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Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG)

neugefasst durch B. v. 12.12.2005 BGBl. I S. 3394; zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 23.10.2024 BGBl. 2024 I Nr. 324
Geltung ab 01.01.1978; FNA: 2121-51-1-2 Apotheken- und Arzneimittelwesen, Gifte
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Sechster Abschnitt Schutz des Menschen bei der klinischen Prüfung

§ 41a Registrierungsverfahren für Ethik-Kommissionen



(1) An dem Verfahren zur Bewertung eines Antrags auf Genehmigung einer klinischen Prüfung nach der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 dürfen nur die Spezialisierte Ethik-Kommission für besondere Verfahren und öffentlich-rechtliche Ethik-Kommissionen der Länder, die nach Landesrecht für die Prüfung und Bewertung klinischer Prüfungen zuständig sind und nach den Absätzen 2 bis 5 registriert sind, teilnehmen.

(2) Der Antrag auf Registrierung ist vom jeweiligen Träger der öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen der Länder bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu stellen.

(3) Im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut genehmigt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Antrag auf Registrierung, wenn folgende Voraussetzungen durch geeignete Unterlagen nachgewiesen werden:

1.
die erforderliche aktuelle wissenschaftliche Expertise der Mitglieder sowie der externen Sachverständigen,

2.
die interdisziplinäre Zusammensetzung der Ethik-Kommission unter Beteiligung von je mindestens einem Juristen, einer Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin, einer Person mit Erfahrung auf dem Gebiet der Versuchsplanung und Statistik, drei Ärzten, die über Erfahrungen in der klinischen Medizin verfügen, davon ein Facharzt für klinische Pharmakologie oder für Pharmakologie und Toxikologie, sowie einem Laien,

3.
der Ethik-Kommission gehören weibliche und männliche Mitglieder an und bei der Auswahl der Mitglieder und externen Sachverständigen werden Frauen und Männer mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe gleichermaßen berücksichtigt,

4.
eine Geschäftsordnung, die insbesondere verpflichtende Regelungen zur Arbeitsweise der Ethik-Kommission trifft; dazu gehören insbesondere Regelungen zur Geschäftsführung, zum Vorsitz, zur Vorbereitung von Beschlüssen, zur Beschlussfassung sowie zur Ehrenamtlichkeit und Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder und externen Sachverständigen,

5.
eine Geschäftsstelle mit dem für die Organisation der Aufgaben der Ethik-Kommission erforderlichen qualifizierten Personal,

6.
eine sachliche Ausstattung, die es ermöglicht, kurzfristig Abstimmungsverfahren durchzuführen und fristgerecht Stellungnahmen und Bewertungsberichte zu erstellen,

7.
die Ethik-Kommission holt zu jedem Antrag Unabhängigkeitserklärungen der beteiligten Mitglieder und externen Sachverständigen ein, die beinhalten, dass diese keine finanziellen oder persönlichen Interessen, die Auswirkungen auf ihre Unparteilichkeit haben könnten, haben.

(4) Registrierte Ethik-Kommissionen teilen dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Änderungen, die die Voraussetzungen der Registrierung betreffen, unverzüglich mit.

(5) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut das Ruhen der Registrierung anordnen oder die Registrierung aufheben, wenn bekannt wird, dass die Voraussetzungen zur Registrierung nicht oder nicht mehr vorliegen oder wenn ein Verstoß gegen die nach § 41b Absatz 1 festgelegte Verfahrensordnung oder gegen die Richtlinien zur Bewertung klinischer Prüfungen durch Ethik-Kommissionen vorliegt.

(6) 1Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlicht eine Liste der registrierten Ethik-Kommissionen im Bundesanzeiger. 2Personenbezogene Daten dürfen nur mit Einwilligung der jeweiligen Person veröffentlicht werden. 3Die Liste ist regelmäßig zu aktualisieren.




§ 41b Verfahrensordnung und Geschäftsverteilungsplan



(1) 1Das Bundesministerium erstellt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Verfahrensordnung über die Zusammenarbeit der Bundesoberbehörden und der Ethik-Kommissionen bei der Bearbeitung von Anträgen auf die Genehmigung von klinischen Prüfungen nach der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. 2In der Verfahrensordnung werden insbesondere die Einzelheiten des Registrierungsverfahrens, die Fristen für die Stellungnahmen der Ethik-Kommissionen, die festen Gebührensätze oder Rahmensätze jeweils nach dem Personal- und Sachaufwand für die Stellungnahmen und Bewertungsberichte der Ethik-Kommissionen, die Kriterien für einen Geschäftsverteilungsplan einschließlich der für die Verteilung der zu bearbeitenden Anträge maßgeblichen Faktoren sowie die Zuständigkeiten bestimmt, vom Sponsor zusätzliche Informationen nach der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 zu ersuchen.

