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Kapitel 2 - Standortauswahlgesetz (StandAG)

Artikel 1 G. v. 23.07.2013 BGBl. I S. 2553 (Nr. 41); aufgehoben durch Artikel 5 G. v. 05.05.2017 BGBl. I S. 1074
Geltung ab 01.01.2014, abweichend siehe Artikel 6; FNA: 751-17 Kernenergie
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Kapitel 2 Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung

§ 8 Nationales Begleitgremium



(1) 1Es wird unmittelbar nach Abschluss der Arbeit der Kommission ein pluralistisch zusammengesetztes Nationales Begleitgremium zur gemeinwohlorientierten Begleitung eingesetzt. 2Die Mitglieder erhalten Einsicht in alle Akten und Unterlagen des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit und des Vorhabenträgers. 3Die Beratungsergebnisse werden veröffentlicht. 4Abweichende Voten sind bei der Veröffentlichung von Empfehlungen und Stellungnahmen zu dokumentieren.

(2) 1Zentrale Aufgaben des Nationalen Begleitgremiums sind die vermittelnde und unabhängige Begleitung des Standortauswahlverfahrens, insbesondere auch der Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung am Standortauswahlverfahren bis zur Standortentscheidung nach § 20. 2Von der Einsetzung des Nationalen Begleitgremiums bis zur Evaluierung nach § 4 Absatz 4 Satz 2 soll das Nationale Begleitgremium zusätzlich zu den in Satz 1 genannten Aufgaben als Brücke zwischen der Arbeit der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe und beginnendem Standortauswahlverfahren fungieren.

(3) 1Die Mitglieder dürfen weder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes noch der Bundes- oder einer Landesregierung angehören; sie dürfen keine wirtschaftlichen Interessen in Bezug auf die Standortauswahl oder die Endlagerung im weitesten Sinne haben. 2Die Amtszeit eines Mitgliedes beträgt drei Jahre. 3Eine Wiederberufung soll zweimal möglich sein. 4Das Nationale Begleitgremium soll von seiner Einsetzung bis nach der Evaluierung nach § 4 Absatz 4 Satz 2 aus neun Mitgliedern bestehen. 5Sechs Mitglieder sollen anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sein. 6Sie werden von Bundestag und Bundesrat auf der Grundlage eines gleichlautenden Wahlvorschlages gewählt; daneben werden zwei Bürger oder Bürgerinnen und ein Vertreter oder eine Vertreterin der jungen Generation, die zuvor in einem dafür geeigneten Verfahren der Bürgerbeteiligung nominiert worden sind, von der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit ernannt. 7Die erweiterte Besetzung des Gremiums nach der Evaluierung gemäß § 4 Absatz 4 Satz 2 wird im evaluierten Standortauswahlgesetz festgelegt.

(4) 1Das Nationale Begleitgremium wird bei der Durchführung seiner Aufgaben von einer Geschäftsstelle unterstützt. 2Diese wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit eingesetzt und untersteht fachlich dem Nationalen Begleitgremium. 3Das Nationale Begleitgremium gibt sich eine Geschäftsordnung; es kann sich wissenschaftlich durch dritte Personen unterstützen lassen.




§ 9 Grundsätze der Öffentlichkeitsbeteiligung



(1) 1Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit und der Vorhabenträger haben jeweils im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse nach diesem Gesetz dafür zu sorgen, dass die Öffentlichkeit frühzeitig und während der Dauer des Standortauswahlverfahrens durch Bürgerversammlungen, Bürgerdialoge, über das Internet und durch andere geeignete Medien umfassend und systematisch über die Ziele des Vorhabens, die Mittel und den Stand seiner Verwirklichung sowie seine voraussichtlichen Auswirkungen unterrichtet wird. 2Der Öffentlichkeit ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 3Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit und der Vorhabenträger werten die übermittelten Stellungnahmen aus und nehmen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Satz 1 im Sinne eines dialogorientierten Prozesses Stellung. 4Das Ergebnis der Auswertung ist bei den weiteren Verfahrensschritten zu berücksichtigen.

(2) Zu den bereitzustellenden Informationen, zu denen die Öffentlichkeit Stellung nehmen kann, gehören zumindest

1.
die Vorschläge für die Entscheidungsgrundlagen;

2.
der Vorschlag für in Betracht kommende Standortregionen und die Auswahl von übertägig zu erkundenden Standorten nach § 13 Absatz 3;

3.
Vorschläge für die standortbezogenen Erkundungsprogramme und Prüfkriterien nach § 15 Absatz 1;

4.
der Bericht über die Ergebnisse der übertägigen Erkundung, deren Bewertung und der Vorschlag für die untertägig zu erkundenden Standorte nach § 16 Absatz 2;

5.
Vorschläge für die vertieften geologischen Erkundungsprogramme und Prüfkriterien nach § 18 Absatz 2;

6.
die Erkenntnisse und Bewertungen der untertägigen Erkundung nach § 18 Absatz 4;

7.
der Standortvorschlag nach § 19 Absatz 1.

