Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Abschnitt 3 - Pflichtversicherungsgesetz (PflVG k.a.Abk.)

neugefasst durch B. v. 05.04.1965 BGBl. I S. 213; zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 11.04.2024 BGBl. 2024 I Nr. 119
Geltung ab 01.10.1965; FNA: 925-1 Pflichtversicherung im Straßenverkehr
|

Abschnitt 3 Entschädigungsfonds für Schäden aus Fahrzeugunfällen, Entschädigungsstelle für Schäden aus Auslandsunfällen und Insolvenzfonds für Schäden aus Fahrzeugunfällen

Unterabschnitt 1 Entschädigungsfonds für Schäden aus Fahrzeugunfällen

§ 12 Leistungspflicht des Entschädigungsfonds



(1) 1Wird durch den Gebrauch eines Fahrzeugs im Inland ein Personen- oder Sachschaden verursacht, so kann derjenige, dem wegen dieser Schäden Ersatzansprüche gegen eine in § 4 Absatz 3 genannte Person zustehen, diese Ersatzansprüche auch gegen den „Entschädigungsfonds für Schäden aus Fahrzeugunfällen" (Entschädigungsfonds) geltend machen,

1.
wenn das Fahrzeug, durch dessen Gebrauch der Schaden verursacht worden ist, nicht ermittelt werden kann,

2.
wenn die auf Grund eines Gesetzes erforderliche Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug nicht besteht,

3.
wenn für den Schaden, der durch den Gebrauch des ermittelten oder nicht ermittelten Fahrzeugs verursacht worden ist, eine Haftpflichtversicherung deswegen keine Deckung gewährt oder gewähren würde, weil der Ersatzpflichtige den Eintritt der Tatsache, für die er dem Ersatzberechtigten verantwortlich ist, vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt hat,

4.
wenn der Halter des Fahrzeugs nach § 2a Absatz 1 Nummer 1 oder 2 von der Versicherungspflicht befreit ist,

5.
wenn der Halter des Fahrzeugs nach § 2a Absatz 1 Nummer 3 oder Absatz 2 von der Versicherungspflicht befreit ist und das Fahrzeug im Zeitpunkt des Unfalls entgegen § 6 Absatz 2 außerhalb eines hierfür zulässigen Gebiets gebraucht wurde oder

6.
wenn das Fahrzeug nach einer in Umsetzung des Artikels 5 Absatz 2 bis 5 der Richtlinie 2009/103/EG erlassenen Bestimmung eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums nicht der Versicherungspflicht unterliegt.

2Das gilt nur, soweit der Ersatzberechtigte glaubhaft macht, dass er weder von dem Halter, dem Eigentümer oder dem Fahrer des Fahrzeugs noch von einem Schadensversicherer oder vom Deutschen Büro Grüne Karte Ersatz seines Schadens zu erlangen vermag. 3Die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds entfällt, soweit der Ersatzberechtigte in der Lage ist, Ersatz seines Schadens nach den Vorschriften über die Amtspflichtverletzung zu erlangen, oder soweit der Schaden durch Leistungen eines Sozialversicherungsträgers, durch Fortzahlung von Dienst- oder Amtsbezügen, Vergütung oder Lohn oder durch Gewährung von Versorgungsbezügen ausgeglichen wird. 4Im Falle einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung geht abweichend von § 839 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Ersatzpflicht auf Grund der Vorschriften über die Amtspflichtverletzung der Leistungspflicht des Entschädigungsfonds vor. 5Die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds entfällt ferner bei Ansprüchen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände als Straßenbaulastträger. 6Satz 1 Nummer 4 bis 6 ist nicht anzuwenden auf den erlaubten Gebrauch eines Fahrzeugs nach § 6 Absatz 3 Nummer 2.

(2) 1In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 können gegen den Entschädigungsfonds Ansprüche nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur geltend gemacht werden, wenn und soweit die Leistung einer Entschädigung wegen der besonderen Schwere der Verletzung zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit erforderlich ist. 2Für Sachschäden beschränkt sich in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds auf den Betrag, der 500 Euro übersteigt. 3Darüber hinaus können in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Ansprüche auf Ersatz folgender Sachschäden nur geltend gemacht werden, wenn der Entschädigungsfonds auf Grund desselben Ereignisses zur Leistung einer Entschädigung wegen der Tötung oder der erheblichen Verletzung des Körpers oder der Gesundheit einer Person verpflichtet ist oder eine solche Entschädigung geleistet hat:

1.
Sachschäden an einem Fahrzeug,

2.
Sachschäden an folgenden Einrichtungen, einschließlich der mit diesen Einrichtungen verbundenen Sachen,

a)
Einrichtungen des Bahnverkehrs,

b)
Einrichtungen des Luftverkehrs,

c)
Einrichtungen des Straßenverkehrs,

d)
Einrichtungen des Verkehrs auf Binnenwasserstraßen,

3.
Sachschäden an Einrichtungen der Energieversorgung oder

4.
Sachschäden an Einrichtungen der Telekommunikation.

(3) 1Der Anspruch des Ersatzberechtigten gegen den Entschädigungsfonds verjährt in drei Jahren. 2Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Ersatzberechtigte Kenntnis von den den Anspruch gegen den Entschädigungsfonds begründenden Umständen erlangt. 3Ist der Anspruch des Ersatzberechtigten bei dem Entschädigungsfonds angemeldet worden, so ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Entschädigungsfonds und, wenn die Stelle nach § 26 angerufen worden ist, des Einigungsvorschlags dieser Stelle gehemmt.

