Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG)

neugefasst durch B. v. 17.12.1999 BGBl. I S. 2664; zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 02.06.2021 BGBl. I S. 1387
Geltung ab 04.11.1992; FNA: 253-1 Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts, Bereinigung von DDR-Unrecht
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Abschnitt 2 Gerichtliches Verfahren
§ 7 Antrag
§ 8 Zuständiges Gericht
§ 9 Besetzung der Rehabilitierungssenate oder Rehabilitierungskammern
§ 10 Ermittlung des Sachverhalts
§ 11 Gerichtliches Verfahren
§ 12 Rehabilitierungsentscheidung
§ 13 Beschwerde
§ 14 Kosten des Verfahrens und notwendige Auslagen
§ 15 Anwendbarkeit des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung

Abschnitt 2 Gerichtliches Verfahren

§ 7 Antrag


§ 7 hat 3 frühere Fassungen und wird in 4 Vorschriften zitiert

(1) Der Antrag nach § 1 kann

1.
von dem durch die Entscheidung unmittelbar in seinen Rechten Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter,

2.
nach dem Tode des Betroffenen von seinem Ehegatten, seinen Verwandten in gerader Linie, seinen Geschwistern oder von Personen, die ein berechtigtes Interesse an der Rehabilitierung des von der rechtsstaatswidrigen Entscheidung Betroffenen haben, oder

3.
von der Staatsanwaltschaft, jedoch nicht, soweit der unmittelbar in seinen Rechten Betroffene widersprochen hat,

gestellt werden.

(2) 1Der Antrag kann bei jedem Gericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. 2Der Antrag ist zu begründen.

(3) Der Antrag kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden.

(4) 1Die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Verfahrensbeteiligten können sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. 2Zu Bevollmächtigten können die im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Rechtsanwälte sowie Rechtslehrer an deutschen Hochschulen gewählt werden. 3Andere Personen können mit Zustimmung des Gerichts zu Bevollmächtigten gewählt werden. 4Für die Prozesskostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.

(5) Verstirbt der Betroffene nach Antragstellung, können die nach Absatz 1 Nr. 2 oder 3 Antragsberechtigten binnen sechs Monaten die Fortsetzung des Verfahrens beantragen.


Text in der Fassung des Artikels 1 Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes G. v. 22. November 2019 BGBl. I S. 1752 m.W.v. 29. November 2019

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§ 8 Zuständiges Gericht


§ 8 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) 1Für die Entscheidung nach § 1 ist das Bezirksgericht oder das an dessen Sitz errichtete Landgericht zuständig, in dessen Bezirk nach Maßgabe der Bezirksgerichtsgrenzen vom 3. Oktober 1990 das erstinstanzliche Strafverfahren oder das Ermittlungsverfahren durchgeführt worden ist. 2Soweit in erster Instanz das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik entschieden hat, ist das Landgericht Berlin zuständig.

(2) Hat sich der Gerichtsbezirk nach Erlass der angegriffenen Entscheidung geändert, bleibt das Gericht örtlich zuständig, das zum Zeitpunkt des Ergehens der angegriffenen Entscheidung nach Absatz 1 zuständig gewesen wäre.

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§ 9 Besetzung der Rehabilitierungssenate oder Rehabilitierungskammern


§ 9 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) Das Bezirksgericht entscheidet durch Rehabilitierungssenate, das Landgericht durch Rehabilitierungskammern, die jeweils mit drei Berufsrichtern besetzt sind.

(2) 1Wer vor dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet als Berufsrichter oder Staatsanwalt tätig war, ist von der Mitwirkung an Rehabilitierungsentscheidungen kraft Gesetzes ausgeschlossen, solange er nicht auf Grund des Deutschen Richtergesetzes und der dazu ergangenen Maßgaben des Einigungsvertrages in ein Richterverhältnis berufen worden ist. 2An einer Rehabilitierungsentscheidung darf nicht mehr als ein Richter mitwirken, der vor dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet als Berufsrichter oder Staatsanwalt tätig war.

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§ 10 Ermittlung des Sachverhalts


§ 10 hat 1 frühere Fassung und wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) 1Das Gericht ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. 2Dabei bestimmt es Art und Umfang der Ermittlungen, insbesondere etwaiger Beweiserhebungen, nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) 1Das Gericht kann dem Antragsteller aufgeben, für die Entscheidung benötigte Unterlagen und andere Beweismittel vorzulegen oder zu bezeichnen und die den Antrag begründenden Tatsachen glaubhaft zu machen. 2§ 11 Abs. 4 Satz 2 und 3 dieses Gesetzes sowie § 294 Abs. 1 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) 1Es wird vermutet, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken diente, wenn eine Einweisung in ein Spezialheim oder in eine vergleichbare Einrichtung, in der eine zwangsweise Umerziehung erfolgte, stattfand. 2Darüber hinaus wird vermutet, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken diente, soweit gleichzeitig mit der Unterbringung freiheitsentziehende Maßnahmen gegen die Eltern oder Elternteile aufgrund von Entscheidungen, die im Wege der Rehabilitierung für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben worden sind, vollstreckt wurden. 3Eine gleichzeitige Vollstreckung freiheitsentziehender Maßnahmen liegt vor, wenn zwischen der Unterbringung in einem Heim und der Vollstreckung der freiheitsentziehenden Maßnahmen ein Sach- und Zeitzusammenhang besteht.

