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§ 32f - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

neugefasst durch B. v. 26.06.2013 BGBl. I S. 1750, 3245; zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 405
Geltung ab 01.01.1999; FNA: 703-5 Kartellrecht
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§ 32f Maßnahmen nach einer Sektoruntersuchung



(1) 1Nach der Veröffentlichung eines Berichts nach § 32e Absatz 4 zu einer Sektoruntersuchung nach § 32e Absatz 1 hat das Bundeskartellamt unbeschadet seiner sonstigen Befugnisse die weiteren Befugnisse gemäß den Absätzen 2 bis 4. 2Dies gilt nicht in Fällen des § 32e Absatz 6.

(2) 1Wenn objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch künftige Zusammenschlüsse der wirksame Wettbewerb im Inland in einem oder mehreren der in dem Bericht nach § 32e Absatz 4 untersuchten Wirtschaftszweige im Sinne von § 36 Absatz 1 erheblich behindert werden könnte, kann das Bundeskartellamt Unternehmen durch Verfügung verpflichten, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ab Zustellung der Verfügung jeden Zusammenschluss im Sinne von § 37 in einem oder mehreren dieser Wirtschaftszweige nach § 39 anzumelden. 2Die Anmeldepflicht nach Satz 1 gilt nur für Zusammenschlüsse, bei denen der Erwerber im letzten Geschäftsjahr Umsatzerlöse im Inland von mehr als 50 Millionen Euro und das zu erwerbende Unternehmen im letzten Geschäftsjahr Umsatzerlöse im Inland von mehr als 1 Million Euro erzielt hat. 3§ 36 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 ist auf von dem Unternehmen in den untersuchten Wirtschaftszweigen angemeldete Zusammenschlüsse nicht anzuwenden. 4Im Übrigen gelten die auf Zusammenschlüsse im Sinne des Kapitels 7 anwendbaren Vorschriften dieses Gesetzes. 5Sofern die Voraussetzungen nach Satz 1 nach Ablauf des Zeitraums von drei Jahren fortbestehen, kann das Bundeskartellamt die Anmeldeverpflichtung um drei Jahre verlängern; wiederholte Verlängerungen um jeweils drei Jahre sind bis zu dreimal zulässig.

(3) 1Das Bundeskartellamt kann durch Verfügung feststellen, dass eine erhebliche und fortwährende Störung des Wettbewerbs auf mindestens einem mindestens bundesweiten Markt, mehreren einzelnen Märkten oder marktübergreifend vorliegt, soweit die Anwendung der sonstigen Befugnisse nach Teil 1 nach den im Zeitpunkt der Entscheidung beim Bundeskartellamt vorliegenden Erkenntnissen voraussichtlich nicht ausreichend erscheint, um die Störung des Wettbewerbs wirksam und dauerhaft zu beseitigen. 2Die Verfügung nach Satz 1 ergeht gegenüber einem oder mehreren Unternehmen, die als Adressaten von Maßnahmen nach Satz 6 oder Absatz 4 in Betracht kommen. 3Adressaten von Maßnahmen können Unternehmen sein, die durch ihr Verhalten und ihre Bedeutung für die Marktstruktur zur Störung des Wettbewerbs wesentlich beitragen. 4Bei der Auswahl der Adressaten und der Abhilfemaßnahmen ist insbesondere auch die Marktstellung des Unternehmens zu berücksichtigen. 5Das Bundeskartellamt kann die Verfügung nach Satz 1 durch Beschluss zu einem späteren Zeitpunkt auf weitere Unternehmen im Sinne der Sätze 2 und 3 ausdehnen. 6Das Bundeskartellamt kann im Falle einer Feststellung nach Satz 1 den betroffenen Unternehmen alle Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die zur Beseitigung oder Verringerung der Störung des Wettbewerbs erforderlich sind. 7Die Abhilfemaßnahmen können insbesondere Folgendes zum Gegenstand haben:

1.
die Gewährung des Zugangs zu Daten, Schnittstellen, Netzen oder sonstigen Einrichtungen,

2.
Vorgaben zu den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen auf den untersuchten Märkten und auf verschiedenen Marktstufen,

3.
Verpflichtung zur Etablierung transparenter, diskriminierungsfreier und offener Normen und Standards durch Unternehmen,

4.
Vorgaben zu bestimmten Vertragsformen oder Vertragsgestaltungen einschließlich vertraglicher Regelungen zur Informationsoffenlegung,

5.
das Verbot der einseitigen Offenlegung von Informationen, die ein Parallelverhalten von Unternehmen begünstigen,

6.
die buchhalterische oder organisatorische Trennung von Unternehmens- oder Geschäftsbereichen.

