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Unterabschnitt 2 - Seearbeitsgesetz (SeeArbG)

Artikel 1 G. v. 20.04.2013 BGBl. I S. 868, 2014 I 605; zuletzt geändert durch Artikel 3 G. v. 14.03.2023 BGBl. 2023 I Nr. 73
Geltung ab 01.08.2013, abweichend siehe § 154, Ermächtigungen ab 25.04.2013; FNA: 9513-38 Schiffsbesatzung
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Abschnitt 7 Ordnung an Bord und Beschwerderecht

Unterabschnitt 2 Beschwerderecht, Beschwerdeverfahren

§ 127 Beschwerderecht



(1) Das Besatzungsmitglied hat das Recht, sich über einen Verstoß gegen dieses Gesetz und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder über eine Benachteiligung oder ungerechte Behandlung bei den in § 128 Absatz 1, 2 und 4 genannten Stellen zu beschweren (Beschwerde).

(2) Der Reeder oder in seinem Auftrag der Kapitän bestimmt mindestens eine Person an Bord des Schiffes, die dem Besatzungsmitglied auf vertraulicher Grundlage unparteiischen Rat zu einer Beschwerde erteilen und bei der Wahrnehmung des Beschwerderechts behilflich sein kann.

(3) Das Besatzungsmitglied kann sich während des Beschwerdeverfahrens von einer Person seines Vertrauens an Bord des Schiffes begleiten und vertreten lassen. Die Befugnis, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, bleibt unberührt.

(4) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Besatzungsmitglied und den Vertrauenspersonen nach den Absätzen 2 und 3 keine Nachteile entstehen.

(5) Beschwerderechte sowie Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche nach anderen gesetzlichen Vorschriften bleiben unberührt.

(6) Der Reeder hat das Besatzungsmitglied zusätzlich zur Aushändigung des Heuervertrages schriftlich über die an Bord gültigen Beschwerderegelungen zu unterrichten. Die Unterrichtung hat auch den Namen der Vertrauensperson nach Absatz 2 und die Anschriften und Rufnummern des Reeders, der Berufsgenossenschaft und der im Wohnsitzstaat für Beschwerden zuständigen Stelle zu enthalten. Der Reeder hat die Unterlagen über die Beschwerderegelungen stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Er kann die Verpflichtung nach Satz 3 erfüllen, indem er das Besatzungsmitglied auf einen allgemein zugänglichen Aushang an Bord verweist.


§ 128 Beschwerdeverfahren



(1) Das Besatzungsmitglied soll seine Beschwerde zunächst an den unmittelbaren Vorgesetzten an Bord richten.

(2) 1Beschwert sich das Besatzungsmitglied bei dem unmittelbaren Vorgesetzten an Bord und hilft dieser der Beschwerde innerhalb einer angemessenen Frist, die im Regelfall zwei Wochen nicht überschreiten soll, nicht ab, hat er die Beschwerde auf Verlangen des Beschwerdeführers dem Kapitän vorzulegen. 2Der Kapitän hat über die Beschwerde zu entscheiden. 3Handelt es sich um eine Beschwerde über das Verhalten von Besatzungsmitgliedern, hat der Kapitän zunächst einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. 4Hilft der Kapitän der Beschwerde nicht ab, hat er diese auf Verlangen des Beschwerdeführers an den Reeder weiterzuleiten.

(3) 1Der Kapitän hat die Beschwerde und seine Entscheidung unter Darstellung des Sachverhalts in das Seetagebuch einzutragen. 2Dem Beschwerdeführer soll eine Abschrift der Eintragung ausgehändigt werden.

(4) Gleichwohl hat das Besatzungsmitglied das Recht, sich jederzeit unmittelbar

1.
bei dem Kapitän,

2.
bei dem Reeder,

3.
bei der Berufsgenossenschaft,

4.
bei den deutschen Auslandsvertretungen,

5.
bei anderen geeigneten externen Stellen

zu beschweren.

(5) 1Die in Absatz 4 Nummer 3 bis 5 genannten Stellen sowie die von ihnen beauftragten Personen haben die Quelle einer Beschwerde nach § 127 Absatz 1 vertraulich zu behandeln. 2Es ist ihnen ohne Einwilligung des Beschwerdeführers untersagt, den Reeder oder von ihm beauftragte Personen darüber zu unterrichten, dass eine Untersuchung infolge einer Beschwerde stattfindet. 3Satz 2 gilt nicht, soweit die Unterrichtung im Einzelfall erforderlich ist, um eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen oder das Schiff oder seine Ladung abzuwehren.

(6) Erhält eine deutsche Auslandsvertretung eine Beschwerde, hat sie diese unverzüglich an die Berufsgenossenschaft weiterzuleiten.

(7) Die Berufsgenossenschaft hat sicherzustellen, dass Beschwerden von Besatzungsmitgliedern jederzeit entgegengenommen und untersucht werden und ihnen nach Möglichkeit abgeholfen wird.

(8) 1Die Berufsgenossenschaft kann sich bei der Untersuchung und Abhilfe von Beschwerden der Mitwirkung anerkannter Organisationen und anderer sachverständiger Personen bedienen. 2Die Kosten der Überprüfung hat der Reeder zu tragen.