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Titel 1 - Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts (GOBVerfG k.a.Abk.)

B. v. 19.11.2014 BGBl. 2015 I S. 286
Geltung ab 14.03.2015; FNA: 1104-1-5 Bundesverfassungsgericht
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Teil B Verfahrensergänzende Vorschriften

Titel 1 Zum Verfahren im Allgemeinen

§ 20



(1) 1Der Senat beschließt vor Beginn eines Geschäftsjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Geschäftsjahres an, nach welchen Grundsätzen die verfahrenseinleitenden Anträge auf die Mitglieder des Gerichts einschließlich der Vorsitzenden zur Berichterstattung zu verteilen sind. 2Von diesen Grundsätzen kann während des Geschäftsjahres nur abgewichen werden, wenn dies wegen Überlastung oder längerer Verhinderung eines Mitglieds des Gerichts nötig wird.

(2) 1Der oder die Vorsitzende stellt fest, wer für die Berichterstattung zuständig ist. 2In Zweifelsfällen werden die betroffenen Mitglieder des Senats vor der Zuweisung angehört. 3Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet grundsätzlich der Senat. 4Der oder die Vorsitzende kann wegen der besonderen Bedeutung der Sache im Einvernehmen mit dem Senat ein Mitglied zur Mitberichterstattung bestimmen.


§ 21



(1) 1Die Senate bestimmen, an welchen Wochentagen sie regelmäßig zur Beratung zusammentreten. 2Außerordentliche Sitzungen bedürfen eines Senatsbeschlusses; in Eilfällen kann der oder die Vorsitzende eine außerordentliche Sitzung einberufen.

(2) 1Der oder die Vorsitzende setzt im Benehmen mit dem Senat die Tagesordnung fest. 2Sie soll den Mitgliedern des Senats mindestens zehn Tage vorher zugehen.


§ 22



(1) 1Entscheidungen nach §§ 24 und 81a BVerfGG können ohne Zustellung des Antrags getroffen werden. 2Ebenso bedarf es keiner Zustellung, wenn die Annahme der Verfassungsbeschwerde abgelehnt wird (§§ 93a, 93b BVerfGG).

(2) Die Zustellung durch den Vorsitzenden oder die Vorsitzende (§ 23 Absatz 2 BVerfGG) erfolgt auf Vorschlag des berichterstattenden Mitglieds des Senats.

(3) Die weitere Förderung des Verfahrens, insbesondere durch sachleitende Verfügungen, obliegt dem berichterstattenden Mitglied des Senats, soweit veranlasst im Benehmen mit dem oder der Vorsitzenden.

(4) 1Ersuchen an oberste Gerichtshöfe des Bundes oder oberste Landesgerichte (§ 82 Absatz 4 BVerfGG) werden von dem oder der Vorsitzenden des Senats auf Vorschlag des berichterstattenden Mitglieds des Senats oder des Senats verfügt. 2Entsprechende Ersuchen können auch in anderen Fällen als in denen der konkreten Normenkontrolle (§ 13 Nummer 11 BVerfGG) verfügt werden.

(5) Auf Vorschlag des berichterstattenden Mitglieds des Senats oder auf Beschluss des Senats ersucht der oder die Vorsitzende Persönlichkeiten, die auf einem Gebiet über besondere Kenntnisse verfügen, sich zu einer für die Entscheidung erheblichen Frage gutachtlich zu äußern.

(6) Alle das Verfahren betreffenden Maßnahmen werden aktenkundig gemacht.


§ 23



(1) 1In jeder Sache, die vom Senat zu entscheiden ist, legt das berichterstattende Mitglied des Senats ein schriftliches Votum vor. 2Gleichzeitig gehen den Mitgliedern des Senats die Handakten zu, die alle verfahrens- und entscheidungserheblichen Schriftstücke enthalten. 3In einfachen Fällen kann an Stelle eines Votums ein begründeter Entscheidungsentwurf vorgelegt werden.

(2) Zwischen der Verteilung des Votums und der Beratung oder der mündlichen Verhandlung sollen mindestens zehn Tage liegen.


