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13. - Wehrdisziplinarordnung (WDO)


Zweiter Teil Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen

Dritter Abschnitt Das gerichtliche Disziplinarverfahren

13. Wiederaufnahme des gerichtlichen Disziplinarverfahrens

§ 129 Wiederaufnahmegründe



(1) Die Wiederaufnahme des durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist zulässig, wenn

1.
in dem Urteil eine Disziplinarmaßnahme verhängt worden ist, die nach Art oder Höhe im Gesetz nicht vorgesehen ist,

2.
Tatsachen oder Beweismittel erbracht werden, die erheblich und neu sind,

3.
das Urteil auf dem Inhalt einer unechten oder verfälschten Urkunde oder auf einem vorsätzlich oder fahrlässig falsch abgegebenen Zeugnis oder Gutachten beruht,

4.
ein Urteil, auf dessen tatsächlichen Feststellungen das Urteil im gerichtlichen Disziplinarverfahren beruht, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben worden ist,

5.
bei dem Urteil ein Richter oder ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, der sich in dieser Sache der strafbaren Verletzung einer Amtspflicht schuldig gemacht hat,

6.
bei dem Urteil ein Richter oder ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, es sei denn, dass die Gründe für den gesetzlichen Ausschluss bereits erfolglos geltend gemacht worden waren, oder

7.
der Verurteilte nachträglich glaubhaft ein Dienstvergehen eingestanden hat, das in dem durch das rechtskräftige Urteil abgeschlossenen gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht festgestellt werden konnte.

(2) Erheblich im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 sind Tatsachen und Beweismittel, wenn sie allein oder in Verbindung mit den früher getroffenen Feststellungen geeignet sind, eine andere Entscheidung zu begründen, die Ziel der Wiederaufnahme des gerichtlichen Disziplinarverfahrens sein kann. Neu im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 sind Tatsachen und Beweismittel, die dem Gericht bei seiner Entscheidung nicht bekannt gewesen sind. Ergeht nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils im gerichtlichen Disziplinarverfahren in einem wegen desselben Sachverhalts eingeleiteten Straf- oder Bußgeldverfahren ein rechtskräftiges Urteil aufgrund von tatsächlichen Feststellungen, die von denjenigen tatsächlichen Feststellungen des Urteils im gerichtlichen Disziplinarverfahren, auf denen es beruht, abweichen, gelten die abweichenden Feststellungen des Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren als neue Tatsachen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 5 ist die Wiederaufnahme des gerichtlichen Disziplinarverfahrens nur zulässig, wenn wegen der behaupteten Handlung eine rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist oder wenn ein strafgerichtliches Verfahren aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht eingeleitet oder nicht durchgeführt werden kann.


§ 130 Unzulässigkeit der Wiederaufnahme



(1) Die Wiederaufnahme des durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist unzulässig, wenn nach Eintritt der Rechtskraft

1.
ein Urteil im Straf- oder Bußgeldverfahren ergangen ist, das sich auf denselben Sachverhalt gründet und diesen ebenso würdigt, solange dieses Urteil nicht rechtskräftig aufgehoben ist, oder

2.
ein Urteil im Strafverfahren ergangen ist, durch das der Verurteilte seine Rechtsstellung als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit oder seinen Anspruch auf Versorgung verloren hat oder verloren hätte, wenn er noch im Dienst gewesen wäre oder Ruhegehalt bezogen hätte.

(2) Die Wiederaufnahme des gerichtlichen Disziplinarverfahrens zu Ungunsten des Verurteilten ist außerdem unzulässig, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils drei Jahre vergangen sind.


§ 131 Antrag, Frist, Verfahren


§ 131 wird in 1 Vorschrift zitiert

(1) Zur Wiederaufnahme des gerichtlichen Disziplinarverfahrens bedarf es eines Antrags. Antragsberechtigt sind

1.
der Verurteilte und sein gesetzlicher Vertreter, nach seinem Tod sein Ehegatte oder der Lebenspartner, seine Verwandten auf- und absteigender Linie und seine Geschwister,

2.
der Wehrdisziplinaranwalt auf Ersuchen der Einleitungsbehörde. Besteht die Einleitungsbehörde nicht mehr, bestimmt der Bundesminister der Verteidigung die Dienststelle, die ihre Befugnisse ausübt,

3.
der Bundeswehrdisziplinaranwalt auf Anordnung des Bundesministers der Verteidigung, wenn eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts angefochten wird.

(2) Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten bei dem Wehrdienstgericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingereicht werden. § 112 gilt entsprechend. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Antragsberechtigte von dem Grund für die Wiederaufnahme Kenntnis erhalten hat. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen und anzugeben, inwieweit es angefochten wird und welche Änderungen beantragt werden; die Anträge sind unter Bezeichnung der Beweismittel zu begründen.

(3) Für das weitere Verfahren gelten die Vorschriften über das gerichtliche Disziplinarverfahren vor dem Truppendienstgericht und dem Bundesverwaltungsgericht entsprechend.


§ 132 Entscheidung durch Beschluss



(1) Das Wehrdienstgericht kann den Antrag, auch nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung, durch Beschluss verwerfen, wenn es die gesetzlichen Voraussetzungen für seine Zulassung nicht für gegeben oder ihn für offensichtlich unbegründet hält.

(2) Das Wehrdienstgericht kann vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung des Wehrdisziplinaranwalts oder des Bundeswehrdisziplinaranwalts durch Beschluss das angefochtene Urteil aufheben oder das gerichtliche Disziplinarverfahren einstellen. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(3) Der rechtskräftige Beschluss nach Absatz 1 sowie der Beschluss nach Absatz 2 stehen einem rechtskräftigen Urteil gleich.


§ 133 Mündliche Verhandlung, Entscheidung durch Urteil



(1) Das Wehrdienstgericht entscheidet, wenn das Wiederaufnahmeverfahren nicht auf andere Weise abgeschlossen wird, aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil.

(2) Gegen das Urteil des Truppendienstgerichts ist Berufung zulässig.


§ 134 Rechtswirkungen, Entschädigung



(1) Wird in einem Wiederaufnahmeverfahren das angefochtene Urteil zu Gunsten des Verurteilten aufgehoben, erhält der Verurteilte von dem Eintritt der Rechtskraft des aufgehobenen Urteils an die Rechtsstellung, die er erhalten hätte, wenn das aufgehobene Urteil der Entscheidung entsprochen hätte, die im Wiederaufnahmeverfahren ergangenen ist. Wurde in dem aufgehobenen Urteil auf Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt, gilt § 52 des Soldatengesetzes entsprechend.

(2) Der Verurteilte und die Personen, denen er kraft Gesetzes unterhaltspflichtig ist, können im Fall des Absatzes 1 neben den hiernach nachträglich zu gewährenden Bezügen in entsprechender Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vom 8. März 1971 (BGBl. I S. 157) in der jeweils geltenden Fassung Ersatz des sonstigen Schadens vom Bund verlangen. Der Anspruch ist innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Abschluss des Wiederaufnahmeverfahrens bei der nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 zuständigen Einleitungsbehörde geltend zu machen. Die Entscheidung ist dem Antragsteller zuzustellen. Lehnt die Einleitungsbehörde den Anspruch ab, gelten für seine Weiterverfolgung die Vorschriften über den Rechtsweg für Klagen aus dem Wehrdienstverhältnis entsprechend.