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Unterabschnitt 1 - Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen (13. BImSchV)


Abschnitt 1 Gemeinsame Vorschriften

Unterabschnitt 1 Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen, Bezugssauerstoffgehalt und Aggregationsregeln

§ 1 Anwendungsbereich



(1) Diese Verordnung gilt für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Feuerungsanlagen, einschließlich Gasturbinenanlagen und Verbrennungsmotoranlagen sowie Gasturbinenanlagen und Verbrennungsmotoranlagen zum Antrieb von Arbeitsmaschinen, mit einer Feuerungswärmeleistung von mindestens 50 Megawatt (MW), unabhängig davon, welche Brennstoffe oder welche Arten von Brennstoffen eingesetzt werden.

(2) Für jede Feuerungsanlage nach Absatz 1 gelten die Vorschriften der Abschnitte 1 und 7 dieser Verordnung in Verbindung mit den zusätzlichen Vorschriften des für die Feuerungsanlage jeweils maßgeblichen Abschnitts 2, 3, 4, 5 oder 6.

(3) Diese Verordnung gilt nicht für folgende Feuerungsanlagen:

1.
Anlagen, in denen die Verbrennungsprodukte unmittelbar zum Erwärmen, zum Trocknen oder zu einer anderweitigen Behandlung von Gegenständen oder Materialien verwendet werden, zum Beispiel Wärme- und Wärmebehandlungsöfen und Hochöfen,

2.
Nachverbrennungsanlagen, die dafür ausgelegt sind, die Abgase durch Verbrennung zu reinigen und die nicht als unabhängige Feuerungsanlagen betrieben werden,

3.
Einrichtungen zum Regenerieren von Katalysatoren für katalytisches Kracken,

4.
Einrichtungen für die Umwandlung von Schwefelwasserstoff in Schwefel nach dem Claus-Prozess,

5.
Feuerungsanlagen in der chemischen Industrie, die der unmittelbaren Beheizung von Gütern in Reaktoren dienen,

6.
Koksöfen,

7.
Winderhitzer,

8.
technische Geräte, die unmittelbar zum Antrieb von Fahrzeugen, Schiffen oder Flugzeugen eingesetzt werden,

9.
Gasturbinen und Gasmotoren, die auf Offshore-Plattformen eingesetzt werden,

10.
Anlagen, die als Brennstoff andere feste oder flüssige Abfälle als die in § 2 Absatz 4 Nummer 2 genannten Abfälle verwenden, und

11.
Feuerungsanlagen, die der Forschung, Entwicklung oder Erprobung neuer Einsatzstoffe, Brennstoffe, Erzeugnisse oder Verfahren im Labor- oder Technikumsmaßstab dienen, sowie Prüfstände für oder mit Verbrennungsmotoren und Prüfstände für oder mit Gasturbinen oder Triebwerke von Luftfahrzeugen.

(4) Diese Verordnung enthält Anforderungen an Feuerungsanlagen

1.
zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Nutzung der entstehenden Wärme nach § 5 Absatz 1 Nummer 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und

2.
zur Erfüllung von Luftqualitätsanforderungen der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union nach § 48a Absatz 1 und 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.


§ 2 Begriffsbestimmungen



(1) „Abgas" im Sinne dieser Verordnung ist das Trägergas mit den festen, flüssigen oder gasförmigen Emissionen, angegeben als Volumenstrom in der Einheit Kubikmeter je Stunde (m³/h) und bezogen auf das Abgasvolumen im Normzustand (Temperatur 273,15 Kelvin (K), Druck 101,3 Kilopascal (kPa)) nach Abzug des Feuchtegehalts an Wasserdampf.

(2) „Abgasreinigungseinrichtung" im Sinne dieser Verordnung ist eine der Feuerung nachgeschaltete Einrichtung zur Verminderung von Luftverunreinigungen einschließlich Einrichtungen zur selektiven nichtkatalytischen Reduktion und zur selektiven katalytischen Oxidation.

