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Luftverkehrsgesetz (LuftVG)

neugefasst durch B. v. 10.05.2007 BGBl. I S. 698; zuletzt geändert durch Artikel 6 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 409
Geltung ab 01.10.1980; FNA: 96-1 Luftverkehr
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Zweiter Abschnitt Haftpflicht und Schlichtung

5. Unterabschnitt Schlichtung

§ 57 Privatrechtlich organisierte Schlichtung



(1) 1Das Bundesministerium der Justiz kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz privatrechtlich organisierte Einrichtungen als Schlichtungsstellen zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten über Ansprüche von Fluggästen gegen Luftfahrtunternehmen nach § 57b Absatz 1 anerkennen. 2Anerkannt werden kann auch eine verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle. 3Die Anerkennung und der Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung sind im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(2) Privatrechtlich organisierte Einrichtungen können als Schlichtungsstellen anerkannt werden, wenn die Schlichtungsstellen und die Durchführung des Schlichtungsverfahrens den Anforderungen dieses Gesetzes, des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes vom 19. Februar 2016 (BGBl. I S. 254) und der nach diesen Gesetzen erlassenen Rechtsverordnungen entsprechen.

(3) 1Fluggäste können eine Schlichtungsstelle anrufen, wenn das beteiligte Luftfahrtunternehmen an der Schlichtung durch diese Schlichtungsstelle teilnimmt. 2Die Schlichtungsstellen sind verpflichtet, eine Liste der teilnehmenden Luftfahrtunternehmen zu führen und in geeigneter Weise Interessierten zugänglich zu machen.

(4) 1Die Schlichtungsstellen können für das Schlichtungsverfahren mit dem Eingang des Schlichtungsbegehrens von dem beteiligten Luftfahrtunternehmen ein angemessenes Entgelt verlangen. 2Von dem Fluggast kann ein Entgelt von bis zu 30 Euro verlangt werden, wenn die Geltendmachung des Anspruchs im Schlichtungsverfahren missbräuchlich ist. 3Wenn das Entgelt den Anforderungen des Satzes 1 oder 2 nicht entspricht, kann die Einrichtung als Schlichtungsstelle nicht anerkannt werden.

(5) 1Weist eine Schlichtungsstelle nach, dass innerhalb von zwei Jahren nach der Anerkennung und der Aufnahme der Schlichtung in der überwiegenden Zahl der Fälle bei ihr Ansprüche geltend gemacht wurden, die nicht bestanden, kann diese Schlichtungsstelle vor Einleitung eines Schlichtungsverfahrens von dem Fluggast ein Entgelt verlangen. 2Der Nachweis ist gegenüber dem Bundesamt für Justiz zu erbringen. 3Das Bundesamt für Justiz teilt der Schlichtungsstelle und dem Bundesministerium der Justiz mit, ob der Nachweis erbracht ist. 4Das Entgelt nach Satz 1 darf 20 Euro nicht überschreiten. 5Es kann nur verlangt werden, wenn der Vertrag, aus dem die Luftbeförderung geschuldet wird, nach Einführung des Entgelts geschlossen wurde. 6Das Entgelt ist dem Fluggast von dem beteiligten Luftfahrtunternehmen zu erstatten, wenn der Anspruch im Schlichtungsverfahren für begründet erachtet wird. 7Es ist auf das Entgelt nach Absatz 4 Satz 2 anzurechnen, wenn die Geltendmachung des Anspruchs im Schlichtungsverfahren missbräuchlich war. 8Wird ein Entgelt nach Satz 1 verlangt, obwohl der Nachweis nicht erbracht ist, ist die Anerkennung nach Absatz 1 zu widerrufen. 9Dies gilt auch, wenn ein Entgelt von mehr als 20 Euro verlangt wird. 10Wird ein Entgelt nach Satz 1 von einer Schlichtungsstelle verlangt, gilt für diese Schlichtungsstelle § 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 nicht.

(6) Die Regelung der Entgelte nach den Absätzen 4 und 5 haben die Schlichtungsstellen Interessierten zugänglich zu machen.

(7) 1Eine anerkannte Einrichtung ist Verbraucherschlichtungsstelle nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz. 2Das Bundesministerium der Justiz übermittelt der Zentralen Anlaufstelle für Verbraucherschlichtung die Angaben nach § 32 Absatz 2 und 4 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes. 3Die Schlichtungsstelle hat den Evaluationsbericht nach § 34 Absatz 2 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes an das Bundesministerium der Justiz zu übermitteln. 4Dieses leitet den Evaluationsbericht an die Zentrale Anlaufstelle für Verbraucherschlichtung weiter; § 35 Absatz 2 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes ist nicht anzuwenden.




§ 57a Behördliche Schlichtung



(1) 1Zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten über Ansprüche von Fluggästen nach § 57b Absatz 1 gegen Luftfahrtunternehmen, die nicht an einem Schlichtungsverfahren einer anerkannten privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle nach § 57 teilnehmen, können Fluggäste die Schlichtungsstelle anrufen, die bei dem Bundesamt für Justiz einzurichten ist. 2Dies gilt auch, wenn keine privatrechtlich organisierte Einrichtung als Schlichtungsstelle anerkannt ist.

