Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Kapitel 7 - Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG)

Artikel 1 G. v. 17.08.2012 BGBl. I S. 1726 (Nr. 38); zuletzt geändert durch Artikel 22 G. v. 10.08.2021 BGBl. I S. 3436
Geltung ab 24.08.2012; FNA: 2129-57 Umweltschutz
| |

Kapitel 7 Schlussbestimmungen

§ 39 Zuständige Behörden



(1) Die für den Vollzug dieses Gesetzes zuständige Behörde richtet sich nach Landesrecht, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Vor Entscheidungen im Sinne der §§ 7, 13, 17 und 37 hat die zuständige Behörde der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und dem Umweltbundesamt Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und die Empfehlungen dieser Stellungnahmen zu berücksichtigen. Soweit die nach Absatz 1 für die Entscheidung zuständige Behörde von den Empfehlungen abweicht, sind diese Abweichungen in der Entscheidung zu begründen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit ausschließlich über einen Antrag auf Untersuchung des Untergrundes auf seine Eignung zur Errichtung von Forschungsspeichern nach § 7 entschieden wird.

(3) Vor Entscheidungen über den Zugang zu Kohlendioxidspeichern nach § 34 Absatz 1 bis 3 hat die Bundesnetzagentur die zuständige Behörde nach Absatz 1 entsprechend Absatz 2 zu beteiligen. Besteht ein besonderer Bedarf, kann die zuständige Behörde nach Absatz 1 Stellungnahmen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie des Umweltbundesamts einholen.


§ 40 Wissensaustausch; Verordnungsermächtigung



(1) Betreiber von Anlagen zur Abscheidung von Kohlendioxid und von Kohlendioxidleitungen, die jeweils bis zum 31. Dezember 2017 zugelassen worden sind, sowie von Kohlendioxidspeichern führen mit anderen Betreibern solcher Anlagen, den zuständigen Behörden, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, dem Umweltbundesamt sowie den wissenschaftlichen Einrichtungen, die mit der Erforschung, Entwicklung und Erprobung der Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid befasst sind, einen Wissensaustausch durch. Dazu werden jährlich die jeweils erlangten Erkenntnisse

1.
der Eigenüberwachung nach § 22,

2.
über die Verringerung der Kohlendioxidemissionen in den Energieerzeugungs- und Industrieprozessen je Einheit Energie in Bezug auf Abtrennung, Transport und Speicherung insgesamt,

3.
über die jeweiligen Speicherpotenziale und

4.
über geplante Forschungs-, Entwicklungs- und Erprobungsvorhaben

den in Satz 1 genannten Personen und Einrichtungen zur Verfügung gestellt.

(2) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Inhalte des Wissensaustausches und die Daten, die für den Zweck des Wissensaustausches sowie für die Erstellung des Evaluierungsberichtes nach § 44 erforderlich sind, zu bestimmen sowie das Verfahren für den Wissensaustausch zu regeln. Hierbei ist die mögliche Betroffenheit von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu berücksichtigen.

(3) Die zuständige Behörde prüft die zur Verfügung gestellten Daten auf Inhalt und Umfang und stellt sie für den Wissensaustausch sowie für die Erstellung des Evaluierungsberichtes nach § 44 zur Verfügung. Sie kann bestimmen, welche wissenschaftlichen Einrichtungen in den Wissensaustausch einzubeziehen sind, und anordnen, dass die nach Absatz 1 erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt werden.




§ 41 Gebühren und Auslagen; Verordnungsermächtigung



(1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz können Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des Landesrechts erhoben werden. Die nach § 39 Absatz 1 zuständigen Behörden haben die durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 zu bestimmende Quote der Gebühren, die für Amtshandlungen nach den §§ 7, 13 und 17 eingenommen werden, an die Bundeskasse abzuführen.

(2) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die nach Absatz 1 Satz 2 an den Bund abzuführende Quote der Gebühreneinnahmen der Länder festzulegen.




§ 42 Landesrechtliche Speicherabgaben



Die Entscheidung über die Einführung landesrechtlicher Abgaben im Zusammenhang mit der dauerhaften Speicherung liegt bei den Ländern.


§ 43 Bußgeldvorschriften



(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
ohne festgestellten oder genehmigten Plan nach § 4 Absatz 1 oder 2 eine Kohlendioxidleitung errichtet, betreibt oder wesentlich ändert,

2.
einer vollziehbaren Auflage nach

a)
§ 4 Absatz 4 oder

b)
§ 9 Absatz 1 Satz 1 oder § 13 Absatz 3

zuwiderhandelt,

3.
ohne Genehmigung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 den Untergrund untersucht,

4.
entgegen § 7 Absatz 3 Satz 2 ein dort genanntes Ergebnis nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt,

5.
ohne festgestellten oder genehmigten Plan nach § 11 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 einen Kohlendioxidspeicher errichtet, betreibt oder wesentlich ändert,

6.
entgegen § 11 Absatz 3 Kohlendioxid speichert,

7.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 17 Absatz 3 Satz 2 zuwiderhandelt,

8.
entgegen

a)
§ 17 Absatz 4 Satz 1 die Injektion von Kohlendioxid nicht oder nicht rechtzeitig einstellt oder

b)
§ 17 Absatz 4 Satz 1 einen Antrag oder eine Unterlage nicht oder nicht rechtzeitig übermittelt,

9.
entgegen § 22 Absatz 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, die Überwachung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig durchführt,

10.
entgegen § 22 Absatz 3, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, eine dort genannte Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt,

11.
entgegen § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 3, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8, eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet,

12.
entgegen § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 1 Nummer 8, eine Maßnahme nicht oder nicht rechtzeitig trifft,

13.
entgegen § 24 Absatz 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 1 Nummer 9, einen Kohlendioxidstrom annimmt oder in einen Kohlendioxidspeicher injiziert,

14.
entgegen § 24 Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 1 Nummer 10,

a)
den Kohlendioxidstrom nicht überwacht oder

b)
einen Nachweis nicht oder nicht rechtzeitig erbringt,

15.
entgegen § 24 Absatz 3, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 1 Nummer 10, ein Betriebstagebuch nicht, nicht richtig oder nicht vollständig führt,

16.
einer vollziehbaren Anordnung nach

a)
§ 28 Absatz 2 Satz 2 oder

b)
§ 28 Absatz 4 Satz 1, 3 oder 4

zuwiderhandelt,

17.
ohne Genehmigung nach § 37 Absatz 1 Satz 1

a)
einen Forschungsspeicher errichtet, betreibt oder wesentlich ändert oder

b)
den Forschungszweck ändert oder

18.
einer Rechtsverordnung nach

a)
§ 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3, 5, 6 oder 7 oder § 32 oder

b)
§ 4 Absatz 6 Nummer 2, § 33 Absatz 4

oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Die Bußgeldvorschriften des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, Nummer 3, 6 bis 11, 13 bis 16 und 18 Buchstabe a gelten auch für Forschungsspeicher im Sinne des § 36.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b, Nummer 3, 6, 7, 8 Buchstabe a, Nummer 9, 13, 14 Buchstabe a, Nummer 16 Buchstabe b und Nummer 18 Buchstabe a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 2, und

2.
des Absatzes 1 Nummer 1, 2 Buchstabe a, Nummer 5, 12, 17 Buchstabe a und Nummer 18 Buchstabe b

mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden. In den übrigen Fällen kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro geahndet werden.


§ 44 Evaluierungsbericht



(1) Die Bundesregierung berichtet dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2018 und danach im Abstand von jeweils vier Jahren über die Anwendung dieses Gesetzes sowie über die international gewonnenen Erfahrungen. Der Bericht soll die Erfahrungen und Ergebnisse aus der Errichtung und dem Betrieb der Forschungs- und Demonstrationsvorhaben für die Abscheidung, den Transport und die dauerhafte Speicherung darstellen sowie den technischen Fortschritt, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und den Bericht nach Artikel 38 Absatz 2 der Richtlinie 2009/31/EG berücksichtigen.

(2) Der Bericht nach Absatz 1 soll insbesondere Folgendes untersuchen und bewerten:

1.
den Beitrag, den die Abscheidung, der Transport und die dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid für den Klimaschutz und eine möglichst sichere, effiziente und umweltverträgliche Energieversorgung und Industrieproduktion leisten kann,

2.
die Auswirkungen der Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid auf die Umwelt,

3.
die wirtschaftlichen Auswirkungen der Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid,

4.
die Möglichkeit und Notwendigkeit einheitlicher Standards,

5.
die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, Ziele und Grundsätze der Raumordnung für den Untergrund festzulegen, um Nutzungskonkurrenzen zwischen der Kohlendioxidspeicherung und anderen Nutzungsmöglichkeiten zu lösen und

6.
Möglichkeiten und Chancen einer europäischen Zusammenarbeit bei dem Transport und der Speicherung von Kohlendioxid.

(3) Sofern sich aus dem Bericht die Notwendigkeit gesetzgeberischer Maßnahmen ergibt, soll die Bundesregierung diese vorschlagen. Soll die Errichtung von Kohlendioxidspeichern nach Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist zugelassen werden, wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag auf Grundlage des Berichts und des in der Erprobung und Demonstration von Kohlendioxidspeichern nach § 2 Absatz 2 erreichten Standes der Technik einen Vorschlag zur Ausgestaltung des Vorsorgestandards unterbreiten.


§ 45 Übergangsvorschrift



(1) Bereits begonnene Verfahren auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 7 des Bundesberggesetzes, die sich auf die Aufsuchung von Bodenschätzen, insbesondere von Sole, in potenziellen Speicherkomplexen beziehen, können nach § 7 dieses Gesetzes weitergeführt werden, wenn dies beantragt wird und die hierfür erforderlichen Antragsunterlagen vorgelegt werden.

(2) Untersuchungsergebnisse, die im Rahmen von Aufsuchungsarbeiten nach § 7 des Bundesberggesetzes erzielt wurden, können für die Untersuchungsgenehmigung nach § 7 dieses Gesetzes verwendet werden. Die zuständige Behörde soll von der Prüfung einzelner Voraussetzungen nach § 7 absehen, soweit deren Vorliegen bereits in einem Verfahren auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 7 des Bundesberggesetzes und eines Betriebsplans nach § 51 Absatz 1 des Bundesberggesetzes zur Aufsuchung der in Absatz 1 genannten Bodenschätze nachgewiesen wurde und der Antragsteller dies innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes beantragt.

(3) Sofern eine Landesregierung die Absicht bekundet hat, einen Gesetzentwurf nach § 2 Absatz 5 einzubringen oder der Landesgesetzgeber mehrheitlich eine entsprechende Initiative ergreift, hat die zuständige Behörde die Entscheidung über Anträge nach den §§ 7 und 12 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes nach § 2 Absatz 5, aber nicht länger als drei Jahre nach der Antragstellung, zurückzustellen.

(4) Die erforderlichen Angaben nach § 20 Absatz 1 Satz 2 ergeben sich aus den Bestimmungen der Entscheidung der Kommission 2007/589/EG vom 18. Juli 2007 zur Festlegung von Leitlinien für die Überwachung und Berichterstattung betreffend Treibhausgasemissionen im Sinne der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Monitoring-Leitlinien) (ABl. L 229 vom 31.8.2007, S. 1), die durch den Beschluss 2010/345/EU (ABl. L 155 vom 22.6.2010, S. 34) geändert worden ist. Ab dem Inkrafttreten der Verordnung der Kommission gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275 vom 25.10.2003, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/29/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 63) geändert worden ist, sind die Bestimmungen dieser Verordnung der Kommission an Stelle der Bestimmungen der Monitoring-Leitlinien maßgeblich.

(5) Kapitel 6 gilt nicht für Forschungsspeicher, die vor dem 24. August 2012 bereits nach anderen Rechtsvorschriften zugelassen worden sind.


§ 46 Ausschluss abweichenden Landesrechts



Soweit in § 4 Absatz 1 Satz 5 und § 11 Absatz 1 Satz 5 nichts anderes bestimmt ist, kann von den in diesem Gesetz und auf Grund dieses Gesetzes getroffenen Regelungen des Verwaltungsverfahrens durch Landesrecht nicht abgewichen werden.


Anlage 1 (zu § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 Satz 1, § 22 Absatz 2 Nummer 1) Kriterien für die Charakterisierung und Bewertung der potenziellen Kohlendioxidspeicher und der potenziellen Speicherkomplexe sowie ihrer Umgebung


Anlage 1 wird in 3 Vorschriften zitiert

Die Charakterisierung und Bewertung von potenziellen Kohlendioxidspeichern und potenziellen Speicherkomplexen wird in drei Stufen nach zum Zeitpunkt der Bewertung bewährten Verfahren und nach den folgenden Kriterien vorgenommen. Abweichungen von einem oder mehreren dieser Kriterien können von der zuständigen Behörde genehmigt werden, sofern der Betreiber nachgewiesen hat, dass dadurch die Aussagekraft der Charakterisierung und Bewertung in Bezug auf die Auswahlentscheidungen nach § 7 Absatz 3 nicht beeinträchtigt wird.

1.
Datenerhebung (Stufe 1)

1.1
Es sind die erforderlichen Daten zu erheben, um für den Kohlendioxidspeicher und den Speicherkomplex ein volumetrisches und statisches dreidimensionales Erdmodell (3-D-Erdmodell) zu erstellen, welches das Deckgestein und die umgebenden Gesteinsschichten einschließlich der hydraulisch verbundenen Gebiete umfasst. Dieses Datenmaterial muss mindestens die folgenden Daten zur spezifischen Charakteristik des Speicherkomplexes einschließen:

a)
Geologie und Geophysik;

b)
Hydrogeologie, insbesondere nutzbares Grundwasser;

c)
Speichereigenschaften und vorgesehene Art und Weise der ingenieurtechnischen Speichererschließung, einschließlich volumetrischer Berechnungen des Porenvolumens für die Kohlendioxidinjektion und der endgültigen Speicherkapazität;

d)
Geochemie (Lösungsgeschwindigkeit, Mineralisierungsgeschwindigkeit);

e)
Geomechanik und weitere Gesteinseigenschaften (Durchlässigkeit, Riss- und Sperrdrücke);

f)
Seismik;

g)
Vorhandensein und Zustand natürlicher und anthropogener Wege, einschließlich Brunnen und Bohrlöcher, die als mögliche Leckagewege dienen könnten.

1.2
Die folgenden Merkmale der Umgebung des Speicherkomplexes sind zu dokumentieren:

a)
den Speicherkomplex umgebende Gesteinsschichten, die durch die Speicherung von Kohlendioxid in dem Kohlendioxidspeicher beeinträchtigt werden könnten;

b)
Bevölkerungsverteilung, Topografie und Infrastrukturen in dem Gebiet über dem Kohlendioxidspeicher;

c)
Nähe zu wertvollen Umweltgütern und Rohstoffen, insbesondere zu Gebieten, die nach den §§ 22 und 57 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft erklärt wurden, sowie zu Natura-2000-Gebieten, zu Trinkwasserschutzgebieten, zu für die Trink- und Thermalwassernutzung geeignetem Grundwasser und zu Kohlenwasserstoffen;

d)
Tätigkeiten im Umfeld des Speicherkomplexes und mögliche Wechselwirkungen der Kohlendioxidspeicherung mit diesen Tätigkeiten, beispielsweise Exploration, Produktion und Untergrundspeicherung von Kohlenwasserstoffen, potenzielle geothermische Nutzung von Gesteinsschichten und Nutzung von Grundwasservorkommen;

e)
Entfernung zu den potenziellen industriellen Kohlendioxidquellen, einschließlich Schätzungen der Gesamtmenge an Kohlendioxid, die potenziell unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen für die Speicherung verfügbar ist, sowie die Verfügbarkeit angemessener Transportnetze.

2.
Erstellung eines 3-D-Erdmodells (Stufe 2)

Mit den in Stufe 1 erhobenen Daten wird mit Hilfe von computergestützten Reservoirsimulatoren ein 3-DErdmodell des geplanten Speicherkomplexes oder eine Reihe solcher Modelle erstellt. Dieses Modell oder diese Modelle umfassen auch das Deckgestein und die hydraulisch verbundenen Gebiete mit den entsprechenden Fluiden. Die 3-D-Erdmodelle charakterisieren den Speicherkomplex in Bezug auf

a)
die strukturgeologischen Verhältnisse und die Rückhaltemechanismen;

b)
geomechanische, geochemische und strömungstechnische Eigenschaften des Reservoirs und der Gesteinsschichten, die über dem Kohlendioxidspeicher liegen und diesen umgeben (Deckgestein, abdichtende und durchlässige Gesteine, geologische Barriere);

c)
Bruchsysteme und das Vorhandensein anthropogener Pfade;

d)
die räumliche Ausdehnung des Speicherkomplexes;

e)
das Porenraumvolumen einschließlich Porositätsverteilung;

f)
die Zusammensetzung und Eigenschaften vorhandener Formationsfluide;

g)
jedes andere relevante Merkmal.

Zur Bewertung der Unsicherheit, mit der jeder zur Modellierung herangezogene Parameter behaftet ist, werden für jeden Parameter eine Reihe von Szenarien aufgestellt und die geeigneten Vertrauensgrenzen ermittelt. Außerdem wird bewertet, inwiefern das Modell selbst mit Unsicherheit behaftet ist.

3.
Charakterisierung des dynamischen Speicherverhaltens, Charakterisierung der Sensibilität, Risikobewertung (Stufe 3)

Die Charakterisierungen und Bewertungen stützen sich auf eine dynamische Modellierung. Diese umfasst mehrere Zeitschrittsimulationen der Injektion von Kohlendioxid in den Kohlendioxidspeicher. Basis der dynamischen Modellierung sind die in Stufe 2 erstellten 3-D-Erdmodelle des Speicherkomplexes.

3.1
Charakterisierung des dynamischen Speicherverhaltens (Stufe 3.1)

3.1.1
Es sind mindestens folgende Faktoren zu beachten:

a)
mögliche Injektionsraten und Eigenschaften des Kohlendioxidstroms;

b)
die Wirksamkeit von gekoppelter Verfahrensmodellierung, also die Art und Weise, wie mehrere Einzelwirkungen in dem Simulator oder den Simulatoren miteinander gekoppelt sind;

c)
reaktive Prozesse, also die Art und Weise, wie im Modell Reaktionen des injizierten Kohlendioxids mit den an Ort und Stelle vorhandenen Mineralen berücksichtigt werden;

d)
der verwendete Reservoirsimulator (multiple Simulationen können erforderlich sein, um bestimmte Ergebnisse zu bestätigen);

e)
kurz- und langfristige Simulationen, um den Verbleib des Kohlendioxids und dessen Verhalten, einschließlich seiner Lösungsgeschwindigkeit in Wasser und der verdrängten Formationsfluide, über Jahrzehnte, Jahrhunderte und Jahrtausende zu ermitteln.

3.1.2
Die dynamische Modellierung liefert Erkenntnisse über

a)
Druck und Temperatur in der Speicherformation als Funktion der Injektionsrate und der gespeicherten Menge an Kohlendioxid im Zeitablauf;

b)
die räumliche und vertikale Verbreitung des Kohlendioxids im Lauf der Zeit;

c)
das Verhalten des Kohlendioxids im Kohlendioxidspeicher einschließlich des durch Druck und Temperatur bedingten Phasenverhaltens;

d)
die Kohlendioxidrückhaltemechanismen und Kohlendioxidrückhalteraten einschließlich seitlicher und vertikaler Abdichtungen und Barrieren sowie möglicher Überlaufpunkte;

e)
sekundäre Kohlendioxideinschlusssysteme in dem Speicherkomplex und dessen Umgebung;

f)
Speicherkapazität und Druckgradienten in dem Kohlendioxidspeicher;

g)
das Risiko der Bildung von Rissen im Kohlendioxidspeicher und im Speicherkomplex, insbesondere in den abdichtenden Gesteinsschichten;

h)
das Risiko des Eintritts von Kohlendioxid in die abdichtenden Deckgesteine;

i)
das Risiko von Leckagen aus dem Kohlendioxidspeicher, beispielsweise durch unsachgemäß stillgelegte oder unsachgemäß abgedichtete Bohrlöcher;

j)
die möglichen Kohlendioxidmigrationsraten;

k)
Rissverschlusswahrscheinlichkeit und Rissverschlussgeschwindigkeit;

l)
mögliche Veränderungen der chemischen Zusammensetzung der im Kohlendioxidspeicher enthaltenen Formationswässer und chemische Reaktionen, beispielsweise Änderung des pH-Werts oder Mineralisierung, sowie Einbeziehung der Veränderungen und Reaktionen in die reaktive Modellierung zur Folgenabschätzung insbesondere in Bezug auf die Sicherheit von Bohrlochverschlüssen;

m)
Verdrängung der ursprünglich vorhandenen Formationsfluide;

n)
mögliche verstärkte seismische Aktivität und mögliche Hebungen der darüberliegenden geologischen Schichten und der Oberfläche.

3.2
Charakterisierung der Sensibilität (Stufe 3.2)

Durch multiple Simulationen wird ermittelt, wie sensibel die Bewertung auf unterschiedliche Annahmen bei bestimmten Parametern reagiert. Die Simulationen stützen sich auf verschiedene Parameterwerte in dem 3-D-Erdmodell oder in den 3-D-Erdmodellen und unterschiedliche Ratenfunktionen und Annahmen bei der dynamischen Modellierung. Eine signifikante Sensibilität wird bei der Risikobewertung berücksichtigt.

3.3
Risikobewertung (Stufe 3.3)

Die Risikobewertung umfasst unter anderem Folgendes:

3.3.1
Charakterisierung der Gefahren

Die Gefahren werden charakterisiert, indem das Potenzial des Speicherkomplexes für Leckagen durch die vorstehend beschriebene dynamische Modellierung und die Charakterisierung der Sicherheit bestimmt wird. Dabei werden unter anderem folgende Aspekte berücksichtigt:

a)
potenzielle Leckagewege;

b)
der potenzielle Umfang von möglichen Leckagen bei ermittelten Leckagewegen (Strömungsraten);

c)
kritische Parameter, die das Leckagepotenzial beeinflussen, beispielsweise maximaler Druck im Kohlendioxidspeicher, maximale Injektionsrate, Temperatur, Sensibilität für unterschiedliche Annahmen in dem 3-D-Erdmodell oder in den 3-D-Erdmodellen, Qualität der geologischen Barriere;

d)
Sekundärwirkungen der Kohlendioxidspeicherung einschließlich der Verdrängung von Formationswässern und der Bildung neuer Stoffe durch die Kohlendioxidspeicherung im Speicherkomplex;

e)
Risiken für das nutzbare Grundwasser, insbesondere für die Trinkwasservorkommen;

f)
jeder andere Faktor, von dem eine Gefahr für die Gesundheit des Menschen oder für die Umwelt ausgehen könnte, beispielsweise durch anthropogene Eingriffe und mögliche Rückwirkungen auf die Umgebung.

Die Risikocharakterisierung schließt die gesamte Bandbreite potenzieller Betriebsbedingungen ein, so dass die Sicherheit des Speicherkomplexes getestet und beurteilt werden kann.

3.3.2
Bewertung der Gefährdung

Die Gefährdung wird bewertet ausgehend von den Umweltmerkmalen sowie der Verteilung und den Aktivitäten der über dem Speicherkomplex lebenden Bevölkerung sowie vom möglichen Verhalten und Verbleib von Kohlendioxid, das über die nach Nummer 3.3.1 ermittelten potenziellen Leckagewege austritt.

3.3.3
Folgenabschätzung

Die Folgen werden abgeschätzt ausgehend von der Sensibilität bestimmter Arten, Gemeinschaften oder Lebensräume im Zusammenhang mit den nach Nummer 3.3.1 ermittelten möglichen Leckagen. Gegebenenfalls schließt dies die Folgen der Einwirkung höherer Kohlendioxidkonzentrationen auf die Biosphäre, einschließlich Böden, Meeressedimente und Meeresgewässer, mit ein, beispielsweise Sauerstoffmangel und verringerter pH-Wert des Wassers. Die Folgenabschätzung umfasst darüber hinaus eine Bewertung der Auswirkungen anderer Stoffe, die bei Leckagen aus dem Speicherkomplex austreten können (im Injektionsstrom enthaltene Verunreinigungen oder im Zuge der Kohlendioxidspeicherung entstandene neue Stoffe). Diese Auswirkungen werden im Hinblick auf verschiedene zeitliche und räumliche Größenordnungen und in Verbindung mit Leckagen von unterschiedlichem Umfang betrachtet.

3.3.4
Risikocharakterisierung

Die Risikocharakterisierung besteht aus einer Bewertung der kurz- und langfristigen Sicherheit des Kohlendioxidspeichers, einschließlich einer Bewertung des Leckagerisikos unter den vorgeschlagenen Nutzungsbedingungen, und der schlimmsten möglichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen. Die Risikocharakterisierung stützt sich auf eine Bewertung der Gefahren und der Gefährdung und auf eine Folgenabschätzung. Sie umfasst eine Bewertung der Unsicherheitsquellen, die während der einzelnen Stufen der Charakterisierung und Bewertung des Kohlendioxidspeichers ermittelt wurden, sowie, im Rahmen des Möglichen, eine Darstellung der Möglichkeiten zur Verringerung der Unsicherheit.


Anlage 2 (zu § 17 Absatz 2 Satz 2 und § 20 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1) Kriterien für die Aufstellung und Aktualisierung des Überwachungskonzepts und für die Nachsorge


Anlage 2 wird in 2 Vorschriften zitiert

1.
Aufstellung und Aktualisierung des Überwachungskonzepts

Das in § 20 Absatz 1 genannte Überwachungskonzept wird unter Zugrundelegung der nach Anlage 1 Stufe 3 durchgeführten Risikobewertung aufgestellt und aktualisiert, um der Eigenüberwachung nach § 22 nachzukommen. Das Konzept umfasst Folgendes:

1.1
Aufstellung des Überwachungskonzepts

1.1.1
Das Überwachungskonzept regelt die Überwachung in den wesentlichen Projektphasen einschließlich Projektbeginn, Betrieb und Nachsorge. Für jede Phase ist Folgendes in das Konzept aufzunehmen und zu spezifizieren:

a)
überwachte Parameter;

b)
eingesetzte Überwachungstechnologie und Begründung dieser Auswahl;

c)
Überwachungsstandorte und Begründung dieser Auswahl;

d)
Durchführungshäufigkeit und Begründung dieser Festlegung.

1.1.2
Es wird festgestellt, welche Parameter zu überwachen sind, damit die Überwachung ihren Zweck erfüllt. Das Überwachungskonzept sieht in jedem Fall vor, folgende Aspekte ständig oder in regelmäßigen Abständen zu überwachen:

a)
diffuse Emissionen von Kohlendioxid bei der Injektion;

b)
den volumetrischen Kohlendioxidfluss an den Bohrlochköpfen;

c)
Druck und Temperatur des Kohlendioxids an den Bohrlochköpfen zur Bestimmung des Massenflusses;

d)
chemische Analyse des Kohlendioxidstroms;

e)
Temperatur und Druck im Kohlendioxidspeicher zur Bestimmung des Verhaltens und des chemisch-physikalischen Zustands des Kohlendioxids;

f)
chemische und physikalische Eigenschaften des Grundwassers.

1.1.3
Die Wahl der Überwachungsmethode beruht auf den besten zum Planungszeitpunkt verfügbaren Verfahren. Von den folgenden Technologien ist gegebenenfalls Gebrauch zu machen:

a)
Technologien, die das Vorhandensein, den genauen Ort und die Migrationswege von Kohlendioxid im Untergrund und an der Oberfläche erfassen;

b)
Technologien, die Daten über das Druck- und Volumenverhalten sowie über die räumliche und vertikale Sättigungsverteilung des Kohlendioxids im Speicherkomplex liefern und mit denen sich die numerischen 3-D-Simulationen an den nach Anlage 1 erstellten 3-D-Erdmodellen des Speicherkomplexes verfeinern lassen;

c)
Technologien, die sich weiträumig einsetzen lassen, damit bei erheblichen Unregelmäßigkeiten oder bei Migration von Kohlendioxid aus dem Kohlendioxidspeicher überall innerhalb der räumlichen Grenzen des gesamten Speicherkomplexes und außerhalb davon Daten über zuvor nicht erkannte potenzielle Leckagewege erfasst werden.

1.2
Aktualisierung des Überwachungskonzepts

1.2.1
Die aus der Überwachung gewonnenen Daten werden verglichen und ausgewertet. Dazu werden die gemessenen Daten und beobachteten Ergebnisse mit dem Verhalten verglichen, das in der im Rahmen der Sicherheitscharakterisierung nach Anlage 1 Stufe 3 durchgeführten dynamischen dreidimensionalen Simulation des Druck-, Volumen- und Sättigungsverhaltens prognostiziert worden ist.

1.2.2
Ergibt sich eine signifikante Abweichung zwischen dem beobachteten und dem prognostizierten Verhalten, so wird das dreidimensionale Modell entsprechend dem beobachteten Verhalten angepasst. Diese Anpassung stützt sich auf die mit Hilfe des Überwachungskonzepts erhobenen Daten. Zusätzliche Daten werden erhoben, wenn dies erforderlich ist, um die Zuverlässigkeit der für die Anpassung verwendeten Annahmen zu sichern.

1.2.3
Die in Anlage 1 genannten Stufen 2 und 3 werden unter Verwendung des angepassten 3-D-Erdmodells oder der angepassten 3-D-Erdmodelle wiederholt, um neue Gefahrenszenarien und Strömungsraten zu analysieren und die Risikobewertung zu überprüfen und zu aktualisieren.

1.2.4
Werden als Ergebnis des Vergleichs historischer Daten mit den Ergebnissen des angepassten 3-D-Erdmodells bislang nicht berücksichtigte Kohlendioxidquellen sowie Strömungswege und Migrationsraten des Kohlendioxids oder signifikante Abweichungen von früheren Bewertungen ermittelt, so wird das Überwachungskonzept entsprechend aktualisiert.

2.
Nachsorgeüberwachung

Die Nachsorgeüberwachung stützt sich auf die Daten, die im Laufe der Durchführung des Überwachungskonzepts gemäß § 20 Absatz 1 erhoben worden und in die entsprechenden Modellierungen eingegangen sind. Sie dient insbesondere dazu, die Daten bereitzustellen, die für die Übertragung der Verantwortung nach § 31 erforderlich sind.