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KAPITEL V - Fahrgastrechteverordnung (Verordnung (EU) 2021/782 k.a.Abk.)


KAPITEL V PERSONEN MIT BEHINDERUNGEN UND PERSONEN MIT EINGESCHRÄNKTER MOBILITÄT

Artikel 21 Anspruch auf Beförderung


Artikel 21 wird in 8 Vorschriften zitiert

(1)
Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber stellen unter aktiver Beteiligung von Vertretungsorganisationen und gegebenenfalls von Vertretern von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität nichtdiskriminierende Zugangsregeln für die Beförderung von Personen mit Behinderungen, einschließlich ihrer persönlichen Begleiter, die im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten als solche anerkannt sind, und Personen mit eingeschränkter Mobilität auf. Diese Regeln tragen den Vereinbarungen gemäß Nummer 4.4.3 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 Rechnung, insbesondere in Bezug auf die Stelle, die für die Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zuständig ist.

(2)
Buchungen und Fahrkarten werden für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ohne Aufpreis angeboten. Ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter darf sich nicht weigern, eine Buchung einer Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität zu akzeptieren oder ihr eine Fahrkarte auszustellen, oder verlangen, dass sie von einer anderen Person begleitet wird, es sei denn, dies ist unbedingt erforderlich, um den in Absatz 1 genannten Zugangsregeln nachzukommen.


Artikel 22 Information von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität


Artikel 22 wird in 3 Vorschriften zitiert

(1)
Auf Anfrage informieren die Bahnhofsbetreiber, die Eisenbahnunternehmen, die Fahrkartenverkäufer oder die Reiseveranstalter Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität - auch in barrierefreien Formaten gemäß den Bestimmungen der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014 und der Richtlinie (EU) 2019/882 - über die Zugänglichkeit des Bahnhofs und der zugehörigen Einrichtungen, über Schienenverkehrsdienste und die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen gemäß den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Zugangsregeln und informieren die Personen mit Behinderungen oder die Personen mit eingeschränkter Mobilität über die Ausstattung der Fahrzeuge.

(2)
Macht ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter von der Ausnahmeregelung nach Artikel 21 Absatz 2 Gebrauch, so informiert es bzw. er die betroffene Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität auf Anfrage innerhalb von fünf Werktagen nach der Ablehnung einer Buchung oder der Ausstellung eines Fahrscheins oder der Auflage, von einer anderen Person begleitet zu werden, schriftlich über die entsprechenden Gründe. Das Eisenbahnunternehmen, der Fahrkartenverkäufer oder der Reiseveranstalter bemüht sich nach besten Kräften, um der betreffenden Person unter Berücksichtigung ihres Bedarfs in Bezug auf Barrierefreiheit eine akzeptable Beförderungsalternative anzubieten.

(3)
In Bahnhöfen, die nicht mit Personal ausgestattet sind, stellen Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sicher, dass im Einklang mit den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Zugangsregeln leicht verfügbare Informationen - auch in barrierefreien Formaten gemäß den Bestimmungen der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014 und der Richtlinie (EU) 2019/882 - über die nächstgelegenen mit Personal ausgestatteten Bahnhöfe und über direkt verfügbare Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität angezeigt werden.


Artikel 23 Hilfeleistung an Bahnhöfen und im Zug


Artikel 23 wird in 4 Vorschriften zitiert

(1)
Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität erhalten folgende Hilfeleistung:

a)
Der persönliche Begleiter, der im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten als solcher anerkannt ist, darf zu einem Sondertarif und gegebenenfalls kostenlos sowie - nach Möglichkeit - mit einem Sitzplatz neben der Person mit Behinderung reisen.

b)
Schreibt ein Eisenbahnunternehmen gemäß Artikel 21 Absatz 2 vor, dass ein Fahrgast im Zug begleitet werden muss, so hat die Begleitperson Anspruch auf kostenlose Mitreise und - nach Möglichkeit - einen Sitzplatz neben der Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität.

c)
Sie dürfen von einem Assistenzhund gemäß den geltenden nationalen Rechtsvorschriften begleitet werden.

d)
Wenn Züge nicht mit Personal ausgestattet sind und am Bahnhof geschultes Personal im Dienst ist, sorgen Bahnhofsbetreiber oder Eisenbahnunternehmen für kostenlose Hilfeleistungen beim Ein- und Aussteigen gemäß den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Zugangsregeln.

