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Abschnitt 11 - Trinkwasserverordnung (TrinkwV)


Abschnitt 11 Pflichten des Betreibers bei der Nichteinhaltung von Grenzwerten oder Höchstwerten, bei der Nichterfüllung von Anforderungen und bei außergewöhnlichen Vorkommnissen; Verbote

§ 47 Anzeigepflichten



(1) Der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage hat dem Gesundheitsamt oder, wenn es sich um radioaktive Stoffe im Trinkwasser handelt, der zuständigen Behörde unverzüglich, nachdem er davon Kenntnis erlangt hat, Folgendes anzuzeigen:

1.
außergewöhnliche Vorkommnisse in der Umgebung des Wasservorkommens oder an der Wasserversorgungsanlage, die Auswirkungen auf die Beschaffenheit des Trinkwassers haben können,

2.
eine organoleptisch wahrnehmbare nachteilige Veränderung des Trinkwassers, beispielsweise im Hinblick auf Färbung, Geruch, Geschmack oder Trübung,

3.
eine Überschreitung der in § 6 Absatz 2 und 3 in Verbindung mit Anlage 1 festgelegten Grenzwerte für mikrobiologische Parameter oder eine Nichterfüllung der mikrobiologischen Anforderungen nach § 6 Absatz 1,

4.
eine Überschreitung der nach § 6 Absatz 4 festgelegten Höchstwerte für mikrobiologische Parameter,

5.
eine Überschreitung der in § 7 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 festgelegten Grenzwerte für chemische Parameter oder eine Nichterfüllung der chemischen Anforderungen nach § 7 Absatz 1,

6.
eine Überschreitung der nach § 7 Absatz 3 festgelegten Höchstwerte für chemische Parameter,

7.
eine Nichteinhaltung oder Nichterfüllung der in § 8 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit Anlage 3 Teil I festgelegten Grenzwerte oder Anforderungen für Indikatorparameter,

8.
eine Überschreitung der in § 9 Satz 2 in Verbindung mit Anlage 4 Teil I festgelegten Parameterwerte für radioaktive Stoffe,

9.
eine Nichteinhaltung oder Nichterfüllung der nach § 65 Absatz 3 Satz 3 festgelegten Werte oder abweichenden Anforderungen für Indikatorparameter,

10.
eine Überschreitung der nach § 65 Absatz 4 Satz 2 festgelegten Werte für chemische Parameter,

11.
eine Überschreitung der nach § 66 Absatz 2 festgelegten Maßnahmenwerte für chemische Parameter und

12.
einen plötzlichen oder kontinuierlichen Anstieg der Untersuchungsergebnisse für den Indikatorparameter Koloniezahl bei 22 Grad Celsius oder Koloniezahl bei 36 Grad Celsius unabhängig vom angewendeten Untersuchungsverfahren.

(2) Zusätzlich zu den anzeigepflichtigen Ereignissen nach Absatz 1 haben Betreiber

1.
einer zentralen Wasserversorgungsanlage oder einer dezentralen Wasserversorgungsanlage auch einen plötzlichen oder kontinuierlichen Anstieg der Messwerte für die Indikatorparameter Ammonium und Trübung in der Wasserversorgungsanlage oder im Verteilungsnetz nach Absatz 1 anzuzeigen und

2.
einer zentralen Wasserversorgungsanlage, einer dezentralen Wasserversorgungsanlage oder einer Eigenwasserversorgungsanlage auch Belastungen des Rohwassers, die zu einer Überschreitung von Grenzwerten, Höchstwerten, Parameterwerten, Maßnahmenwerten oder Werten nach § 65 Absatz 3 oder Absatz 4 im Trinkwasser führen können, nach Absatz 1 anzuzeigen.


§ 48 Klärung der Ursachen und Maßnahmen zur Abhilfe



(1) 1Der Betreiber einer zentralen Wasserversorgungsanlage, einer dezentralen Wasserversorgungsanlage, einer Eigenwasserversorgungsanlage, einer zeitweiligen Wasserversorgungsanlage oder, sofern das Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit abgegeben wird, einer mobilen Wasserversorgungsanlage hat in den in § 47 Absatz 1 genannten anzeigepflichtigen Fällen unverzüglich

1.
Untersuchungen zur Klärung der Ursache des anzeigepflichtigen Ereignisses durchzuführen,

2.
Maßnahmen zur Abhilfe durchzuführen,

3.
das Gesundheitsamt oder, wenn es sich um radioaktive Stoffe im Trinkwasser handelt, die zuständige Behörde über das Ergebnis der Untersuchungen nach Nummer 1 zu unterrichten und

4.
das Gesundheitsamt oder, wenn es sich um radioaktive Stoffe im Trinkwasser handelt, die zuständige Behörde über die getroffenen Maßnahmen zur Abhilfe nach Nummer 2 zu unterrichten.