(4) Dem Antragsteller sind auf sein Verlangen Abschriften der angegriffenen Entscheidung und der Anklageschrift zu erteilen, soweit diese zugänglich sind.

(5) Das Gericht kann die Durchführung einzelner Ermittlungen der Staatsanwaltschaft übertragen.


Text in der Fassung des Artikels 1 Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes G. v. 22. November 2019 BGBl. I S. 1752 m.W.v. 29. November 2019

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§ 11 Gerichtliches Verfahren


§ 11 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) Ein Antrag soll bevorzugt bearbeitet werden, wenn dies unter den Gesichtspunkten der sozialen Dringlichkeit oder des Lebensalters des Antragstellers geboten erscheint.

(2) 1Vor der Entscheidung gibt das Gericht der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme. 2Hat die Staatsanwaltschaft den Antrag gestellt, ist der nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Antragsberechtigte zu hören.

(3) 1Das Gericht entscheidet in der Regel ohne mündliche Erörterung. 2Es kann eine mündliche Erörterung anordnen, wenn es dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder aus anderen Gründen für erforderlich hält.

(4) 1Das Gericht kann das persönliche Erscheinen des Antragstellers anordnen. 2Leistet der Antragsteller dieser Anordnung keine Folge, kann das Gericht das Ruhen des Verfahrens anordnen. 3Der Antragsteller kann binnen sechs Monaten die Fortsetzung des Verfahrens beantragen.

(5) 1Ist zu erwarten, dass die Entscheidung über den Antrag unmittelbare Wirkung auf die Rechte eines Dritten haben wird, so ist auch dieser an dem Verfahren zu beteiligen. 2Absatz 1 und Absatz 3 Satz 1 gelten insoweit entsprechend.

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§ 12 Rehabilitierungsentscheidung



(1) 1Das Gericht entscheidet durch Beschluss. 2Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren, wenn nicht die Voraussetzungen einer Verkündung nach § 35 Abs. 1 der Strafprozessordnung vorliegen.

(2) 1In den Beschluss sind die Namen der Richter, der Verfahrensbeteiligten und ihrer Bevollmächtigten aufzunehmen. 2Der Beschluss enthält weiterhin

1.
die Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung,

2.
die Feststellung, hinsichtlich welchen Vorwurfs und welcher Rechtsfolge die angegriffene Entscheidung aufgehoben wird,

3.
die Dauer der zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung,

4.
den Betrag einer nach § 6 zu erstattenden Geldstrafe sowie die Feststellung, ob sonst ein Anspruch nach § 6 dem Grunde nach besteht.

(3) Der Beschluss ist zu begründen, soweit er mit der Beschwerde anfechtbar ist.

(4) Der Beschluss ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und den Verfahrensbeteiligten zuzustellen.

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§ 13 Beschwerde


§ 13 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) Gegen den Beschluss kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Beschwerde eingelegt werden.

(2) 1Der Beschluss unterliegt nicht der Beschwerde, soweit

1.
einem Rehabilitierungsantrag stattgegeben worden ist und kein Verfahrensbeteiligter dem Antrag widersprochen hat,

2.
das Gericht einstimmig und auf Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist,

a)
entschieden hat, dass die Rechtsfolgen der angegriffenen Entscheidung nicht in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen, oder

b)
einen Antrag nach § 1 Abs. 6 als unzulässig verworfen hat.

2Satz 1 Nr. 2 gilt nicht, soweit die erfolgreiche Anfechtung zur Verkürzung einer noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe führen würde.

(3) 1Über die Beschwerde entscheidet das Bezirksgericht oder das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat, in Berlin das Kammergericht. 2Das Beschwerdegericht entscheidet durch besondere Beschwerdesenate für Rehabilitierungssachen. 3§ 9 gilt entsprechend.

(4) Will der Beschwerdesenat bei der Entscheidung einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Bezirksgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes abweichen, hat er die Sache dem Bundesgerichtshof in entsprechender Anwendung von § 121 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorzulegen.

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§ 14 Kosten des Verfahrens und notwendige Auslagen



(1) Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben.

(2) 1Wird dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben, fallen die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Staatskasse zur Last. 2Im Übrigen kann das Gericht die notwendigen Auslagen des Antragstellers ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn es unbillig wäre, den Antragsteller damit zu belasten.

(3) Die Entscheidung nach Absatz 2 Satz 2 ist unanfechtbar.

(4) Für die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gilt § 473 Abs. 1 bis 4 der Strafprozessordnung entsprechend.

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§ 15 Anwendbarkeit des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung



Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend.



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