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Abschnitt 1 - Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung (BmTierSSchV)

neugefasst durch B. v. 06.04.2005 BGBl. I S. 997; zuletzt geändert durch Artikel 139 G. v. 29.03.2017 BGBl. I S. 626
Geltung ab 01.01.1993; FNA: 7831-10 Tierseuchenbekämpfung
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Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Anwendungsbereich



(1) Diese Verordnung regelt das innergemeinschaftliche Verbringen sowie die Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr

1.
lebender Paarhufer (Artiodactyla), Unpaarhufer (Perissodactyla), Rüsseltiere (Proboscidae), Hunde, Hauskatzen, Hasen, Kaninchen, Affen (Simiae), Halbaffen (Prosimiae), Frettchen, Füchse, Nerze, lebenden Geflügels sowie lebender Papageien, Sittiche und sonstiger Vögel, Fische, Bienen und Hummeln (Tiere),

2.
von Erzeugnissen, Rohstoffen und Teilen von Tieren der in Nummer 1 genannten Arten, von Tierkörpern und Tierkörperteilen erlegter Tiere und von Fleisch wild lebender Landsäugetiere (Waren),

3.
von Gegenständen, die Träger von Ansteckungsstoff sein können (Gegenstände).

Diese Verordnung regelt auch das innergemeinschaftliche Verbringen sowie die Einfuhr nicht in Satz 1 Nr. 1 aufgeführter Tiere, die für Zoos, Wildparke oder sonstige Einrichtungen bestimmt sind, die nach den zur Umsetzung des Artikels 13 der Richtlinie 92/65/EWG des Rates vom 13. Juli 1992 über die tierseuchenrechtlichen Bedingungen für den Handel mit Tieren, Samen, Eizellen und Embryonen in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Abschnitt I der Richtlinie 90/425/EWG unterliegen (ABl. EG Nr. L 268 S. 64) in der jeweils geltenden Fassung erlassenen jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften zugelassenen sind.

(2) Soweit in dieser Verordnung nichts anderes geregelt ist, sind deren Vorschriften nicht auf Waren oder Gegenstände anzuwenden, die dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. EG Nr. L 273 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen.

(3) Die Vorschriften dieser Verordnung sind nicht anzuwenden, soweit unmittelbar geltende Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieser Verordnung inhaltsgleiche oder abweichende Anforderungen an das innergemeinschaftliche Verbringen, die Einfuhr, Durchfuhr oder Ausfuhr regeln.




§ 2 Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieser Verordnung sind

1.
Huftiere:

Paarhufer (Artiodactyla), Unpaarhufer (Perissodactyla), ausgenommen Einhufer (Equidae), und Rüsseltiere (Elephantidae);

2.
Paarhufer:

Gabelböcke (Antilocapridae), Hornträger (Bovidae), Kameliden (Camelidae), Hirsche (Cervidae), Giraffen (Giraffidae), Flusspferde (Hippopotamidae), Moschusochsen (Moschidae), Schweine (Suidae), Pekaris (Tayassuidae) und Hirschferkel (Tragulidae);

3.
Klauentiere:

Wiederkäuer, Kameliden und Schweine;

4.
Rinder:

als Haustiere gehaltene Tiere der Gattung Rinder einschließlich Bisons, Wisente und Wasserbüffel;

5.
Unpaarhufer, ausgenommen Einhufer:

Nashörner (Rhinocerotidae) und Tapire (Tapiridae);

6.
Einhufer:

Pferde, Esel, Maultiere, Maulesel, Zebras und Zebroide;

7.
eingetragene Einhufer:

Nutz- und Zuchteinhufer, die in ein Zuchtbuch eingetragen sind oder dort vermerkt sind und eingetragen werden können oder registrierte Equiden im Sinne des Artikels 2 Buchstabe c der Richtlinie 90/426/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Festlegung der tierseuchenrechtlichen Vorschriften für das Verbringen von Equiden und für ihre Einfuhr aus Drittländern (ABl. EG Nr. L 224 S. 42);

8.
Rüsseltiere:

Elefanten (Elephantidae);