2Satz 1 Nummer 2 gilt, wenn es sich um radioaktive Stoffe im Trinkwasser handelt, nur, wenn die zuständige Behörde anordnet, dass der Betreiber Maßnahmen zur Abhilfe durchzuführen hat.

(2) 1Werden dem Betreiber einer Eigenwasserversorgungsanlage, einer mobilen Wasserversorgungsanlage, einer Gebäudewasserversorgungsanlage oder einer zeitweiligen Wasserversorgungsanlage Tatsachen bekannt, die darauf hinweisen, dass die Beschaffenheit des Trinkwassers durch die Trinkwasserinstallation in einer Weise verändert wird, dass sie den Anforderungen nach Abschnitt 2 nicht entspricht, so hat der Betreiber unverzüglich

1.
Untersuchungen zur Klärung der Ursache der Veränderung durchzuführen,

2.
Maßnahmen zur Abhilfe durchzuführen,

3.
das Gesundheitsamt oder, wenn es sich um radioaktive Stoffe im Trinkwasser handelt, die zuständige Behörde über das Ergebnis der Untersuchungen nach Nummer 1 zu unterrichten und

4.
das Gesundheitsamt oder, wenn es sich um radioaktive Stoffe im Trinkwasser handelt, die zuständige Behörde über die getroffenen Maßnahmen zur Abhilfe nach Nummer 2 zu unterrichten.

2Satz 1 Nummer 2 gilt, wenn es sich um radioaktive Stoffe im Trinkwasser handelt, nur, wenn die zuständige Behörde anordnet, dass der Betreiber Maßnahmen zur Abhilfe durchzuführen hat.

(3) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 4 sowie Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 4 gelten nicht, wenn nach den §§ 63, 65 Absatz 3 Satz 2 oder § 65 Absatz 4 Satz 1 keine Maßnahmen durch das Gesundheitsamt oder, wenn es sich um radioaktive Stoffe im Trinkwasser handelt, durch die zuständige Behörde angeordnet wurden.

(4) Der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage hat bei einer plötzlichen oder kontinuierlichen Erhöhung der üblicherweise gemessenen Konzentration des Indikatorparameters Ammonium die Ursache zu ermitteln.

(5) Wird der jeweilige Referenzwert, der für einen der Parameter Chlorat, Chlorit, Halogenessigsäuren oder Trihalogenmethane in den Bemerkungen in Anlage 2 Teil II genannt ist, bei einer Untersuchung nach § 41 Absatz 3 überschritten, so muss der Betreiber der Wasserversorgungsanlage unverzüglich weitere Untersuchungen des Trinkwassers auf den von der Überschreitung betroffenen Parameter an der Stelle der Übergabe des Trinkwassers in die Trinkwasserinstallation oder an der Entnahmestelle für Trinkwasser durchführen, um festzustellen, ob der an der Stelle der Einhaltung der Anforderungen nach § 10 geltende Grenzwert nach Anlage 2 Teil II eingehalten wird.


§ 49 Abgabeverbot



(1) Der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage darf Wasser nicht als Trinkwasser abgeben und anderen nicht zur Verfügung stellen, wenn

1.
die Grenzwerte oder Höchstwerte nach § 6 Absatz 1 bis 4 für mikrobiologische Parameter nicht eingehalten sind,

2.
die Grenzwerte oder Höchstwerte nach § 7 Absatz 1 bis 3 für chemische Parameter nicht eingehalten sind oder

3.
die Grenzwerte oder Anforderungen nach § 8 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit Anlage 3 Teil I für Indikatorparameter nicht eingehalten sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht,

1.
wenn eine Anzeige nach § 47 erfolgt ist, vom Zeitpunkt der Anzeige bis zur Entscheidung des Gesundheitsamts über nach den §§ 62 bis 68 zu treffende Maßnahmen, es sei denn, die Voraussetzungen für eine sofortige Unterbrechung der Wasserversorgung nach § 63 Absatz 3 sind erfüllt,