(2) 1Die registrierten Ethik-Kommissionen der Länder erlassen oder eine von ihnen benannte Stelle erlässt bis zum 1. Juli 2025

1.
nach Anhörung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts einen besonderen Geschäftsverteilungsplan für auf bestimmte Verfahren, wie zum Beispiel klinische Prüfungen bei Minderjährigen, spezialisierte registrierte Ethik-Kommissionen der Länder und

2.
einen allgemeinen Geschäftsverteilungsplan für die weiteren registrierten Ethik-Kommissionen der Länder.

2Die Zuständigkeit der registrierten Ethik-Kommissionen der Länder bestimmt sich nach den Geschäftsverteilungsplänen, sofern nicht eine Zuständigkeit der Spezialisierten Ethik-Kommission für besondere Verfahren nach § 41c Absatz 2 gegeben ist. 3Die Geschäftsverteilungspläne sind jährlich zum 1. Januar zu aktualisieren. 4Die Geschäftsverteilungspläne können in besonderen Fällen abweichend von Satz 2 aktualisiert und geändert werden. 5Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlicht die jeweils aktuellen Geschäftsverteilungspläne. 6Personenbezogene Daten dürfen nur mit Einwilligung der jeweiligen Person veröffentlicht werden.




§ 41c Spezialisierte Ethik-Kommission für besondere Verfahren



(1) 1Bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird die Spezialisierte Ethik-Kommission für besondere Verfahren eingerichtet. 2Das Bundesministerium beruft unter Berücksichtigung von Vorschlägen der obersten Landesgesundheitsbehörden und im Benehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und mit den obersten Landesgesundheitsbehörden die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder der Spezialisierten Ethik-Kommission für besondere Verfahren. 3Dabei ist sicherzustellen, dass

1.
die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder über die erforderliche aktuelle wissenschaftliche Expertise verfügen,

2.
die Spezialisierte Ethik-Kommission für besondere Verfahren eine interdisziplinäre Zusammensetzung unter Beteiligung von je mindestens einem Juristen, einer Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin, einer Person mit Erfahrung auf dem Gebiet der Versuchsplanung und Statistik, drei Ärzten, die über Erfahrungen in der klinischen Medizin verfügen, davon ein Facharzt für klinische Pharmakologie oder für Pharmakologie und Toxikologie, sowie einem Laien aufweist,

3.
der Spezialisierten Ethik-Kommission für besondere Verfahren weibliche und männliche Mitglieder und stellvertretende Mitglieder angehören und bei der Auswahl der Mitglieder und der stellvertretenden Mitglieder Frauen und Männer mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe gleichermaßen berücksichtigt werden.

(2) 1Die Spezialisierte Ethik-Kommission für besondere Verfahren gibt sich eine Geschäftsordnung, die insbesondere verpflichtende Regelungen zur Arbeitsweise der Spezialisierten Ethik-Kommission für besondere Verfahren trifft; dazu gehören insbesondere Regelungen zur Geschäftsführung, zum Vorsitz, zur Vorbereitung von Beschlüssen, zur Beschlussfassung sowie zur Unabhängigkeit, Ehrenamtlichkeit und Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder, stellvertretenden Mitglieder und externen Sachverständigen. 2Die Geschäftsordnung bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums im Benehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung.

(3) Die Spezialisierte Ethik-Kommission für besondere Verfahren ist für folgende klinische Prüfungen nach der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 zuständig, wenn der Antrag auf Genehmigung der jeweiligen klinischen Prüfung nach dem 30. Juni 2025 gestellt wurde:

1.
klinische Prüfungen, zu denen zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Beratung oder eine wissenschaftliche Unterstützung der Notfall-Einsatzgruppe der Europäischen Arzneimittel-Agentur gemäß Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) 2022/123 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Januar 2022 zu einer verstärkten Rolle der Europäischen Arzneimittel-Agentur bei der Krisenvorsorge und -bewältigung in Bezug auf Arzneimittel und Medizinprodukte (ABl. L 20 vom 31.1.2022, S. 1; L 71 vom 9.3.2023, S. 37), die durch die Verordnung (EU) 2024/568 (ABl. L, 2024/568, 14.2.2024) geändert worden ist, erfolgt ist,

2.
klinische Prüfungen, die einem übergreifenden Protokoll folgen, das mehrere Teilstudien mit einem Arzneimittel oder mehreren Arzneimitteln und mit Patienten mit gleichen oder unterschiedlichen Erkrankungen umfasst,

3.
klinische Prüfungen, bei denen neue Arzneimittel erstmalig am Menschen geprüft werden,

4.
klinische Prüfungen von Arzneimitteln für neuartige Therapien.

(4) 1Die Mitglieder, die stellvertretenden Mitglieder und die externen Sachverständigen üben ihre Tätigkeit unabhängig und ehrenamtlich aus. 2Die Spezialisierte Ethik-Kommission für besondere Verfahren holt zu jedem Antrag Unabhängigkeitserklärungen der beteiligten Mitglieder, stellvertretenden Mitglieder und externen Sachverständigen ein, die beinhalten, dass diese keine finanziellen oder persönlichen Interessen, die Auswirkungen auf ihre Unparteilichkeit haben könnten, haben.