e)
Der Bahnhofsbetreiber oder das Eisenbahnunternehmen sorgt dafür, dass der Person bei Abfahrt, Umsteigen oder Ankunft in einem mit Personal ausgestatteten Bahnhof in einer Weise, die ihr ermöglicht, in den Zug einzusteigen, in den Anschlussverkehrsdienst, für den sie eine Fahrkarte hat, umzusteigen oder aus dem Zug auszusteigen, kostenlos Hilfe geleistet wird, sofern geschultes Personal im Dienst ist. Wurde der Hilfebedarf gemäß Artikel 24 Buchstabe a im Voraus gemeldet, so stellt der Bahnhofsbetreiber oder das Eisenbahnunternehmen sicher, dass die angeforderte Hilfeleistung erbracht wird.

f)
An nicht mit Personal ausgestatteten Bahnhöfen sorgen Eisenbahnunternehmen für kostenlose Hilfeleistung im Zug und beim Ein- und Aussteigen, sofern geschultes Begleitpersonal im Zug ist.

g)
Ist der Zug und der Bahnhof nicht mit geschultem Personal ausgestattet, so bemühen sich Bahnhofsbetreiber oder Eisenbahnunternehmen nach besten Kräften, Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität die Fahrt mit dem Zug zu ermöglichen.

h)
Die Eisenbahnunternehmen unternehmen alle zumutbaren Bemühungen, um Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität Zugang zu denselben Diensten im Zug wie anderen Fahrgästen zu gewähren, wenn sie diese Dienste nicht unabhängig und sicher nutzen können.

(2)
Mit den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Regeln werden die Modalitäten für die Ausübung der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Rechte festgelegt.


Artikel 24 Voraussetzungen für das Erbringen von Hilfeleistungen


Artikel 24 wird in 4 Vorschriften zitiert

Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter arbeiten bei der kostenlosen Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Sinne der Artikel 21 und 23 durch Bereitstellung eines zentralen Meldesystems nach folgenden Vorgaben zusammen:

a)
Die Hilfeleistung wird unter der Voraussetzung erbracht, dass der Hilfebedarf des Fahrgasts dem Eisenbahnunternehmen, dem Bahnhofsbetreiber, dem Fahrkartenverkäufer oder dem Reiseveranstalter, bei dem die Fahrkarte erworben wurde, oder gegebenenfalls der zentralen Anlaufstelle gemäß Buchstabe f spätestens 24 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung benötigt wird, gemeldet wird. Eine einzige Meldung für eine Fahrt reicht aus. Solche Meldungen werden an alle an der Beförderung der Person beteiligten Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber weitergeleitet.

Sie werden unabhängig vom verwendeten Kommunikationsmittel ohne zusätzliche Kosten entgegengenommen.

Im Falle einer Mehrfahrtenkarte oder Zeitfahrkarte ist eine einzige Meldung ausreichend, sofern geeignete Informationen über den Zeitplan für die nachfolgenden Fahrten vorgelegt werden und die Meldung in jedem Fall spätestens 24 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung zuerst benötigt wird, erfolgt. Der Fahrgast oder sein Vertreter unternimmt alle zumutbaren Bemühungen, um eine Annullierung nachfolgender Fahrten mindestens zwölf Stunden im Voraus mitzuteilen.

Mitgliedstaaten können eine Verlängerung der in den Unterabsätzen 1, 2 und 3 genannten 24-Stunden-Frist für Meldungen auf bis zu 36 Stunden genehmigen, jedoch nicht über den 30. Juni 2026 hinaus. In diesen Fällen setzen die Mitgliedstaaten die Kommission von der Genehmigung sowie von den Maßnahmen in Kenntnis, die zur Verkürzung der Frist getroffen werden oder geplant sind.

b)
Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um Meldungen entgegennehmen zu können. Wenn Fahrkartenverkäufer diese Meldungen nicht bearbeiten können, geben sie alternative Verkaufsstellen oder alternative Möglichkeiten für die Meldung an.

c)
Ist keine Meldung nach Buchstabe a erfolgt, so bemühen sich das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber nach besten Kräften, die Hilfeleistung so zu erbringen, dass die Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität ihre Reise durchführen kann.

