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Teil 2 - Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV)

Artikel 1 V. v. 02.12.2021 BGBl. I S. 5126 (Nr. 82); zuletzt geändert durch Artikel 1 V. v. 13.12.2022 BGBl. I S. 2286
Geltung ab 08.12.2021; FNA: 754-22-12 Energieversorgung
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Teil 2 Nachhaltigkeitsanforderungen

§ 3 Anforderungen für die Vergütung



(1) 1Für Strom aus flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen besteht der Anspruch auf Zahlung nach den Bestimmungen für Strom aus Biomasse des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in der für die Anlage jeweils anzuwendenden Fassung, wenn

1.
die zur Herstellung der flüssigen Biobrennstoffe und der Biomasse-Brennstoffe eingesetzte

a)
Biomasse aus der Landwirtschaft die Anforderungen nach § 4 erfüllt oder

b)
Biomasse aus der Forstwirtschaft die Anforderungen nach § 5 erfüllt,

2.
die eingesetzten flüssigen Biobrennstoffe die Vorgaben zur Treibhausgaseinsparung nach § 6 Absatz 1 erfüllen,

3.
der aus Biomasse-Brennstoffen produzierte Strom die Vorgaben zur Treibhausminderung nach § 6 Absatz 2 erfüllt und

4.
der Betreiber der Anlage, in der flüssige Biobrennstoffe oder Biomasse-Brennstoffe zur Stromerzeugung eingesetzt werden, die Anlage entsprechend den Vorgaben der Marktstammdatenregisterverordnung vom 10. April 2017 (BGBl. I S. 842), die zuletzt durch Artikel 9a des Gesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 3026) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung registriert hat oder eine entsprechende Registrierung beantragt hat.

2Der Anspruch auf Zahlung nach den Bestimmungen für Strom aus Biomasse des Erneuerbare-Energien-Gesetzes besteht, im Fall der Biomasse-Brennstoffe sowie der dazu verarbeiteten Biomasse auch ohne Vorliegen des Nachweises über die Erfüllung der Anforderungen nach den §§ 4 bis 6, soweit und solange der Nachweis über die Erfüllung dieser Anforderungen ausschließlich deshalb nicht erbracht werden kann, weil der Nachweisverpflichtete mangels anerkannter Zertifizierungssysteme oder mangels Verfügbarkeit zugelassener Auditoren anerkannter Zertifizierungsstellen nach dieser Verordnung daran gehindert war, entsprechende Nachweise vorzulegen, längstens mit Ablauf des 30. April 2023. 3Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 2 ist ein Nachweis in Form einer Eigenerklärung durch den Anlagenbetreiber bei der zuständigen Behörde vorzulegen. 4Dazu erstellt die zuständige Behörde ein entsprechendes Muster und veröffentlicht es auf ihrer Internetseite. 5Die zuständige Behörde dokumentiert die eingereichten Eigenerklärungen und prüft diese auf Plausibilität.

(2) 1Zu den §§ 4 bis 6 kann die zuständige Behörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft konkretisierende Vorgaben machen. 2Die zuständige Behörde macht diese im Bundesanzeiger bekannt.

(3) 1Soweit sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt, ist Absatz 1 anzuwenden auf in der Europäischen Union hergestellte oder aus Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind (Drittstaaten), importierte flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe sowie auf zu deren Herstellung eingesetzte Biomasse. 2Satz 1 ist auch anzuwenden auf in der Europäischen Union hergestellten oder aus Drittstaaten importierten Strom, der aus Biomasse-Brennstoffen erzeugt wurde.

(4) 1Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist nicht auf flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe anzuwenden, die aus Abfällen oder aus Reststoffen hergestellt worden sind, es sei denn, diese stammen aus der Land-, Forst- oder Fischwirtschaft oder aus Aquakulturen. 2Dies gilt auch, wenn die in Satz 1 genannten Abfälle und Reststoffe vor ihrer Weiterverarbeitung zu flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen zu einem anderen Produkt verarbeitet worden sind.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 ist nicht anzuwenden auf aus festen Siedlungsabfällen hergestellten Strom.




§ 4 Anforderungen an landwirtschaftliche Biomasse



(1) Biomasse aus der Landwirtschaft, die zur Herstellung von flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen verwendet wird, darf nicht von Flächen mit einem hohen Wert für die biologische Vielfalt stammen.

(2) Als Flächen mit einem hohen Wert für die biologische Vielfalt gelten alle Flächen, die zum Referenzzeitpunkt oder später folgenden Status hatten, unabhängig davon, ob die Flächen diesen Status noch haben:

1.
bewaldete Flächen,

2.
Grünland mit großer biologischer Vielfalt oder

3.
Naturschutzzwecken dienende Flächen.

(3) 1Biomasse aus der Landwirtschaft, die zur Herstellung von flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen verwendet wird, darf nicht von Flächen mit einem hohen oberirdischen oder unterirdischen Kohlenstoffbestand stammen. 2Als Flächen mit einem hohen oberirdischen oder unterirdischen Kohlenstoffbestand gelten alle Flächen, die zum Referenzzeitpunkt oder später folgenden Status hatten und diesen Status zum Zeitpunkt von Anbau und Ernte der Biomasse nicht mehr haben:

1.
Feuchtgebiete oder

2.
kontinuierlich bewaldete Gebiete.

