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Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG)

Artikel 1 G. v. 01.04.2015 BGBl. I S. 434 (Nr. 14); zuletzt geändert durch Artikel 3 G. v. 11.04.2024 BGBl. 2024 I Nr. 119
Geltung ab 01.01.2016, abweichend siehe Artikel 3; FNA: 7631-11 Versicherungsaufsichtsrecht
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Teil 5 Gruppen

Kapitel 1 Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen in einer Gruppe

§ 245 Anwendungsbereich der Gruppenaufsicht



(1) 1Versicherungsunternehmen einer Gruppe unterliegen neben der Einzelaufsicht einer Aufsicht auf Ebene der Gruppe nach Maßgabe der Vorschriften dieses Teils. 2Sofern in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist, sind auf diese Unternehmen die Vorschriften für die Einzelbeaufsichtigung von Versicherungsunternehmen weiterhin anwendbar.

(2) Der Gruppenaufsicht unterliegen

1.
Versicherungsunternehmen, die bei mindestens einem Versicherungsunternehmen oder mindestens einem Versicherungsunternehmen eines Drittstaats beteiligte Unternehmen sind,

2.
Versicherungsunternehmen, deren Mutterunternehmen

a)
eine Versicherungs-Holdinggesellschaft oder

b)
eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft

mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat ist,

3.
Versicherungsunternehmen, deren Mutterunternehmen

a)
eine Versicherungs-Holdinggesellschaft oder

b)
eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft oder

c)
ein Versicherungsunternehmen

mit Sitz in einem Drittstaat ist, und

4.
Versicherungsunternehmen, deren Mutterunternehmen eine gemischte Versicherungs-Holdinggesellschaft ist.

(3) Ist das beteiligte Versicherungsunternehmen oder die Versicherungs-Holdinggesellschaft oder die gemischte Finanzholding-Gesellschaft mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat verbundenes Unternehmen eines beaufsichtigten Unternehmens oder einer gemischten Finanzholding-Gesellschaft, die gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 35 vom 11.2.2003, S. 1) einer zusätzlichen Beaufsichtigung unterliegt oder selbst ein solches Unternehmen oder eine solche Gesellschaft, kann die Gruppenaufsichtsbehörde in den in Absatz 2 Nummer 1 und 2 genannten Fällen nach Anhörung der anderen betroffenen Aufsichtsbehörden auf der Ebene des beteiligten Versicherungsunternehmens oder der Versicherungs-Holdinggesellschaft oder gemischten Finanzholding-Gesellschaft von der Überwachung der Risikokonzentration gemäß § 273, der Überwachung der gruppeninternen Transaktionen gemäß § 274 oder von beidem absehen.

(4) 1Unterliegt eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft, insbesondere im Hinblick auf die risikobasierte Beaufsichtigung, gleichwertigen Bestimmungen nach Maßgabe der Richtlinie 2009/138/EG und der Richtlinie 2002/87/EG, kann die Gruppenaufsichtsbehörde, nach Anhörung der anderen betroffenen Aufsichtsbehörden, auf der Ebene der gemischten Finanzholding-Gesellschaft nur die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 2002/87/EG anwenden. 2Unterliegt die gemischte Finanzholding-Gesellschaft gleichwertigen Bestimmungen nach Maßgabe der Richtlinie 2009/138/EG und der Richtlinie 2006/48/EG, kann die Grupenaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der konsolidierenden Aufsichtsbehörde für die Banken- und Wertpapierbranche nur die Bestimmungen der Richtlinie zu der am stärksten vertretenen Finanzbranche nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2002/87/EG anwenden.

(5) Die Vorschriften dieses Teils finden keine Anwendung, wenn eine Gruppe von Unternehmen, die der Versicherungsaufsicht unterliegen, ausschließlich durch die Einbeziehung von kleinen Versicherungsunternehmen, Sterbekassen, Pensionskassen oder Pensionsfonds entsteht.




§ 246 Umfang der Gruppenaufsicht



(1) 1Eine gruppenweite Beaufsichtigung gemäß § 245 umfasst nicht die Beaufsichtigung auf Einzelebene des Versicherungsunternehmens eines Drittstaats, der Versicherungs-Holdinggesellschaft, der gemischten Finanzholding-Gesellschaft oder der gemischten Versicherungs-Holdinggesellschaft. 2§ 293 bleibt unberührt.

