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Kapitel 1 - Außenwirtschaftsverordnung (AWV)

V. v. 02.08.2013 BGBl. I S. 2865 (Nr. 45); zuletzt geändert durch Artikel 3 G. v. 27.02.2024 BGBl. 2024 I Nr. 71
Geltung ab 01.09.2013; FNA: 7400-4-1 Außenwirtschaft im Allgemeinen
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Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Beantragung von Genehmigungen



(1) 1Anträge auf Erteilung einer Genehmigung können, wenn im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, von jedem gestellt werden, der das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft oder die genehmigungsbedürftige Handlung vornimmt. 2Antragsberechtigt ist auch, wer einen Anspruch aus dem Rechtsgeschäft herleitet oder einen Anspruch auf Vornahme der Handlung geltend macht.

(2) Genehmigungen in der Form der Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) werden von Amts wegen erteilt.


§ 2 Zertifikate nach Artikel 9 der Richtlinie 2009/43/EG



(1) Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erteilt einem Teilnehmer am Außenwirtschaftsverkehr auf Antrag ein Zertifikat, das ihm Zuverlässigkeit bescheinigt, insbesondere in Bezug auf seine Fähigkeit, die Ausfuhrbestimmungen für in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste (Anlage AL) genannte Güter einzuhalten, die er im Rahmen einer Genehmigung aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bezieht.

(2) Für die Bescheinigung der Zuverlässigkeit des Antragstellers sind in der Regel erforderlich:

1.
nachgewiesene Erfahrung im Bereich Verteidigung, insbesondere unter Berücksichtigung der Einhaltung von Ausfuhrbeschränkungen durch den Antragsteller, etwaiger einschlägiger Gerichtsurteile und der Beschäftigung erfahrener Führungskräfte;

2.
einschlägige industrielle Tätigkeit mit Bezug auf in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genannte Güter im Inland, insbesondere Fähigkeit zur System- oder Teilsystemintegration;

3.
die Ernennung eines leitenden Mitarbeiters zum persönlich Verantwortlichen für Verbringungen und Ausfuhren, der persönlich für das interne Programm zur Einhaltung der Ausfuhrkontrollverfahren oder das Verbringungs- und Ausfuhrverwaltungssystem des Antragstellers sowie für das Ausfuhr- und Verbringungskontrollpersonal verantwortlich ist und Mitglied des geschäftsführenden Organs des Antragstellers ist;

4.
eine von dem in Nummer 3 genannten leitenden Mitarbeiter unterzeichnete schriftliche Verpflichtungserklärung des Antragstellers, dass er alle notwendigen Vorkehrungen trifft, um sämtliche Bedingungen für die Endverwendung und Ausfuhr eines ihm gelieferten in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genannten Gutes einzuhalten und durchzusetzen;

5.
eine von dem in Nummer 3 genannten leitenden Mitarbeiter unterzeichnete schriftliche Verpflichtungserklärung des Antragstellers, dass er gegenüber den zuständigen Behörden bei Anfragen und Untersuchungen die erforderlichen Angaben über die Endverwender oder die Endverwendung aller Güter macht, die er ausführt, verbringt oder im Rahmen einer Genehmigung eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union erhält;

6.
eine von dem in Nummer 3 genannten leitenden Mitarbeiter gegengezeichnete Beschreibung des internen Programms zur Einhaltung der Ausfuhrkontrollverfahren oder des Verbringungs- und Ausfuhrverwaltungssystems des Antragstellers, aus der sich eindeutig ergibt, dass der in Nummer 3 genannte leitende Mitarbeiter die Aufsicht über das Personal der für die Ausfuhr- und Verbringungskontrolle des Antragstellers zuständigen Abteilungen führt; diese Beschreibung enthält Angaben über

a)
die organisatorischen, personellen und technischen Mittel für die Verwaltung von Verbringungen und Ausfuhren,

b)
die Verteilung der Zuständigkeiten beim Antragsteller,

c)
die internen Prüfverfahren,

d)
die Maßnahmen zur Sensibilisierung und Schulung des Personals,

e)
die Maßnahmen zur Gewährleistung der physischen und technischen Sicherheit,

f)
das Führen von Aufzeichnungen,

g)
die Rückverfolgbarkeit von Verbringungen und Ausfuhren,

h)
die Adresse, unter der die zuständigen Behörden gemäß § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes die Aufzeichnungen über die in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genannten Güter einsehen können;