(4) 1Biomasse aus der Landwirtschaft, die zur Herstellung von flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen verwendet wird, darf nicht von Flächen stammen, die zum Referenzzeitpunkt oder später Torfmoor waren. 2Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn Anbau und Ernte der Biomasse keine Entwässerung von Flächen erfordert haben.

(5) 1Für Biomasse aus Abfällen oder Reststoffen der Landwirtschaft, die zur Herstellung von flüssigen Biobrennstoffen oder von Biomasse-Brennstoffen verwendet wird, muss die Einhaltung von Überwachungs- und Bewirtschaftungsplänen nachgewiesen werden, um eine Beeinträchtigung der Bodenqualität und des Kohlenstoffbestands zu vermeiden. 2Informationen darüber, wie die Beeinträchtigung überwacht und gesteuert wird, sind nach Maßgabe der §§ 14 bis 19 zu melden.

(6) 1Für die Beurteilung der Anforderungen an den Schutz natürlicher Lebensräume nach den Absätzen 2 bis 4 ist Referenzzeitpunkt der 1. Januar 2008. 2Sofern keine hinreichenden Daten vorliegen, mit denen die Erfüllung der Anforderungen für diesen Tag nachgewiesen werden kann, ist als Referenzzeitpunkt ein anderer Tag im Januar 2008 zu wählen.

(7) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, sofern Anbau und Ernte der Biomasse auf Naturschutzzwecken dienenden Flächen diesen Naturschutzzwecken nachweislich nicht zuwiderlaufen.


§ 5 Anforderungen an forstwirtschaftliche Biomasse



(1) 1In dem Staat, in dem die forstwirtschaftliche Biomasse geerntet wurde, die zur Herstellung von flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen verwendet wird, müssen nationale oder subnationale Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Ernte gelten. 2Für die Biomasse ist mittels Überwachungs- und Durchsetzungssystemen sicherzustellen, dass

1.
die Erntetätigkeiten legal sind,

2.
auf den Ernteflächen nachhaltige Walderneuerung stattfindet,

3.
Gebiete, die durch internationale oder nationale Rechtsvorschriften oder von der zuständigen Fachbehörde zu Naturschutzzwecken ausgewiesen sind oder wurden, auch in Feuchtgebieten und auf Torfmoorflächen, geschützt sind,

4.
bei der Ernte auf die Erhaltung der Bodenqualität und der biologischen Vielfalt geachtet wird, um Beeinträchtigungen wie Bodenverdichtungen zu vermeiden, und

5.
durch die Erntetätigkeiten das langfristige Bestehen des Waldes nicht gefährdet wird und damit seine Produktionskapazitäten erhalten oder verbessert werden.

(2) Können Nachweise über die Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 1 nicht erbracht werden, so ist durch Bewirtschaftungssysteme auf Ebene des forstwirtschaftlichen Gewinnungsgebiets sicherzustellen, dass die Anforderungen des Absatzes 1 Satz 2 erfüllt sind.

(3) Flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe aus forstwirtschaftlicher Biomasse müssen die folgenden Anforderungen für Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft erfüllen:

1.
das Ursprungsland oder die Ursprungsorganisation der regionalen Wirtschaftsintegration der forstwirtschaftlichen Biomasse ist Vertragspartei des Übereinkommens von Paris und hat einen beabsichtigten nationalen Beitrag zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen übermittelt, der Emissionen und den Abbau von Treibhausgasen durch die Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Landnutzung abdeckt und der gewährleistet, dass jede Änderung des Kohlenstoffbestands in Verbindung mit der Ernte von Biomasse auf die Verpflichtungen des Landes zur Reduzierung oder Begrenzung der Treibhausgasemissionen im Sinne des beabsichtigten nationalen Beitrags angerechnet wird, oder

2.
das Ursprungsland oder die Ursprungsorganisation der regionalen Wirtschaftsintegration der forstwirtschaftlichen Biomasse ist Vertragspartei des Übereinkommens von Paris und hat nationale oder subnationale Rechtsvorschriften im Einklang mit Artikel 5 des Übereinkommens von Paris, die im Erntegebiet gelten, um die Kohlenstoffbestände und -senken zu erhalten und zu verbessern, und erbringt Nachweise dafür, dass die für den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft gemeldeten Emissionen nicht höher ausfallen als der Emissionsabbau.

(4) Können Nachweise über die Erfüllung der Anforderungen nach Absatz 3 nicht erbracht werden, so ist durch Bewirtschaftungssysteme auf Ebene des forstwirtschaftlichen Gewinnungsgebiets sicherzustellen, dass die Niveaus der Kohlenstoffbestände und -senken in den Wäldern erhalten bleiben oder langfristig verbessert werden.