(4) 1Im übrigen bestimmen sich Voraussetzungen und Umfang der Leistungspflicht des Entschädigungsfonds sowie die Pflichten des Ersatzberechtigten gegenüber dem Entschädigungsfonds nach den Vorschriften, die bei Bestehen einer auf Grund dieses Gesetzes abgeschlossenen Haftpflichtversicherung für das Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Dritten in dem Falle gelten, daß der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung frei ist. 2§ 3a ist entsprechend anzuwenden. 3In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 haben die in § 4 Absatz 3 genannten Personen gegenüber dem Entschädigungsfonds die einen Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls gegenüber dem Versicherer treffenden Verpflichtungen zu erfüllen.

(5) Leistungen an ausländische Staatsangehörige ohne festen Wohnsitz im Inland erbringt der Entschädigungsfonds nur bei Vorliegen der Gegenseitigkeit, soweit nicht unionsrechtliche oder völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland dem entgegenstehen.

(6) Der Entschädigungsfonds hat auch für Schäden einzutreten, die unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 einem deutschen Staatsangehörigen im Ausland entstehen,

1.
wenn die Schäden nicht nach § 15 gegenüber der Entschädigungsstelle geltend gemacht werden können,

2.
wenn in dem Staat, in dem sich der Unfall zugetragen hat, eine Stelle besteht, die Angehörigen dieses Staates in Fällen dieser Art Ersatz leistet, und

3.
wenn und soweit deutsche Staatsangehörige von der Ersatzleistung durch diese Stelle ausgeschlossen sind.




§ 13 Aufwendungsersatz; Forderungsübergang



(1) Der Entschädigungsfonds kann von den Personen, für deren Schadensersatzverpflichtungen er nach § 12 Absatz 1 einzutreten hat, wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.

(2) 1Soweit der Entschädigungsfonds dem Ersatzberechtigten nach § 12 Absatz 1 den Schaden ersetzt, gehen die Ersatzansprüche auf den Entschädigungsfonds über, die dem Ersatzberechtigten zustehen gegen

1.
eine nach § 4 Absatz 3 zu versichernde Person,

2.
den Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs oder

3.
eine sonstige ersatzpflichtige Person, insbesondere auch gegen einen sonstigen nach § 115 Absatz 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes leistungspflichtigen Haftpflichtversicherer.

2Der Übergang der Ersatzansprüche kann nicht zum Nachteil des Ersatzberechtigten geltend gemacht werden. 3Gibt der Ersatzberechtigte seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung des Anspruchs dienendes Recht auf, so entfällt die Leistungspflicht des Entschädigungsfonds insoweit, als er aus dem Anspruch oder dem Recht hätte Ersatz erlangen können.




§ 14 Erstattungspflicht des Entschädigungsfonds, Forderungsübergang und Rückgriff



(1) Der Entschädigungsfonds ist verpflichtet, einem Entschädigungsfonds im Sinne des Artikels 10 Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums denjenigen Betrag zu erstatten, den dieser als Entschädigung wegen eines Personen- oder Sachschadens zahlt, der auf dem Gebiet dieses Staates durch ein Fahrzeug verursacht wurde, dessen Halter nach § 2a Absatz 1 oder 2 von der Versicherungspflicht befreit ist.

(2) Soweit ein Entschädigungsfonds im Sinne des Artikels 10 Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG einem anderen solchen Entschädigungsfonds einen Betrag erstattet, den dieser als Entschädigung wegen eines Personen- oder Sachschadens gezahlt hat, der auf dem Gebiet dieses Staates durch ein Fahrzeug verursacht wurde, das nach einer in Umsetzung des Artikels 5 Absatz 2 bis 5 der Richtlinie 2009/103/EG erlassenen Bestimmung eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums nicht der Versicherungspflicht unterliegt, gehen die auf den erstattungsberechtigten Entschädigungsfonds übergegangenen Ansprüche des Geschädigten gegen den Versicherer des Fahrzeugs und sonstige Ersatzpflichtige auf den erstattenden Entschädigungsfonds über.

(3) Handelt es sich bei dem Fahrzeug nicht um ein Fahrzeug im Sinne des Artikels 1 Nummer 1 der Richtlinie 2009/103/EG, so richtet sich der Rückgriff unter den Entschädigungsfonds der Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums allein nach den zwischen den Entschädigungsfonds getroffenen Vereinbarungen.




Unterabschnitt 2 Entschädigungsstelle für Schäden aus Auslandsunfällen

§ 15 Leistungspflicht der Entschädigungsstelle



(1) 1Wird durch den Gebrauch eines Fahrzeugs im Ausland ein Personen- oder Sachschaden verursacht, so kann derjenige, der seinen Wohnsitz im Inland hat und dem wegen dieser Schäden Ersatzansprüche gegen den Haftpflichtversicherer des schädigenden Fahrzeugs zustehen, diese vorbehaltlich des Absatzes 4 gegen die "Entschädigungsstelle für Schäden aus Auslandsunfällen" (Entschädigungsstelle) geltend machen,

1.
wenn das Versicherungsunternehmen oder sein Schadenregulierungsbeauftragter binnen drei Monaten nach der Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs beim Versicherungsunternehmen des Fahrzeugs, durch dessen Nutzung der Unfall verursacht wurde, oder beim Schadenregulierungsbeauftragten keine mit Gründen versehene Antwort auf die im Schadenersatzantrag enthaltenen Darlegungen erteilt hat oder

2.
wenn das Versicherungsunternehmen entgegen Artikel 21 Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG in der Bundesrepublik Deutschland keinen Schadenregulierungsbeauftragten bestellt hat, es sei denn, dass der Geschädigte einen Antrag auf Erstattung direkt beim Versicherungsunternehmen eingereicht hat und von diesem innerhalb von drei Monaten eine mit Gründen versehene Antwort auf das Schadenersatzbegehren erteilt oder ein begründetes Angebot vorgelegt worden ist oder

3.
wenn das Fahrzeug nicht oder das Versicherungsunternehmen nicht innerhalb von zwei Monaten nach dem Unfall ermittelt werden kann.

