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Kapitel 4 - Bundesdisziplinargesetz (BDG)

Artikel 1 G. v. 09.07.2001 BGBl. I S. 1510; zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 20.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 389
Geltung ab 01.01.2002; FNA: 2031-4 Disziplinarrecht
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Teil 3 Behördliches Disziplinarverfahren

Kapitel 4 Vorläufige Dienstenthebung und Einbehaltung von Bezügen

§ 38 Zulässigkeit



(1) 1Die für den Erlass der Disziplinarverfügung zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn

1.
im Disziplinarverfahren voraussichtlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts erfolgen wird,

2.
in einem wegen desselben Sachverhalts eingeleiteten Strafverfahren voraussichtlich eine Strafe verhängt wird, die den Verlust der Rechte als Beamter oder Ruhestandsbeamter zur Folge hat,

3.
bei einem Beamten auf Probe oder einem Beamten auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Absatz 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 37 Absatz 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgen wird oder

4.
durch sein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.

2Spricht die Behörde die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Entlassung aus oder wird der Beamte in einem wegen desselben Sachverhalts eingeleiteten Strafverfahren erstinstanzlich zu einer Strafe verurteilt, die den Verlust der Rechte als Beamter zur Folge hat, so ist der Beamte vorläufig des Dienstes zu entheben, es sei denn, dass die vorläufige Dienstenthebung eine unbillige Härte für den Beamten zur Folge hätte.

(2) 1Gleichzeitig mit oder nach einer vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 kann die zuständige Behörde anordnen, dass bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge des Beamten einbehalten werden. 2Die Einbehaltung ist anzuordnen, wenn die vorläufige Dienstenthebung nach Absatz 1 Satz 2 erfolgt. 3Die Einbehaltung nach Satz 2 soll in den ersten sechs Monaten mindestens 30, danach 50 Prozent der monatlichen Bezüge betragen und einen zuvor nach Satz 1 festgelegten Einbehalt nicht unterschreiten. 4Der sich aus der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung nach § 850c Absatz 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung ergebende unpfändbare Teil der monatlichen Bezüge ist jeweils zu belassen.

(3) 1Bei einem Ruhestandsbeamten können gleichzeitig mit oder nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens bis zu 30 Prozent seines Ruhegehalts einbehalten werden, wenn

1.
im Disziplinarverfahren voraussichtlich die Aberkennung des Ruhegehalts erfolgen wird oder

2.
in einem wegen desselben Sachverhalts eingeleiteten Strafverfahren voraussichtlich eine Strafe verhängt wird, die den Verlust der Rechte als Ruhestandsbeamter zur Folge hat.

2Die Einbehaltung ist anzuordnen, wenn die Behörde die Aberkennung des Ruhegehalts ausspricht oder der Ruhestandsbeamte in einem wegen desselben Sachverhalts eingeleiteten Strafverfahren erstinstanzlich zu einer Strafe verurteilt wird, die den Verlust der Rechte als Ruhestandsbeamter zur Folge hat. 3Die Einbehaltung nach Satz 2 soll in den ersten sechs Monaten mindestens 20, danach 30 Prozent des monatlichen Ruhegehalts betragen und einen zuvor nach Satz 1 festgelegten Einbehalt nicht unterschreiten. 4Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend.

(4) 1Bei der Aufnahme oder der Erweiterung einer Nebentätigkeit aus Anlass der vorläufigen Einbehaltung von Bezügen ist § 99 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, Satz 3 und Absatz 3 des Bundesbeamtengesetzes nicht anzuwenden. 2Einkünfte aus Nebentätigkeit, die zusammen mit den einbehaltenen Bezügen die zuletzt erhaltenen vollen Dienstbezüge übersteigen, sind auf die weiter gewährten Bezüge anzurechnen. 3Der Beamte ist zur Auskunft über die Einnahmen aus seiner Nebentätigkeit verpflichtet.

(5) Die für den Erlass der Disziplinarverfügung zuständige Behörde kann die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen sowie die Einbehaltung von Ruhegehalt jederzeit ganz oder teilweise aufheben.