8§ 32 Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) 1Das Bundeskartellamt kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 marktbeherrschende Unternehmen sowie Unternehmen mit einer überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb nach § 19a Absatz 1 durch Verfügung dazu verpflichten, Unternehmensanteile oder Vermögen zu veräußern, wenn zu erwarten ist, dass durch diese Maßnahme die erhebliche und fortwährende Störung des Wettbewerbs beseitigt oder erheblich verringert wird. 2Abhilfemaßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn Abhilfemaßnahmen nach Absatz 3 Satz 6 nicht möglich sind, nicht von gleicher Wirksamkeit oder im Vergleich zu Abhilfemaßnahmen nach Satz 1 mit einer größeren Belastung für das Unternehmen verbunden wären. 3Vor Erlass der Verfügung ist der Monopolkommission und den nach § 48 Absatz 1 zuständigen obersten Landesbehörden, in deren Gebiet das Unternehmen seinen Sitz hat, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 4Die Verfügung nach Satz 1 ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. 5§ 43 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass nur die Angaben nach § 39 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 und 2 bekannt zu machen sind. 6Die Verfügung kann mit Nebenbestimmungen verbunden werden. 7§ 41 Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 gilt entsprechend. 8Der Vermögensteil muss nur veräußert werden, wenn der Erlös mindestens 50 Prozent desjenigen Wertes beträgt, den ein vom Bundeskartellamt beauftragter Wirtschaftsprüfer für den Zeitpunkt des der Entflechtungsanordnung nach Satz 1 vorangegangenen Jahresabschlusses festgestellt hat. 9Soweit der tatsächliche Verkaufserlös den vom beauftragten Wirtschaftsprüfer festgestellten Wert unterschreitet, erhält das veräußernde Unternehmen eine zusätzliche Zahlung in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen dem festgestellten Wert und dem tatsächlichen Verkaufserlös. 10Erstreckt sich die Verfügung auf Vermögensteile, die vor der Einleitung eines Verfahrens nach diesem Absatz Gegenstand einer bestandskräftigen Freigabe eines Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt oder die Europäische Kommission waren oder nach der Erteilung einer bestandskräftigen Ministererlaubnis erworben wurden, so ist die Verfügung nur zulässig, wenn der Zeitraum zwischen ihrer Zustellung und der Zustellung der fusionskontrollrechtlichen Verfügung größer als zehn Jahre ist. 11Ist kein Hauptprüfverfahren eingeleitet worden, so tritt an die Stelle der Zustellung der Verfügung der Ablauf der Frist nach § 40 Absatz 1 Satz 1. 12Teile des Vermögens, die ein Unternehmen aufgrund einer Verpflichtung nach diesem Absatz oder aufgrund einer Verpflichtungszusage nach Absatz 6 veräußert hat, darf das Unternehmen innerhalb von fünf Jahren nach der Veräußerung nicht zurückerwerben, es sei denn, es weist nach, dass sich die Marktverhältnisse so geändert haben, dass eine erhebliche und fortwährende Störung des Wettbewerbs nicht mehr vorliegt.