2Ein Antrag auf Erstattung ist nicht zulässig, wenn der Geschädigte unmittelbar gegen das Versicherungsunternehmen gerichtliche Schritte eingeleitet hat.

(2) Die Entschädigungsstelle unterrichtet unverzüglich

1.
das Versicherungsunternehmen des Fahrzeugs, das den Unfall verursacht haben soll, oder dessen in der Bundesrepublik Deutschland bestellten Schadenregulierungsbeauftragten,

2.
die Entschädigungsstelle in dem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, in dem die Niederlassung des Versicherungsunternehmens ihren Sitz hat, die die Versicherungspolice ausgestellt hat,

3.
die Person, die den Unfall verursacht haben soll, sofern sie bekannt ist,

4.
das Deutsche Büro Grüne Karte und das nationale Versicherungsbüro des Staates, in dem sich der Unfall ereignet hat, wenn das schadenstiftende Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort nicht in diesem Staat hat,

5.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 den Garantiefonds im Sinne von Artikel 10 Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG des Staates, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat, sofern das Versicherungsunternehmen nicht ermittelt werden kann, oder, wenn das Fahrzeug nicht ermittelt werden kann, den Garantiefonds des Staates, in dem sich der Unfall ereignet hat, darüber, dass ein Antrag auf Entschädigung bei ihr eingegangen ist und dass sie binnen zwei Monaten auf diesen Antrag eingehen wird.

(3) 1Die Entschädigungsstelle wird binnen zwei Monaten nach Eingang eines Schadenersatzantrages des Geschädigten tätig, schließt den Vorgang jedoch ab, wenn das Versicherungsunternehmen oder dessen Schadenregulierungsbeauftragter in dieser Zeit eine mit Gründen versehene Antwort auf das Schadenersatzbegehren erteilt oder ein begründetes Angebot vorlegt. 2Geschieht dies nicht, reguliert sie den geltend gemachten Anspruch unter Berücksichtigung des Sachverhalts nach Maßgabe des anzuwendenden Rechts. 3Sie kann sich hierzu anderer Personen oder Einrichtungen, insbesondere eines zur Übernahme der Regulierung bereiten Versicherungsunternehmens oder Schadenabwicklungsunternehmens, bedienen. 4Im Übrigen bestimmt sich das Verfahren nach dem Abkommen der Entschädigungsstellen nach Artikel 24 Absatz 3 der Richtlinie 2009/103/EG.

(4) Hat sich der Unfall in einem Drittstaat ereignet, so kann der Geschädigte unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 einen Antrag auf Erstattung an die Entschädigungsstelle richten, wenn

1.
das nationale Versicherungsbüro dieses Drittstaates dem System der Grünen Karte beigetreten ist und

2.
der Unfall durch den Gebrauch eines Fahrzeugs verursacht wurde, das in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums versichert ist und dort seinen gewöhnlichen Standort hat.

(5) Handelt es sich bei dem Fahrzeug nicht um ein Fahrzeug im Sinne des Artikels 1 Nummer 1 der Richtlinie 2009/103/EG, so ist die Entschädigungsstelle nur dann nach den Absätzen 1 bis 4 verpflichtet, wenn der Rückgriff gegenüber der Entschädigungsstelle im Staat des Europäischen Wirtschaftsraums der Niederlassung des Versicherungsunternehmens, die die Versicherungspolice ausgestellt hat, gewährleistet ist.




§ 16 Forderungsübergang auf die Entschädigungsstelle



1Soweit die Entschädigungsstelle nach § 15 dem Ersatzberechtigten den Schaden ersetzt, gehen die Ansprüche des Ersatzberechtigten gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs und andere Ersatzpflichtige auf die Entschädigungsstelle über. 2Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Ersatzberechtigten geltend gemacht werden. 3Soweit eine Entschädigungsstelle im Sinne des Artikels 24 der Richtlinie 2009/103/EG einer anderen Entschädigungsstelle einen als Entschädigung gezahlten Betrag erstattet, gehen die auf die zuletzt genannte Entschädigungsstelle übergegangenen Ansprüche des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs und andere Ersatzpflichtige auf die zuerst genannte Entschädigungsstelle über. 4Ein nach Artikel 24 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2009/103/EG vorgesehener Forderungsübergang unterliegt den Rechtsvorschriften des Staates des Europäischen Wirtschaftsraums, dessen Entschädigungsstelle der Entschädigungsstelle des Wohnsitzstaates des Geschädigten Erstattung geleistet hat.




Unterabschnitt 3 Insolvenzfonds für Schäden aus Fahrzeugunfällen

§ 17 Leistungspflicht des Insolvenzfonds



(1) 1Ansprüche gegen den Versicherer auf Ersatz eines durch den Gebrauch eines Fahrzeugs verursachten Personen- oder Sachschadens können unter den weiteren Voraussetzungen des Absatzes 2, 3 oder 4 und des § 18 gegen den Insolvenzfonds für Schäden aus Fahrzeugunfällen (Insolvenzfonds) geltend gemacht werden, wenn

1.
das Fahrzeug bei einem Versicherer mit Sitz im Inland oder mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums versichert ist und

2.
der Versicherer Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder eines Liquidationsverfahrens im Sinne des Artikels 268 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2022/2556 (ABl. L 333 vom 27.12.2022, S. 153) geändert worden ist, ist.

