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Erster Abschnitt - Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)

Artikel 1 V. v. 23.12.2004 BGBl. I S. 3758, 3759; aufgehoben durch Artikel 6 V. v. 26.11.2010 BGBl. I S. 1643
Geltung ab 01.01.2005; FNA: 8053-6-29 Sonstige Vorschriften
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Erster Abschnitt Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich



(1) Diese Verordnung gilt für das Inverkehrbringen von Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen, zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen vor Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Gefahrstoffe und zum Schutz der Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen.

(2) Der Zweite Abschnitt gilt für das Inverkehrbringen von

1.
gefährlichen Stoffen und Zubereitungen im Sinne des § 3a Abs. 1 des Chemikaliengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2090), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 13. Mai 2004 (BGBl. I S. 934) geändert worden ist,

2.
bestimmten Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen, die nach Maßgabe der Richtlinien 76/769/EWG, 96/59/EG oder 1999/45/EG mit zusätzlichen Kennzeichnungen zu versehen sind,

3.
Biozid-Produkten im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 1 des Chemikaliengesetzes, die nicht gefährliche Stoffe oder Zubereitungen im Sinne des § 3a des Chemikaliengesetzes sind,

4.
biologischen Arbeitsstoffen, die als Biozid-Produkte in den Verkehr gebracht werden.

Der Zweite Abschnitt gilt nicht für Lebensmittel oder Futtermittel in Form von Fertigerzeugnissen, die für den Endverbraucher bestimmt sind.

(3) Der Dritte bis Sechste Abschnitt gelten zum Schutz der Beschäftigten gegen tatsächliche oder mögliche Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Wirkungen von Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen, mit denen Tätigkeiten durchgeführt werden oder die bei Tätigkeiten entstehen. Sie gelten auch, wenn als unmittelbare Folge von Tätigkeiten nach Satz 1 die Gesundheit und Sicherheit anderer Beschäftigter oder Personen gefährdet werden können.

(4) Der Dritte Abschnitt gilt auch für die Beförderung gefährlicher chemischer Stoffe und Zubereitungen. Unberührt bleiben die Bestimmungen des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter und die darauf gestützten Rechtsverordnungen.

(5) Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gilt diese Verordnung nicht

1.
für Stoffe, die biologische Arbeitsstoffe im Sinne des § 2 Abs. 1 der Biostoffverordnung vom 27. Januar 1999 (BGBl. I S. 50), die zuletzt durch Artikel 305 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304) geändert worden ist, sind,

2.
in Haushalten.

Sie gilt ferner nicht in Betrieben, die dem Bundesberggesetz vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Artikel 12g Abs. 14 des Gesetzes vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198), unterliegen, soweit dort oder in den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechende Rechtsvorschriften bestehen.




§ 2 Bezugnahme auf EG-Richtlinien



Die in dieser Verordnung in Bezug genommenen Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft sind im Anhang I aufgeführt und in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Werden diese Richtlinien geändert oder nach den in diesen Richtlinien vorgesehenen Verfahren an den technischen Fortschritt angepasst, gelten sie in der geänderten im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Fassung nach Ablauf der in der Änderungs- oder Anpassungsrichtlinie festgelegten Umsetzungsfrist. Die geänderte Fassung kann bereits ab Inkrafttreten der Änderungs- oder Anpassungsrichtlinie angewendet werden. Satz 1 gilt nicht, soweit in § 5 Abs. 5 in Verbindung mit Anhang II etwas anderes bestimmt ist.


§ 3 Begriffsbestimmungen



(1) "Gefahrstoffe" im Sinne dieser Vorschrift sind

1.
gefährliche Stoffe und Zubereitungen nach § 3a des Chemikaliengesetzes sowie Stoffe und Zubereitungen, die sonstige chronisch schädigende Eigenschaften besitzen,

2.
Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,

3.
Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe oder Zubereitungen nach Nummer 1 oder 2 entstehen oder freigesetzt werden können,

4.
sonstige gefährliche chemische Arbeitsstoffe im Sinne des Artikels 2 Buchstabe b in Verbindung mit Buchstabe a der Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABl. EG Nr. L 131 S. 11).

