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Gesetz zur Finanzierung der Energiewende im Stromsektor durch Zahlungen des Bundes und Erhebung von Umlagen (Energiefinanzierungsgesetz - EnFG)

Artikel 3 G. v. 20.07.2022 BGBl. I S. 1237, 1272 (Nr. 28); zuletzt geändert durch Artikel 5 G. v. 26.07.2023 BGBl. 2023 I Nr. 202
Geltung ab 01.01.2023; FNA: 754-32 Energieversorgung
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Teil 4 Ausgleich durch Erhebung von Umlagen und weiterer Ausgleichsmechanismus

Abschnitt 4 Besondere Ausgleichsregelung

Unterabschnitt 2 Stromkostenintensive Unternehmen

§ 30 Voraussetzungen der Begrenzung



Bei einem Unternehmen, das einer Branche nach Anlage 2 zuzuordnen ist, werden die Umlagen begrenzt, wenn

1.
im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr die voll oder anteilig umlagenpflichtige und selbst verbrauchte Strommenge an einer Abnahmestelle, an der das Unternehmen einer Branche nach Anlage 2 zuzuordnen ist, mehr als 1 Gigawattstunde betragen hat,

2.
das Unternehmen ein Energiemanagementsystem betreibt und

3.
das Unternehmen

a)
energieeffizient ist, weil

aa)
es alle wirtschaftlich durchführbaren Maßnahmen umgesetzt hat, die in dem Energiemanagementsystem nach Nummer 2 konkret identifiziert worden sind,

bb)
in dem Energiemanagementsystem nach Nummer 2 keine wirtschaftlich durchführbaren Maßnahmen konkret identifiziert worden sind oder

cc)
es in dem dem Antragsjahr vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 50 Prozent des nach diesem Gesetz für das zweite dem Antragsjahr vorangegangene Jahr gewährten Begrenzungsbetrags für Maßnahmen aufgewendet hat, die in dem Energiemanagementsystem nach Nummer 2 konkret identifiziert worden sind; für Maßnahmen, die nicht ohne eine erhebliche Unterbrechung des Produktionsablaufs umgesetzt werden können, muss die Auftragsvergabe an Dritte im Rahmen des vorgesehenen Projektablaufs in dem dem Antragsjahr vorangegangenen Kalenderjahr erfolgt sein; soweit die aufgewendete Investitionssumme 50 Prozent des nach diesem Gesetz für das zweite dem Antragsjahr vorangegangene Jahr gewährten Begrenzungsbetrags übersteigt, kann der überschießende Teil der Investitionssumme in den folgenden vier Jahren auf die erforderliche Investitionssumme angerechnet werden; Investitionssummen sind nicht anrechenbar, soweit sie zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung einer anderen Beihilfe als der Begrenzung nach § 29 geltend gemacht werden,

b)
mindestens 30 Prozent seines Stromverbrauchs durch ungeförderten Strom aus erneuerbaren Energien deckt oder

c)
Investitionen für Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Produktionsprozesses in entsprechender Anwendung von Buchstabe a Doppelbuchstabe cc getätigt hat; soweit das Unternehmen einem Sektor angehört, für den die Delegierte Verordnung (EU) 2019/331 der Kommission vom 19. Dezember 2018 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Artikel 10a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 59 vom 27.2.2019, S. 8) Produkt-Benchmarks festlegt, müssen die Maßnahmen die Treibhausgasemissionen der von diesem Unternehmen hergestellten Produkte auf einen Wert verringern, der unterhalb des für diese Produkte jeweils festgelegten Produkt-Benchmarkwertes liegt.


§ 31 Umfang der Begrenzung



Die Umlagen werden an den Abnahmestellen, an denen das Unternehmen einer Branche nach Anlage 2 zuzuordnen ist, für den Strom, den das Unternehmen dort im Begrenzungszeitraum selbst verbraucht, wie folgt begrenzt:

1.
Die Umlagen werden für den Stromanteil bis einschließlich 1 Gigawattstunde nicht begrenzt (Selbstbehalt); dieser Selbstbehalt muss im Begrenzungsjahr zuerst gezahlt werden.