(3) 1Zur weiteren Beteiligung der Öffentlichkeit veranlasst das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit Bürgerdialoge mit dem Ziel, einen offenen und pluralistischen Dialog in der Öffentlichkeit zu ermöglichen. 2Hierfür sind geeignete Methoden vor Ort und im Internet bereit zu stellen, die von einer regionalen Begleitgruppe unter Beteiligung von regionalen Bürgerinitiativen begleitet werden. 3Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit richtet an den in Betracht kommenden Standortregionen und Standorten Bürgerbüros ein. 4Diese haben dafür zu sorgen, dass die Öffentlichkeit an den in Betracht kommenden Standortregionen und Standorten in allen Angelegenheiten des jeweiligen Verfahrensschrittes Gelegenheit zur eigenständigen fachlichen Beratung erhält.

(4) 1Das Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit wird entsprechend fortentwickelt. 2Hierzu können sich die Beteiligten über die gesetzlich geregelten Mindestanforderungen hinaus weiterer Beteiligungsformen bedienen. 3Die Geeignetheit der Beteiligungsformen ist in angemessenen zeitlichen Abständen zu überprüfen.




§ 10 Durchführung von Bürgerversammlungen



(1) 1In den in diesem Gesetz bestimmten Fällen von § 13 Absatz 4, § 15 Absatz 2, § 16 Absatz 3, § 18 Absatz 2 und § 19 Absatz 2 führt das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit Bürgerversammlungen durch mit dem Ziel, die jeweiligen Verfahrensschritte im Zusammenwirken mit der Öffentlichkeit vorzubereiten. 2Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit soll die Öffentlichkeit bei der organisatorischen Vorbereitung auf die Teilnahme an den Bürgerversammlungen in angemessenem Umfang unterstützen. 3Zu den Bürgerversammlungen sollen neben der Öffentlichkeit auch der Vorhabenträger und die nach § 11 Absatz 2 zu beteiligenden Behörden eingeladen werden.

(2) 1Die Bürgerversammlungen sind im räumlichen Bereich des Vorhabens durchzuführen. 2Ort und Zeitpunkt der Bürgerversammlungen werden im Bundesanzeiger und auf der Internetplattform des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit sowie in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Vorhabens verbreitet sind, bekannt gemacht; die Bekanntmachung erfolgt spätestens zwei Monate vor Durchführung der Bürgerversammlung.

(3) 1Die wesentlichen, den Versammlungsgegenstand betreffenden Unterlagen sind auf der Internetplattform des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit zu veröffentlichen und für die Dauer von mindestens einem Monat im räumlichen Bereich des Vorhabens auszulegen. 2Die Auslegung ist im Bundesanzeiger und auf der Internetplattform des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit sowie in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Vorhabens verbreitet sind, spätestens vier Wochen vor Beginn der Auslegung bekannt zu machen.

(4) 1Über die Ergebnisse jeder Bürgerversammlung und das Gesamtergebnis nach Abschluss der mündlichen Erörterung ist eine Niederschrift anzufertigen. 2Hierbei ist unter anderem darzulegen, ob und in welchem Umfang Akzeptanz besteht. 3Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit überprüft das Vorhaben auf der Grundlage des festgestellten Gesamtergebnisses. 4Das Ergebnis der Überprüfung ist bei der jeweiligen Entscheidung durch das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit zu berücksichtigen.




§ 11 Beteiligung der Landesbehörden, der betroffenen Gebietskörperschaften sowie der Träger öffentlicher Belange



(1) Die jeweils zuständigen obersten Landesbehörden und die kommunalen Spitzenverbände sind bei der Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 zu beteiligen.

(2) Die betroffenen Gebietskörperschaften und Träger öffentlicher Belange sind in den in diesem Gesetz bestimmten Fällen zu beteiligen.

(3) Hält die zuständige Behörde im Rahmen der vor den Entscheidungen nach § 14 Absatz 2 und § 17 Absatz 2 durchzuführenden Strategischen Umweltprüfungen eine grenzüberschreitende Behördenbeteiligung für erforderlich, findet § 14j Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung Anwendung. Hält die zuständige Behörde im Falle des § 17 Absatz 3 eine grenzüberschreitende Behördenbeteiligung für erforderlich, findet § 8 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechende Anwendung.