9.
Geflügel:

Enten, Fasanen, Gänse, Hühner, Laufvögel (Flachbrustvögel), Perlhühner, Rebhühner, Tauben, Truthühner und Wachteln, die zur Zucht, Erzeugung von Fleisch oder Eiern oder zur Aufstockung von Wildbeständen gehalten werden;

10.
Eintagsküken:

Geflügel mit einem Alter von weniger als 72 Stunden, das - ausgenommen bei Flugenten und deren Kreuzungen - seit dem Schlupf nicht gefüttert worden ist;

11.
Bruteier:

Geflügeleier, die zur Bebrütung bestimmt sind;

12.
Fleisch von Huftieren:

Fleisch von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Einhufern;

13.
Geflügelfleisch:

Fleisch von Geflügel, ausgenommen Fleisch von Laufvögeln;

14.
Fleisch von Farmwild:

Fleisch von Laufvögeln und Landsäugetieren aus Zuchtanlagen, ausgenommen Fleisch von Huftieren;

15.
Bienen:

Bienenvölker sowie Bienenköniginnen mit ihren Begleitbienen;

16.
Nutz- und Zuchttiere:

Tiere, die insbesondere zur Zucht oder zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse bestimmt sind, mit Ausnahme der Schlachttiere;

17.
Schlachttiere:

Tiere, die zur alsbaldigen Schlachtung in einer Schlachtstätte oder für eine Sammelstelle, die sie nur zur Schlachtung verlassen dürfen, bestimmt sind;

18.
Fleisch:

zum menschlichen Verzehr geeignete Teile geschlachteter oder erlegter Tiere und die daraus hergestellten Fleischerzeugnisse;

19.
Frisches Fleisch:

Fleisch, das keiner auf seine Haltbarkeit einwirkenden Behandlung, außer einer Kältebehandlung, unterworfen worden ist;

20.
Fleischerzeugnis:

Erzeugnis, das aus oder mit einem Zusatz von Fleisch hergestellt und einer auf seine Haltbarkeit einwirkenden Behandlung, außer einer Kältebehandlung, unterworfen worden ist;

21.
Futtermittel:

Futtermittel im Sinne der futtermittelrechtlichen Vorschriften, die aus Waren bestehen oder solche enthalten;

22.
Fischhaltungsbetrieb:

Anlage oder Einrichtung zur Zucht, Haltung oder Hälterung von Fischen;

23.
Sammelstelle:

Betriebe, in denen Klauentiere oder Einhufer aus verschiedenen Ursprungsbetrieben für den Handel zusammengeführt werden;

24.
EWR-Staat:

Drittland, das Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist;

25.
Durchfuhr:

Einfuhr von Sendungen oder innergemeinschaftliches Verbringen eingeführter Sendungen mit anschließender Ausfuhr;

26.
Dokumentenprüfung:

amtliche Prüfung der die Tiere und Waren begleitenden Bescheinigungen;

27.
Nämlichkeitskontrolle:

amtliche Prüfung der Übereinstimmung von Tieren und Waren mit den sie begleitenden Bescheinigungen;

28.
physische Untersuchung:

amtliche Untersuchung des seuchenhygienischen Zustandes von Tieren und Waren;

29.
Grenzkontrollstelle:

amtliche Überwachungsstelle für die Durchführung der Dokumentenprüfung, Nämlichkeitskontrolle und physischen Untersuchung von Tieren und Waren an der Grenze zu einem Drittland oder in einem Hafen oder Flughafen.




§ 3 Bescheinigungen



(1) Bescheinigungen nach dieser Verordnung müssen der zuständigen Behörde im Original oder im Falle des § 30 Abs. 1 Satz 1 in beglaubigter Kopie vorgelegt werden und in deutscher Sprache ausgestellt oder mit einer amtlich beglaubigten deutschen Übersetzung versehen sein. Bescheinigungen für Sendungen, die für einen anderen Mitgliedstaat bestimmt sind, müssen zusätzlich in einer Amtssprache dieses Mitgliedstaates ausgestellt sein. Werden Sendungen über eine in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Grenzkontrollstelle eingeführt, müssen die Bescheinigungen abweichend von Satz 1 mindestens in einer der Amtssprachen dieses Mitgliedstaates ausgestellt sein. Bescheinigungen nach den Sätzen 1 bis 3 müssen aus einem einzigen Blatt oder aus einem mehrseitigen, untrennbar zusammengefügten Dokument bestehen.

