Bundesrecht - tagaktuell konsolidiert - alle Fassungen seit 2006
Vorschriftensuche
 

Kapitel 4 - Eisenbahn-Inbetriebnahmegenehmigungsverordnung (EIGV)

Artikel 1 V. v. 26.07.2018 BGBl. I S. 1270 (Nr. 29); zuletzt geändert durch Artikel 2 V. v. 17.06.2020 BGBl. I S. 1298
Geltung ab 11.08.2018; FNA: 930-9-18 Allgemeines Eisenbahnrecht
| |

Teil 2 Genehmigung für das Inverkehrbringen, Fahrzeugtypgenehmigung und Inbetriebnahmegenehmigung

Kapitel 4 Erteilung einer erstmaligen Inbetriebnahmegenehmigung für die Teilsysteme Infrastruktur, Energie, streckenseitige Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung sowie für die übrige Eisenbahninfrastruktur

§ 16 Voraussetzungen für die Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung, sofern Technische Spezifikationen für die Interoperabilität anzuwenden sind



(1) 1Sofern Technische Spezifikationen für die Interoperabilität anzuwenden sind, ist die Inbetriebnahmegenehmigung zu erteilen, wenn der Antragsteller nachweist, dass die betreffende Infrastruktur oder Anlage die grundlegenden Anforderungen erfüllt. 2Hierbei hat der Antragsteller insbesondere die technische Kompatibilität und die sichere Integration nachzuweisen. 3Dieser Nachweis gilt als erbracht mit Vorlage folgender Unterlagen:

1.
einer EG-Prüferklärung nach

a)
Artikel 15 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/797 in Verbindung mit Artikel 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/250 einschließlich eines technischen Dossiers nach Anhang IV Nummer 2.4 der Richtlinie (EU) 2016/797, nachdem eine benannte Stelle ein EG-Prüfverfahren nach Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang IV Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2016/797 durchgeführt und hierzu eine Bescheinigung über die Konformität mit den jeweiligen Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität ausgestellt hat,

b)
Artikel 15 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/797 in Verbindung mit Artikel 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/250 einschließlich eines technischen Dossiers nach Anhang IV Nummer 2.4 der Richtlinie (EU) 2016/797, nachdem eine bestimmte Stelle ein Prüfverfahren nach Artikel 15 Absatz 8 in Verbindung mit Anhang IV Nummer 3 der Richtlinie (EU) 2016/797 durchgeführt und hierzu eine Bescheinigung über die Konformität mit den entsprechenden notifizierten technischen Vorschriften ausgestellt hat; diese EG-Prüferklärung bezieht sich auch auf die Einhaltung derjenigen Vorschriften, die im Fall der Erteilung einer Ausnahme nach § 5 anstelle der Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität zu beachten sind,

2.
einer Erklärung des Antragstellers, dass der Bestandteil des Eisenbahnsystems die grundlegenden Anforderungen erfüllt und insbesondere die technische Kompatibilität sowie die sichere Integration gewährleistet sind,

3.
einer Erklärung des Antragstellers, dass

a)
alle ermittelten Gefährdungen und damit verbundenen Risiken auf einem vertretbaren Niveau gehalten werden und

b)
eine Bewertungsstelle einen Sicherheitsbewertungsbericht nach Artikel 15 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 erstellt hat, wenn

aa)
eine Technische Spezifikation für die Interoperabilität die Durchführung des Risikomanagementverfahrens nach Artikel 5 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 vorschreibt oder

bb)
der Antragsteller bestätigt hat, dass eine signifikante Änderung vorliegt,

4.
einer Freigabe der geprüften Planung,

5.
einer Bestätigung der Verwendbarkeit der Bauprodukte, der sicherungstechnischen oder elektrotechnischen Systeme und von deren Bestandteilen oder der Anwendbarkeit der Bauarten,

6.
eines Nachweises über die durchgeführte Bauüberwachung und

7.
der notwendigen Abnahmeprüfungen.

4Der Antragsteller ist für die Erstellung des technischen Dossiers verantwortlich, das der EG-Prüferklärung beiliegen muss.

(2) 1Zusätzlich zu Absatz 1 Satz 3 ist für eine Inbetriebnahmegenehmigung des Teilsystems streckenseitige Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung, das die Ausrüstung umfasst mit

1.
dem Europäischen Zugsicherungs- und Zugsteuerungssystem oder

2.
dem Globalen Mobilfunksystem für Eisenbahnen,

die Zustimmung der Agentur zu dem Vorhaben vorzulegen, nachdem das Verfahren nach Artikel 19 Absatz 3 bis 5 der Richtlinie (EU) 2016/797 durchgeführt worden ist. 2Wird nach der Zustimmung der Agentur der Entwurf der Leistungsentscheidung oder die Beschreibung der geplanten technischen Lösungen geändert, ist das Verfahren nach Artikel 19 Absatz 6 der Richtlinie (EU) 2016/797 in Verbindung mit Artikel 30 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/796 durchzuführen. 3Die Übereinstimmung mit dem erzielten Ergebnis des Verfahrens nach Satz 2 ist vorzulegen.

(3) 1Wenn der Antragsteller bestätigt, dass eine Änderung nicht signifikant ist, hat er über die Änderung Aufzeichnungen zu führen. 2Die Aufzeichnungen hat der Antragsteller der Genehmigungsstelle auf Verlangen vorzulegen.