(3) „Bezugssauerstoffgehalt" im Sinne dieser Verordnung ist der jeweils vorgegebene oder zu berechnende Volumengehalt an Sauerstoff im Abgas, auf den der jeweilige Emissionsgrenzwert nach Anlage 5 zu beziehen ist.

(4) „Biobrennstoffe" im Sinne dieser Verordnung sind

1.
die Produkte land- oder forstwirtschaftlichen Ursprungs aus pflanzlichem Material oder Teilen davon, soweit sie zur Nutzung ihres Energieinhalts verwendet werden, und

2.
nachstehende Abfälle, wenn die erzeugte Wärme genutzt wird:

a)
pflanzliche Abfälle aus der Land- und Forstwirtschaft,

b)
pflanzliche Abfälle aus der Nahrungsmittelindustrie,

c)
natürliche, nicht gefährliche Hölzer aus der Landschaftspflege, wenn sie aufgrund ihrer stofflichen Beschaffenheit mit den Hölzern aus der Forstwirtschaft vergleichbar sind,

d)
faserige pflanzliche Abfälle und Ablaugen aus der Herstellung von natürlichem Zellstoff und aus der Herstellung von Papier aus Zellstoff, sofern sie am Herstellungsort mitverbrannt werden,

e)
Korkabfälle,

f)
Holzabfälle; hiervon ausgenommen sind Holzabfälle, die infolge einer Behandlung mit Holzschutzmitteln oder infolge einer Beschichtung halogenorganische Verbindungen oder Schwermetalle enthalten können, insbesondere Holzabfälle aus Bau- und Abbruchabfällen.

(5) „Brennstoffbezogener Nettowirkungsgrad" im Sinne dieser Verordnung ist das Verhältnis der Summe von elektrischer oder mechanischer Nettoleistung und von der nutzbaren Nettowärmeleistung zur Feuerungswärmeleistung.

(6) „Brennstoffe" im Sinne dieser Verordnung sind alle festen, flüssigen oder gasförmigen brennbaren Stoffe einschließlich ihrer nicht brennbaren Bestandteile; hiervon ausgenommen sind brennbare Stoffe, soweit sie dem Anwendungsbereich der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen unterliegen.

(7) „Dieselkraftstoff" im Sinne dieser Verordnung ist Kraftstoff, der die Anforderungen nach § 4 Absatz 1 der Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraft- und Brennstoffen erfüllt.

(8) „Dieselmotoranlage" im Sinne dieser Verordnung ist eine nach dem Dieselprinzip arbeitende Verbrennungsmotoranlage mit Selbstzündung des Kraftstoffs.

(9) „Elektrischer Nettowirkungsgrad" im Sinne dieser Verordnung ist das Verhältnis der netto bereitstellbaren elektrischen Leistung zur Feuerungswärmeleistung.

(10) „Emissionen" im Sinne dieser Verordnung sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, angegeben als Massenkonzentrationen in der Einheit Milligramm je Kubikmeter Abgas (mg/m³) oder Nanogramm je Kubikmeter Abgas (ng/m³) oder als Massenstrom in der Einheit Megagramm pro Jahr (Mg/a); Staubemissionen können als Rußzahl angegeben werden.

(11) „Emissionsgrenzwert" im Sinne dieser Verordnung ist die Emission einer Anlage, die zulässigerweise in die Luft abgeleitet werden darf, angegeben als Massenkonzentration und bezogen auf den jeweiligen Bezugssauerstoffgehalt, im Fall von Staubemission auch angegeben als zulässige Rußzahl.

(12) „Entschwefelungsgrad der Rauchgasentschwefelungseinrichtung" im Sinne dieser Verordnung ist das Verhältnis der Menge an Schwefeloxiden, die von der Rauchgasentschwefelungseinrichtung abgeschieden worden ist, zu der Menge an Schwefeloxiden, die der Rauchgasentschwefelungseinrichtung mit dem Abgas zugeführt worden ist.