d)
Unbeschadet Buchstabe f des vorliegenden Artikels benennt der Bahnhofsbetreiber oder eine andere befugte Person Stellen, bei denen Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ihre Ankunft am Bahnhof ankündigen und Hilfeleistungen anfordern können. Die Zuständigkeiten für die Benennung solcher Stellen und die Bereitstellung entsprechender Informationen werden in den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Zugangsregeln festgelegt.

e)
Eine Hilfeleistung wird nur erbracht, wenn sich die Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität zu dem Zeitpunkt, der von dem die Hilfeleistung erbringenden Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreiber festgelegt wurde, an dem festgelegten Ort einfindet. Der festgelegte Zeitpunkt darf höchstens 60 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit oder vor dem Zeitpunkt liegen, zu dem alle Fahrgäste ersucht werden, anwesend zu sein. Wenn kein Zeitpunkt festgelegt wurde, zu dem sich die Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität einfinden soll, hat sich diese Person spätestens 30 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit oder vor dem Zeitpunkt, zu dem alle Fahrgäste ersucht werden, anwesend zu sein, an dem festgelegten Ort einzufinden.

f)
Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass Bahnhofsbetreiber und Eisenbahnunternehmen in ihrem Hoheitsgebiet zusammenarbeiten, um zentrale Anlaufstellen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität einzurichten und zu betreiben. Die Bedingungen für den Betrieb der zentralen Anlaufstelle werden in den Zugangsregeln gemäß Artikel 21 Absatz 1 festgelegt. Die zentralen Anlaufstellen sind verpflichtet,

i)
Anträge auf Hilfeleistung an Bahnhöfen entgegenzunehmen,

ii)
einzelne Anträge auf Hilfeleistung an Bahnhofsbetreiber und Eisenbahnunternehmen weiterzuleiten und

iii)
Informationen zur Barrierefreiheit bereitzustellen.


Artikel 25 Entschädigung für Mobilitätshilfen, Hilfsmittel und Assistenzhunde


Artikel 25 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1)
Verursachen Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber den Verlust oder die Beschädigung von Mobilitätshilfen, einschließlich Rollstühlen, und Hilfsmitteln oder den Verlust oder die Verletzung von Assistenzhunden, die von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität verwendet werden, so haften sie für diese Verluste, Beschädigungen oder Verletzungen und leisten dafür unverzüglich Schadensersatz. Dieser Schadenersatz umfasst:

a)
die Kosten für den Ersatz oder die Reparatur von beschädigten Mobilitätshilfen oder Hilfsmitteln, die verloren gegangen oder beschädigt wurden;

b)
die Wiederbeschaffungskosten oder Behandlungskosten eines Assistenzhundes, der verloren ging oder verletzt wurde;

c)
angemessene Kosten für einen vorübergehenden Ersatz für Mobilitätshilfen, Hilfsmittel oder Assistenzhunde, wenn das Eisenbahnunternehmen oder der Bahnhofsbetreiber nicht gemäß Absatz 2 Ersatz zur Verfügung stellt.

(2)
Bei Anwendung von Absatz 1 unternehmen Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber zügig alle zumutbaren Bemühungen, um den umgehend benötigten vorübergehenden Ersatz für Mobilitätshilfen oder Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Der Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität wird gestattet, diese als vorübergehender Ersatz überlassenen Ausrüstungen oder Hilfsmittel bis zur Auszahlung der in Absatz 1 genannten Entschädigung zu behalten.


Artikel 26 Schulung des Personals


Artikel 26 wird in 2 Vorschriften zitiert

(1)
Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber stellen sicher, dass das gesamte Personal - einschließlich des neu eingestellten Personal -, das im Rahmen seiner regulären Aufgaben Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität direkte Hilfe leistet, in Bezug auf Behinderungen geschult wird, sodass das Personal weiß, wie den Bedürfnissen von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität entsprochen wird.

Sie führen außerdem Schulungen und regelmäßige Auffrischungskurse des gesamten an Bahnhöfen oder in Zügen beschäftigten Personals mit direktem Kontakt zum Reisepublikum durch, um dieses für die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zu sensibilisieren.

(2)
Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber können die Teilnahme von Beschäftigten mit Behinderungen an den Schulungen gemäß Absatz 1 genehmigen und die Teilnahme von Fahrgästen mit Behinderungen und Fahrgästen mit eingeschränkter Mobilität und/oder von Verbänden, die diese vertreten, an den Schulungen erwägen.