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§ 20l - Bundeskriminalamtgesetz (BKAG)

§ 20l Überwachung der Telekommunikation *)



(1) 1Das Bundeskriminalamt kann ohne Wissen des Betroffenen die Telekommunikation einer Person überwachen und aufzeichnen,

1.
die entsprechend § 17 oder § 18 des Bundespolizeigesetzes verantwortlich ist, und dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, geboten ist,

2.
bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 vorbereitet,

3.
bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie für eine Person nach Nummer 1 bestimmte oder von dieser herrührende Mitteilungen entgegennimmt oder weitergibt, oder

4.
bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person nach Nummer 1 deren Telekommunikationsanschluss oder Endgerät benutzen wird,

und die Abwehr der Gefahr oder Verhütung der Straftaten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 2Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.

(2) 1Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf ohne Wissen des Betroffenen in der Weise erfolgen, dass mit technischen Mitteln in vom Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird, wenn

1.
durch technische Maßnahmen sichergestellt ist, dass ausschließlich laufende Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet wird, und

2.
der Eingriff in das informationstechnische System notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation insbesondere auch in unverschlüsselter Form zu ermöglichen.

2§ 20k Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. 3§ 20k bleibt im Übrigen unberührt.

(3) 1Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen nur auf Antrag des Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seines Vertreters durch das Gericht angeordnet werden. 2Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung durch den Präsidenten des Bundeskriminalamtes oder seinen Vertreter getroffen werden. 3In diesem Fall ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. 4Soweit diese Anordnung nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft.

(4) 1Die Anordnung ergeht schriftlich. 2In ihr sind anzugeben

1.
die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,

2.
die Rufnummer oder eine andere Kennung des zu überwachenden Anschlusses oder des Endgeräts, sofern sich nicht aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass diese zugleich einem anderen Endgerät zugeordnet ist,

3.
Art, Umfang und Dauer der Maßnahme unter Benennung des Endzeitpunktes und

4.
im Fall des Absatzes 2 auch eine möglichst genaue Bezeichnung des informationstechnischen Systems, in das zur Datenerhebung eingegriffen werden soll.

3Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. 4Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse fortbestehen. 5Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, sind die auf Grund der Anordnung ergriffenen Maßnahmen unverzüglich zu beenden.

(5) 1Auf Grund der Anordnung hat jeder, der Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt (Diensteanbieter), dem Bundeskriminalamt die Maßnahmen nach Absatz 1 zu ermöglichen und die erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. 2Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz und der Telekommunikations-Überwachungsverordnung. 3Für die Entschädigung der Diensteanbieter ist § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entsprechend anzuwenden.

(6) 1Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch eine Maßnahme nach den Absätzen 1 und 2 allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. 2Soweit im Rahmen von Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 neben einer automatischen Aufzeichnung eine unmittelbare Kenntnisnahme erfolgt, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. 3Bestehen insoweit Zweifel, darf nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden. 4Automatische Aufzeichnungen nach Satz 3 sind unverzüglich dem anordnenden Gericht zur Entscheidung über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. 5Ist die Maßnahme nach Satz 2 unterbrochen worden, so darf sie für den Fall, dass sie nicht nach Satz 1 unzulässig ist, fortgeführt werden. 6Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch eine Maßnahme nach den Absätzen 1 und 2 erlangt worden sind, dürfen nicht verwertet werden. 7Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. 8Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. 9Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. 10Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.


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*)
Anm. d. Red.: die Vorschrift ist teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar; siehe Bekanntmachung und Maßgaben des BVerfG in B. v. 4. Mai 2016 (BGBl. I S. 1136)





 

Frühere Fassungen von § 20l BKAG

Die nachfolgende Aufstellung zeigt alle Änderungen dieser Vorschrift. Über die Links aktuell und vorher können Sie jeweils alte Fassung (a.F.) und neue Fassung (n.F.) vergleichen. Beim Änderungsgesetz finden Sie dessen Volltext sowie die Begründung des Gesetzgebers.

vergleichen mitmWv (verkündet)neue Fassung durch
aktuell vorher 20.04.2016 (09.05.2016)Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09 - (zum Bundeskriminalamtgesetz)
vom 04.05.2016 BGBl. I S. 1136
aktuell vorher 01.01.2009Artikel 1 Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt
vom 25.12.2008 BGBl. I S. 3083
aktuellvor 01.01.2009früheste archivierte Fassung

Bitte beachten Sie, dass rückwirkende Änderungen - soweit vorhanden - nach dem Verkündungsdatum des Änderungstitels (Datum in Klammern) und nicht nach dem Datum des Inkrafttretens in diese Liste einsortiert sind.



 

Zitierungen von § 20l BKAG

Sie sehen die Vorschriften, die auf § 20l BKAG verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in BKAG selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
interne Verweise

§ 20m BKAG Erhebung von Telekommunikationsverkehrsdaten und Nutzungsdaten *) (vom 20.04.2016)
... bestimmten Weg durch den Diensteanbieter zu übermitteln. (3) § 20l Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Präsidenten des ... die zuständige Abteilungsleitung oder deren Vertretung tritt. Abweichend von § 20l Abs. 4 Nr. 2 genügt eine räumlich und zeitlich hinreichende Bezeichnung der ...
§ 20n BKAG Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und -endgeräten (vom 01.01.2009)
... Das Bundeskriminalamt kann unter den Voraussetzungen des § 20l Abs. 1 durch technische Mittel 1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgeräts und die ... und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. (3) § 20l Abs. 3 und 4 Satz 1 und 5 gilt entsprechend. Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen. Eine ...
§ 20v BKAG Gerichtliche Zuständigkeit, Kennzeichnung, Verwendung und Löschung *) (vom 09.06.2017)
... entsprechend. (3) Die durch Maßnahmen nach den §§ 20g bis 20n erhobenen personenbezogenen Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer ... Strafgesetzbuchs bezeichnet sind, im Fall einer Maßnahme nach den §§ 20h, 20k oder § 20l nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere ... zulässig wäre. Daten, die nach den §§ 20h, 20k oder § 20l erhoben worden sind, dürfen nur zur Verfolgung von Straftaten übermittelt werden, die im ...
§ 20w BKAG Benachrichtigung (vom 01.01.2009)
... Über eine Maßnahme nach den §§ 20g bis 20n sind zu benachrichtigen im Fall 1. des § 20g Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ... Systeme) die Zielperson sowie die mitbetroffenen Personen, 7. des § 20l (Telekommunikationsüberwachung) die Beteiligten der überwachten Telekommunikation, ...
 