2.
Die Umlagen werden für den Stromanteil über 1 Gigawattstunde begrenzt

a)
bei einem Unternehmen, das einer Branche nach Anlage 2 Liste 1 zuzuordnen ist, auf 15 Prozent der Umlagen und

b)
bei einem Unternehmen, das einer Branche nach Anlage 2 Liste 2 zuzuordnen ist,

aa)
auf 15 Prozent der Umlagen, wenn das Unternehmen im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr seinen Stromverbrauch in besonderer Weise aus erneuerbaren Energien gedeckt hat, oder

bb)
im Übrigen auf 25 Prozent der Umlagen.

3.
Die nach Nummer 2 zu zahlenden Umlagen werden in Summe aller begrenzten Abnahmestellen des Unternehmens auf höchstens den folgenden Anteil der Bruttowertschöpfung begrenzt, die das Unternehmen im arithmetischen Mittel der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre erzielt hat:

a)
0,5 Prozent der Bruttowertschöpfung bei einem Unternehmen, das einer Branche nach Anlage 2 Liste 1 zuzuordnen ist, oder

b)
bei einem Unternehmen, das einer Branche nach Anlage 2 Liste 2 zuzuordnen ist,

aa)
0,5 Prozent der Bruttowertschöpfung, wenn das Unternehmen im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr seinen Stromverbrauch in besonderer Weise durch erneuerbare Energien gedeckt hat, oder

bb)
im Übrigen 1 Prozent der Bruttowertschöpfung.

4.
Die Begrenzung nach den Nummern 2 und 3 erfolgt nur so weit, dass die von dem Unternehmen zu zahlenden Umlagen für den Stromanteil über 1 Gigawattstunde den Wert von 0,05 Cent pro Kilowattstunde an den Abnahmestellen nicht unterschreiten; der Selbstbehalt nach Nummer 1 bleibt unberührt.


§ 32 Nachweisführung



Die Nachweisführung erfolgt

1.
für die Voraussetzungen nach § 30 Nummer 1 und nach § 31 sowie die Bruttowertschöpfung durch

a)
die Stromlieferungsverträge und die Stromrechnungen für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr,

b)
die Angabe der jeweils im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr aus dem Netz bezogenen und selbst verbrauchten sowie weitergeleiteten Strommengen,

c)
den Prüfungsvermerk eines Prüfers, wenn eine Begrenzung der Umlagen nach § 31 Nummer 3 begehrt wird; dabei ist eine Aufstellung mit folgenden Angaben zu prüfen und dem Prüfungsvermerk beizufügen:

aa)
Angaben zum Betriebszweck und zu der Betriebstätigkeit des Unternehmens und

bb)
sämtliche Bestandteile der Bruttowertschöpfung auf Grundlage der nach den Vorgaben des Handelsgesetzbuchs geprüften Jahresabschlüsse für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre;

auf die Prüfung sind § 319 Absatz 2 bis 4, § 319b Absatz 1, § 320 Absatz 2 und § 323 des Handelsgesetzbuchs entsprechend anzuwenden; in dem Prüfungsvermerk ist darzulegen, dass die dem Prüfungsvermerk beigefügte Aufstellung mit hinreichender Sicherheit frei von wesentlichen Falschangaben und Abweichungen ist; bei der Prüfung der Bruttowertschöpfung ist eine Wesentlichkeitsschwelle von 5 Prozent ausreichend,

d)
den Nachweis über die Klassifizierung des Unternehmens durch die statistischen Ämter der Länder in Anwendung der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 20084, und die Einwilligung des Unternehmens, dass sich das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle von den statistischen Ämtern der Länder die Klassifizierung des bei ihnen registrierten Unternehmens und seiner Betriebsstätten übermitteln lassen kann,

