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Gesetz über die Haftung und Entschädigung für Schäden bei der Beförderung gefährlicher und schädlicher Stoffe auf See (HNS-Gesetz - HNSG)

Artikel 1 G. v. 16.07.2021 BGBl. I S. 3079, 5241 (Nr. 47)
Geltung ab 27.07.2021, abweichend siehe Artikel 11; FNA: 2129-68 Umweltschutz
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§ 1 Haftung und Entschädigung für durch gefährliche und schädliche Stoffe verursachte Schäden; Versicherungspflicht



(1) Die Haftung und Entschädigung für Schäden, die bei der Beförderung gefährlicher und schädlicher Stoffe auf See und der Be- und Entladung von Schiffen entstanden sind, und die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung einer Versicherung oder einer sonstigen finanziellen Sicherheit für diese Schäden richten sich nach dem HNS-Übereinkommen 2010 vom 30. April 2010 (BGBl. 2021 II S. 670, 671) in seiner jeweils für die Bundesrepublik Deutschland geltenden Fassung.

(2) Das HNS-Übereinkommen 2010 setzt sich zusammen

1.
aus den Artikeln 20 bis 29 des Protokolls von 2010 vom 30. April 2010 zum Internationalen Übereinkommen von 1996 über Haftung und Entschädigung für Schäden bei der Beförderung gefährlicher und schädlicher Stoffe auf See und

2.
aus den Artikeln 1 bis 44 und den Anlagen I und II des HNS-Übereinkommens vom 3. Mai 1996 in der durch das in Nummer 1 genannte Protokoll und dessen Anlagen geänderten Fassung.

(3) Die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung einer Versicherung oder sonstigen finanziellen Sicherheit gemäß Artikel 12 Absatz 1 des HNS-Übereinkommens 2010 ist auf Schiffe im Sinne des Artikels 1 Nummer 1 dieses Übereinkommens aus Nicht-Vertragsstaaten, die sich im deutschen Hoheitsgebiet befinden, anzuwenden.


§ 2 Bescheinigung über eine Versicherung oder sonstige finanzielle Sicherheit



(1) Das Bestehen der nach Artikel 12 Absatz 1 des HNS-Übereinkommens 2010, auch in Verbindung mit § 1 Absatz 3, vorgeschriebenen Versicherung oder sonstigen finanziellen Sicherheit wird durch eine von der nach Artikel 12 Absatz 2 Satz 2 des HNS-Übereinkommens 2010 zuständigen Behörde eines Vertragsstaats ausgestellte oder bestätigte Bescheinigung (HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung) nachgewiesen.

(2) Dem Eigentümer eines Schiffes, das die Bundesflagge führt, hat die zuständige Behörde auf Antrag die HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung auszustellen, wenn

1.
er nachweist, dass eine entsprechende Versicherung oder sonstige finanzielle Sicherheit besteht, und

2.
kein begründeter Anlass für die Annahme gegeben ist, dass der Sicherheitsgeber nicht in der Lage sein wird, seine Verpflichtungen zu erfüllen.

(3) Dem Eigentümer eines Schiffes, das nicht die Bundesflagge führt, kann die zuständige Behörde die HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung auf Antrag ausstellen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen.


§ 3 Verordnungsermächtigung



1Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erlässt durch Rechtsverordnung Bestimmungen über

1.
die Voraussetzungen für die Ausstellung, Gültigkeit und Einziehung der HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung,

2.
das Verfahren bei der Ausstellung und Einziehung der HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung,

3.
die gebührenpflichtigen Tatbestände für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen aufgrund dieses Gesetzes oder einer Rechtsverordnung nach den Nummern 1 und 2, die Gebührensätze sowie die Auslagenerstattung.

2In einer Rechtsverordnung nach Satz 1 Nummer 2 können insbesondere die Mitteilungspflichten des Eigentümers eines Schiffes im Verfahren der Ausstellung der HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung, auch hinsichtlich nach Ausstellung eintretender Umstände, und im Verfahren der Einziehung der HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung geregelt werden.


§ 4 Mitführen der HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung



1Der eingetragene Eigentümer eines Schiffes nach Artikel 12 Absatz 1 des HNS-Übereinkommens 2010, auch in Verbindung mit § 1 Absatz 3, hat sicherzustellen, dass die HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung an Bord mitgeführt wird. 2Der Schiffsführer eines Schiffes ist verpflichtet, die HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung an Bord mitzuführen und sie der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzuweisen. 3Die Sätze 1 und 2 gelten auch für die Bescheinigung nach Artikel 12 Absatz 12 Satz 1 des HNS-Übereinkommens 2010.


§ 5 Behördliche Maßnahmen



(1) Die zuständige Behörde kann in den Betriebs- und Geschäftsräumen des Schiffes Kontrollen nach Maßgabe von § 8 des Seeaufgabengesetzes durchführen, um die Einhaltung der Pflichten nach § 4 zu überwachen.

(2) Wird die HNS-Pflichtversicherungsbescheinigung nicht an Bord mitgeführt oder kann sie auf Verlangen nicht vorgelegt werden, kann die zuständige Behörde das Schiff festhalten, bis die Bescheinigung vorgelegt worden ist.


§ 6 Behördliche Zuständigkeiten; Gebühren und Auslagen



(1) 1§ 2 Absatz 2 und 3 und die nach § 3 erlassenen Rechtsverordnungen werden durch den Bund ausgeführt. 2Die Wahrnehmung der Aufgaben obliegt dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie.