7.
eine Erklärung des Antragstellers, dass er

a)
die in Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genannten Güter, die er auf der Grundlage einer Allgemeinverfügung erhält, welche auf die Erteilung des Zertifikats Bezug nimmt, für seine eigene Produktion verwendet und

b)
die betreffenden Güter außer zum Zweck der Wartung oder Reparatur nicht als solche einem Dritten endgültig überlässt, zu ihm verbringt oder an ihn ausführt.

(3) Die Gültigkeitsdauer des Zertifikats darf höchstens fünf Jahre betragen.


§ 3 Formerfordernisse; Verwaltungsportal und Fristlauf



(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, können Verwaltungsakte, die nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder auf Grund dieser Verordnung erlassen werden, schriftlich oder elektronisch erlassen werden.

(2) Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kann im Rahmen seiner Zuständigkeit im Außenwirtschaftsverkehr durch Allgemeinverfügung, die im Bundesanzeiger bekannt zu machen ist, vorschreiben, dass der Erlass eines Verwaltungsaktes auf einem besonderen Vordruck beantragt werden muss und festlegen, von welchem Zeitpunkt an und unter welchen Voraussetzungen Anträge auf Erlass eines Verwaltungsaktes elektronisch gestellt werden können und Verwaltungsakte elektronisch erlassen werden.

(3) 1Anträge, Meldungen, Auskünfte, Unterlagen, Berichte und sonstige Dokumente, die auf der Grundlage von den §§ 14a, 15 oder 23 des Außenwirtschaftsgesetzes oder in Verfahren nach Kapitel 6 Abschnitt 2 dieser Verordnung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eingereicht werden, sind schriftlich oder elektronisch einzureichen. 2Die Dokumente nach Satz 1 sollen ab dem Zeitpunkt der elektronischen Verfügbarkeit der Verwaltungsleistung über ein Verwaltungsportal im Sinne des § 2 Absatz 2 des Onlinezugangsgesetzes mittels des Verwaltungsportals eingereicht werden. 3Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz stellt durch Allgemeinverfügung, die im Bundesanzeiger bekannt zu machen ist, die elektronische Verfügbarkeit der jeweiligen Verwaltungsleistung über ein Verwaltungsportal fest.

(4) 1Soweit nach § 14a Absatz 3 Satz 1 des Außenwirtschaftsgesetzes für den Beginn einer Frist nach § 14a Absatz 1 Nummer 1 des Außenwirtschaftsgesetzes der Eingang einer Meldung eines Erwerbs oder eines Antrags auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz maßgeblich ist, gilt die Meldung bzw. der Antrag bei Einreichung mittels des Verwaltungsportals nach Absatz 3 Satz 2 erst dann als eingegangen, wenn das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die übermittelten Dokumente vollständig und unversehrt aus dem Verwaltungsportal in das IT-System des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz importiert hat. 2Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bestätigt den Eingang der übermittelten Dokumente unverzüglich gegenüber dem unmittelbaren Erwerber und unterrichtet diesen, wenn Dokumente nicht vollständig oder nicht unversehrt sind, soweit dies möglich ist. 3Satz 1 und 2 gelten entsprechend, soweit für den Beginn einer Frist nach § 14a Absatz 1 Nummer 2 des Außenwirtschaftsgesetzes der vollständige Eingang der nach § 14a Absatz 2 Satz 2 und 4 des Außenwirtschaftsgesetzes bestimmten Unterlagen maßgeblich ist. 4Dasselbe gilt für das Ende der Hemmung einer Frist nach § 14a Absatz 6 des Außenwirtschaftsgesetzes.