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Amtlicher Hinweis: Zu beziehen beim Statistischen Bundesamt, Gustav-Stresemann-Ring 11, 65189 Wiesbaden; auch zu beziehen über www.destatis.de.
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e)
im Fall der Deckung des Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien in besonderer Weise zusätzlich

aa)
im Fall des Verbrauchs von aus dem Netz entnommenem Strom durch den Nachweis der Entwertung von Herkunftsnachweisen für erneuerbare Energien nach § 30 der Herkunfts- und Regionalnachweis-Durchführungsverordnung oder

bb)
im Fall des Verbrauchs von Strom, der nicht aus dem Netz entnommen wurde, durch den Nachweis der zeitgleichen Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien bezogen auf jedes 15-Minuten-Intervall; eine mess- und eichrechtskonforme Messung der Ist-Erzeugung und des Ist-Verbrauchs bezogen auf jedes 15-Minuten-Intervall ist zur Erfüllung der Anforderung nach diesem Doppelbuchstaben nur erforderlich, wenn nicht schon anderweitig sichergestellt ist, dass Strom höchstens bis zur Höhe der tatsächlichen Erzeugung aus erneuerbaren Energien bezogen auf jedes 15-Minuten-Intervall als Verbrauch der Abnahmestelle in Ansatz gebracht wird,

2.
für die Voraussetzungen nach § 30 Nummer 2 durch die Angabe, dass das Unternehmen zum Ende der Antragsfrist nach § 40 Absatz 1 über ein gültiges DIN-EN-ISO-50001-Zertifikat, einen gültigen Eintragungs- oder Verlängerungsbescheid der EMAS-Registrierungsstelle über die Eintragung in das EMAS-Register oder einen gültigen Nachweis über den Betrieb eines Energiemanagementsystems entsprechend DIN EN ISO 50005 oder über die Mitgliedschaft in einem angemeldeten Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerk verfügt,

3.
für die Voraussetzungen nach § 30 Nummer 3:

a)
für Buchstabe a Doppelbuchstabe aa durch eine Eigenerklärung, dass das Unternehmen alle wirtschaftlich durchführbaren Maßnahmen umgesetzt hat, verbunden mit der Aufstellung der durchgeführten Maßnahmen; der Inhalt dieser Eigenerklärung bedarf der Bestätigung einer prüfungsbefugten Stelle,

b)
für Buchstabe a Doppelbuchstabe bb durch eine Eigenerklärung, dass der Bericht des Energiemanagementsystems keine wirtschaftlich durchführbaren Maßnahmen empfohlen hat, verbunden mit dem Bericht des Energiemanagementsystems; der Inhalt dieser Eigenerklärung bedarf der Bestätigung einer prüfungsbefugten Stelle,

c)
für Buchstabe a Doppelbuchstabe cc durch eine Eigenerklärung, dass das Unternehmen Investitionen in dem erforderlichen Umfang getätigt hat und dass diese Investitionen nicht oder nicht in dem geltend gemachten Umfang zur Erfüllung der Voraussetzungen einer anderen Beihilfe als der Begrenzung nach § 29 geltend gemacht werden, verbunden mit der Aufstellung der durchgeführten Maßnahmen einschließlich des jeweiligen Investitionsvolumens, mit dem Bericht des Energiemanagementsystems und im Fall einer erheblichen Unterbrechung des Produktionsablaufs durch die umzusetzenden Maßnahmen zusätzlich mit der Auftragsbestätigung des beauftragten Dritten; der Inhalt dieser Eigenerklärung bedarf der Bestätigung einer prüfungsbefugten Stelle,