(2) 1Die Gruppenaufsichtsbehörde kann bestimmen, dass ein Unternehmen nicht in die Gruppenaufsicht gemäß § 245 einbezogen wird, wenn

1.
sich das Unternehmen in einem Drittstaat befindet, in dem der Übermittlung der notwendigen Informationen rechtliche Hindernisse entgegenstehen; § 260 bleibt unberührt,

2.
das einzubeziehende Unternehmen im Verhältnis zu den mit der Gruppenaufsicht verfolgten Zielen nur von untergeordneter Bedeutung ist oder

3.
die Einbeziehung des Unternehmens im Verhältnis zu den mit der Gruppenaufsicht verfolgten Zielen unangemessen oder irreführend wäre.

2Können mehrere Unternehmen derselben Gruppe einzeln betrachtet nach Satz 1 Nummer 2 von der Gruppenaufsicht ausgeschlossen werden, so sind sie dennoch einzubeziehen, wenn sie in der Gesamtbetrachtung nicht von untergeordneter Bedeutung sind. 3Ist die Gruppenaufsichtsbehörde der Auffassung, dass ein Versicherungsunternehmen gemäß Satz 1 Nummer 2 oder 3 nicht in die Gruppenaufsicht einbezogen werden soll, hört sie vor einer Entscheidung die anderen betroffenen Aufsichtsbehörden an.

(3) Für die Einhaltung der Anforderungen nach Teil 5 dieses Gesetzes sind alle der Gruppenaufsicht unterworfenen Unternehmen der Gruppe verantwortlich, sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(4) Das an der Spitze einer Gruppe stehende Unternehmen ist verpflichtet, auf Ersuchen der Aufsichtsbehörde, die in dem jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaat für ein gemäß Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 oder 3 nicht in die Gruppenaufsicht einbezogenes Versicherungsunternehmen zuständig ist, alle zur Erleichterung der Beaufsichtigung angeforderten Informationen zu geben.


§ 247 Oberstes Mutterunternehmen auf Ebene der Mitglied- oder Vertragsstaaten



(1) Ist das in § 245 Absatz 2 Nummer 1 genannte beteiligte Versicherungsunternehmen oder die in § 245 Absatz 2 Nummer 2 genannte Versicherungs-Holdinggesellschaft oder gemischte Finanzholding-Gesellschaft selbst Tochterunternehmen eines anderen Versicherungsunternehmens oder einer anderen Versicherungs-Holdinggesellschaft oder gemischten Finanzholding-Gesellschaft mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat, so sind die §§ 250 bis 287 sowie 293 Absatz 1, § 298 Absatz 1 und 2, § 305 Absatz 1 Nummer 1 und § 306 Absatz 1 Nummer 1 nur auf Ebene der obersten Muttergesellschaft anzuwenden, die ein Versicherungsunternehmen oder eine Versicherungs-Holdinggesellschaft oder eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat ist.

(2) Ist die in Absatz 1 genannte oberste Muttergesellschaft, die ein Versicherungsunternehmen oder eine Versicherungs-Holdinggesellschaft oder eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat ist, Tochterunternehmen eines Unternehmens, das nach Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 2002/87/EG einer zusätzlichen Beaufsichtigung unterliegt, so kann die Gruppenaufsichtsbehörde nach Konsultation der anderen betroffenen Aufsichtsbehörden auf der Ebene dieses obersten Mutterunternehmens von der Überwachung der Risikokonzentration gemäß § 273, der Überwachung der gruppeninternen Transaktionen gemäß § 274 oder von beidem absehen.


§ 248 Oberstes Mutterunternehmen auf nationaler Ebene



(1) 1Hat das in § 245 Absatz 2 Nummer 1 genannte beteiligte Versicherungsunternehmen oder die in § 245 Absatz 2 Nummer 2 genannte Versicherungs-Holdinggesellschaft oder gemischte Finanzholding-Gesellschaft seinen oder ihren Sitz im Inland und hat das in § 247 genannte oberste Mutterunternehmen seinen Sitz in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat, so kann die Aufsichtsbehörde nach Konsultation der Gruppenaufsichtsbehörde und dieses obersten Mutterunternehmens anordnen, dass das auf nationaler Ebene oberste Mutterversicherungsunternehmen oder die auf nationaler Ebene oberste Muttergesellschaft, die eine Versicherungs-Holdinggesellschaft oder eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft ist, der Gruppenaufsicht unterliegt. 2Die Aufsichtsbehörde begründet ihre Entscheidung in diesem Fall sowohl gegenüber der Gruppenaufsichtsbehörde als auch gegenüber dem obersten Mutterunternehmen auf Ebene der Mitglied- oder Vertragsstaaten. 3Die Gruppenaufsichtsbehörde unterrichtet das Aufsichtskollegium (§ 283) gemäß Artikel 248 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/138/EG. 4Vorbehaltlich der Absätze 2 bis 6 sind die §§ 250 bis 287 sowie § 293 Absatz 1, § 298 Absatz 1 und 2, § 305 Absatz 1 Nummer 1 und § 306 Absatz 1 Nummer 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Die Aufsichtsbehörde kann eine Beschränkung der Gruppenaufsicht auf einzelne Vorschriften der §§ 250 bis 275 bei dem obersten Mutterunternehmen auf nationaler Ebene feststellen.