2.
soweit das Gesundheitsamt eine Beurteilung nach § 62 Absatz 1 vorgenommen oder eine Entscheidung nach § 63 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 getroffen hat, nach der die betroffene Wasserversorgungsanlage oder Teile derselben weiterbetrieben werden können,

3.
soweit für Eigenwasserversorgungsanlagen für chemische Parameter eine Duldung nach § 65 Absatz 4 gilt,

4.
soweit für Indikatorparameter eine Duldung nach § 65 Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt oder

5.
soweit für chemische Parameter eine Abweichung nach § 66 Absatz 1, 2, 3 und 6 zugelassen ist.


§ 50 Maßnahmenplan des Betreibers



(1) 1Der Betreiber einer zentralen Wasserversorgungsanlage oder einer dezentralen Wasserversorgungsanlage hat einen Maßnahmenplan gemäß Satz 3 aufzustellen. 2Der Maßnahmenplan muss, unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten der Wasserversorgung, Angaben darüber enthalten,

1.
wie in dem Fall, in dem nach § 63 Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 und Absatz 3 Satz 1 die Wasserversorgung zu unterbrechen ist, die Umstellung auf eine andere Wasserversorgung als Ersatz für die unterbrochene Wasserversorgung zu erfolgen hat und

2.
welche Stellen im Fall einer Unterbrechung der Wasserversorgung oder im Fall einer Abweichung von den Anforderungen an die Beschaffenheit des Trinkwassers nach Abschnitt 2 zu informieren sind sowie wer zur Übermittlung dieser Information verpflichtet ist.

3Der Maßnahmenplan muss spätestens zur Inbetriebnahme der Wasserversorgungsanlage vorliegen. 4Er ist zu aktualisieren, wenn sich in Bezug auf die in Satz 2 genannten Gegebenheiten und Angaben wesentliche Änderungen ergeben haben, mindestens aber alle fünf Jahre.

(2) Der Maßnahmenplan bedarf der Zustimmung des zuständigen Gesundheitsamts.

(3) Die zuständige oberste Landesbehörde oder eine andere nach Landesrecht zuständige Stelle kann bestimmen, dass für die Maßnahmenpläne einheitliche Vordrucke zu verwenden oder einheitliche elektronische Datenverarbeitungsverfahren anzuwenden sind.


§ 51 Handlungspflichten des Betreibers in Bezug auf Legionella spec.



(1) Wird in einer Trinkwasserinstallation der in Anlage 3 Teil II festgelegte technische Maßnahmenwert für den Parameter Legionella spec. erreicht, so hat der Betreiber der Wasserversorgungsanlage, in der sich die Trinkwasserinstallation befindet, unverzüglich

1.
dies dem Gesundheitsamt anzuzeigen, sofern ihm kein Nachweis darüber vorliegt, dass bereits die Anzeige nach § 53 Absatz 1 durch die zugelassene Untersuchungsstelle erfolgt ist,

2.
Untersuchungen zur Klärung der Ursachen durchzuführen; diese Untersuchungen müssen eine Ortsbesichtigung sowie eine Prüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik in der betroffenen Trinkwasserinstallation einschließen,

3.
eine schriftliche Risikoabschätzung unter Beachtung der Empfehlung des Umweltbundesamts „Empfehlungen für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung - Maßnahmen bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen" vom Dezember 2012 (Bundesgesundheitsblatt 2023 S. 188) zu erstellen und

4.
unter Beachtung der in Nummer 3 genannten Empfehlung des Umweltbundesamts die Maßnahmen durchzuführen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich sind.

(2) 1In der Risikoabschätzung nach Absatz 1 Nummer 3 sind Gefährdungen der menschlichen Gesundheit sowie Ereignisse oder Situationen, die zum Auftreten einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch die betroffene Wasserversorgungsanlage führen können, systematisch zu ermitteln und zu bewerten. 2Neben dieser Ermittlung und Bewertung muss die Risikoabschätzung mindestens Folgendes enthalten:

1.
eine Beschreibung der Wasserversorgungsanlage,

2.
Beobachtungen bei der Ortsbesichtigung nach Absatz 1 Nummer 2,

3.
festgestellte Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik,

4.
sonstige Erkenntnisse über die Wasserbeschaffenheit, die Wasserversorgungsanlage und deren Nutzung sowie

5.
die Ergebnisse von Untersuchungen auf den Parameter Legionella spec. einschließlich der Angabe der Probennahmestellen in der Trinkwasserinstallation und der Angabe von Datum und Uhrzeit der Probennahmen.

