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Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Kraftwerker/Geprüfte Kraftwerkerin (KraftwPrV k.a.Abk.)

V. v. 19.02.2001 BGBl. I S. 328; zuletzt geändert durch Artikel 18 V. v. 09.12.2019 BGBl. I S. 2153
Geltung ab 09.03.2001; FNA: 806-21-7-60 Berufliche Bildung
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§ 2 Gliederung der Prüfung



(1) Die Prüfung zum Kraftwerker gliedert sich in die Prüfungsteile:

1.
Kraftwerkstechnologie,

2.
Kraftwerksbetrieb.

(2) Die Prüfung im Prüfungsteil "Kraftwerkstechnologie" ist schriftlich gemäß § 4 durchzuführen.

(3) Die Prüfung im Prüfungsteil "Kraftwerksbetrieb" ist in Form eines situationsbezogenen Fachgespräches gemäß § 5 durchzuführen. Sie soll sich auf das Kraftwerk beziehen, in dem die zu prüfende Person ihre berufspraktischen Zeiten gemäß § 3 Abs. 3 abgeleistet hat. Sie kann in der realen Anlage, an Schemata, Modellen oder am Kraftwerkssimulator durchgeführt werden.




§ 3 Zulassungsvoraussetzungen



(1) Zur Prüfung im Prüfungsteil „Kraftwerkstechnologie" ist zuzulassen, wer Folgendes nachweist:

1.
eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf, der den Metall- oder Elektroberufen oder den Produktionsberufen der Chemie zugeordnet werden kann oder

2.
eine mindestens vierjährige Berufspraxis im Fahrbetrieb und in der Instandhaltung eines Kraftwerks.

(2) Zur Prüfung im Prüfungsteil "Kraftwerksbetrieb" ist zuzulassen, wer

1.
den erfolgreichen Abschluss des Prüfungsteils "Kraftwerkstechnologie" nachweist, der nicht länger als zwei Jahre zurückliegt,

2.
zu den in Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Praxiszeiten mindestens ein weiteres Jahr Berufspraxis im Fahrbetrieb nachweist und

3.
eine Dokumentation nach Absatz 4 vorlegt.

(3) Bestandteil der Berufspraxis nach Absatz 2 Nummer 2 ist eine mindestens 12-monatige strukturierte praktische Fortbildung, in der die zu prüfende Person die Befähigung zur Erfassung, Analyse und Lösung betrieblicher Aufgaben und Problemfälle in den folgenden Kraftwerksbereichen erworben hat:

1.
Dampferzeuger,

2.
Turbosatz,

3.
Kraftwerkshilfs- und Nebenanlagen einschließlich Wasseraufbereitung,

4.
elektrotechnische Anlagen und Leittechnik.

Dabei sind unterschiedliche betriebliche Situationen, insbesondere Anfahren, Geradeausbetrieb, Last- und Brennstoffwechsel, Abfahren, Stillstand, Störungen und Vorbereitung von Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten, zu berücksichtigen. Es sollen insbesondere folgende Befähigungen erworben werden:

1.
räumliche Anordnung der Anlagenteile kennen und Anlagenteile den technischen Unterlagen zuordnen;

2.
Betriebszustand der Anlagen beurteilen, Messungen durchführen und Fehler erkennen;

3.
Anlagenteile vor Ort bedienen, Wartungsarbeiten durchführen und an Instandsetzungsarbeiten mitwirken;

4.
Anlagen und Anlagenteile mit Voll- und Halbautomatik sowie manuell bedienen und Reserveaggregate in Betrieb nehmen;

5.
Messungen und Meldungen auswerten, auf Betriebszustände und Störungen sowie deren Ursachen schließen und entsprechende Maßnahmen ergreifen und veranlassen;

6.
Maßnahmen zur Betriebs- und Arbeitssicherheit, zum Umweltschutz sowie zur Einhaltung von Bestimmungen und Auflagen der Aufsichtsbehörde ergreifen;

7.
Maßnahmen nach dem Ansprechen von Schutzvorrichtungen und Verriegelungen ergreifen;

8.
auf Fehler in den elektrotechnischen Anlagen, der Energieversorgung und der Leittechnik innerhalb des Kraftwerks schließen;

9.
Arbeitsabläufe beim Freischalten von Anlagenteilen planen und mit Mitarbeitern, Vorgesetzten und anderen Organisationseinheiten abstimmen;

10.
Maßnahmen bei Unfällen und Bränden ergreifen.

Die Praxiszeit gemäß Absatz 2 Nr. 2 und die Zeit der gelenkten praktischen Fortbildung gemäß Absatz 3 können jeweils um bis zu zwölf Monate gekürzt werden, wenn entsprechende Inhalte während einer Berufsausbildung in einem Kraftwerk vermittelt wurden.