(5) 1Eine Störung des Wettbewerbs kann insbesondere in folgenden Fällen vorliegen:

1.
unilaterale Angebots- oder Nachfragemacht,

2.
Beschränkungen des Marktzutritts, des Marktaustritts oder der Kapazitäten von Unternehmen oder des Wechsels zu einem anderen Anbieter oder Nachfrager,

3.
gleichförmiges oder koordiniertes Verhalten oder

4.
Abschottung von Einsatzfaktoren oder Kunden durch vertikale Beziehungen.

2Bei der Prüfung, ob eine Störung des Wettbewerbs vorliegt, soll insbesondere Folgendes berücksichtigt werden:

1.
Anzahl, Größe, Finanzkraft und Umsätze der auf den betroffenen Märkten oder marktübergreifend tätigen Unternehmen, die Marktanteilsverhältnisse sowie der Grad der Unternehmenskonzentration,

2.
Verflechtungen der Unternehmen auf den betroffenen, den vor- und nachgelagerten oder in sonstiger Weise miteinander verbundenen Märkten,

3.
Preise, Mengen, Auswahl und Qualität der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen auf den betroffenen Märkten,

4.
Transparenz und Homogenität der Güter auf den betroffenen Märkten,

5.
Verträge und Vereinbarungen zwischen Unternehmen auf den betroffenen Märkten,

6.
Grad der Dynamik auf den betroffenen Märkten sowie

7.
dargelegte Effizienzvorteile, insbesondere Kosteneinsparungen oder Innovationen, bei angemessener Beteiligung der Verbraucher.

3Eine Störung des Wettbewerbs ist fortwährend, wenn diese über einen Zeitraum von drei Jahren dauerhaft vorgelegen hat oder wiederholt aufgetreten ist und zum Zeitpunkt der Verfügung nach Absatz 3 keine Anhaltspunkte bestehen, dass die Störung innerhalb von zwei Jahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entfallen wird.

(6) § 32b gilt für Verfahren nach den Absätzen 3 und 4 entsprechend.

(7) Verfügungen nach den Absätzen 2 bis 4 sollen innerhalb von 18 Monaten nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts nach § 32e Absatz 4 ergehen.

(8) 1Auf Märkten in den von der Bundesnetzagentur regulierten Sektoren Eisenbahn, Post und Telekommunikation, für die sektorspezifisches Wettbewerbsrecht gilt, sowie den regulierten Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetzen gemäß dem Energiewirtschaftsgesetz bedarf das Bundeskartellamt zur Ergreifung von Abhilfemaßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 des Einvernehmens der Bundesnetzagentur; die Bundesnetzagentur veröffentlicht hierzu jeweils eine Stellungnahme. 2Mögliche Abhilfemaßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 sind bei der Prüfung im Rahmen der Marktanalyse nach § 11 Absatz 2 Nummer 3 des Telekommunikationsgesetzes nicht zu berücksichtigen.

(9) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz berichtet den gesetzgebenden Körperschaften nach Ablauf von zehn Jahren nach Inkrafttreten der Regelungen in den Absätzen 1 bis 8 über die Erfahrungen mit der Vorschrift.





 

Frühere Fassungen von § 32f GWB

Die nachfolgende Aufstellung zeigt alle Änderungen dieser Vorschrift. Über die Links aktuell und vorher können Sie jeweils alte Fassung (a.F.) und neue Fassung (n.F.) vergleichen. Beim Änderungsgesetz finden Sie dessen Volltext sowie die Begründung des Gesetzgebers.

vergleichen mitmWv (verkündet)neue Fassung durch
aktuell vorher 07.11.2023Artikel 1 Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und anderer Gesetze
vom 25.10.2023 BGBl. 2023 I Nr. 294

Bitte beachten Sie, dass rückwirkende Änderungen - soweit vorhanden - nach dem Verkündungsdatum des Änderungstitels (Datum in Klammern) und nicht nach dem Datum des Inkrafttretens in diese Liste einsortiert sind.