2Ein Versicherer mit Sitz im Inland ist Gegenstand eines Insolvenzverfahrens, sobald die Versicherungsaufsichtsbehörde den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherers stellt.

(2) Wem Ansprüche gegen den Versicherer auf Ersatz eines durch den Gebrauch eines Fahrzeugs verursachten Personen- oder Sachschadens zustehen, kann diese Ersatzansprüche unter den weiteren Voraussetzungen des Absatzes 1 gegen den Insolvenzfonds geltend machen, wenn

1.
der Geschädigte seinen Wohnsitz im Inland hat und

2.
der Unfall sich

a)
im Inland ereignet hat,

b)
in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums ereignet hat oder

c)
in einem Drittstaat ereignet hat, dessen nationales Versicherungsbüro dem System der Grünen Karte beigetreten ist, wenn das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat.

(3) 1Wem Ansprüche gegen den Versicherer auf Ersatz eines durch den Gebrauch eines Fahrzeugs verursachten Personen- oder Sachschadens zustehen, kann diese Ersatzansprüche unter den weiteren Voraussetzungen des Absatzes 1 gegen den Insolvenzfonds geltend machen, wenn

1.
der Geschädigte keinen Wohnsitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und

2.
der Unfall sich im Inland ereignet hat.

2Der Insolvenzfonds erbringt in diesem Fall Leistungen an ausländische Staatsangehörige nur bei Vorliegen der Gegenseitigkeit, soweit nicht unionsrechtliche oder völkerrechtliche Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland dem entgegenstehen.

(4) Wem Ansprüche gegen den Versicherer auf Ersatz eines durch den Gebrauch eines Fahrzeugs verursachten Personen- oder Sachschadens zustehen, kann diese Ersatzansprüche unter den weiteren Voraussetzungen des Absatzes 1 gegen den Insolvenzfonds geltend machen, wenn

1.
der Geschädigte glaubhaft macht, dass er von der nach Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder zugelassenen Stelle des Staates des Europäischen Wirtschaftsraums, in dem er seinen Wohnsitz hat, deshalb keinen Ersatz seines Schadens zu erlangen vermag, weil es sich bei dem versicherten Fahrzeug nicht um ein Fahrzeug im Sinne des Artikels 1 Nummer 1 der Richtlinie 2009/103/EG handelt, und

2.
der Unfall sich im Inland ereignet hat.




§ 18 Umfang der Leistungspflicht des Insolvenzfonds



(1) 1Der Ersatzberechtigte kann seine Ansprüche gegen den Insolvenzfonds nur geltend machen, soweit er glaubhaft macht, dass er weder von einem anderen Schadensversicherer noch vom Deutschen Büro Grüne Karte Ersatz seines Schadens zu erlangen vermag. 2Die Leistungspflicht des Insolvenzfonds entfällt, soweit

1.
der Ersatzberechtigte in der Lage ist, Ersatz seines Schadens nach den Vorschriften über die Amtspflichtverletzung zu erlangen, oder

2.
der Schaden durch Leistungen eines Sozialversicherungsträgers, durch Fortzahlung von Dienst- oder Amtsbezügen, Vergütung oder Lohn oder durch Gewährung von Versorgungsbezügen ausgeglichen wird.

3Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, soweit ihre Anwendung dazu führen würde, dass der Ersatzberechtigte darauf verwiesen wird, vorrangig andere als die in Satz 1 oder Satz 2 genannten Schuldner oder Leistungen in Anspruch zu nehmen.

(2) 1Der Anspruch des Ersatzberechtigten gegen den Insolvenzfonds verjährt in drei Jahren. 2Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Ersatzberechtigte Kenntnis von den den Anspruch gegen den Insolvenzfonds begründenden Umständen erlangt. 3Ist der Anspruch des Ersatzberechtigten bei dem Insolvenzfonds angemeldet worden, so ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Insolvenzfonds gehemmt. 4Die gegenüber dem leistungspflichtigen Versicherer verstrichene Verjährungsfrist kommt dem Insolvenzfonds zugute. 5War der Anspruch des Geschädigten gegen den leistungspflichtigen Versicherer zu dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruch des Geschädigten gegen den Insolvenzfonds nach § 17 entstanden ist, noch nicht verjährt, so verjährt der Anspruch des Ersatzberechtigten gegen den Insolvenzfonds jedoch frühestens sechs Monate nach dem in Satz 2 bezeichneten Zeitpunkt. 6Der Anspruch des Ersatzberechtigten gegen den Insolvenzfonds verjährt zudem nicht vor dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruch des Ersatzberechtigten gegen den leistungspflichtigen Versicherer verjährt.

(3) Die Leistungspflicht des Insolvenzfonds bestimmt sich nach dem höheren der beiden folgenden Beträge:

1.
der nach dem anwendbaren Recht vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme,

2.
der vereinbarten Versicherungssumme, maximal jedoch das Dreifache der nach diesem Gesetz vorgesehenen Mindestversicherungssumme.

(4) 1§ 3a ist auf Ansprüche nach § 17 Absatz 2 bis 4 entsprechend anzuwenden. 2Der Insolvenzfonds hat die Entschädigung unverzüglich zu leisten, spätestens aber innerhalb von drei Monaten, nachdem er das mit Gründen versehene Schadensersatzangebot abgegeben hat oder hätte abgeben müssen. 3Wurde der Schaden nur teilweise beziffert, so gilt Satz 2 für diesen teilweise bezifferten Schaden und ab dem Zeitpunkt der Abgabe des entsprechenden mit Gründen versehenen Schadensersatzangebots.