(3) Sofern die Aufsichtsbehörde auf das oberste Mutterunternehmen auf nationaler Ebene die §§ 250 bis 272 anwendet, wird die Methode, die von der Gruppenaufsichtsbehörde gemäß § 252 für das in § 247 genannte oberste Mutterunternehmen auf Ebene der Mitglied- oder Vertragsstaaten gewählt worden ist, von der Aufsichtsbehörde als verbindlich anerkannt und angewendet.

(4) 1Sofern die Aufsichtsbehörde auf das oberste Mutterunternehmen auf nationaler Ebene die §§ 250 bis 272 anwendet und das in § 247 genannte oberste Mutterunternehmen auf Ebene der Mitglied- oder Vertragsstaaten gemäß § 262 oder § 265 Absatz 5 die Erlaubnis erhalten hat, die Solvabilitätskapitalanforderung für die Gruppe sowie die Solvabilitätskapitalanforderung für die Versicherungsunternehmen der Gruppe anhand eines internen Modells zu berechnen, so wird diese Entscheidung von der Aufsichtsbehörde als verbindlich anerkannt und umgesetzt. 2Ist die Aufsichtsbehörde in einem solchen Fall der Auffassung, dass das auf Ebene der Mitglied- oder Vertragsstaaten genehmigte interne Modell erheblich vom Risikoprofil des obersten Mutterunternehmens auf nationaler Ebene abweicht, so kann sie, wenn das Unternehmen ihre Bedenken nicht angemessen ausräumt, für dieses einen Aufschlag auf die anhand eines solchen Modells berechnete Gruppensolvabilitätskapitalanforderung verlangen. 3Ist ein solcher Kapitalaufschlag ausnahmsweise nicht angemessen, kann die Aufsichtsbehörde von dem Unternehmen verlangen, seine Gruppensolvabilitätskapitalanforderung anhand der Standardformel zu berechnen. 4Die Aufsichtsbehörde begründet solche Entscheidungen sowohl gegenüber dem Unternehmen als auch gegenüber der Gruppenaufsichtsbehörde. 5Die Gruppenaufsichtsbehörde unterrichtet das Aufsichtskollegium gemäß Artikel 248 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/138/EG.

(5) Sofern die Aufsichtsbehörde auf das oberste Mutterunternehmen auf nationaler Ebene die Bestimmungen der §§ 250 bis 272 anwendet, kann nach der Vorschrift des § 267 oder des § 272 diesem Unternehmen nicht die Erlaubnis erteilt werden, auf eines seiner Tochterunternehmen die §§ 269 und 270 anzuwenden.

(6) Eine Anordnung gemäß Absatz 1 kann nicht getroffen oder aufrechterhalten werden, wenn das oberste Mutterunternehmen auf nationaler Ebene ein Tochterunternehmen des in § 247 genannten obersten Mutterunternehmens auf Ebene der Mitglied- oder Vertragsstaaten ist und dieses gemäß der Vorschrift des § 268 oder des § 270 die Erlaubnis erhalten hat, die §§ 269 und 270 auf das Tochterunternehmen anzuwenden.


§ 249 Mutterunternehmen, die mehrere Mitglied- oder Vertragsstaaten umfassen



(1) 1Die Aufsichtsbehörde kann mit den Aufsichtsbehörden anderer Mitglied- oder Vertragsstaaten, in denen sich ein verbundenes Unternehmen befindet, das ebenfalls oberstes Mutterunternehmen auf nationaler Ebene ist, vereinbaren, auf Ebene einer mehrere Mitglied- oder Vertragsstaaten umspannenden Teilgruppe eine Gruppenaufsicht durchzuführen. 2Haben die betroffenen Aufsichtsbehörden eine solche Vereinbarung geschlossen, findet auf Ebene eines in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat als der Teilgruppe gelegenen obersten Mutterunternehmens im Sinne des § 248 keine Gruppenaufsicht statt.

(2) § 248 Absatz 2 bis 6 gilt entsprechend.