(2) Die Schlichtungsstelle und die Durchführung des Schlichtungsverfahrens müssen den Anforderungen dieses Gesetzes, des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen entsprechen.

(3) Das Bundesamt für Justiz kann dem Fluggast die Gebühr 1224 der Anlage (Kostenverzeichnis) zum Justizverwaltungskostengesetz auferlegen, wenn die Geltendmachung des Anspruchs im Schlichtungsverfahren missbräuchlich ist.

(4) 1Sind innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der Schlichtung in der überwiegenden Zahl der Fälle Ansprüche geltend gemacht worden, die nicht bestanden, kann das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmen, dass die Schlichtungsstelle vor Einleitung eines Schlichtungsverfahrens von dem Fluggast eine Gebühr erhebt. 2Die Gebühr darf 20 Euro nicht überschreiten. 3Sie kann nur verlangt werden, wenn der Vertrag, aus dem die Luftbeförderung geschuldet wird, nach Einführung der Gebühr geschlossen wurde. 4Die Gebühr ist dem Fluggast von dem beteiligten Luftfahrtunternehmen zu erstatten, wenn der Anspruch im Schlichtungsverfahren für begründet erachtet wird. 5Sie ist auf die Gebühr nach Absatz 3 anzurechnen, wenn die Geltendmachung des Anspruchs im Schlichtungsverfahren missbräuchlich war. 6Wird eine Gebühr nach Satz 1 erhoben, gilt § 57b Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 nicht.

(5) Das Bundesamt für Justiz kann für Beitreibungsmaßnahmen anordnen, dass das Luftfahrtunternehmen innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat.

(6) Die Schlichtungsstelle nach Absatz 1 ist Verbraucherschlichtungsstelle nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz und von der Zentralen Anlaufstelle für Verbraucherschlichtung in die Liste nach § 33 Absatz 1 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes einzutragen; § 32 Absatz 3 und 4 sowie § 35 Absatz 2 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes sind nicht anzuwenden.




§ 57b Gemeinsame Vorschriften



(1) 1Die Streitigkeiten nach den §§ 57 und 57a betreffen Zahlungsansprüche bis zu 5.000 Euro aus einer Luftbeförderung, die einem Verbraucher (§ 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) geschuldet wird, und die geltend gemacht werden wegen

1.
der Nichtbeförderung, der verspäteten Beförderung oder der Herabstufung von Fluggästen in eine niedrigere Klasse sowie der Annullierung von Flügen,

2.
der Zerstörung, der Beschädigung, des Verlustes oder der verspäteten Beförderung von Reisegepäck,

3.
der Zerstörung, der Beschädigung oder des Verlustes von Sachen, die der Fluggast an sich trägt oder mit sich führt, oder

4.
Pflichtverletzungen bei der Beförderung von behinderten Fluggästen und Fluggästen mit eingeschränkter Mobilität.

2Streitigkeiten über Zahlungsansprüche nach Satz 1 von mehr als 5.000 Euro können Gegenstand der Schlichtung nach § 57 sein, wenn die Verfahrensordnung dies vorsieht.

(2) 1Die Schlichtungsstellen nach den §§ 57 und 57a können nicht angerufen werden, wenn

1.
keine Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist,

2.
der Anspruch bereits bei einem Gericht rechtshängig ist oder rechtshängig war,

3.
der streitige Anspruch oder das Rechtsverhältnis des Fluggastes, das den Gegenstand des Streitbeilegungsverfahrens bildet, zum Verbandsklageregister nach § 46 des Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetzes wirksam angemeldet ist,

4.
der Anspruch bereits bei einer Schlichtungsstelle nach § 57 oder § 57a geltend gemacht worden ist, die zur Schlichtung des Anspruchs angerufen werden konnte und deren Anrufung nicht nach Nummer 6 ausgeschlossen war,

5.
das Schlichtungsbegehren missbräuchlich ist, insbesondere wenn die Streitigkeit durch außergerichtlichen Vergleich bereits beigelegt ist,

6.
der Anspruch nicht unmittelbar gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend gemacht worden ist, wenn das Luftfahrtunternehmen den geltend gemachten Anspruch nicht abgelehnt hat oder wenn das Luftfahrtunternehmen den geltend gemachten Anspruch weder anerkannt noch abgelehnt hat und seit der Geltendmachung nicht mehr als 2 Monate vergangen sind oder

7.
die Höhe des Anspruchs 10 Euro nicht überschreitet.

2Die Schlichtung nach den §§ 57 und 57a wird unzulässig, wenn während des Schlichtungsverfahrens der Anspruch bei einem Gericht rechtshängig gemacht wird oder der streitige Anspruch oder das Rechtsverhältnis des Fluggastes, das den Gegenstand des Streitbeilegungsverfahrens bildet, zum rechtshängigen Verbandsklageregister nach § 46 des Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetzes wirksam angemeldet wird.

(3) Die Schlichtungsstellen können die Schlichtung ablehnen, wenn eine grundsätzliche Rechtsfrage, die für die Bewertung der Streitigkeit erheblich ist, nicht geklärt ist.

(4) Das Recht, die Gerichte anzurufen, bleibt unberührt.