(5) Im Übrigen bestimmen sich die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht des Insolvenzfonds sowie die Pflichten des Ersatzberechtigten gegenüber dem Insolvenzfonds nach den Vorschriften, die für das Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Ersatzberechtigten gelten.




§ 19 Aufwendungsersatz; Forderungsübergang



(1) Der Insolvenzfonds kann von den Personen, für deren Schadensersatzverpflichtungen er nach § 17 einzutreten hat, wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wobei Ersatzansprüche des Insolvenzfonds gegenüber dem Versicherungsnehmer und mitversicherten Personen auf den Betrag beschränkt sind, den der Versicherungsnehmer oder die mitversicherte Person auch im Verhältnis zum Versicherer zu tragen hätte.

(2) 1Soweit der Insolvenzfonds dem Ersatzberechtigten den Schaden ersetzt, gehen die Ersatzansprüche des Ersatzberechtigten gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs und andere Ersatzpflichtige auf den Insolvenzfonds über. 2Forderungen gegen den Versicherungsnehmer und mitversicherte Personen gehen nur in dem in Absatz 1 vorgesehenen Umfang auf den Insolvenzfonds über. 3Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Ersatzberechtigten geltend gemacht werden. 4Gibt der Ersatzberechtigte seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung des Anspruchs dienendes Recht auf, so entfällt die Leistungspflicht des Insolvenzfonds insoweit, als er aus dem Anspruch oder dem Recht hätte Ersatz erlangen können. 5Ein nach Artikel 10a Absatz 10 Unterabsatz 3 Satz 1 oder Artikel 25a Absatz 10 Unterabsatz 3 Satz 1 der Richtlinie 2009/103/EG vorgesehener Forderungsübergang unterliegt den Rechtsvorschriften des Staates des Europäischen Wirtschaftsraums, dessen nach Artikel 10a Absatz 1 oder Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichtete oder zugelassene Stelle die Entschädigung nach Artikel 10a Absatz 10 Unterabsatz 1 oder Artikel 25a Absatz 10 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG geleistet hat.

(3) Soweit die Leistungspflicht des Insolvenzfonds nach § 18 Absatz 1 entfällt, sind auch die Ersatzansprüche der in § 18 Absatz 1 genannten ersatzpflichtigen Stellen gegen den Versicherungsnehmer und mitversicherte Personen auf den Betrag nach Absatz 1 beschränkt.

(4) Machen mehrere Gläubiger Ersatzansprüche geltend, für die die Beschränkung des § 18 Absatz 3 gelten, so sind die Ersatzansprüche insgesamt auf den Betrag nach Absatz 1 beschränkt; die Auszahlung erfolgt nach dem Verhältnis der Höhe der Ersatzansprüche.

(5) 1Befriedigt ein Versicherungsnehmer oder eine mitversicherte Person berechtigte Ansprüche eines Geschädigten über den nach Absatz 1 im Verhältnis zum Insolvenzfonds zu tragenden Betrag hinaus, so kann der Versicherungsnehmer oder die mitversicherte Person insoweit beim Insolvenzfonds Rückgriff nehmen. 2Die Ansprüche des Geschädigten gegen den Insolvenzfonds gehen insoweit auf den Versicherungsnehmer oder die mitversicherte Person über.




§ 20 Informationspflichten und Zusammenarbeit im Insolvenzfall



(1) 1Beantragt die Versicherungsaufsichtsbehörde die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ein Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland, so hat sie diesen Antrag unverzüglich bekanntzumachen und dem Insolvenzfonds zu übermitteln. 2Dasselbe gilt, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde Maßnahmen zur Eröffnung eines Liquidationsverfahrens über ein solches Versicherungsunternehmen ergreift. 3Wird über ein Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland das Insolvenzverfahren eröffnet, so hat das Insolvenzgericht den Eröffnungsbeschluss unverzüglich dem Insolvenzfonds zu übermitteln.

(2) Der Insolvenzfonds hat unverzüglich alle gemäß Artikel 10a Absatz 1 und Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder zugelassenen Stellen und alle gemäß Artikel 24 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder zugelassenen Entschädigungsstellen in allen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1, die Maßnahme nach Absatz 1 Satz 2 oder den Beschluss nach Absatz 1 Satz 3 zu unterrichten.

(3) Geht ein Antrag des Geschädigten auf Schadensersatz nach § 17 Absatz 2 beim Insolvenzfonds ein, so unterrichtet dieser hierüber die folgenden Stellen:

1.
diejenige Stelle im Herkunftsstaat des Versicherungsunternehmens, die

a)
in den Fällen des § 17 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a in Umsetzung des Artikels 10a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG zugelassen oder errichtet wurde,

b)
in den Fällen des § 17 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b oder c in Umsetzung des Artikels 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG zugelassen oder errichtet wurde,

2.
in den Fällen des § 17 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b oder c die Entschädigungsstelle nach § 24 Absatz 1 Nummer 2,

3.
das Versicherungsunternehmen, das Gegenstand eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens ist, oder dessen Verwalter oder Liquidator im Sinne des Artikels 268 Absatz 1 Buchstabe e oder f der Richtlinie 2009/138/EG.

(4) 1Der Insolvenzfonds ist in allen Phasen der Entschädigungsverfahren befugt, zu gegebener Zeit mit folgenden Stellen zusammenzuarbeiten:

1.
mit gemäß Artikel 10a Absatz 1, Artikel 24 oder Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder zugelassenen Stellen in allen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums,

2.
mit nicht in Nummer 1 genannten Beteiligten, insbesondere

a)
mit dem Versicherungsunternehmen, das Gegenstand eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens ist,

b)
mit einem nach Artikel 152 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG bestellten Vertreter,

c)
mit dem Schadenregulierungsbeauftragten,

d)
mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter (§ 22 Absatz 1 Satz 1 der Insolvenzordnung) ebenso wie dem Insolvenzverwalter (§ 56 der Insolvenzordnung) oder einem sonstigen Verwalter,

e)
mit dem Liquidator,

f)
mit dem von der Aufsicht bestellten Sonderbeauftragten,

g)
mit allen Personen, die mit der Verwaltung der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsverträge einschließlich der Regulierung der diesen Verträgen zuzurechnenden Schadensfälle betraut sind,

3.
mit den zuständigen nationalen Behörden der Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums.