§ 4 Erteilung von Genehmigungen



(1) Genehmigungen können in Form von Einzelgenehmigungen, Sammelgenehmigungen oder Allgemeingenehmigungen erteilt werden.

(2) Eine Sammelgenehmigung kann einem Antragsteller für eine unbestimmte Anzahl gleichartiger Rechtsgeschäfte oder Handlungen mit einem oder mehreren genau bestimmten Endverwendern oder Bestimmungsländern erteilt werden, wenn dies wegen der beabsichtigten Wiederholung der Rechtsgeschäfte oder Handlungen zweckmäßig erscheint.




§ 5 Rückgabe von Verwaltungsakten



(1) 1Der Adressat eines Verwaltungsakts in Papierform muss der für den Erlass zuständigen Stelle die diesen Verwaltungsakt verkörpernde Urkunde unverzüglich zurückgeben, wenn

1.
der erteilte Verwaltungsakt unwirksam wird, bevor er vollständig ausgenutzt wurde,

2.
der Adressat die Absicht aufgibt, den Verwaltungsakt vollständig auszunutzen, oder

3.
der Verwaltungsakt oder die ihn verkörpernde Urkunde durch einen weiteren Bescheid, insbesondere eine Zweitausfertigung, ersetzt wurde und der ursprüngliche Verwaltungsakt infolge der Ersetzung keinen eigenen Regelungsgehalt mehr aufweist.

2Im Übrigen bleibt § 52 des Verwaltungsverfahrensgesetzes unberührt.

(2) Durch Allgemeinverfügung, die im Bundesanzeiger bekannt zu machen ist, kann die zuständige Stelle festlegen, von welchem Zeitpunkt an und unter welchen Voraussetzungen auf die Rückgabepflicht nach Absatz 1 verzichtet werden kann.

(3) Die Rückgabepflicht auf Grund von Rechtsakten der Europäischen Union bleibt unberührt.


§ 6 Aufbewahrung von Verwaltungsakten



(1) Der Adressat eines Verwaltungsakts muss die diesen Verwaltungsakt verkörpernde Urkunde nach Ablauf der Gültigkeit des Verwaltungsaktes für die Dauer von fünf Jahren aufbewahren, es sei denn, dass die Urkunde vorher zurückgegeben werden muss.

(2) Durch Allgemeinverfügung, die im Bundesanzeiger bekannt zu machen ist, kann die zuständige Stelle

1.
festlegen, von welchem Zeitpunkt an und unter welchen Voraussetzungen auf die Aufbewahrungspflicht nach Absatz 1 verzichtet werden kann, oder

2.
die weiteren Voraussetzungen für die Aufbewahrung regeln.


§ 7 Boykotterklärung



1Die Abgabe einer Erklärung im Außenwirtschaftsverkehr, durch die sich ein Inländer an einem Boykott gegen einen anderen Staat beteiligt (Boykott-Erklärung), ist verboten. 2Satz 1 gilt nicht für eine Erklärung, die abgegeben wird, um den Anforderungen einer wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme eines Staates gegen einen anderen Staat zu genügen, gegen den auch

1.
der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,

2.
der Rat der Europäischen Union im Rahmen des Kapitels 2 des Vertrags über die Europäische Union oder

3.
die Bundesrepublik Deutschland

wirtschaftliche Sanktionsmaßnahmen beschlossen haben.




§ 7a Gebiete, die als Zollgebiet der Europäischen Union gelten



Bei Anwendung der §§ 8 bis 12, 19, 20a bis 27, 29 bis 43, 46, 47, 49, 50, 52a, 52b und 75 gilt das Gebiet von Nordirland als Teil des Zollgebiets der Europäischen Union.