§ 6 Treibhausgaseinsparung



(1) 1Bei der Verwendung von flüssigen Biobrennstoffen muss die Treibhausgaseinsparung

1.
mindestens 50 Prozent betragen, sofern die letzte Schnittstelle, die den flüssigen Biobrennstoff produziert hat, vor dem oder am 5. Oktober 2015 in Betrieb genommen worden ist,

2.
mindestens 60 Prozent betragen, sofern die letzte Schnittstelle, die den flüssigen Biobrennstoff produziert hat, am oder nach dem 6. Oktober 2015 und bis einschließlich 31. Dezember 2020 in Betrieb genommen worden ist, oder

3.
mindestens 65 Prozent betragen, sofern die letzte Schnittstelle, die den flüssigen Biobrennstoff produziert hat, den Betrieb am oder nach dem 1. Januar 2021 aufgenommen hat.

2Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der letzten Schnittstelle im Sinne von Satz 1 ist der Zeitpunkt der erstmaligen physischen Produktion von flüssigen Biobrennstoffen.

(2) 1Bei der Verwendung von Biomasse-Brennstoffen muss die Treibhausgaseinsparung des aus den Biomasse-Brennstoffen produzierten Stroms

1.
mindestens 70 Prozent betragen, sofern der von der letzten Schnittstelle erzeugte Strom in einer Anlage erzeugt wurde, die am oder nach dem 1. Januar 2021 und bis einschließlich 31. Dezember 2025 in Betrieb genommen worden ist,

2.
mindestens 80 Prozent betragen, sofern der von der letzten Schnittstelle erzeugte Strom in einer Anlage erzeugt wurde, die am oder nach dem 1. Januar 2026 in Betrieb genommen worden ist.

2Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme einer Anlage im Sinne von Satz 1 ist der Zeitpunkt der erstmaligen physischen Produktion von Strom aus Biomasse-Brennstoffen.

(3) Die Berechnung der durch die Verwendung von flüssigen Biobrennstoffen oder Biomasse-Brennstoffen erzielten Treibhausgaseinsparung sowie der durch die Nutzung von flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen zur Erzeugung von Strom verursachten Treibhausgasemissionen erfolgt nach einer der folgenden Methoden:

1.
ist für flüssige Biobrennstoffe in Anhang V Teil A oder Teil B und für Biomasse-Brennstoffe in Anhang VI Teil A der Richtlinie (EU) 2018/2001 ein Standardwert für die Treibhausgaseinsparung für den Produktionsweg festgelegt und ist der für diese flüssigen Biobrennstoffe gemäß Anhang V Teil C Nummer 7 und für diese Biomasse-Brennstoffe gemäß Anhang VI Teil B Nummer 7 der Richtlinie (EU) 2018/2001 auf das Jahr umgerechnete Emissionswert auf Grund von Kohlenstoffbestandsänderungen infolge von Landnutzungsänderungen für diese flüssigen Biobrennstoffe oder diese Biomasse-Brennstoffe kleiner oder gleich null, durch Verwendung dieses Standardwerts,

2.
durch Verwendung eines tatsächlichen Werts, der gemäß der in Anhang V Teil C für flüssige Biobrennstoffe und gemäß der in Anhang VI Teil B der Richtlinie (EU) 2018/2001 für Biomasse-Brennstoffe festgelegten Methode berechnet wird,

3.
durch Verwendung

a)
eines Werts, der berechnet wird als Summe der in den Formeln in Anhang V Teil C Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2018/2001 genannten Faktoren, wobei die in Anhang V Teil D oder Teil E der Richtlinie (EU) 2018/2001 angegebenen disaggregierten Standardwerte für einige Faktoren verwendet werden können, und

b)
der nach der Methode in Anhang V Teil C der Richtlinie (EU) 2018/2001 berechneten tatsächlichen Werte für alle anderen Faktoren,

4.
durch Verwendung

a)
eines Werts, der berechnet wird als Summe der in den Formeln in Anhang VI Teil B Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2018/2001 genannten Faktoren, wobei die in Anhang VI Teil C der Richtlinie (EU) 2018/2001 angegebenen disaggregierten Standardwerte für einige Faktoren verwendet werden können, und

b)
der nach der Methode in Anhang VI Teil B der Richtlinie (EU) 2018/2001 berechneten tatsächlichen Werte für alle anderen Faktoren oder

5.
durch Verwendung von Daten, die gemäß einem Durchführungsrechtsakt nach Artikel 31 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2018/2001 anerkannt wurden, anstelle der für Biokraftstoffe und flüssige Biobrennstoffe im Anhang V Teil D oder Teil E und für Biomasse-Brennstoffe in Anhang VI Teil C festgelegten disaggregierten Standardwerte für den Anbau der Richtlinie (EU) 2018/2001.

(4) Die durch die Nutzung von flüssigen Biobrennstoffen zur Erzeugung von Strom verursachten und nach der in Anhang V Teil C der Richtlinie (EU) 2018/2001 vorgegebenen Methode ermittelten Treibhausgasemission werden in der Datenbank der zuständigen Behörde ausgewiesen.