2Diese Zusammenarbeit umfasst die Anforderung, Entgegennahme und Übermittlung von Informationen, gegebenenfalls auch über die Einzelheiten konkreter Ansprüche.

(5) 1Die in Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Stellen und Personen sowie die zuständigen deutschen Behörden sind verpflichtet, dem Insolvenzfonds die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die benötigten Unterlagen zu überlassen und ihn bei der Abwicklung zu unterstützen. 2Das Versicherungsunternehmen, das Gegenstand eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens ist, oder sein Verwalter oder Liquidator ist insbesondere verpflichtet, den Insolvenzfonds zu unterrichten, wenn es für einen Anspruch, der auch beim Insolvenzfonds eingegangen ist, Entschädigung leistet oder die Eintrittspflicht bestreitet. 3Ist der Anspruch bei einer nach Artikel 10a Absatz 1 oder Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG zugelassenen oder eingerichteten Stelle eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraum eingegangen, so bestehen die Pflichten nach den Sätzen 1 und 2 gegenüber dieser Stelle.




§ 21 Rückgriff unter den Insolvenzfonds



(1) 1Ist der Herkunftsstaat des Versicherers die Bundesrepublik Deutschland und hat eine nach Artikel 10a Absatz 1 oder Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichtete oder zugelassene Stelle in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums einem Geschädigten mit Wohnsitz in diesem Staat Entschädigung gezahlt, so ist der Insolvenzfonds verpflichtet, dieser Stelle den als Entschädigung gezahlten Betrag nach Maßgabe des Absatzes 2 zu erstatten. 2Der Insolvenzfonds leistet die Zahlung innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens sechs Monaten, nachdem er einen entsprechenden Antrag auf Erstattung erhalten hat, wenn nicht zwischen dem Insolvenzfonds und dieser Stelle schriftlich etwas anderes vereinbart ist.

(2) 1Aufgaben, Verpflichtungen und Verfahren bei der Erstattung richten sich nach den gemäß Artikel 10a Absatz 13 Unterabsatz 1 und Artikel 25a Absatz 13 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG geschlossenen Vereinbarungen oder nach den gemäß Artikel 10a Absatz 13 Unterabsatz 4 und Artikel 25a Absatz 13 Unterabsatz 4 der Richtlinie 2009/103/EG von der Europäischen Kommission erlassenen delegierten Rechtsakten. 2Der Insolvenzfonds ist beauftragt, Vereinbarungen nach Artikel 10a Absatz 13 Unterabsatz 1 und Artikel 25a Absatz 13 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG auszuhandeln und abzuschließen. 3Sind derartige Vereinbarungen vor der Zulassung des Insolvenzfonds von der zuständigen Verhandlungsstelle abgeschlossen worden, so wird der Insolvenzfonds mit seiner Zulassung Vertragspartei dieser Vereinbarungen.

(3) Soweit eine nach Artikel 10a Absatz 1 oder Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichtete oder zugelassene Stelle einer anderen nach Artikel 10a Absatz 1 oder Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder zugelassenen Stelle einen Betrag erstattet, den diese als Entschädigung gezahlt hat, gehen die auf die erstattungsberechtigte Stelle übergegangenen Ansprüche des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs und andere Ersatzpflichtige auf die erstattende Stelle über.

(4) Handelt es sich bei dem versicherten Fahrzeug nicht um ein Fahrzeug im Sinne des Artikels 1 Nummer 1 der Richtlinie 2009/103/EG, so richtet sich der Rückgriff zwischen dem Insolvenzfonds und den anderen nach Artikel 10a Absatz 1 oder Artikel 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder zugelassenen Stellen allein nach den zwischen diesen Stellen getroffenen Vereinbarungen.




§ 22 Rückgriffsrecht des Deutschen Büros Grüne Karte



(1) Soweit das Deutsche Büro Grüne Karte dem nationalen Versicherungsbüro eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums die Kosten der Schadenregulierung für einen Unfall erstattet hat, der in diesem Staat von einem Fahrzeug mit gewöhnlichen Standort im Inland verursacht wurde, kann das Deutsche Büro Grüne Karte seinerseits vom Insolvenzfonds die Erstattung des gezahlten Betrages verlangen, wenn das Fahrzeug bei einem Versicherungsunternehmen mit Sitz im Inland versichert ist und das Versicherungsunternehmen Gegenstand eines Insolvenzverfahrens oder eines Liquidationsverfahrens im Sinne des Artikels 268 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 2009/138/EG ist.

(2) § 21 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.




Unterabschnitt 4 Wahrnehmung der Aufgaben von Entschädigungsfonds, Entschädigungsstelle und Insolvenzfonds

§ 23 Wahrnehmung der Aufgaben durch eine Anstalt; Verordnungsermächtigung



(1) 1Die nach § 13 Absatz 1 Satz 1 und 2 in der bis zum 17. April 2024 geltenden Fassung errichtete Anstalt nimmt die ihr nach diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes übertragenen Aufgaben wahr und untersteht der Aufsicht des Bundesministeriums der Justiz. 2Das Nähere über die Anstalt bestimmt die Satzung, die von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen wird.