d)
für Buchstabe b durch einen Nachweis nach Nummer 1 Buchstabe e und

e)
für Buchstabe c durch eine Eigenerklärung, dass das Unternehmen Investitionen in dem erforderlichen Umfang getätigt hat und dass diese Investitionen nicht oder nicht in dem geltend gemachten Umfang zur Erfüllung der Voraussetzungen einer anderen Beihilfe als der Begrenzung nach § 29 geltend gemacht werden, verbunden mit der Aufstellung der durchgeführten Maßnahmen einschließlich des jeweiligen Investitionsvolumens und im Fall einer erheblichen Unterbrechung des Produktionsablaufs durch die umzusetzenden Maßnahmen zusätzlich mit der Auftragsbestätigung des beauftragten Dritten und im Fall, dass das Unternehmen einem der Sektoren angehört, die in der in § 30 Nummer 3 Buchstabe c genannten Delegierten Verordnung (EU) 2019/331 der Kommission vom 19. Dezember 2018 aufgeführt sind, zusätzlich mit der Aufstellung der durch die Durchführung der Maßnahmen verringerten Treibhausgasemissionen; der Inhalt dieser Eigenerklärung bedarf der Bestätigung einer prüfungsbefugten Stelle.




§ 33 Nachweisführung auf Basis eines gewillkürten Rumpfgeschäftsjahres



1Unternehmen, die bis zum 30. April des Antragsjahres noch über kein abgeschlossenes handelsrechtliches Geschäftsjahr verfügen oder zum Zeitpunkt des Endes des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres keiner Branche nach Anlage 2 zuzuordnen sind, können abweichend von § 32 Nummer 1 den Antrag auf Basis eines gewillkürten Rumpfgeschäftsjahres stellen, das mit der erstmaligen Stromabnahme zu Produktionszwecken in einer Branche nach Anlage 2 beginnt und vor Ablauf der Antragsfrist endet. 2Die Begrenzungsentscheidung ergeht unter Vorbehalt des Widerrufs. 3Nach Vollendung des ersten abgeschlossenen Geschäftsjahres erfolgt eine nachträgliche Überprüfung der Antragsvoraussetzungen und des Begrenzungsumfangs durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle anhand der Daten des abgeschlossenen Geschäftsjahres. 4§ 32 ist im Übrigen entsprechend anzuwenden.


§ 34 Selbständige Teile eines Unternehmens



Die §§ 30 bis 33 sind für selbständige Teile eines Unternehmens, das einer Branche nach Anlage 2 zuzuordnen ist, entsprechend anzuwenden.


§ 35 Begriffsbestimmungen des Unterabschnitts, Branchenzuordnung



(1) Im Sinn dieses Unterabschnitts ist

1.
„Abnahmestelle" die Summe aller räumlich und physikalisch zusammenhängenden elektrischen Einrichtungen einschließlich der Eigenversorgungsanlagen eines Unternehmens, die sich auf einem in sich abgeschlossenen Betriebsgelände befinden und über einen oder mehrere Entnahmepunkte mit dem Netz verbunden sind; sie muss über eigene Stromzähler an allen Entnahmepunkten und Eigenversorgungsanlagen verfügen,

2.
„Bruttowertschöpfung" die Bruttowertschöpfung des Unternehmens zu Faktorkosten nach der Definition des Statistischen Bundesamtes Fachserie 4, Reihe 4.3, Wiesbaden 20075, ohne Abzug der Personalkosten für Leiharbeitsverhältnisse, bei Unternehmen, die den Branchen mit den WZ-2008-Codes 1011 und 1012 nach Anlage 2 zuzuordnen sind, zusätzlich ohne Abzug der Kosten, die durch den Einsatz von Selbständigen, beispielsweise über Werkverträge, im Bereich der Schlachtung einschließlich der Zerlegung von Schlachtkörpern sowie im Bereich der Fleischverarbeitung entstehen; die durch vorangegangene Begrenzungsentscheidungen hervorgerufenen Wirkungen bleiben bei der Berechnung der Bruttowertschöpfung außer Betracht,

3.
„prüfungsbefugte Stelle" jede Stelle, die Zertifizierungen von Energiemanagementsystemen vornehmen darf.

(2) Für die Zuordnung eines Unternehmens oder eines selbständigen Teils eines Unternehmens zu den Branchen nach Anlage 2 ist der Zeitpunkt des Endes des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres maßgeblich.


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Amtlicher Hinweis: Zu beziehen beim Statistischen Bundesamt, Gustav-Stresemann-Ring 11, 65189 Wiesbaden; auch zu beziehen über www.destatis.de.