Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Abschnitt 2 - Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG)

Artikel 1 G. v. 26.11.2020 BGBl. I S. 2575 (Nr. 56); zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 16.08.2023 BGBl. 2023 I Nr. 218
Geltung ab 02.12.2020, abweichend siehe Artikel 4; FNA: 9231-15 Allgemeines Straßenverkehrsrecht
| |

Abschnitt 2 Qualifikation, Weiterbildung

§ 2 Erwerb der Grundqualifikation und der beschleunigten Grundqualifikation



(1) Die Grundqualifikation wird erworben durch

1.
das Bestehen einer theoretischen und einer praktischen Prüfung bei einer Industrie- und Handelskammer nach Maßgabe einer Rechtsverordnung auf Grund des § 27 Absatz 1 Nummer 1 oder

2.
den Abschluss einer Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb oder in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.

(2) Die beschleunigte Grundqualifikation wird erworben durch Teilnahme am Unterricht bei einer anerkannten Ausbildungsstätte und das Bestehen einer theoretischen Prüfung bei einer Industrie- und Handelskammer nach Maßgabe einer Rechtsverordnung auf Grund des § 27 Absatz 1 Nummer 1.

(3) Die Grundqualifikationen und die beschleunigte Grundqualifikation werden jeweils bezogen auf bestimmte Fahrerlaubnisklassen erworben.

(4) 1Wer im Rahmen des Erwerbs der Grundqualifikation oder der beschleunigten Grundqualifikation ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt und die für das Führen dieses Kraftfahrzeugs vorgeschriebene Fahrerlaubnis nicht besitzt, muss von einer Person begleitet werden, die Inhaber einer Fahrlehrerlaubnis nach § 1 des Fahrlehrergesetzes ist. 2Bei diesen Fahrten gilt die Begleitperson als Führer des Kraftfahrzeugs im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes. 3Das Fahrzeug muss den Anforderungen eines für die Fahrausbildung zugelassenen Fahrzeugs genügen.


§ 3 Mindestalter und Qualifikation der Fahrer



(1) Fahrten im Güterkraftverkehr darf

1.
mit einem Kraftfahrzeug, für das eine Fahrerlaubnis der Klasse C oder CE erforderlich ist, nur durchführen, wer

a)
das 18. Lebensjahr vollendet und eine Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 erworben hat oder

b)
das 21. Lebensjahr vollendet und eine beschleunigte Grundqualifikation nach § 2 Absatz 2 erworben hat;

2.
mit einem Kraftfahrzeug, für das eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 oder C1E erforderlich ist, nur durchführen, wer das 18. Lebensjahr vollendet und eine Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 oder eine beschleunigte Grundqualifikation nach § 2 Absatz 2 erworben hat.

(2) Fahrten im Personenkraftverkehr darf

1.
mit einem Kraftfahrzeug, für das eine Fahrerlaubnis der Klasse D oder DE erforderlich ist, nur durchführen, wer

a)
das 18. Lebensjahr vollendet und eine Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 erworben hat oder

b)
das 21. Lebensjahr vollendet und eine Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 oder die beschleunigte Grundqualifikation nach § 2 Absatz 2 erworben hat,

sofern Personen im Linienverkehr nach den §§ 42 und 43 des Personenbeförderungsgesetzes bei Linienlängen von bis zu 50 Kilometern befördert werden;

2.
mit einem Kraftfahrzeug, für das eine Fahrerlaubnis der Klasse D1 oder D1E erforderlich ist, nur durchführen, wer

a)
das 18. Lebensjahr vollendet und eine Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 erworben hat oder

b)
das 21. Lebensjahr vollendet und eine Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 oder eine beschleunigte Grundqualifikation nach § 2 Absatz 2 erworben hat;

3.
mit einem Kraftfahrzeug, für das eine Fahrerlaubnis der Klasse D oder DE erforderlich ist, nur durchführen, wer

a)
das 20. Lebensjahr vollendet und eine Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 erworben hat,

b)
das 21. Lebensjahr vollendet und eine Grundqualifikation nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 erworben hat oder

c)
das 23. Lebensjahr vollendet und eine beschleunigte Grundqualifikation nach § 2 Absatz 2 erworben hat.

(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe a tritt bei Fahrten ohne Fahrgäste an die Stelle des vollendeten 20. Lebensjahres die Vollendung des 18. Lebensjahres.

(4) Der Unternehmer darf Fahrten nach Absatz 1 oder nach Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 6, weder anordnen noch zulassen, wenn der Fahrer die dort genannten Voraussetzungen nicht erfüllt.

(5) Hat ein Fahrer eine innerhalb der in Absatz 1 oder in Absatz 2 genannten Altersgrenzen erforderliche Qualifikation erworben, tritt der Nachweis darüber bei Erreichen der höheren Altersgrenze an die Stelle der dort vorgesehenen Nachweise.

(6) An die Stelle eines in Absatz 1 oder in Absatz 2 genannten Nachweises tritt der Nachweis der Weiterbildung nach § 5 Absatz 1 und 2.

(7) 1Im Rahmen einer Berufsausbildung nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 muss das Mindestalter nicht eingehalten werden; an die Stelle des Nachweises über das Vorliegen einer Grundqualifikation oder einer beschleunigten Grundqualifikation nach Absatz 1 oder nach Absatz 2 tritt eine Kopie des Ausbildungsvertrages. 2§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 und 8 der Fahrerlaubnis-Verordnung bleibt unberührt.