(2) 1Soweit der Anstalt Aufgaben nach § 8a Absatz 3 Satz 4 oder § 28 Absatz 1 übertragen werden, sind zur Leistung von Beiträgen an die Anstalt verpflichtet:

1.
zur Deckung der Verwaltungskosten für die Wahrnehmung der Aufgaben der Auskunftsstelle und zur Deckung der Entschädigungsleistungen und der Verwaltungskosten für die Wahrnehmung der Aufgaben des Entschädigungsfonds

a)
die im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung befugten Versicherungsunternehmen unter Berücksichtigung ihres Anteils an den gebuchten Prämienbeträgen und der Anzahl der versicherten Risiken bezüglich der von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland nach diesem Gesetz getätigten Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen,

b)
die nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 von der Versicherungspflicht befreiten Halter nichtversicherter Fahrzeuge sowie die Haftpflichtschadenausgleiche im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes jeweils unter Berücksichtigung ihres Anteils am Gesamtbestand der Fahrzeuge und der Art dieser Fahrzeuge;

2.
zur Deckung der Entschädigungsleistungen und der Verwaltungskosten für die Wahrnehmung der Aufgaben der Entschädigungsstelle die im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung befugten Versicherungsunternehmen unter Berücksichtigung ihres Anteils an den gebuchten Prämienbeträgen und der Anzahl der versicherten Risiken bezüglich der von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland nach diesem Gesetz getätigten Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen;

3.
zur Deckung der Entschädigungsleistungen und der Verwaltungskosten für die Wahrnehmung der Aufgaben des Insolvenzfonds die Versicherungsunternehmen, die in Deutschland zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zugelassen wurden, unter Berücksichtigung ihres Anteils an den gebuchten Prämienbeträgen und der Anzahl der versicherten Risiken bezüglich der von ihnen in der Bundesrepublik Deutschland und in den übrigen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen.

2Das Nähere über die Beitragspflicht bestimmt das Bundesministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates.




§ 24 Wahrnehmung der Aufgaben durch die Verkehrsopferhilfe



(1) Dem rechtsfähigen Verein „Verkehrsopferhilfe eingetragener Verein" in Berlin (Verkehrsopferhilfe) sind mit seiner Zustimmung zugewiesen:

1.
die Stellung des Entschädigungsfonds und die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Entschädigungsfonds aufgrund § 13 Absatz 2 in der bis zum 17. April 2024 geltenden Fassung in Verbindung mit der Verordnung nach § 13 Absatz 2 in der bis zum 17. April 2024 geltenden Fassung,

2.
die Stellung der Entschädigungsstelle und die Aufgaben und Befugnisse der Entschädigungsstelle aufgrund § 13a Absatz 1 in der bis zum 17. April 2024 geltenden Fassung und

3.
die Stellung und die Aufgaben und Befugnisse der Verhandlungsstelle aufgrund § 14a in der bis zum 17. April 2024 geltenden Fassung.

(2) 1Der Verkehrsopferhilfe werden die Stellung des Insolvenzfonds und die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Insolvenzfonds zugewiesen, sobald diese schriftlich gegenüber dem Bundesministerium der Justiz ihre Bereitschaft dazu erklärt hat. 2Das Bundesministerium der Justiz gibt die Erklärung und den Zeitpunkt, ab dem die betroffenen Aufgaben von der Verkehrsopferhilfe wahrgenommen werden, im Bundesanzeiger bekannt. 3Mit Zuweisung nach Satz 1 ist die Verkehrsopferhilfe zugelassene Stelle im Sinne des Artikels 10a Absatz 1 und des Artikels 25a Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG.

(3) Die Verkehrsopferhilfe kann sich zur Schadenregulierung anderer Personen oder Einrichtungen, insbesondere eines zur Übernahme der Regulierung bereiten Versicherungsunternehmens oder Schadenabwicklungsunternehmens, bedienen.

(4) Die Verkehrsopferhilfe hat an deutlich sichtbarer Stelle auf ihrer Internetseite und einem Geschädigten auf dessen Verlangen die wesentlichen Informationen über die verschiedenen Wege der Beantragung von Schadensersatz auf Papier oder in Textform bereitzustellen, sofern einzelne der in den Absätzen 1 und 2 genannten Aufgabenbereiche durch Rechtsverordnung gemäß § 28 Absatz 1 oder 2 einer anderen juristischen Person übertragen worden sind.




§ 25 Aufsicht; Genehmigung der Satzung der Verkehrsopferhilfe



(1) Die Verkehrsopferhilfe untersteht der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums der Justiz, soweit sie die übertragenen Aufgaben und Befugnisse wahrnimmt.

(2) 1Die Satzung der Verkehrsopferhilfe sowie jede Änderung der Satzung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums der Justiz. 2Die Genehmigung von Bestimmungen der Satzung, die die Finanzierung nach § 27 betreffen, und von jeder Änderung einer solchen Bestimmung der Satzung erteilt das Bundesministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen. 3Die Satzung und jede Änderung der Satzung sind vom Bundesministerium der Justiz im Bundesanzeiger bekanntzumachen.

