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Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG)

neugefasst durch B. v. 17.12.1992 BGBl. 1993 I S. 2; zuletzt geändert durch Artikel 353 V. v. 31.08.2015 BGBl. I S. 1474; aufgehoben durch Artikel 3 Abs. 2 Nr. 1 G. v. 01.04.2015 BGBl. I S. 434
Geltung ab 01.04.1983; FNA: 7631-1 Versicherungsaufsichtsrecht
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IV. Geschäftsführung der Versicherungsunternehmen

2. Besondere Vorschriften über die Deckungsrückstellung und das Sicherungsvermögen

§ 70 Treuhänder für das Sicherungsvermögen



Zur Überwachung des Sicherungsvermögens sind ein Treuhänder und ein Stellvertreter für ihn zu bestellen. Für einen kleineren Verein (§ 53) gilt dies nur, wenn es die Aufsichtsbehörde anordnet.


§ 71 Bestellung und Qualifikation des Treuhänders



(1) Den Treuhänder bestellt der Aufsichtsrat. Hat ein kleinerer Verein (§ 53) keinen Aufsichtsrat, bestellt der Vorstand den Treuhänder.

(2) Wer als Treuhänder in Aussicht genommen ist, muß vor Bestellung der Aufsichtsbehörde benannt werden. Hat diese gegen die Bestellung Bedenken, kann sie verlangen, daß binnen angemessener Frist jemand anders benannt werde. Unterbleibt das oder hat die Aufsichtsbehörde auch gegen die Bestellung des neu Vorgeschlagenen Bedenken, so kann sie den Treuhänder selbst bestellen.

(3) Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt auch, wenn die Aufsichtsbehörde Bedenken hat, daß ein bestellter Treuhänder sein Amt weiterverwaltet.


§ 72 Sicherstellung des Sicherungsvermögens



(1) Das Sicherungsvermögen ist so sicherzustellen, dass nur mit Zustimmung des Treuhänders darüber verfügt werden kann; das Nähere bestimmt die Aufsichtsbehörde.

(2) Der Treuhänder hat besonders die Bestände des Sicherungsvermögens unter Mitverschluss des Versicherungsunternehmens zu verwahren. Er darf einen Sicherungsvermögenswert nur herausgeben, wenn die übrigen Werte zur Bedeckung des Mindestumfangs des Sicherungsvermögens (§ 66 Abs. 1a) ausreichen oder das Versicherungsunternehmen Zug um Zug eine anderweitige Bedeckung des Sicherungsvermögens stellt. Ist das Versicherungsunternehmen zur Herausgabe einer Urkunde verpflichtet, muss der Treuhänder der Herausgabe zustimmen, auch wenn die in Satz 2 bezeichneten Voraussetzungen nicht vorliegen; § 66 Abs. 2 gilt entsprechend. Bedarf das Versicherungsunternehmen einer Urkunde zu vorübergehendem Gebrauch, so hat der Treuhänder sie herauszugeben, ohne dass das Versicherungsunternehmen verpflichtet ist, eine anderweitige Bedeckung zu stellen.

(3) Der Treuhänder kann einer Verfügung nur schriftlich zustimmen; soll ein Gegenstand im Vermögensverzeichnis gelöscht werden, so genügt, dass der Treuhänder neben oder unter den Löschungsvermerk seinen Namen schreibt.




§ 73 Treuhänder-Bestätigung



Der Treuhänder hat, ohne daß diese Pflicht die Verantwortlichkeit der zur Vertretung des Unternehmens berufenen Stellen berührt, unter der Bilanz zu bestätigen, daß das Sicherungsvermögen vorschriftsmäßig angelegt und aufbewahrt ist.


§ 74 Einsichtsrecht des Treuhänders



Der Treuhänder kann jederzeit die Bücher und Schriften des Versicherungsunternehmens einsehen, soweit sie sich auf das Sicherungsvermögen beziehen.


§ 75 Entscheidung über Streitigkeiten



Streitigkeiten zwischen dem Treuhänder und dem Versicherungsunternehmen über seine Obliegenheiten entscheidet die Aufsichtsbehörde.


§ 76 Stellvertreter des Treuhänders



Die §§ 71 bis 75 gelten auch für den Stellvertreter des Treuhänders.