(4) Die Dokumentation soll sich auf das Kraftwerk beziehen, in dem die zu prüfende Person ihre strukturierte praktische Fortbildung nach Absatz 3 abgeleistet hat. Die Dokumentation soll folgende Teile umfassen:

1.
Tätigkeitsnachweis über die strukturierte praktische Fortbildung;

2.
Unterlagen über den Aufbau des Kraftwerks, insbesondere Schemata;

3.
Protokolle der zu prüfenden Person über das An- und Abfahren von Haupt-, Hilfs- und Nebenanlagen des Kraftwerks, über das Fahren eines Kraftwerks auf der Grundlage der einschlägigen Vorschriften bei unterschiedlichen Betriebsweisen unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten;

4.
mindestens sechs Fachberichte, aus denen hervorgeht, dass kraftwerksspezifische Probleme bearbeitet wurden.

Die Protokolle nach Nummer 3 können auch beim Arbeiten an einem Kraftwerkssimulator angefertigt werden.

(5) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 kann zur Prüfung auch zugelassen werden, wer durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft macht, dass er Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben hat, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen.




§ 4 Kraftwerkstechnologie



(1) Im Prüfungsteil "Kraftwerkstechnologie" ist in folgenden Prüfungsbereichen zu prüfen:

1.
Dampferzeugung,

2.
Turbinen, Kraftwerkshilfs- und Nebenanlagen,

3.
Elektrische Anlagen und Leittechnik,

4.
Aufbau und Betrieb von Kraftwerken.

(2) In allen Bereichen soll die zu prüfende Person kraftwerkstechnische und naturwissenschaftliche Grundkenntnisse nachweisen. Insbesondere soll sie in der Lage sein, naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse zur Lösung kraftwerkstechnischer Aufgabenstellungen anzuwenden. Hierbei soll sie deutlich machen, dass sie Zusammenhänge von abhängigen Größen richtig einschätzen kann.

(3) Im Prüfungsbereich "Dampferzeugung" soll die zu prüfende Person nachweisen, dass sie Kenntnisse über Brennstoffe, deren Verbrennung und Feuerungsarten, erworben hat. Darüber hinaus soll sie nachweisen, dass sie mit der Funktionsweise unterschiedlicher Dampferzeuger vertraut ist sowie Kenntnisse der Dampferzeugung und Rauchgasreinigung besitzt. In diesem Rahmen können folgende Kenntnisse geprüft werden:

a)
Brennstoffe, Verbrennung,

b)
Feuerungen,

c)
Bauarten von Dampferzeugern,

d)
Heizflächen,

e)
Schutzeinrichtungen,

f)
Luftvorwärmung,

g)
Betrieb von Dampferzeugern,

h)
Rauchgasreinigungsanlagen.

(4) Im Prüfungsbereich "Turbinen, Kraftwerkshilfs- und Nebenanlagen" soll die zu prüfende Person nachweisen, dass sie Arbeitsverfahren und Bauarten von Dampf- und Gasturbinen, deren Hilfssysteme und -aggregate kennt. Darüber hinaus soll sie nachweisen, dass sie Kenntnisse über Aufbau und Funktion der Kraftwerkshilfs- und Nebenanlagen sowie deren Zusammenwirken besitzt. In diesem Rahmen können geprüft werden:

1.
Turbinen:

a)
Aufbau und Wirkungsweise von Dampf- und Gasturbinen,

b)
Ölversorgung,

c)
Kondensationsanlagen,

d)
Regelung von Turbinen,

e)
Überwachungs-, Begrenzungs- und Schutzeinrichtungen,

f)
Betrieb von Turbinen;

2.
Kraftwerkshilfs- und Nebenanlagen:

a)
Rohrleitungen, Armaturen,

b)
Pumpen, Strahler,

c)
Ventilatoren, Gebläse und Verdichter,

d)
Kupplungen, Getriebe,

e)
Vorwärmer,

f)
Kühltürme,

g)
Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung,

h)
Schutzeinrichtungen.