(3) 1Die Verkehrsopferhilfe hat dem Bundesministerium der Justiz als Grundlage für die Genehmigung einer Änderung ihrer Satzung, die die Regelungen über die satzungsmäßigen Leistungen zur Finanzierung der Aufgaben von Entschädigungsfonds, Entschädigungsstelle und Insolvenzfonds betrifft, ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorzulegen, das bestätigt, dass die in den zur Genehmigung vorgelegten Satzungsänderungen getroffenen Regelungen über die satzungsmäßigen Leistungen und deren Erhebung und den diesen Satzungsänderungen zugrunde gelegten Annahmen eine den Anforderungen an die Finanzierung nach § 27 entsprechende Finanzierung gewährleisten. 2Gemeinsam mit dem Jahresbericht für das vorangegangene Kalenderjahr hat die Verkehrsopferhilfe dem Bundesministerium der Justiz jährlich zum 30. Juni ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorzulegen, das bestätigt, dass die nach ihrer Satzung erhobenen satzungsmäßigen Leistungen den Anforderungen an die Finanzierung nach § 27 entsprechen. 3Für die Prüfung nach Satz 1 und 2 sind § 319 Absatz 2 bis 4, § 319b Absatz 1, § 320 Absatz 2 und § 323 des Handelsgesetzbuchs entsprechend anzuwenden.




§ 26 Stelle zur gütlichen Einigung; Verordnungsermächtigung



Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen,

1.
dass beim Entschädigungsfonds eine Stelle gebildet wird, die in Streitfällen zwischen dem Ersatzberechtigten und dem Entschädigungsfonds auf eine gütliche Einigung hinzuwirken und den Beteiligten erforderlichenfalls einen begründeten Einigungsvorschlag zu machen hat,

2.
wie die Mitglieder der Stelle nach Nummer 1, die aus einem die Befähigung zum Richteramt besitzenden, sachkundigen und unabhängigen Vorsitzenden sowie einem von der Versicherungswirtschaft benannten und einem dem Bereich der Ersatzberechtigten zuzurechnenden Beisitzer besteht, zu bestellen sind und wie das Verfahren der Stelle einschließlich der Kosten zu regeln ist,

3.
dass Ansprüche gegen den Entschädigungsfonds im Wege der Klage erst geltend gemacht werden können, nachdem ein Verfahren vor der Stelle nach Nummer 1 vorausgegangen ist, sofern nicht seit der Anrufung der Stelle mehr als drei Monate verstrichen sind.




§ 27 Finanzierung



(1) Die Verkehrsopferhilfe hat in ihrer Satzung Leistungen durch ihre Mitglieder und die weiteren nach § 8 Absatz 1 und 2 verpflichteten Unternehmen in Form von Beiträgen, Vorschüssen, Umlagen, Sonderbeiträgen und sonstigen Leistungen sowie ausreichende Sicherheitsleistungen für zukünftige Beiträge, Umlagen oder Sonderbeiträge so vorzusehen, dass die Verkehrsopferhilfe jederzeit über ausreichende liquide Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz und ihrer Satzung, insbesondere zur Deckung bereits entstandener sowie zukünftiger und potentieller Entschädigungsleistungen, sowie der dafür erforderlichen Verwaltungskosten verfügt.

(2) 1Die Mittel aus Leistungen der nach § 8 Absatz 1 verpflichteten Unternehmen dürfen nur für die Erfüllung der Aufgaben des Entschädigungsfonds einschließlich der Aufgaben des Entschädigungsfonds nach § 12 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 in der bis zum 17. April 2024 geltenden Fassung und der Entschädigungsstelle sowie die dafür erforderlichen Aufwendungen verwendet werden. 2Die Mittel der nach § 8 Absatz 2 verpflichteten Unternehmen dürfen nur für die Erfüllung der Aufgaben des Insolvenzfonds sowie die dafür erforderlichen Aufwendungen verwendet werden. 3Verwaltungskosten, die für die Erfüllung mehrerer Aufgaben anfallen, können nach einem sachgerechten und nachvollziehbaren Schlüssel aufgeteilt werden.




§ 28 Übertragung der Wahrnehmung der Aufgaben auf eine andere juristische Person; Verordnungsermächtigungen



(1) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Aufgaben und Befugnisse des Entschädigungsfonds, der Entschädigungsstelle, der Verhandlungsstelle oder des Insolvenzfonds der in § 23 genannten Anstalt zu übertragen, soweit die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Entschädigungsfonds, der Entschädigungsstelle, der Verhandlungsstelle oder des Insolvenzfonds durch die Verkehrsopferhilfe nicht gewährleistet ist oder diese nicht mehr zur Wahrnehmung der Aufgaben bereit ist.

(2) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Stellung des Entschädigungsfonds, die Stellung der Entschädigungsstelle, die Stellung der Verhandlungsstelle oder die Stellung des Insolvenzfonds einer anderen bestehenden juristischen Person des Privatrechts zuzuweisen, soweit die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Entschädigungsfonds, der Entschädigungsstelle, der Verhandlungsstelle oder des Insolvenzfonds durch die Verkehrsopferhilfe nicht gewährleistet ist oder diese nicht mehr zur Wahrnehmung der Aufgaben bereit ist, wenn

1.
diese juristische Person des Privatrechts bereit ist, die Aufgaben des Entschädigungsfonds, der Entschädigungsstelle, der Verhandlungsstelle oder des Insolvenzfonds zu übernehmen, und

2.
sie hinreichende Gewähr für die Erfüllung der Ansprüche der Ersatzberechtigten bietet.

(3) 1§ 24 Absatz 3 und 4 gilt auch für die Anstalt nach § 23 entsprechend, wenn und soweit ihr durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 Aufgaben und Befugnisse zugewiesen werden. 2§ 24 Absatz 3 und 4 und die §§ 25 bis 27 gelten für jede andere juristische Person entsprechend, wenn und soweit dieser juristischen Person durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 Aufgaben und Befugnisse zugewiesen werden.




§ 29 Steuerbefreiung



Der Entschädigungsfonds, die Entschädigungsstelle, die Verhandlungsstelle und der Insolvenzfonds sind von der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuer und der Vermögensteuer befreit.