Ermächtigungsgrundlage gemäß Zitiergebot

Stammnormen
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09 - (zum Bundeskriminalamtgesetz)
B. v. 04.05.2016 BGBl. I S. 1136
 
Zitate in Änderungsvorschriften

Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt
G. v. 25.12.2008 BGBl. I S. 3083
Artikel 1 BKATerrorG Änderung des Bundeskriminalamtgesetzes
...  § 20k Verdeckter Eingriff in informationstechnische Systeme § 20l Überwachung der Telekommunikation § 20m Erhebung von ... jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt. § 20l Überwachung der Telekommunikation (1) Das Bundeskriminalamt kann ohne Wissen des ... Bundeskriminalamt bestimmten Weg durch den Diensteanbieter zu übermitteln. (3) § 20l Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Präsidenten des ... Vertreters die zuständige Abteilungsleitung oder deren Vertretung tritt. Abweichend von § 20l Abs. 4 Nr. 2 genügt eine räumlich und zeitlich hinreichende Bezeichnung der Telekommunikation, sofern ... und -endgeräten (1) Das Bundeskriminalamt kann unter den Voraussetzungen des § 20l Abs. 1 durch technische Mittel 1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgeräts und die ... und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. (3) § 20l Abs. 3 und 4 Satz 1 und 5 gilt entsprechend. Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen. Eine ... Gerichtsbarkeit entsprechend. (3) Die durch Maßnahmen nach den §§ 20g bis 20n erhobenen personenbezogenen Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung an ... Strafgesetzbuchs bezeichnet sind, im Fall einer Maßnahme nach den §§ 20h, 20k oder § 20l nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere ... der Strafprozessordung zulässig wäre. Daten, die nach den §§ 20h, 20k oder § 20l erhoben worden sind, dürfen nur zur Verfolgung von Straftaten übermittelt werden, die im ... 20w Benachrichtigung (1) Über eine Maßnahme nach den §§ 20g bis 20n sind zu benachrichtigen im Fall 1. des § 20g Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ... Systeme) die Zielperson sowie die mitbetroffenen Personen, 7. des § 20l (Telekommunikationsüberwachung) die Beteiligten der überwachten Telekommunikation, ...

Gesetz zur Änderung des Antiterrordateigesetzes und anderer Gesetze
G. v. 18.12.2014 BGBl. I S. 2318, 2016 I S. 48
Artikel 1 ATDGuaÄndG Änderung des Antiterrordateigesetzes (vom 01.01.2015)
... die durch 1. Maßnahmen nach § 100a der Strafprozessordnung oder § 20l des Bundeskriminalamtgesetzes, 2. Maßnahmen nach § 100c der ...
Artikel 2 ATDGuaÄndG Änderung des Rechtsextremismus-Datei-Gesetzes (vom 01.01.2015)
... die durch 1. Maßnahmen nach § 100a der Strafprozessordnung oder § 20l des Bundeskriminalamtgesetzes, 2. Maßnahmen nach § 100c der ...

Verordnung zur Änderung der Telekommunikations-Überwachungsverordnung
V. v. 14.06.2017 BGBl. I S. 1657
Artikel 1 TKÜVÄndV Änderung der Telekommunikations-Überwachungsverordnung
... § 10 des Artikel 10-Gesetzes, § 23b des Zollfahndungsdienstgesetzes, § 20l des Bundeskriminalamtgesetzes , § 9 des BND-Gesetzes oder nach Landesrecht und b) im Sinne des Teils 4 die ... 1 Nummer 1 des Artikel 10-Gesetzes, § 23a Absatz 1 Satz 1 des Zollfahndungsdienstgesetzes, § 20l Absatz 5 Satz 1 des Bundeskriminalamtgesetzes , den §§ 6, 12 oder 14 des BND-Gesetzes oder nach Landesrecht auf Grund der jeweiligen ... werden nach dem Wort „Zollfahndungsdienstgesetzes" ein Komma und die Wörter „ § 20l des Bundeskriminalamtgesetzes , den §§ 6, 12 oder 14 des BND-Gesetzes" eingefügt. j) Nummer 17 ... von Teil 2 werden nach dem Wort „Zollfahndungsdienstgesetzes" die Wörter „, § 20l des Bundeskriminalamtgesetzes " eingefügt. 4. § 3 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 ... 2 Absatz 1 Satz 3 des Artikel 10-Gesetzes, § 23a Absatz 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes, § 20l Absatz 5 Satz 1 des Bundeskriminalamtgesetzes sowie die Vorschriften des Landesrechts über Maßnahmen zur Überwachung der ... werden nach dem Wort „Zollfahndungsdienstgesetzes" die Wörter „ , § 20l des Bundeskriminalamtgesetzes " eingefügt. bb) In Nummer 3 wird nach dem Wort „wird" das Komma ...