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Abschnitt 1 - Ernährungssicherstellungs- und -vorsorgegesetz (ESVG)

Artikel 1 G. v. 04.04.2017 BGBl. I S. 772 (Nr. 19); zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 02.03.2023 BGBl. 2023 I Nr. 56
Geltung ab 11.04.2017; FNA: 780-11 Organisation der Landwirtschaft
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Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Versorgungskrise



(1) Eine Versorgungskrise liegt vor, wenn die Bundesregierung festgestellt hat, dass

1.
die Deckung des lebensnotwendigen Bedarfs an Lebensmitteln in wesentlichen Teilen des Bundesgebietes ernsthaft gefährdet ist

a)
im Spannungsfall nach Artikel 80a des Grundgesetzes oder im Verteidigungsfall nach Artikel 115a des Grundgesetzes oder

b)
infolge einer Naturkatastrophe, eines besonders schweren Unglücksfalles, einer Sabotagehandlung, einer wirtschaftlichen Krisenlage oder eines sonstigen vergleichbaren Ereignisses und

2.
diese Gefährdung ohne hoheitliche Eingriffe in den Markt nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln zu beheben ist.

(2) Die Bundesregierung hat die Versorgungskrise unverzüglich für beendet zu erklären, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr gegeben sind.


§ 2 Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind

1.
Grundversorgung: die Deckung des lebensnotwendigen Bedarfs der Bevölkerung an Lebensmitteln im Falle einer Versorgungskrise,

2.
Erzeugnisse:

a)
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,

b)
lebende Tiere, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen können, und Bruteier,

c)
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,

d)
Pflanzen vor dem Ernten, die der Gewinnung von Lebensmitteln oder Futtermitteln dienen können,

e)
Saatgut im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 des Saatgutverkehrsgesetzes und

f)
Vermehrungsmaterial im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1a des Saatgutverkehrsgesetzes,

3.
Herstellen: Herstellen im Sinne des § 3 Nummer 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches,

4.
Behandeln: Behandeln im Sinne des § 3 Nummer 3 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches,

5.
Inverkehrbringen: Inverkehrbringen im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,

6.
Ernährungsunternehmen: ein Unternehmen, das eine mit der Produktion, der Verarbeitung oder dem Vertrieb von Erzeugnissen zusammenhängende Tätigkeit ausübt, unabhängig davon, ob es auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist oder nicht,

7.
Bundesministerium: das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft,

8.
Bundesanstalt: die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.




§ 3 Ausführung des Gesetzes



(1) 1Dieses Gesetz sowie Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, werden von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. 2Soweit die Regelungen Zwecken der Verteidigung dienen, werden sie im Auftrag des Bundes durchgeführt.

(2) Die Zuständigkeit für die Ausführung dieses Gesetzes sowie der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen richtet sich nach Landesrecht.

(3) 1In den Rechtsverordnungen nach den §§ 4 und 11 kann vorgesehen werden, dass zentral zu erledigende Aufgaben durch die Bundesanstalt ausgeführt werden. 2Die Bundesanstalt erledigt außerdem, soweit keine andere Zuständigkeit gesetzlich festgelegt ist, Aufgaben des Bundes in seinem Tätigkeitsbereich, mit deren Durchführung die Bundesanstalt vom Bundesministerium beauftragt wird.

(4) 1Private Hilfsorganisationen unterstützen die zuständigen Behörden im Falle einer Versorgungskrise, soweit sie diesen gegenüber ihre Bereitschaft hierzu erklärt haben. 2Bei Einsätzen, die die zuständige Behörde angeordnet hat, handeln sie als Verwaltungshelfer. 3Im Übrigen richten sich die Rechtsverhältnisse der Mitglieder privater Hilfsorganisationen nach den Vorschriften der Organisation, der sie angehören.