert weiterzuentwickeln.

6.
Bewertung: Studierende können Werturteile abgeben, Vergleiche heranziehen und richtige Schlussfolgerungen ziehen, sie können Prognosen erstellen und die eigenen Aussagen rechtfertigen.

Diese Ausprägungen enthalten noch keine berufliche Spezialisierung, da diese erst nach der Bestellung zum Wirtschaftsprüfer oder zur Wirtschaftsprüferin durch Praxiserfahrung und Fortbildung entwickelt wird.


§ 3 Anforderungen an den Zugang zum Masterstudiengang und dessen Ausgestaltung



Die Anerkennung eines Masterstudiengangs nach § 1 Satz 2 setzt voraus, dass die Prüfungsordnung

1.
den Nachweis über die Ableistung von drei Monaten Tätigkeit gemäß § 9 Abs. 1 der Wirtschaftsprüferordnung und drei Monaten Prüfungstätigkeit gemäß § 9 Abs. 2 der Wirtschaftsprüferordnung (Praxiszeit) nach Erwerb des ersten berufsqualifizierenden Abschlusses, aber vor Beginn des Masterstudiengangs vorsieht;

2.
das Bestehen einer Zugangsprüfung, die wirtschaftsprüfungsrelevante Anteile berücksichtigt, vorsieht; vor Beginn des Studiums muss die Praxiszeit abgeleistet sein;

3.
für den Masterstudiengang vier Theoriesemester vorsieht;

4.
vorsieht, dass die Masterabschlussarbeit in dem Prüfungsgebiet "Wirtschaftliches Prüfungswesen, Unternehmensbewertung und Berufsrecht" geschrieben wird.




§ 4 Referenzrahmen



(1) Die Anforderungen an die einzelnen Studien- und Prüfungsziele des Masterstudiengangs auf Grundlage der in § 2 genannten Anerkennungsgrundlagen sowie an den Inhalt der Zugangsprüfung nach § 3 Nr. 2 ergeben sich aus einem fachspezifisch konkretisierten Referenzrahmen; die Prüfungsordnungen der Hochschulen bleiben unberührt.

(2) 1Der Referenzrahmen wird von einem Gremium bestehend aus je einem Vertreter oder einer Vertreterin der Aufgabenkommission nach § 8 der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung, der Finanzverwaltung, der Wirtschaftsprüferkammer, einer oder einem Beauftragten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie je zwei Vertretern oder Vertreterinnen des Berufsstandes und der Hochschulen erarbeitet und beschlossen. 2Der Akkreditierungsrat kann beratend an den Sitzungen des Gremiums teilnehmen. 3Vor einer Anpassung des Referenzrahmens soll dem Akkreditierungsrat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. 4Die Wirtschaftsprüferkammer ernennt die Mitglieder des Gremiums im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. 5Das Gremium ist auch berechtigt, unverbindliche Lehrpläne (Curricula) zu erstellen. 6Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erklärt den Referenzrahmen gegenüber den in § 5 Abs. 2 Satz 1 genannten Vertretern und Vertreterinnen für verbindlich. 7Der Referenzrahmen wird von der Prüfungsstelle elektronisch geführt und zugänglich gemacht.




§ 5 Akkreditierung



(1) Die Akkreditierung und Reakkreditierung des Masterstudiengangs unter Berücksichtigung der Anforderungen dieser Verordnung erfolgt auf Antrag der Hochschule durch eine vom Akkreditierungsrat akkreditierte Agentur; diese ist die für die Anerkennung zuständige Stelle im Sinn des § 8a Abs. 3 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung.

(2) Wenn gemäß dem Antrag der Hochschule im Akkreditierungsverfahren festgestellt werden soll, ob der Masterstudiengang zur Ausbildung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüferinnen besonders geeignet ist, müssen bei der Akkreditierung je ein Vertreter oder Beauftragter oder eine Vertreterin oder Beauftragte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, der Finanzverwaltung und der Wirtschaftsprüferkammer mitwirken. Die Entscheidung nach Satz 1 bedarf der Zustimmung von mindestens zwei Vertretern oder Beauftragten. Im Fall der Zustimmung ist eine Anrechnung von Leistungen aus dem Masterstudiengang auf das Wirtschaftsprüfungsexamen möglich und wird in die Akkreditierung folgender Zusatz aufgenommen: "Leistungen aus dem Masterstudiengang können in den Prüfungsgebieten "Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre" und "Wirtschaftsrecht" des Wirtschaftsprüfungsexamens angerechnet werden".




§ 6 Anrechnung von Leistungen aus dem Masterstudiengang auf das Wirtschaftsprüfungsexamen und Anrechnungsverfahren



(1) 1Die Prüfungsstelle stellt auf Grundlage der Akkreditierung des Masterstudiengangs gemäß § 5 die Anrechnung von Leistungen auf das Wirtschaftsprüfungsexamen fest. 2Sie lässt die antragstellende Person zum Wirtschaftsprüfungsexamen im Umfang des Absatzes 3 zu und lädt sie gemäß § 9 Abs. 6 Satz 2 der Wirtschaftsprüferordnung zum nächstmöglichen Prüfungstermin.

(2) 1Dem Antrag an die Prüfungsstelle gemäß § 1 oder § 25 der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung ist das Zeugnis über den Masterabschluss im Original oder in beglaubigter Abschrift beizufügen. 2Die Masterabschlussprüfung darf zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Zulassung zum Wirtschaftsprüfungsexamen nicht länger als vier Jahre zurückliegen.

(3) 1Die Anrechnung ersetzt die schriftlichen und mündlichen Prüfungen in den Prüfungsgebieten "Angewandte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre" und "Wirtschaftsrecht". 2Der Kurzvortrag sowie die schriftlichen und mündlichen Prüfungen in den Prüfungsgebieten "Wirtschaftliches Prüfungswesen, Unternehmensbewertung und Berufsrecht" und "Steuerrecht" müssen vor der Prüfungskommission nach § 2 der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung nach Wahl der Prüfungsstelle auch in Sonderprüfungsterminen abgelegt werden. 3Dies gilt auch für Rücktrittsfolge- und Wiederholungsprüfungen in den Prüfungsgebieten "Wirtschaftliches Prüfungswesen, Unternehmensbewertung und Berufsrecht" und "Steuerrecht". 4In den Fällen der Sätze 2 und 3 dauert die mündliche Prüfung 60 Minuten. 5§ 19 Abs. 5 der Wirtschaftsprüferprüfungsverordnung findet Anwendung.

(4) 1Wenn eine Anrechnung im Einzelfall voraussichtlich nicht erfolgen kann, ist der Hochschule, die das Zeugnis über den Masterabschluss ausgestellt hat, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 2Erfolgt danach keine Anrechnung, teilt die Prüfungsstelle dies der antragstellenden Person schriftlich oder elektronisch mit. 3Die Ablehnung einer Anrechnung kann insbesondere gerechtfertigt sein, wenn der Masterstudiengang nach der Akkreditierung wesentlich umgestaltet wird, so dass eine besondere Eignung nach § 1 ganz oder in Teilen entfallen ist. 4Für das Widerspruchsverfahren gilt § 5 Abs. 5 der Wirtschaftsprüferordnung entsprechend.