(5) Im Prüfungsbereich "Elektrische Anlagen und Leittechnik" soll die zu prüfende Person nachweisen, dass sie die elektrischen Systeme eines Kraftwerks kennt und die Funktion und den Aufbau der elektrischen Anlagen beschreiben kann. Darüber hinaus soll sie nachweisen, dass sie unterschiedliche leittechnische Strukturen kennt und Funktionspläne lesen kann. In diesem Rahmen können geprüft werden:

1.
Elektrische Anlagen:

a)
Eigenbedarfsanlagen,

b)
Transformatoren,

c)
Synchrongeneratoren,

d)
Netzbetrieb,

e)
Motoren,

f)
Schaltanlagen,

g)
elektrotechnische Vorschriften und Schutzmaßnahmen,

h)
Schutzeinrichtungen;

2.
Leittechnik:

a)
Messen elektrischer und nichtelektrischer Größen im Kraftwerk,

b)
Messwerterfassung, -übertragung, -verarbeitung und -ausgabe,

c)
Steuerungstechnik, Funktionspläne,

d)
Regelstrecken, Regelglieder, Regelkreise,

e)
Leittechnikebenen.

(6) Im Prüfungsbereich "Aufbau und Betrieb von Kraftwerken" soll die zu prüfende Person nachweisen, dass sie die technischen Zusammenhänge eines Kraftwerks bei unterschiedlichen Betriebsweisen und Einsatzmöglichkeiten kennt, auch unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten. Ferner soll sie nachweisen, dass sie die Grundzüge einschlägiger Arbeitssicherheits- und Umweltschutzbestimmungen kennt. In diesem Rahmen können geprüft werden:

a)
Kraftwerksarten und marktgerechter Einsatz von Kraftwerken,

b)
Aufbau und Schaltungen,

c)
Betriebsarten,

d)
Regelung und Fahrweisen,

e)
Kühlwasserversorgung.

(7) Die schriftliche Prüfung soll in den Prüfungsbereichen gemäß Absatz 1 Nr. 1 und 2 mindestens 90 Minuten und in den Prüfungsbereichen gemäß Absatz 1 Nr. 3 und 4 mindestens 60 Minuten dauern. Insgesamt sollen sechs Stunden nicht überschritten werden.

(8) Die schriftliche Prüfung in den einzelnen Prüfungsbereichen kann auf Antrag der zu prüfende Person durch eine mündliche Prüfung ergänzt werden, wenn sie für das Bestehen der Prüfung von wesentlicher Bedeutung ist. Die Ergänzungsprüfung soll je Prüfungsbereich nicht länger als 15 Minuten dauern.




§ 5 Kraftwerksbetrieb



(1) Im Prüfungsteil "Kraftwerksbetrieb" ist in Form eines situationsbezogenen Fachgespräches zu prüfen. Dabei sind der zu prüfenden Person eine oder mehrere betriebliche Situationen, insbesondere Anfahren, Geradeausbetrieb, Last- und Brennstoffwechsel, Abfahren, Stillstand, Störungen und Vorbereitung von Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten, vorzugeben. Das situationsbezogene Fachgespräch soll sich auf das Kraftwerk, in dem die zu prüfende Person ihre berufspraktischen Zeiten gemäß § 3 Abs. 3 abgeleistet hat sowie auf die Dokumentation gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 beziehen. In das situationsbezogene Fachgespräch können zusätzlich die reale Anlage, Modelle oder Kraftwerkssimulatoren einbezogen werden. Das situationsbezogene Fachgespräch soll die folgenden Kraftwerksbereiche berücksichtigen:

1.
Dampferzeuger,

2.
Turbosatz,

3.
Hilfs- und Nebenanlagen, einschließlich Wasseraufbereitung,

4.
Elektrische Anlagen und Leittechnik.

(2) Im Rahmen des Absatzes 1 soll geprüft werden, ob die zu prüfende Person

1.
die Bedienung und Überwachung der Anlagen vor Ort und in der Leitwarte beschreiben kann;

2.
das Fahren eines Kraftwerks auf der Grundlage der einschlägigen Vorschriften bei unterschiedlichen Betriebsweisen unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten beschreiben kann;

3.
Messungen und Meldungen auswerten, den Betriebszustand der Anlage beurteilen, auf Störungen sowie deren Ursachen schließen und entsprechende Maßnahmen vorschlagen kann;

4.
Arbeitsabläufe beim Freischalten von Anlagenteilen planen sowie die notwendigen Abstimmungen mit Mitarbeitern, Vorgesetzten und anderen Organisationseinheiten beschreiben kann;

5.
Maßnahmen bei Unfällen und Bränden beschreiben kann.

(3) Das Fachgespräch soll mindestens 60 Minuten und höchstens 90 Minuten dauern.