§ 4 Besitzstand



1Die Regelungen zur Erlangung der Grundqualifikation und der beschleunigten Grundqualifikation finden keine Anwendung auf Fahrer, die eine Fahrerlaubnis besitzen oder eine Fahrerlaubnis besessen haben, die ihnen entzogen worden ist, auf die sie verzichtet haben oder deren Geltungsdauer abgelaufen ist, sofern es sich um eine Fahrerlaubnis handelt, die

1.
vor dem 10. September 2008 erteilt wurde und für die Klassen D1, D1E, D, DE oder eine gleichwertige Klasse gilt;

2.
vor dem 10. September 2009 erteilt wurde und für die Klassen C1, C1E, C, CE oder eine gleichwertige Klasse gilt.

2Die Pflicht zur Weiterbildung bleibt bestehen.


§ 5 Weiterbildung



(1) 1Die erste Weiterbildung ist fünf Jahre nach dem Erwerb der Grundqualifikation oder der beschleunigten Grundqualifikation abzuschließen. 2Abweichend von der Frist nach Satz 1 kann die Weiterbildung zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt abgeschlossen werden, der mit dem Ende der Geltungsdauer der Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D und DE übereinstimmt, soweit die sich dann ergebende Frist nicht kürzer als drei Jahre und nicht länger als sieben Jahre ist.

(2) Jede weitere Weiterbildung ist im Abstand von jeweils fünf Jahren zu absolvieren.

(3) Die Weiterbildung erfolgt durch Teilnahme an einem Unterricht an einer anerkannten Ausbildungsstätte.

(4) 1Die Weiterbildung dient jeweils dazu, die durch die Grundqualifikation oder die durch die beschleunigte Grundqualifikation vermittelten Fertigkeiten und Kenntnisse auf dem neuesten Stand zu halten. 2Sie gilt für alle Fahrerlaubnisklassen, für die die Pflicht zur Weiterbildung besteht.

(5) 1Wer die Grundqualifikation oder die beschleunigte Grundqualifikation erworben oder eine Weiterbildung abgeschlossen hat und danach zeitweilig nicht mehr als Fahrer im Güter- oder Personenkraftverkehr beschäftigt ist, hat eine Weiterbildung abzuschließen, sobald er eine dieser Beschäftigungen wieder aufnimmt und wenn zu diesem Zeitpunkt die Fristen nach Absatz 1 oder Absatz 2 abgelaufen sind. 2Dies gilt entsprechend bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis in Fällen des § 4.

(6) Wechselt ein Fahrer zu einem anderen Unternehmen, so ist eine bereits erfolgte Weiterbildung anzurechnen.


§ 6 Ausbildungs- und Prüfungsort



Fahrer, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 der Fahrerlaubnis-Verordnung in der Bundesrepublik Deutschland haben oder Inhaber einer in der Bundesrepublik Deutschland erteilten Arbeitsgenehmigung-EU oder eines Aufenthaltstitels sind, der erkennen lässt, dass die Erwerbstätigkeit erlaubt ist (§ 4a Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), müssen

1.
die Grundqualifikation in der Bundesrepublik Deutschland erwerben,

2.
die Weiterbildung abschließen

a)
in der Bundesrepublik Deutschland,

b)
in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder dem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem sie beschäftigt sind, oder

c)
in der Schweiz, wenn sie dort beschäftigt sind.


§ 7 Nachweis der Qualifikation



(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde stellt auf Antrag einen Fahrerqualifizierungsnachweis aus über

1.
den Erwerb der Grundqualifikation,

2.
den Erwerb der beschleunigten Grundqualifikation sowie

3.
den Abschluss der vorgeschriebenen Weiterbildung.

(2) Dem Fahrerqualifizierungsnachweis nach Absatz 1 gleichgestellt ist der von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz

1.
ausgestellte Fahrerqualifizierungsnachweis nach dem Muster des Anhangs II der Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates, die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/645 (ABl. L 112 vom 2.5.2018, S. 29) geändert worden ist, oder

2.
erfolgte Eintrag der harmonisierten Schlüsselzahl 95 der Europäischen Union in den Führerschein.

(3) 1Fahrer im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, die Fahrten im Güterkraftverkehr durchführen, können die Grundqualifikation und die Weiterbildung durch eine gültige Fahrerbescheinigung nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72) nachweisen. 2Auf der Fahrerbescheinigung muss die Schlüsselzahl 95 im Feld „Bemerkungen" eingetragen sein.

(4) 1Dem Fahrerqualifizierungsnachweis nach Absatz 1 gleichgestellt ist ein Nachweis, der auf Grundlage des Kapitels III Absatz 2.6 in Verbindung mit Anhang 5 der Qualitätscharta für Beförderungen im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr im Rahmen des multilateralen CEMT-Kontingentsystems vom 5. August 2020 (VkBl. S. 506) ausgestellt worden ist. 2Dies gilt nur für Beförderungen, die unter Verwendung einer multilateralen Genehmigung nach § 6 Satz 2 Nummer 2 oder 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes durchgeführt werden.


§ 8 Pflicht zum Mitführen des Nachweises



Fahrer haben den Nachweis über den Erwerb der jeweiligen Qualifikation nach § 7 bei jeder Fahrt mitzuführen und den Kontrollberechtigten auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.