(13) „Erdgas" im Sinne dieser Verordnung ist oder sind

1.
natürlich vorkommendes Methangas mit nicht mehr als 20 Volumen-Prozent an Inertgasen und sonstigen Bestandteilen, das den Anforderungen des DVGW-Arbeitsblatts G 260 (DVGW: Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.), Ausgabe März 2013, für Gase der zweiten Gasfamilie entspricht, sowie

2.
Klär-, Bio- und Grubengase nach dem DVGW-Arbeitsblatt G 262, Ausgabe September 2011, die die Bedingungen des DVGW-Arbeitsblatts G 260 als Austauschgas oder als Zusatzgas zur Konditionierung erfüllen und insoweit die Grundgase der zweiten Gasfamilie in der öffentlichen Gasversorgung ersetzen oder ergänzen.

(14) „Feuerungsanlage" im Sinne dieser Verordnung ist jede Anlage, in der Brennstoff zur Nutzung der erzeugten Wärme oxidiert wird.

(15) „Feuerungswärmeleistung" im Sinne dieser Verordnung ist der auf den unteren Heizwert bezogene Wärmeinhalt der Brennstoffe, der einer Anlage im Dauerbetrieb je Zeiteinheit zugeführt wird, angegeben in Megawatt.

(16) „Gasturbinenanlage" im Sinne dieser Verordnung ist eine Feuerungsanlage mit einer rotierenden Maschine, die thermische Energie in mechanische Arbeit umwandelt und im Wesentlichen aus einem Verdichter, aus einer Brennkammer, in der Brennstoff zur Erhitzung des Arbeitsmediums oxidiert wird, und aus einer Turbine besteht.

(17) „Gasturbine mit Zusatzfeuerung" im Sinne dieser Verordnung ist eine Gasturbine, deren Abgase einer nachgeschalteten Feuerung mit eigener Brennstoffzufuhr als Verbrennungsluft zugeführt werden.

(18) „Gasmotoranlage" im Sinne dieser Verordnung ist eine arbeitende Verbrennungsmotoranlage

1.
mit Fremdzündung des Kraftstoffs oder

2.
im Fall von Zweistoffmotoren mit Selbstzündung des Kraftstoffs.

(19) „Großfeuerungsanlage" im Sinne dieser Verordnung ist eine Feuerungsanlage, die keine Gasturbinenanlage oder Verbrennungsmotoranlage ist.

(20) „Leichtes Heizöl" im Sinne dieser Verordnung ist Heizöl nach DIN 51603 Teil 1, Ausgabe September 2020, oder Heizöl nach DIN SPEC 51603 Teil 6, Ausgabe März 2017.

(20a) „Magerbetrieb" im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn ein Motor im Dauerbetrieb mit hohem Luftüberschuss gefahren wird.

(21) „Mechanischer Nettowirkungsgrad" im Sinne dieser Verordnung ist das Verhältnis der netto bereitstellbaren mechanischen Leistung zur Feuerungswärmeleistung.

(22) „Mehrstofffeuerung" im Sinne dieser Verordnung ist eine Einzelfeuerung, die mit zwei oder mehr Brennstoffen wechselweise betrieben werden kann.

(23) „Mischfeuerung" im Sinne dieser Verordnung ist eine Einzelfeuerung, die mit zwei oder mehr Brennstoffen gleichzeitig betrieben werden kann.

(24) „Netzstabilitätsanlage" ist eine Anlage zur Stromerzeugung, die nicht am Strommarkt teilnimmt und deren Einsatz als besonderes netztechnisches Betriebsmittel nach § 11 Absatz 3 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1818) geändert worden ist, sich auf einen Notbetrieb zur Wiederherstellung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems bei einem tatsächlichen örtlichen Ausfall eines oder mehrerer Betriebsmittel im Übertragungsnetz beschränkt.

(24a) „Periodische Messung" ist die Ermittlung einer Messgröße (einer bestimmten, quantitativ zu messenden Größe) in festgelegten Zeitabständen.

(25) „Rauchgasentschwefelungseinrichtung" ist eine aus einer Abgasreinigungseinrichtung oder aus einer Kombination von Abgasreinigungseinrichtungen bestehende Einrichtung zur Senkung der Schwefeloxid-Emissionen einer Feuerungsanlage.