(2) 1§ 5 wird durch den Bund ausgeführt. 2Die Wahrnehmung der Aufgaben obliegt der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation. 3§ 6 des Seeaufgabengesetzes ist entsprechend anzuwenden.


§ 7 Mitteilung der Mengen beitragspflichtiger Ladung



(1) 1Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie teilt dem Direktor des Internationalen Fonds für gefährliche und schädliche Stoffe (HNS-Fonds) die in Artikel 21 Absatz 2 des HNS-Übereinkommens 2010 vorgesehenen Angaben mit. 2Dem Generalsekretär der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation teilt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Artikel 45 Absatz 6 des HNS-Übereinkommens 2010 vorgesehenen Angaben mit.

(2) 1Personen, die nach den Artikeln 18 und 19 des HNS-Übereinkommens 2010 zur Zahlung von Beiträgen an den HNS-Fonds verpflichtet sind, haben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die für dessen Mitteilung nach Absatz 1 erforderlichen Angaben zu machen und deren Richtigkeit auf Verlangen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu beweisen. 2Soweit der Empfang von Ladung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nach dem HNS-Übereinkommen 2010 Voraussetzung für die Beitragspflicht ist, gelten die sich im Einzelfall aus der Anwendung des Artikels 1 Nummer 4 Buchstabe a des HNS-Übereinkommens 2010 ergebenden Personen als Empfänger.

(3) Macht eine nach Absatz 2 Satz 1 mitteilungspflichtige Person nicht oder nicht rechtzeitig die vorgeschriebenen Angaben oder erbringt sie nicht die verlangten Beweise, so kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nach Ablauf einer angemessenen Frist seiner Mitteilung eine im Wege der Schätzung ermittelte Menge der beitragspflichtigen Ladung zugrunde legen.

(4) Die nach Absatz 2 gemachten Angaben dürfen Dritten außer für die in Absatz 1 vorgesehenen Mitteilungen weder vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie noch von nachgeordneten Behörden zugänglich gemacht werden.

(5) 1Assoziierte Personen im Sinne von Artikel 16 Absatz 6 des HNS-Übereinkommens 2010 sind rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen sind. 2Ob Unternehmen im Sinne von Satz 1 im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen sind, bestimmt sich nach dem sinngemäß anzuwendenden § 16 des Aktiengesetzes.


§ 8 Verordnungsermächtigung



(1) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie kann die ihm nach § 7 Absatz 1 bis 3 zugewiesenen Aufgaben durch Rechtsverordnung auf eine nachgeordnete Behörde übertragen.

(2) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erlässt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die in § 7 Absatz 2 Satz 1 vorgesehenen Angaben, ihre Form und die zu wahrenden Fristen.


§ 9 Rechtsweg; gerichtliche Zuständigkeiten



(1) 1Für Streitigkeiten wegen der Ansprüche auf Schadensersatz nach den Artikeln 7 und 12 des HNS-Übereinkommens 2010 sowie auf Entschädigung nach Artikel 14 des HNS-Übereinkommens 2010 ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. 2Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist auch für Streitigkeiten wegen der dem HNS-Fonds nach dem HNS-Übereinkommen 2010 zustehenden Beiträge gegeben.

(2) Für Streitigkeiten wegen der in Absatz 1 Satz 1 genannten Ansprüche ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das schädigende Ereignis oder der Schaden im Sinne von Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a bis c des HNS-Übereinkommens 2010 eingetreten ist oder Schutzmaßnahmen im Sinne von Artikel 1 Nummer 7 des HNS-Übereinkommens 2010 ergriffen oder angeordnet worden sind.

(3) Ist der Schaden im Sinne von Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a bis c des HNS-Übereinkommens 2010 in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Bundesrepublik Deutschland verursacht worden oder sind dort Schutzmaßnahmen im Sinne von Artikel 1 Nummer 7 des HNS-Übereinkommens 2010 ergriffen oder angeordnet worden und ist ein anderer Gerichtsstand nicht begründet, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Hamburg Port Authority ihren Sitz hat.


§ 10 Anerkennung und Vollstreckung



Artikel 40 des HNS-Übereinkommens 2010 ist auf die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ergangenen Entscheidungen über Klagen aufgrund des HNS-Übereinkommens 2010, die gemäß dem Recht der Europäischen Union anerkannt und vollstreckt werden, nicht anzuwenden.


§ 11 Strafvorschriften



(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Artikel 12 Absatz 1 des HNS-Übereinkommens 2010 vom 30. April 2010 (BGBl. 2021 II S. 670, 671), auch in Verbindung mit § 1 Absatz 3, eine Versicherung oder eine sonstige finanzielle Sicherheit nicht aufrechterhält.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.


§ 12 Bußgeldvorschriften



(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer Rechtsverordnung nach § 3 Satz 2 oder einer vollziehbaren Anordnung aufgrund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,

2.
entgegen § 4 Satz 1, auch in Verbindung mit § 4 Satz 3, nicht sicherstellt, dass eine dort genannte Bescheinigung an Bord mitgeführt wird,

3.
entgegen § 4 Satz 2, auch in Verbindung mit § 4 Satz 3, eine dort genannte Bescheinigung nicht mitführt oder nicht oder nicht rechtzeitig vorweist oder

4.
entgegen § 7 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 8 Absatz 2 eine dort genannte Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den übrigen Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 bis 4 mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.


1.
in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie und

2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.