Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Abschnitt IV - Vertrag über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern - Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c GG (IT-Staatsvertrag)


Abschnitt IV Schlussbestimmungen

§ 11 Änderung, Kündigung



(1) Änderungen dieses Vertrages bedürfen einer einstimmigen Entscheidung der Vertragspartner.

(2) 1Dieser Vertrag kann von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer zweijährigen Frist zum Jahresende gekündigt werden. 2Die Kündigung ist durch Kundgabe an die gemeinsame Anstalt für den IT-Planungsrat gegenüber den übrigen Vertragspartnern schriftlich zu erklären.

(3) 1Die Kündigung gilt auch für die auf der Grundlage dieses Vertrages geschlossenen Vereinbarungen. 2Mit Wirksamkeit *) der Kündigung endet die Trägerschaft an der gemeinsamen Anstalt. 3Die Kündigung lässt das Bestehen des Vertrages und der auf der Grundlage dieses Vertrages geschlossenen Vereinbarungen für die übrigen Vertragspartner vorbehaltlich der Regelung des § 12 Absatz 2 unberührt.

(4) 1Die gemeinsame Anstalt besteht unter der Trägerschaft der übrigen Vertragspartner weiter. 2Zwischen den verbleibenden Vertragspartnern und dem kündigenden Vertragspartner wird eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Auseinandersetzung, insbesondere über die Verteilung des Aktivvermögens sowie die Übernahme der bestehenden Verbindlichkeiten und Versorgungslasten, geschlossen. 3In der Auseinandersetzungsvereinbarung sind auch die Konsequenzen für das Personal der gemeinsamen Anstalt zu regeln. 4Eine Kündigung nach Absatz 2 wird erst wirksam, wenn die Auseinandersetzungsvereinbarung vorliegt.


---
*)
in der B. v. 13. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2852) "Wirksamwerden"




§ 12 Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Übergangsregelung



(1) 1Dieser Vertrag tritt am 1. April 2010 in Kraft. 2Sind bis zum 31. März 2010 nicht mindestens dreizehn Ratifikationsurkunden bei dem der Ministerpräsidentenkonferenz vorsitzenden Land hinterlegt, wird der Vertrag gegenstandslos.

(2) 1Der Vertrag tritt außer Kraft, wenn die Zahl der Vertragspartner zehn unterschreitet. 2Für diesen Fall enden seine Wirkungen mit dem Ablauf der Kündigungsfrist des zuletzt kündigenden Vertragspartners. 3Die gemeinsame Anstalt gilt mit dem Wirksamwerden der Kündigung des zuletzt kündigenden Vertragspartners als aufgelöst.

(3) 1Im Falle des Absatzes 2 gilt § 11 Absatz 4 Satz 2 entsprechend. 2Die Vertragspartner regeln die Übernahme von Beamten und Versorgungsempfängern der gemeinsamen Anstalt durch einen oder mehrere Vertragspartner im Rahmen der Auseinandersetzungsvereinbarung einvernehmlich, § 6 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. 3Es gelten die Regelungen des dritten Abschnitts des Beamtenstatusgesetzes und des Hessischen Beamtengesetzes über den vollständigen Übergang der Aufgaben einer Körperschaft auf mehrere andere entsprechend. 4Die Vertragspartner sollen den Tarifbeschäftigten (einschließlich der Auszubildenden) der gemeinsamen Anstalt ein Übernahmeangebot zu einem oder mehreren der Vertragspartner stellen. 5Kündigungen der Vertragspartner, die zur Auflösung der gemeinsamen Anstalt nach Absatz 2 führen, werden erst wirksam, wenn die Auseinandersetzungsvereinbarung vorliegt.

(4) 1Bestehende Vereinbarungen der Vertragspartner über die gemeinschaftliche Aufgabenerledigung im Bereich informationstechnischer Systeme werden von den Bestimmungen dieses Vertrages, soweit sie diesen nicht widersprechen, nicht berührt. 2Mit dem Außerkrafttreten bereits bestehender Vereinbarungen werden die Bestimmungen dieses Vertrages auf sie anwendbar.

(5) 1Die nach § 2 des IT-Staatsvertrags in der Fassung vom 1. April 2010 beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat eingerichtete Geschäftsstelle wird bis zum 30. Juni 2020 fortgeführt. 2Danach gehen die Aufgaben der Geschäftsstelle auf die gemeinsame Anstalt über. 3Die gemeinsame Anstalt tritt insoweit in die Rechtsnachfolge ein.




Schlussformel



Für die Bundesrepublik Deutschland

Berlin, den 18. November 2009 Thomas de Maizière

Für das Land Baden-Württemberg

Stuttgart, den 10. November 2009 Günther H. Oettinger

Für den Freistaat Bayern

Mainz, den 30. Oktober 2009 Horst Seehofer

Für das Land Berlin

Mainz, den 30. Oktober 2009 Klaus Wowereit

Für das Land Brandenburg

Potsdam, den 4. November 2009 Matthias Platzeck

Für die Freie Hansestadt Bremen

Mainz, den 30. Oktober 2009 Jens Böhrnsen

Für die Freie und Hansestadt Hamburg

Mainz, den 30. Oktober 2009 Ole von Beust

Für das Land Hessen

Mainz, den 30. Oktober 2009 Roland Koch

Für das Land Mecklenburg-Vorpommern

Mainz, den 30. Oktober 2009 Erwin Sellering

Für das Land Niedersachsen

Mainz, den 30. Oktober 2009 Christian Wulff

Für das Land Nordrhein-Westfalen

Mainz, den 30. Oktober 2009 Dr. Jürgen Rüttgers

Für das Land Rheinland-Pfalz

Mainz, den 30. Oktober 2009 Kurt Beck

Für das Saarland

Mainz, den 30. Oktober 2009 Peter Müller

Für den Freistaat Sachsen

Mainz, den 30. Oktober 2009 Stanislaw Tillich

Für das Land Sachsen-Anhalt

Mainz, den 30. Oktober 2009 Prof. Dr. Wolfgang Böhmer

Für das Land Schleswig-Holstein

Mainz, den 30. Oktober 2009 Peter Harry Carstensen

Für den Freistaat Thüringen

Erfurt, den 20. November 2009 Christine Lieberknecht


Anhang



„Gemeinsames Grundverständnis der technischen und organisatorischen Ausgestaltung der Bund/Länder-Zusammenarbeit bei dem Verbindungsnetz und der IT-Steuerung"

A.
Verbindungsnetz

1.
Bund und Länder tragen gemeinsam die Verantwortung für ein künftiges Verbindungsnetz.

a)
Gemeinsam werden festgelegt:

-
die Anforderungen (z. B. hinsichtlich Datenschutz, Sicherheit), die vom Verbindungsnetz zu erfüllen sind,

-
die anzubietenden Anschlussklassen (inklusive beispielsweise Bandbreiten, Verfügbarkeiten),

-
das Minimum anzubietender Dienste,

-
die Anschlussbedingungen,

-
die Kostenhöhe und -verteilung,

-
das Verfahren bei Eilentscheidungen.

b)
In diesem Rahmen betreibt der Bund das Verbindungsnetz und setzt dabei die gemeinsamen Festlegungen um.

2.
Die Länder haben gemeinsam mit dem Bund den DOI-Netz e. V. gegründet. Von diesem wird gegenwärtig ein Verbindungsnetz vergeben. Diese Lösung soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt in die neuen Strukturen überführt werden.

3.
Der Bund betreibt gegenwärtig die Neugestaltung seiner IT-Netze in einer modularen Architektur und auf der Grundlage eines Transportnetzes auf Basis von Dark Fibre. Dies geschieht in ausschließlicher Zuständigkeit des Bundes. Unter Nutzung des Transportnetzes dieser ohnehin im Aufbau befindlichen bundesweiten IT-Netzinfrastruktur kann das Verbindungsnetz als eigenes VPN (einschließlich Zugangsnetz) realisiert werden. Möglich ist außerdem die optionale Nutzung von Diensten aus dem Portfolio (Warenkorb) des Projektes „Netze des Bundes".

4.
Der Bund ist die Vergabestelle für das Verbindungsnetz. Als Vergabestelle ist der Bund für die rechtlich korrekte Durchführung der Vergabe inklusive der Wahl des Vergabeverfahrens verantwortlich und wird nach dem Zuschlag Vertragspartner des Auftragnehmers.

5.
Die Vergabeunterlagen werden vom Bund im Benehmen mit einem vom IT-Planungsrat eingesetzten Arbeitsgremium aus 3 Ländervertretern fertig gestellt.

6.
Zur Beteiligung der Länder werden die Entwürfe der Vergabeunterlagen (inklusive Bewertungsmatrix) rechtzeitig vor der Veröffentlichung (z. B. in sogenannten „Leseräumen" 1)) zur Einsicht bereit gestellt. Dies dient zum einen der Information der Länder über die Umsetzung der gemeinsam festgelegten Anforderungen, zum anderen kann so der dort vorhandene Sachverstand in die Erstellung der Vergabeunterlagen einfließen.

7.
Sollten durch Anforderungen des Bundes, die über die gemeinsam festgelegten Anforderungen hinausgehen, zusätzliche Kosten entstehen, so sind diese vom Bund zu tragen. Das Verfahren zur Feststellung der Zusatzkosten regelt der IT-Planungsrat 2).