(26) „Schornstein" im Sinne dieser Verordnung ist eine Konstruktion, die einen oder mehrere Züge aufweist, über die Abgase in die Luft abgeleitet werden.

(27) „Schwefelabscheidegrad" im Sinne dieser Verordnung ist das Verhältnis der Schwefelmenge, die von einer Feuerungsanlage in einem bestimmten Zeitraum nicht in die Luft abgeleitet wird, zu der Schwefelmenge des Brennstoffs, der im gleichen Zeitraum in die Feuerungsanlage eingebracht und verbraucht wird, angegeben als Prozentsatz.

(28) „Verbrennungsmotoranlage" im Sinne dieser Verordnung ist eine Feuerungsanlage in Form einer Dieselmotoranlage oder einer Gasmotoranlage.


§ 3 Bezugssauerstoffgehalt



Emissionsgrenzwerte beziehen sich auf einen Volumengehalt an Sauerstoff im Abgas von

1.
3 Prozent bei Großfeuerungsanlagen für flüssige und gasförmige Brennstoffe,

2.
6 Prozent bei Großfeuerungsanlagen für feste Brennstoffe und Biobrennstoffe,

3.
15 Prozent bei Gasturbinenanlagen sowie

4.
5 Prozent bei Verbrennungsmotoranlagen.


§ 4 Aggregationsregeln



(1) Werden in einer gemeinsamen Anlage im Sinne des § 1 Absatz 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen die Abgase von zwei oder mehr gesonderten Feuerungsanlagen gemeinsam über einen Schornstein abgeleitet, so gilt die von solchen Feuerungsanlagen gebildete Kombination als eine einzige Feuerungsanlage; die Feuerungswärmeleistung dieser Feuerungsanlage ergibt sich durch Addition der Feuerungswärmeleistungen der gesonderten Feuerungsanlagen.

(2) 1Wird eine gemeinsame Anlage im Sinne des § 1 Absatz 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen

1.
aus zwei oder mehr gesonderten Feuerungsanlagen derart errichtet oder

2.
als bestehende Anlage durch eine oder mehrere neue Feuerungsanlagen derart erweitert,

dass ihre Abgase unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Faktoren nach Beurteilung der zuständigen Behörde gemeinsam über einen Schornstein abgeleitet werden können, so gilt die von solchen Feuerungsanlagen gebildete Kombination als eine einzige Feuerungsanlage; die Feuerungswärmeleistung dieser Feuerungsanlage ergibt sich durch Addition der Feuerungswärmeleistungen der gesonderten Feuerungsanlagen. 2Die Behörde kann von der Addition nach Satz 1 im Einzelfall absehen, wenn der Betreiber plausible Gründe benennt, die der Addition entgegenstehen.

(3) 1Für die Berechnung der Feuerungswärmeleistung einer in den Absätzen 1 und 2 genannten Kombination gesonderter Feuerungsanlagen werden einzelne Feuerungsanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von weniger als 15 MW nicht berücksichtigt. 2Die Grenzwerte dieser Verordnung sind bei diesen Anlagen nicht anzuwenden.

(4) 1Leitet ein Teil einer Feuerungsanlage, die die Voraussetzungen von Absatz 1 oder 2 erfüllt, seine Abgase über einen oder mehrere gesonderte Schornsteinzüge oder Rauchgaskanäle im Schornstein ab und ist er im gleitenden Durchschnitt über einen Zeitraum von fünf Jahren höchstens 1.500 Stunden jährlich in Betrieb, kann dieser Teil der Feuerungsanlage für die Zwecke dieser Verordnung gesondert betrachtet werden. 2In Fällen dieser Art werden die durch jeden dieser Schornsteinzüge oder Rauchgaskanäle abgeleiteten Emissionen des Anlagenteils gesondert überwacht und die zugehörigen Betriebsstunden erfasst. 3Der Betreiber einer Feuerungsanlage nach Satz 1 hat jeweils bis zum 31. März eines Jahres einen Nachweis über die Einhaltung der Betriebszeit zu führen und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.