(3) 1Der Betreiber hat dem Gesundheitsamt unverzüglich die von ihm nach Absatz 1 Nummer 4 ergriffenen Maßnahmen mitzuteilen. 2Auf Verlangen des Gesundheitsamts ist diesem unverzüglich die Risikoabschätzung zu übermitteln.

(4) 1Die Maßnahmen nach Absatz 1 Nummer 4 hat der Betreiber unmittelbar nach deren Abschluss schriftlich oder auf Datenträgern zu dokumentieren. 2Die Dokumentation hat er nach dem Abschluss der Maßnahmen zehn Jahre verfügbar zu halten und dem Gesundheitsamt auf Verlangen unverzüglich zu übermitteln.


§ 52 Information der Verbraucher bei Überschreitungen von Grenzwerten, Höchstwerten, Anforderungen, Parameterwerten oder Erreichen des technischen Maßnahmenwerts



(1) 1Ordnet das Gesundheitsamt oder die zuständige Behörde Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach § 63 Absatz 1 oder Absatz 3 an, so hat der Betreiber der betroffenen Wasserversorgungsanlage nach einer Erörterung mit dem Gesundheitsamt oder der zuständigen Behörde unverzüglich

1.
die betroffenen Verbraucher über eine zu besorgende Schädigung der menschlichen Gesundheit oder ein Risiko für die menschliche Gesundheit und über die Ursachen hierfür, über die Überschreitung eines Grenzwerts, Höchstwerts oder Parameterwerts sowie über die getroffenen Maßnahmen, insbesondere über Verwendungsverbote oder Verwendungseinschränkungen, in Kenntnis zu setzen,

2.
den betroffenen Verbrauchern die auf Grund der getroffenen Maßnahmen notwendigen Ratschläge zu Trinkwasserkonsum und Trinkwasserverwendung, insbesondere zur Vermeidung des Konsums von Stagnationswasser, zu erteilen und diese Ratschläge regelmäßig auf den neusten Stand zu bringen,

3.
bestimmte Verbrauchergruppen, für die in besonderem Maß eine Schädigung der menschlichen Gesundheit oder ein Risiko für die menschliche Gesundheit zu besorgen ist, darüber in Kenntnis zu setzen und auf mögliche Maßnahmen zum Eigenschutz hinzuweisen,

4.
die betroffenen Verbraucher, sobald eine Schädigung der menschlichen Gesundheit oder ein Risiko für die menschliche Gesundheit nachweislich nicht mehr zu besorgen ist, darüber sowie über die Wiederaufnahme des Normalbetriebs in Kenntnis zu setzen und

5.
die Betreiber von Wasserversorgungsanlagen, die Trinkwasser aus der betroffenen Wasserversorgungsanlage übernehmen, über die angeordneten Maßnahmen in Kenntnis zu setzen.

2In den Fällen des Satzes 1 Nummer 5 gelten die Informationspflichten nach Satz 1 auch für die Betreiber der Wasserversorgungsanlagen, die Trinkwasser aus der betroffenen Wasserversorgungsanlage übernehmen.

(2) Lässt das Gesundheitsamt nach § 66 eine Abweichung von Grenzwerten oder Höchstwerten für chemische Parameter zu, die durch Maßnahmen nach § 65 Absatz 2 voraussichtlich nicht innerhalb von 30 Tagen behoben werden kann, so hat der Betreiber der Wasserversorgungsanlage in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt unverzüglich

1.
die betroffenen Verbraucher sowie die Betreiber anderer Wasserversorgungsanlagen, die von der Abweichung betroffen sind, über die Zulassung der Abweichung in Kenntnis zu setzen und

2.
bestimmte Verbrauchergruppen, für die die Abweichung eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lässt, zu beraten.

(3) Die betroffenen Verbraucher werden vom Betreiber einer Wasserversorgungsanlage unverzüglich in Kenntnis gesetzt, nachdem dieser die folgenden Informationen in Bezug auf den Parameter Legionella spec. erhalten hat:

1.
das Ergebnis der Risikoabschätzung nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 und

2.
Einschränkungen für die Verwendung des Trinkwassers und andere an die betroffenen Verbraucher gerichtete Empfehlungen.