§ 77 Entnahme aus dem Sicherungsvermögen



(1) Dem Sicherungsvermögen dürfen außer den Mitteln, die zur Vornahme und Änderung der Kapitalanlagen erforderlich sind, nur die Beträge entnommen werden, die durch Eintritt oder Regulierung des Versicherungsfalls, durch Rückkauf oder dadurch frei werden, dass sonst ein Versicherungsverhältnis beendigt oder der Geschäftsplan geändert wird.

(2) Durch Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung darf über die Bestände des Sicherungsvermögens nur so weit verfügt werden, wie für den Anspruch, zu dessen Gunsten verfügt wird, die Zuführung zum Sicherungsvermögen vorgeschrieben (§ 66 Abs. 1 bis 4, 6a) und tatsächlich erfolgt ist. Satz 1 gilt für die Aufrechnung gegen Ansprüche entsprechend, die zu den Beständen des Sicherungsvermögens gehören.




§ 77a Behandlung von Versicherungsforderungen



(1) Bei Befriedigung aus den Werten des Sicherungsvermögens (§ 66 Abs. 6 und 6a) haben

1.
die Forderungen der Versicherten, Versicherungsnehmer, Begünstigten oder geschädigten Dritten, die einen Direktanspruch gegen das Versicherungsunternehmen haben, und

2.
Prämienrückzahlungsansprüche, wenn der Versicherungsvertrag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zustande gekommen ist oder aufgehoben wurde,

in Höhe des Anteils am Sicherungsvermögen gemäß § 66 Abs. 1a Vorrang vor den Forderungen aller übrigen Insolvenzgläubiger. Dabei sind die Bestände des Sicherungsvermögens nur so weit zu berücksichtigen, wie für sie die Zuführung zum Sicherungsvermögen vorgeschrieben ist (§ 66 Abs. 1 bis 4, 6a).

(2) Untereinander haben die gemäß Absatz 1 bevorrechtigten Forderungen denselben Rang.


§ 77b Erlöschen bestimmter Versicherungsverträge



Die Lebensversicherungen, Krankenversicherungen der in § 12 genannten Art, die privaten Pflegepflichtversicherungen nach § 12f und die in § 65 Abs. 4 bezeichneten Versicherungen erlöschen durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Anspruchsberechtigten können den auf sie zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallenden Anteil an dem Mindestumfang des Sicherungsvermögens nach § 66 Abs. 1a fordern. § 77a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt entsprechend.


§ 78 Pfleger im Insolvenzfall



(1) Das Insolvenzgericht hat den Versicherten zur Wahrung ihrer Rechte nach §§ 77a und 77b einen Pfleger zu bestellen. Für die Pflegschaft tritt an die Stelle des Betreuungsgerichts das Insolvenzgericht.

(2) Der Pfleger hat den Umfang des vorhandenen Sicherungsvermögens festzustellen sowie die Ansprüche der Versicherten zu ermitteln und anzumelden.

(3) Der Pfleger hat die Versicherten, soweit es geschehen kann, vor der Anmeldung anzuhören und sie von der Anmeldung nachher zu benachrichtigen, ihnen auf Verlangen auch sonst Auskunft über die Tatsachen zu geben, die für ihre Ansprüche erheblich sind. Das Recht des einzelnen Versicherten, seinen Anspruch selbst anzumelden, bleibt unberührt. Soweit die Anmeldung des Versicherten von der des Pflegers abweicht, gilt, bis die Abweichung beseitigt ist, die Anmeldung, die dem Versicherten günstiger ist.

(4) Der Insolvenzverwalter hat dem Pfleger die Einsicht aller Bücher und Schriften des Schuldners zu gestatten und ihm auf Verlangen den Bestand des Sicherungsvermögens nachzuweisen.

(5) Der Pfleger kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen. Die ihm zu erstattenden Auslagen und die Vergütung fallen dem Sicherungsvermögen zur Last.

(6) Vor Bestellung des Pflegers und vor Festsetzung der Vergütung ist die Aufsichtsbehörde zu hören.




§ 79 Anwendungsbereich der §§ 70 bis 76



Die §§ 70 bis 76 gelten nur für Lebensversicherungen, für Krankenversicherungen der in § 12 genannten Art und die private Pflegepflichtversicherung nach § 12f.


§ 79a Öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen



Die §§ 70 bis 76 gelten nicht für öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen.