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Abschnitt 5 - Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG)

Artikel 1 G. v. 24.05.2016 BGBl. I S. 1190 (Nr. 24); zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 31.05.2021 BGBl. I S. 1204
Geltung ab 01.06.2016; FNA: 440-18 Urheberrechtliche Vorschriften
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Teil 2 Rechte und Pflichten der Verwertungsgesellschaft

Abschnitt 5 Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung

§ 51 Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung



(1) Schließt eine Verwertungsgesellschaft einen Vertrag über die Nutzung ihres Repertoires, so kann sie nach Maßgabe dieses Abschnitts entsprechende Nutzungsrechte auch am Werk eines Außenstehenden (§ 7a) einräumen.

(2) Der Außenstehende kann der Rechtseinräumung nach Absatz 1 jederzeit gegenüber der Verwertungsgesellschaft widersprechen.

(3) In Bezug auf die Rechtseinräumung hat der Außenstehende im Verhältnis zur Verwertungsgesellschaft die gleichen Rechte und Pflichten wie bei einer Wahrnehmung auf vertraglicher Grundlage.




§ 51a Wirksamkeit der Rechtseinräumung und dauerhafte Information



(1) Die Einräumung von Rechten am Werk eines Außenstehenden ist unter folgenden Voraussetzungen wirksam:

1.
die Verwertungsgesellschaft ist repräsentativ (§ 51b),

2.
die Einholung der Nutzungserlaubnis von allen betroffenen Außenstehenden durch den Nutzer oder die Verwertungsgesellschaft ist unzumutbar,

3.
die Rechtseinräumung beschränkt sich auf Nutzungen im Inland,

4.
die Verwertungsgesellschaft informiert während einer angemessen Frist von mindestens drei Monaten vor der Rechtseinräumung auf ihrer Internetseite

a)
darüber, dass sie in der Lage ist, kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung zu erteilen,

b)
über die Wirkungen kollektiver Lizenzen mit erweiterter Wirkung für Außenstehende,

c)
über die Nutzungsarten, Werkarten und Gruppen von Rechtsinhabern, die in die kollektiven Lizenzen mit erweiterter Wirkung einbezogen werden sollen,

d)
über das Recht der Außenstehenden zum Widerspruch,

5.
der Außenstehende hat innerhalb der in Nummer 4 bestimmten Frist der Rechtseinräumung nicht widersprochen.

(2) Die Verwertungsgesellschaft stellt die Informationen gemäß Absatz 1 Nummer 4 dauerhaft auf ihrer Internetseite zur Verfügung.




§ 51b Repräsentativität der Verwertungsgesellschaft



(1) Eine Verwertungsgesellschaft ist repräsentativ, wenn sie für eine ausreichend große Zahl von Rechtsinhabern Rechte, die Gegenstand der kollektiven Lizenz sein sollen, auf vertraglicher Grundlage wahrnimmt.

(2) Nimmt nur eine Verwertungsgesellschaft, der eine Erlaubnis (§ 77) erteilt wurde, Rechte nach Absatz 1 wahr, so wird widerleglich vermutet, dass sie repräsentativ ist.




§ 52 Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung für nicht verfügbare Werke



(1) Schließt eine Verwertungsgesellschaft einen Vertrag über Nutzungen von Werken ihres Repertoires, die nicht verfügbar sind (§ 52b), mit einer inländischen Kulturerbe-Einrichtung (§ 60d des Urheberrechtsgesetzes), so hat sie entsprechende Nutzungsrechte nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen auch am Werk eines Außenstehenden (§ 7a) einzuräumen.

(2) Der Außenstehende kann der Rechtseinräumung jederzeit gegenüber dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum widersprechen.

(3) In Bezug auf die Rechtseinräumung hat der Außenstehende im Verhältnis zur Verwertungsgesellschaft die gleichen Rechte und Pflichten wie bei einer Wahrnehmung auf vertraglicher Grundlage.




§ 52a Wirksamkeit der Rechtseinräumung und dauerhafte Information bei nicht verfügbaren Werken



(1) 1Die Einräumung von Rechten am Werk eines Außenstehenden nach § 52 ist unter folgenden Voraussetzungen wirksam:

1.
die Verwertungsgesellschaft ist repräsentativ (§ 51b),

2.
die Rechtseinräumung beschränkt sich auf die Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Zugänglichmachung und sonstige öffentliche Wiedergabe zu nicht kommerziellen Zwecken,

3.
das betreffende Werk befindet sich im Bestand der Kulturerbe-Einrichtung,

4.
die Verwertungsgesellschaft informiert sechs Monate vor Beginn der Rechtseinräumung im Online-Portal des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum über

a)
das betreffende Werk,

b)
die Vertragsparteien, die betroffenen Nutzungsrechte, deren Geltungsbereich,

c)
das Recht des Außenstehenden zum Widerspruch,

5.
der Außenstehende hat innerhalb der in Nummer 4 bestimmten Frist der Rechtseinräumung nicht widersprochen.

2Die Einräumung des Rechts der Vervielfältigung ist abweichend von Satz 1 Nummer 5 bereits mit Beginn der Bekanntgabe der Informationen im Online-Portal des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum zulässig.

(2) Die Verwertungsgesellschaft belässt die Informationen gemäß Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 dauerhaft im Online-Portal des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum.




§ 52b Nicht verfügbare Werke



(1) Nicht verfügbar ist ein Werk, das der Allgemeinheit auf keinem üblichen Vertriebsweg in einer vollständigen Fassung angeboten wird.

(2) Es wird unwiderleglich vermutet, dass ein Werk nicht verfügbar ist, wenn die Kulturerbe-Einrichtung zeitnah vor der Information gemäß § 52a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 mit einem vertretbaren Aufwand, aber ohne Erfolg versucht hat, Angebote nach Maßgabe des Absatzes 1 zu ermitteln.

(3) Werke, die in Büchern, Fachzeitschriften, Zeitungen, Zeitschriften oder in anderen verlegten Schriften veröffentlicht wurden, sind über die Anforderungen von Absatz 1 hinaus nur dann nicht verfügbar, wenn sie außerdem mindestens 30 Jahre vor Beginn der Bekanntgabe der Informationen gemäß § 52a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 letztmalig veröffentlicht wurden.




§ 52c Repräsentativität der Verwertungsgesellschaft bei Werkreihen aus Drittstaaten



Soll die beabsichtigte Nutzung Werkreihen umfassen, die überwiegend Werke aus Staaten enthalten, die weder Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind (Drittstaaten), so ist die Rechtseinräumung nach § 52 nur wirksam, wenn die Verwertungsgesellschaft repräsentativ auch für Rechtsinhaber des jeweiligen Drittstaates ist.




§ 52d Verordnungsermächtigung



Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Folgendes näher zu regeln:

1.
Ausübung und Rechtsfolgen des Widerspruchs des Außenstehenden (§ 51 Absatz 2 und § 52 Absatz 2),

2.
Unzumutbarkeit des Rechteerwerbs (§ 51a Absatz 1 Nummer 2),

3.
Informationspflichten (§ 51a Absatz 1 Nummer 4 und § 52a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4),

4.
Angemessenheit der Frist (§ 51a Absatz 1 Nummer 4),

5.
Repräsentativität von Verwertungsgesellschaften, einschließlich Vermutungswirkung und gemeinsamem Handeln mehrerer Verwertungsgesellschaften (§ 51b),

6.
weitere Anforderungen zur Verfügbarkeit von Werken, einschließlich des zur Ermittlung der Verfügbarkeit erforderlichen vertretbaren Aufwands und der Wahrung der Urheberpersönlichkeitsrechte insbesondere bei nicht veröffentlichten Werken (§ 52b),

7.
Nutzung von Werkreihen aus Drittstaaten (§ 52c).




§ 52e Anwendung auf verwandte Schutzrechte



Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind auch auf verwandte Schutzrechte im Sinne des Urheberrechtsgesetzes und ihre Inhaber anzuwenden.