(2) Bescheinigungen dürfen nur ausgestellt werden, wenn alle für die betreffenden Tiere oder Waren vorgesehenen Anforderungen erfüllt sind. Soweit für Bescheinigungen Muster oder Vordrucke vorgeschrieben sind und diese Alternativen vorsehen, muss jeweils das Vorliegen mindestens einer der Alternativen bescheinigt sein. Streichungen in vorgegebenen Mustern oder Vordrucken sind nur zulässig, wenn es sich handelt um

1.
nicht zutreffende Alternativen,

2.
Anforderungen, die für eine bestimmte Altersgruppe oder einen bestimmten Verwendungszweck nicht gefordert werden, oder

3.
die Anwendung einer Ausnahme, die auf Grund dieser Verordnung von der zuständigen Behörde zugelassen worden ist.


§ 4 Anzeige und Registrierung



Wer gewerbsmäßig

1.
Tiere oder in Anlage 1 genannte Waren innergemeinschaftlich verbringen oder einführen oder

2.
Hausklauentiere im Rahmen des innergemeinschaftlichen Verbringens oder der Einfuhr transportieren

will, hat dies vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen. Dies gilt nicht für Betriebe, die einer Zulassung nach § 15 Abs. 1 oder 3 oder § 14 der Fischseuchen-Verordnung bedürfen, und Betriebe, die wegen einer Tätigkeit nach Satz 1 in einem anderen Mitgliedstaat registriert oder zugelassen worden sind. Die zuständige Behörde erfasst die angezeigten Betriebe unter Erteilung einer Registriernummer in einem Register.


§ 5 Buchführung



Wer eine Tätigkeit nach § 4 Satz 1 ausübt, hat

1.
über die von ihm innergemeinschaftlich verbrachten und eingeführten Tiere und Waren gemäß Satz 2 und 3 Buch zu führen, soweit er nicht nach § 20 der Viehverkehrsverordnung zur Führung eines Viehkontrollbuches verpflichtet ist,

2.
Bescheinigungen nach dieser Verordnung, die ihn als Empfänger der Tiere oder Waren ausweisen, gemäß Satz 3 aufzubewahren.

Aus dem Buch müssen folgende Angaben zu entnehmen sein:

1.
Ort und Tag der Übernahme der Tiere oder Waren sowie Name und Anschrift des bisherigen Besitzers,

2.
Tag der Abgabe der Tiere oder Waren sowie Name und Anschrift des Erwerbers,

3.
Art, Zahl sowie Kennzeichnung der Tiere, soweit nach tierseuchenrechtlichen Vorschriften eine Kennzeichnungspflicht besteht,

4.
Bezug zu der die Sendung begleitenden Bescheinigung.

Das Buch und die Bescheinigungen sind für eine Dauer von mindestens drei Jahren aufzubewahren. Die Frist beginnt im Falle

1.
des Buches mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung gemacht worden ist,

2.
der Bescheinigung mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Tiere oder Waren empfangen worden sind.

Sie sind der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. § 24 Abs. 1 und 2 der Viehverkehrsverordnung gilt entsprechend.


§ 6 Anforderungen an Transportmittel und -behältnisse



(1) Tiere und Waren der in Anlage 2 Spalte 1 genannten Arten oder Verwendungszwecke dürfen nur in Transportmitteln oder -behältnissen innergemeinschaftlich verbracht oder eingeführt werden, die den dort für sie in Spalte 2 genannten Anforderungen entsprechen.

(2) Geflügel, Bruteier von Geflügel, Papageien und Sittiche dürfen nur in Transportbehältnissen innergemeinschaftlich verbracht oder eingeführt werden, die ausschließlich Tiere oder Bruteier derselben Art enthalten, demselben Verwendungszweck dienen und im Falle von Geflügel und Bruteiern aus demselben Betrieb stammen.


§ 7 Zuständigkeit, allgemeiner Genehmigungsgrundsatz



Die Entscheidung über die Genehmigungen nach dieser Verordnung obliegt der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde. Eine Genehmigung darf nicht erteilt werden, wenn eine Verbreitung von Tierseuchen zu befürchten ist.