 

Zitierungen von § 32f GWB

Sie sehen die Vorschriften, die auf § 32f GWB verweisen. Die Liste ist unterteilt nach Zitaten in GWB selbst, Ermächtigungsgrundlagen, anderen geltenden Titeln, Änderungsvorschriften und in aufgehobenen Titeln.
 
interne Verweise

§ 56 GWB Anhörung, Akteneinsicht, mündliche Verhandlung (vom 07.11.2023)
... Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses besorgen lässt. In den Fällen des § 32f Absatz 3 Satz 6 und Absatz 4 hat das Bundeskartellamt nach Einleitung des Verfahrens eine öffentliche mündliche ... durchzuführen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann in den Fällen des § 32f Absatz 3 Satz 6 und Absatz 4 sowie des § 42 ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. In der ... der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat die Monopolkommission in den Fällen des § 32f Absatz 3 Satz 6 und Absatz 4 sowie des § 42 das Recht, gehört zu werden; in den Fällen des § 42 hat sie das ...
§ 66 GWB Aufschiebende Wirkung (vom 07.11.2023)
... nach § 26 Absatz 4, § 30 Absatz 3, § 31b Absatz 3, § 32 Absatz 2a Satz 1, § 32f Absatz 3 Satz 6 und Absatz 4 oder § 34 Absatz 1 getroffen wird oder 2. eine Erlaubnis nach § 42 Absatz 2 ...
§ 81 GWB Bußgeldtatbestände (vom 07.11.2023)
... 31b Absatz 3 Nummer 1 und 3, § 32 Absatz 1, § 32a Absatz 1, § 32b Absatz 1 Satz 1, § 32f Absatz 3 Satz 6 oder Absatz 4 Satz 1 , § 41 Absatz 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit § 40 Absatz 3a Satz 2, auch in ...
§ 187 GWB Übergangs- und Schlussbestimmungen (vom 07.11.2023)
... bekannt. (11) Das Bundeskartellamt kann eine Verfügung nach § 32f Absatz 2 auch auf der Grundlage einer Sektoruntersuchung nach § 32e erlassen, die am 7. November 2023 ... Zeitpunkt weniger als ein Jahr zurücklag. In den Fällen des Satzes 1 ist § 32f Absatz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist am 7. November 2023 zu laufen ...
 
Zitate in Änderungsvorschriften

Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und anderer Gesetze
G. v. 25.10.2023 BGBl. 2023 I Nr. 294
Artikel 1 GWBuaÄndG Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
... Nach der Angabe zu § 32e werden die folgenden Angaben eingefügt: „ § 32f Maßnahmen nach einer Sektoruntersuchung § 32g Untersuchung von ... durch die Angabe „Absatz 6" ersetzt. 3. Nach § 32e werden die folgenden §§ 32f und 32g eingefügt: „§ 32f Maßnahmen nach einer ... Nach § 32e werden die folgenden §§ 32f und 32g eingefügt: „ § 32f Maßnahmen nach einer Sektoruntersuchung (1) Nach der Veröffentlichung eines ... wichtigen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses besorgen lässt. In den Fällen des § 32f Absatz 3 Satz 6 und Absatz 4 hat das Bundeskartellamt nach Einleitung des Verfahrens eine öffentliche mündliche ... durchzuführen. Mit Einverständnis der Beteiligten kann in den Fällen des § 32f Absatz 3 Satz 6 und Absatz 4 sowie des § 42 ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. In der öffentlichen ... der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat die Monopolkommission in den Fällen des § 32f Absatz 3 Satz 6 und Absatz 4 sowie des § 42 das Recht, gehört zu werden; in den Fällen des § 42 hat sie das ... nach den Wörtern „§ 32 Absatz 2a Satz 1" ein Komma und die Wörter „ § 32f Absatz 3 Satz 6 und Absatz 4" eingefügt. 16. § 81 Absatz 2 wird wie folgt ... 32b Absatz 1 Satz 1 oder" durch die Wörter „§ 32b Absatz 1 Satz 1, § 32f Absatz 3 Satz 6 oder Absatz 4 Satz 1 ," ersetzt. b) In Nummer 7 wird die Angabe „Satz 6" durch die Angabe ... 11 angefügt: „(11) Das Bundeskartellamt kann eine Verfügung nach § 32f Absatz 2 auch auf der Grundlage einer Sektoruntersuchung nach § 32e erlassen, die am 7. November 2023 ... 4 zu diesem Zeitpunkt weniger als ein Jahr zurücklag. In den Fällen des Satzes 1 ist § 32f Absatz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist am 7. November 2023 zu laufen ...