§ 39 Rechtswirkungen



(1) 1Die vorläufige Dienstenthebung wird mit der Zustellung, die Einbehaltung von Bezügen mit dem auf die Zustellung folgenden Fälligkeitstag wirksam und vollziehbar. 2Sie erstrecken sich auf alle Ämter, die der Beamte inne hat.

(2) Für die Dauer der vorläufigen Dienstenthebung ruhen die im Zusammenhang mit dem Amt entstandenen Ansprüche auf Aufwandsentschädigung.

(3) 1Wird der Beamte vorläufig des Dienstes enthoben, während er schuldhaft dem Dienst fernbleibt, dauert der nach § 9 des Bundesbesoldungsgesetzes begründete Verlust der Bezüge fort. 2Er endet mit dem Zeitpunkt, zu dem der Beamte seinen Dienst aufgenommen hätte, wenn er hieran nicht durch die vorläufige Dienstenthebung gehindert worden wäre. 3Der Zeitpunkt ist von der für den Erlass der Disziplinarverfügung zuständigen Behörde festzustellen und dem Beamten mitzuteilen.

(4) Die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen enden mit dem unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens.




§ 40 Verfall, Erstattung und Nachzahlung



(1) Die nach § 38 Absatz 2 und 3 einbehaltenen Bezüge verfallen, wenn

1.
im Disziplinarverfahren unanfechtbar die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, die Aberkennung des Ruhegehalts oder eine Entlassung nach § 5 Absatz 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 37 Absatz 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt ist,

2.
in einem wegen desselben Sachverhalts eingeleiteten Strafverfahren rechtskräftig eine Strafe verhängt worden ist, die den Verlust der Rechte als Beamter oder Ruhestandsbeamter zur Folge hat,

3.
das Disziplinarverfahren auf Grund des § 32 Absatz 1 Nummer 3 eingestellt worden ist und ein neues Disziplinarverfahren, das innerhalb von drei Monaten nach der Einstellung wegen desselben Sachverhalts eingeleitet worden ist, zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder zur Aberkennung des Ruhegehalts geführt hat oder

4.
das Disziplinarverfahren aus den Gründen des § 32 Absatz 2 eingestellt worden ist und die für den Erlass der Disziplinarverfügung zuständige Behörde festgestellt hat, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts gerechtfertigt gewesen wäre.

(2) 1Verfallen die einbehaltenen Bezüge nach Absatz 1 Nummer 1 und ist die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags nach § 10 Absatz 3 Satz 4 Nummer 1 oder Nummer 2 ausgeschlossen, so hat der Beamte oder der Ruhestandsbeamte die seit der Zustellung der Disziplinarverfügung an ihn gezahlten Bezüge zu erstatten. 2Verfallen die einbehaltenen Bezüge nach Absatz 1 Nummer 2 und wurde in sämtlichen in dem Verfahren ergangenen Entscheidungen eine Strafe verhängt, die den Verlust der Rechte als Beamter oder Ruhestandsbeamter nach § 41 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Bundesbeamtengesetzes oder nach § 59 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe b des Beamtenversorgungsgesetzes zur Folge hat, so hat der Beamte oder der Ruhestandsbeamte die seit der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils an ihn gezahlten Bezüge zu erstatten. 3Die Erstattungspflicht nach Satz 1 oder Satz 2 besteht nur, soweit die gezahlten Beträge den sich aus § 38 Absatz 2 Satz 4 ergebenden Betrag übersteigen. 4Sie entfällt, wenn eine Unterhaltsleistung nach § 80 gewährt wird.

(3) 1Wird das Disziplinarverfahren auf andere Weise als in den Fällen des Absatzes 1 unanfechtbar abgeschlossen, sind die nach § 38 Absatz 2 und 3 einbehaltenen Bezüge nachzuzahlen. 2Auf die nachzuzahlenden Dienstbezüge können Einkünfte aus genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten (§ 99 des Bundesbeamtengesetzes) angerechnet werden, die der Beamte aus Anlass der vorläufigen Dienstenthebung ausgeübt hat, wenn eine Disziplinarmaßnahme verhängt worden ist oder die für den Erlass der Disziplinarverfügung zuständige Behörde feststellt, dass ein Dienstvergehen erwiesen ist. 3Der Beamte ist verpflichtet, über die Höhe solcher Einkünfte Auskunft zu geben.