(2) "Krebserzeugend", "erbgutverändernd" oder "fruchtbarkeitsgefährdend" im Sinne des Dritten und Vierten Abschnitts ist

1.
ein Stoff, der die in Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG genannten Kriterien für die Einstufung als krebserzeugender, erbgutverändernder oder fruchtbarkeitsgefährdender Stoff erfüllt,

2.
eine Zubereitung, die einen oder mehrere der in Nummer 1 genannten Stoffe enthält, sofern die Konzentration eines oder mehrerer der einzelnen Stoffe die Anforderungen für die Einstufung einer Zubereitung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fruchtbarkeitsgefährdend erfüllt. Die Konzentrationsgrenzen sind festgelegt:

a)
in Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG oder

b)
in Anhang II der Richtlinie 1999/45/EG, sofern der Stoff oder die Stoffe in Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG nicht oder ohne Konzentrationsgrenzen aufgeführt sind,

3.
ein Stoff, eine Zubereitung oder ein Verfahren, die in einer Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales nach § 21 Abs. 4 als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fruchtbarkeitsgefährdend bezeichnet werden.

(3) Eine "Tätigkeit" ist jede Arbeit, bei der Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse im Rahmen eines Prozesses einschließlich Produktion, Handhabung, Lagerung, Beförderung, Entsorgung und Behandlung verwendet werden oder verwendet werden sollen oder bei der Stoffe oder Zubereitungen entstehen oder auftreten. Hierzu gehören insbesondere das Verwenden im Sinne des § 3 Nr. 10 des Chemikaliengesetzes sowie das Herstellen. Tätigkeiten im Sinne dieser Verordnung sind auch Bedien- und Überwachungsarbeiten, sofern diese zu einer Gefährdung von Beschäftigten durch Gefahrstoffe führen können.

(4) "Lagern" ist das Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere. Es schließt die Bereitstellung zur Beförderung ein, wenn die Beförderung nicht binnen 24 Stunden nach der Bereitstellung oder am darauf folgenden Werktag erfolgt. Ist dieser Werktag ein Samstag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(5) Dem "Arbeitgeber" stehen der Unternehmer ohne Beschäftigte sowie der Auftraggeber und Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes gleich. Den "Beschäftigten" stehen die in Heimarbeit Beschäftigten sowie Schüler, Studenten und sonstige Personen, insbesondere an wissenschaftlichen Einrichtungen Tätige, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen durchführen, gleich. Für Schüler und Studenten gelten die Regelungen dieser Verordnung über die Beteiligung der Personalvertretungen nicht. Wird in dieser Verordnung die männliche Sprachform verwendet, so gilt die weibliche Sprachform als mit erfasst.

(6) Der "Arbeitsplatzgrenzwert" ist der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bei welcher Konzentration eines Stoffes akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit im Allgemeinen nicht zu erwarten sind.

(7) Der "biologische Grenzwert" ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffes, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material, bei dem im Allgemeinen die Gesundheit eines Beschäftigten nicht beeinträchtigt wird.

(8) Ein "explosionsfähiges Gemisch" ist ein Gemisch aus brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben, in dem sich der Verbrennungsvorgang nach erfolgter Zündung auf das gesamte unverbrannte Gemisch überträgt. Ein "gefährliches explosionsfähiges Gemisch" ist ein explosionsfähiges Gemisch, das in solcher Menge auftritt, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen erforderlich werden (gefahrdrohende Menge). "Explosionsfähige Atmosphäre" ist ein explosionsfähiges Gemisch unter atmosphärischen Bedingungen im Gemisch mit Luft.

(9) Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse sind "explosionsfähig",

1.
wenn sie mit oder ohne Luft durch Zündquellen wie äußere thermische Einwirkungen, mechanische Beanspruchungen oder Detonationsstöße zu einer chemischen Umsetzung gebracht werden können, bei der hochgespannte Gase in so kurzer Zeit entstehen, dass ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird, oder

2.
im Gemisch mit Luft, wenn nach Wirksamwerden einer Zündquelle eine selbsttätig sich fortpflanzende Flammenausbreitung stattfindet, die im Allgemeinen mit einem sprunghaften Temperatur- und Druckanstieg verbunden ist.

(10) Der "Stand der Technik" ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Arbeitsplatzhygiene.