8.
Um auch im laufenden Betrieb eine Beteiligung der Länder sicher zu stellen, beauftragt der IT-Planungsrat das dreiköpfige Arbeitsgremium damit, die Interessen der Länder bei der Steuerung des Betriebs einzubringen. Dies betrifft insbesondere grundsätzlichere Fragen der Steuerung. Operative Fragen (z. B. die Bestellung eines neuen Anschlusses, die Veränderung einer Anschlussklasse, die Zubuchung eines optionalen Dienstes etc.) werden hingegen über dafür geschaffene Prozesse abgewickelt.

B.
IT-Steuerung

1.
Ein neues System der IT-Koordinierung von Bund und Ländern soll die bisherigen Gremien „Arbeitskreis der Staatssekretäre für E-Government in Bund und Ländern" (St-Runde Deutschland-Online) sowie „Kooperationsausschuss von Bund und Ländern für automatisierte Datenverarbeitung" (KoopA ADV) sowie alle Untergremien ablösen.

2.
Die dauerhafte neue Struktur besteht aus einem „IT-Planungsrat", in dem der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, die für IT zuständigen Vertreter der Länder, Vertreter der drei kommunalen Spitzenverbände (ohne Stimmrecht) und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (ohne Stimmrecht) vertreten sind. Der IT-Planungsrat berichtet an die Konferenz der Regierungschefs von Bund und Ländern.

3.
Den Vorsitz übernehmen im jährlichen Wechsel Bund und Länder. Die Länder regeln die Rotation des Vorsitzes untereinander.

4.
Die bisherige Geschäftsstelle Deutschland-Online im Bundesministerium des Innern wird Geschäftsstelle des IT-Planungsrates. Die Finanzierung der Geschäftsstelle übernimmt zur Hälfte der Bund, zur Hälfte übernehmen sie die Länder nach dem Königsteiner Schlüssel.

5.
Der IT-Planungsrat hat folgende Aufgaben:

a)
Koordinierung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen der Informationstechnik,

b)
Beschlussfassung über fachunabhängige oder fachübergreifende IT-Interoperabilitäts- und IT-Sicherheitsstandards,

c)
Steuerung von E-Government-Projekten, die dem IT-Planungsrat von der Konferenz der Regierungschefs von Bund und Ländern zugewiesen werden,

d)
Planung und Weiterentwicklung des Verbindungsnetzes inklusive gemeinsamer Festlegung gemäß Ziffer A. 1a) und Überwachung der Umsetzung der gemeinsamen Festlegungen,

e)
Einsetzen eines Arbeitsgremiums zur Befassung mit Vergabeunterlagen (Einzelheiten unter A. 6) und grundsätzlicher Steuerung (A. 9).

6.
IT-Interoperabilitäts- und IT-Sicherheitsstandards

-
werden vom IT-Planungsrat mit einfacher Mehrheit als Empfehlung für die öffentliche Verwaltung beschlossen;

-
werden vom IT-Planungsrat mit noch auszugestaltender, qualifizierter Mehrheit beschlossen, soweit sie zum bund-länderübergreifenden Datenaustausch oder zur Vereinheitlichung des Datenaustausches der öffentlichen Verwaltung mit Bürgern und Wirtschaft erforderlich sind; sie entfalten Bindungswirkung, welche vom Bund und von den Ländern innerhalb von jeweils vom IT-Planungsrat festzusetzenden Fristen in ihren jeweiligen Verwaltungsräumen umgesetzt wird.

7.
Der IT-Planungsrat beteiligt die jeweilige Fachministerkonferenz, soweit deren Fachplanungen betroffen sind.

8.
Vor der Beschlussfassung im IT-Planungsrat stimmen die Vertreter von Bund und Ländern die zu fassenden Beschlüsse innerhalb ihrer Regierung ab bzw. führen - soweit erforderlich - eine Befassung des jeweiligen Kabinetts herbei.

9.
Vor einer Beschlussfassung über verbindliche Standards wird grundsätzlich der Bedarf für einen solchen Beschluss sowie die IT-fachliche Qualität und Widerspruchsfreiheit des vorgesehenen Standards durch eine vom IT-Planungsrat bestimmte unabhängige Einrichtung geprüft, diese kann in ihre Prüfung Wirtschaft und Wissenschaft einbeziehen. Der IT-Planungsrat entscheidet unter Einbeziehung der Ergebnisse der Prüfung; er ist dabei nicht an die Ergebnisse der Prüfung gebunden.

---

1)
„Leseräume" stellen angesichts der Zahl der Beteiligten sicher, dass die vertraulichen Dokumente nicht vor der Veröffentlichung bekannt werden und so das Vergabeverfahren gefährden.

2)
Das Antragsrecht zur Durchführung dieses Verfahrens haben der Bund oder drei Länder.