§ 24



(1) 1Der Senat beschließt, ob eine mündliche Verhandlung stattfindet. 2Er kann zu § 17a BVerfGG ergänzende Regelungen für die mündliche Verhandlung und die Urteilsverkündung erlassen.

(2) Der mündlichen Verhandlung liegt in der Regel eine vom Senat gebilligte Gliederung des Verhandlungsablaufes zugrunde, die den Verfahrensbeteiligten rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung zugeht.

(3) 1Die Tonaufzeichnung, in der die mündliche Verhandlung festgehalten wird (§ 25a Satz 2 BVerfGG), steht nur den Mitgliedern des Gerichts und den Verfahrensbeteiligten zum Abhören im Gericht zur Verfügung. 2Überspielungen und private Übertragungen sind unzulässig.

(4) Wenn und soweit Abschriften für den Gebrauch des Gerichts angefertigt werden, können die Verfahrensbeteiligten davon Abdrucke erhalten.

(5) 1Zur Veröffentlichung oder Auswertung in einer wissenschaftlichen Publikation oder einer Verfahrensdokumentation können Abschriften von Äußerungen freigegeben werden, wenn dies auf Grund einer Abwägung des öffentlichen Interesses an der Publikation mit den Belangen der Verfahrensbeteiligten und der Erklärenden gerechtfertigt ist. 2Sind in den Abschriften personenbezogene Daten enthalten, finden die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes für die Übermittlung zu Forschungszwecken Anwendung.

(6) 1Ehe Einsicht in eine in der Abschrift enthaltene Äußerung gewährt wird, erhalten die Erklärenden Gelegenheit, zur Richtigkeit der Abschrift Stellung zu nehmen; sie können auch stilistische Korrekturen anregen, die den Sinn nicht verändern. 2Die Entscheidung trifft jeweils die oder der Vorsitzende des Senats. 3Einwendungen, denen nicht entsprochen wird, sind zu den Akten zu nehmen. 4Von der Anhörung der Erklärenden kann abgesehen werden, wenn dies unverhältnismäßig aufwändig wäre.

(7) Auf § 25a BVerfGG ist zu Beginn der mündlichen Verhandlung hinzuweisen.


§ 25



Bei den Beratungen dürfen nur die an der Entscheidung mitwirkenden Richterinnen und Richter anwesend sein.


§ 26



(1) Die Richterinnen und Richter, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, können bis zu deren Verkündung oder bis zu deren Ausfertigung zum Zwecke der Zustellung die Fortsetzung der Beratung verlangen, wenn sie ihre Stimmabgabe ändern wollen; sie können die Fortsetzung der Beratung beantragen, um bisher nicht erörterte Gesichtspunkte vorzutragen oder wenn ein Sondervotum dazu Anlass gibt.

(2) Entscheidungen, die nicht auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen sind, erhalten das Datum des Tages, an dem sie endgültig beschlossen worden sind.


§ 27



1Über den Gang der Beratung entscheidet der Senat. 2Wirft die Sache mehrere Rechtsfragen auf, so wird über sie in der Regel nacheinander abgestimmt, bevor über den Tenor entschieden wird.


§ 28



(1) Die Richterinnen und Richter, die an einer Entscheidung mitgewirkt haben, sind im Rubrum mit ihrem Namen in der Reihenfolge ihres Dienstalters nach den Vorsitzenden aufzuführen.

(2) Sind an einer Entscheidung mitwirkende Richterinnen oder Richter an der Unterschrift verhindert, so beurkunden dies die Vorsitzenden.


§ 29



1Entscheidungen, die im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen sind, übersendet der Direktor dem zuständigen Ministerium. 2Ist die Entscheidung drei Monate nach der Verkündung oder Zustellung noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, so unterrichtet er den Vorsitzenden oder die Vorsitzende und das berichterstattende Mitglied des Senats.


§ 30



Soweit die Entscheidung den Verfahrensbevollmächtigten eines Verfassungsorgans bekanntgegeben wird, ist sie gleichzeitig dem Verfassungsorgan unmittelbar zu übersenden.


§ 31



(1) Die Entscheidungen des Plenums gemäß § 16 Absatz 1 BVerfGG und der Senate werden in einer vom Gericht autorisierten Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht, die von den Mitgliedern des Gerichts in eigener Verantwortung herausgegeben wird.

(2) 1Das Plenum oder der Senat können die Veröffentlichung einer Entscheidung in der Sammlung ausschließen. 2Dieser Beschluss ist aktenkundig zu machen.

(3) Wenn ein Beschluss der Kammer nach §§ 81a, 93b oder § 93c BVerfGG im Einzelfall von besonderem Interesse ist, kann der Senat auf ihren Vorschlag die Veröffentlichung in der Sammlung veranlassen.

(4) Die Namen der Richterinnen und Richter, die an der Entscheidung beteiligt sind, werden in der Sammlung mit abgedruckt.

(5) Die Namen von Personen, Personenvereinigungen und Orten werden beim Abdruck grundsätzlich mit den Anfangsbuchstaben abgekürzt.

(6) Soweit aus der Veröffentlichung der vom Gericht autorisierten Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Überschüsse zur Verfügung stehen, sind diese für die Aufgaben eines richterlichen Berufsverbandes der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts oder für gemeinnützige Zwecke zu verwenden.


§ 32



(1) Amtliche Informationen über ergangene Entscheidungen bedürfen der Billigung des berichterstattenden Mitglieds des Senats und des oder der Vorsitzenden und dürfen erst veröffentlicht werden, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung den Prozessbeteiligten zugegangen ist.

(2) Entsprechendes gilt für Beschlüsse der Kammern.


§ 33



1Beim Bundesverfassungsgericht besteht eine Dokumentationsstelle. 2Sie erfasst und dokumentiert verfassungsgerichtliche Entscheidungen und wesentliche sonstige Materialien. 3Die Mitglieder des Gerichts wirken bei der Auswahl und Auswertung von Dokumenten mit. 4Die Dokumente werden in einer gerichtsübergreifenden, allgemein zugänglichen Datenbank gespeichert. 5Die Dokumentationsstelle ist auch für die Archivierung sowie für das Bereitstellen von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Internet zuständig.


§ 34



1Entwürfe von Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, Arbeiten zu ihrer Vorbereitung und Dokumente, die Abstimmungen betreffen, sind nicht Bestandteil der Verfahrensakten. 2Sie sind in besonderem Umschlag zusammen mit den Akten aufzubewahren. 3Unbeschadet des § 35b Absatz 5 Satz 2 BVerfGG unterliegen sie nicht der Akteneinsicht.


§ 35



(1) 1Über die Akteneinsicht entscheidet der oder die Vorsitzende im Benehmen mit dem berichterstattenden Mitglied des Senats. 2Im Fall des § 63 Absatz 2 Buchstabe c entscheidet der Präsident. 3Über die Akteneinsicht bei Verfahren im Allgemeinen Register nach § 63 Absatz 1 entscheiden die gemäß § 65 Zuständigen.

(2) Nach Abschluss des Verfahrens kann Beteiligten (§ 20 BVerfGG) entsprechend § 35b Absatz 1 Satz 1 und 2 BVerfGG Akteneinsicht gewährt werden.

(3) Die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes über die Übermittlung personenbezogener Daten finden Anwendung.


§ 36



1Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sind vor der Übermittlung an Behörden, Gerichte oder private Dritte zu anonymisieren. 2Das Nähere regelt eine Anweisung des Präsidenten.


§ 37



(1) Die Verfahrensakten des Gerichts zu Senatsentscheidungen einschließlich der in § 34 genannten Schriftstücke können nach zehn Jahren an das Bundesarchiv abgegeben werden.

(2) 1Die Vernichtung von Verfahrensakten und von Schriftstücken nach § 34 ist nach 30 Jahren zulässig. 2Hiervon ausgeschlossen sind Verfahrensakten und Schriftstücke nach § 34 zu Entscheidungen, die seitens des Gerichts zur Veröffentlichung bestimmt wurden.