(4) 1Für die Nachweise nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 4, 5 und 7 sind die technischen Vorschriften einzuhalten. 2Die Einhaltung dieser Vorschriften müssen Prüfsachverständige nach § 4b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes in Prüfbescheinigungen bestätigen. 3Bei sicherheitsrelevanten und signifikanten Änderungen, bei welchen eine unabhängige Bewertungsstelle gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 zum Einsatz kommen muss, kann die Bestätigung für den Nachweis gemäß Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 auch von einer unabhängigen Bewertungsstelle kommen.




§ 17 Voraussetzungen für die Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung, sofern Technische Spezifikationen für die Interoperabilität nicht anzuwenden sind



Sofern Technische Spezifikationen für die Interoperabilität nicht anzuwenden sind, ist die Inbetriebnahmegenehmigung zu erteilen, wenn die folgenden Vorschriften entsprechend erfüllt sind:

1.
für strukturelle Teilsysteme: § 16 Absatz 1 Satz 2 und 3 Nummer 1 Buchstabe b, Nummer 2 bis 7 und Satz 4 sowie Absatz 3 und 4,

2.
für die übrige Eisenbahninfrastruktur: § 16 Absatz 1 Satz 2 und 3 Nummer 2 bis 7 sowie Absatz 3 und 4.




§ 18 Antrag auf Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung und Pflichten des Antragstellers



(1) Das Eisenbahninfrastrukturunternehmen hat den Antrag und die zur Prüfung des Antrags erforderlichen Unterlagen nach § 16 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 und nach Anlage 6 der Genehmigungsstelle 24 Monate vor dem geplanten Inbetriebnahmetermin, spätestens zehn Wochen vor Baubeginn vorzulegen.

(2) 1Werden innerhalb eines strukturellen Teilsystems mehrere Teilprüfungen vorgenommen und dafür verschiedene Stellen eingesetzt, hat der Antragsteller die Teilprüfungen zusammenzuführen und deren Kohärenz sicherzustellen. 2Dafür kann er eine Stelle beauftragen.

(3) 1Der Antragsteller hat der Genehmigungsstelle zusätzlich zu dem Antrag auf Erteilung der Inbetriebnahmegenehmigung eine Liste der nach § 6 anzuwendenden Vorschriften vorzulegen. 2In diese Liste sind aufzunehmen und zu begründen etwaige Abweichungen von

1.
den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität,

2.
den entsprechenden notifizierten technischen Vorschriften und,

3.
soweit erforderlich, den technischen Vorschriften.

3Gleichzeitig sind die stattdessen anzuwendenden Vorschriften anzugeben oder Nachweise zu führen, dass mindestens die gleiche Sicherheit gewährleistet ist.

(4) Der Antragsteller hat einen Inbetriebnahmeverantwortlichen oder einen anderen geeigneten Mitarbeiter zu bestellen, der insbesondere prüft und bestätigt, dass

1.
sicher gebaut, insbesondere die Bauüberwachung durchgeführt worden ist,

2.
alle notwendigen Prüfungen zur Einhaltung der grundlegenden Anforderungen einschließlich notwendiger Schnittstellenbetrachtungen durchgeführt worden sind,

3.
die Anforderungen und Nachweise nach § 16 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 7 vollständig erbracht worden sind,

4.
soweit einschlägig, alle Auflagen aus den Nachweisen nach Nummer 3 umgesetzt worden sind und

5.
Auflagen und Nebenbestimmungen aus Inbetriebnahmegenehmigungen beachtet sowie vorhandene Mängel innerhalb einer durch ihn zu bestimmenden, angemessenen Frist beseitigt worden sind.

(5) 1Soweit von technischen Vorschriften abgewichen wird, sind Nachweise zu führen, dass mindestens die gleiche Sicherheit gewährleistet ist. 2Zu diesem Zweck ist ein Risikomanagementverfahren nach der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 durchzuführen. 3Wenn keine signifikanten Änderungen nach Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 vorliegen, ist die Anwendung einer eigenen Sicherheitsmethode notwendig. 4Das Eisenbahn-Bundesamt kann auf Basis der Ergebnisse des Risikomanagementverfahrens eine Zustimmung im Einzelfall erteilen.




§ 19 Verfahren für die Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung



(1) 1Die Genehmigungsstelle prüft die Antragsunterlagen auf deren Vollständigkeit und Prüffähigkeit und bestätigt dem Antragsteller innerhalb eines Monats nach deren Vorlage die Vollständigkeit und Prüffähigkeit. 2Anschließend prüft sie die Antragsunterlagen auf Nachvollziehbarkeit und entscheidet spätestens vier Monate nach Vorlage aller erforderlichen Unterlagen über den Antrag. 3Stellt die Genehmigungsstelle vor Ablauf der jeweiligen Frist Mängel an den Unterlagen fest, hat sie dem Antragsteller Gelegenheit zur Beseitigung zu geben. 4Im Fall des Satzes 3 ist die Frist nach Satz 1 oder 2 bis zur Beseitigung der Mängel gehemmt.

(2) 1Betrifft die Inbetriebnahmegenehmigung die Ausrüstung mit

1.
dem Europäischen Zugsicherungs- und Zugsteuerungssystem oder

2.
dem Globalen Mobilfunksystem für Eisenbahnen,

so überprüft die Genehmigungsstelle zusätzlich zur Nachvollziehbarkeit der Antragsunterlagen, ob diese Unterlagen mit der Zustimmung der Agentur nach Artikel 19 der Richtlinie (EU) 2016/797 übereinstimmen. 2Gegebenenfalls überprüft die Genehmigungsstelle die Übereinstimmung der Antragsunterlagen mit dem Ergebnis des nach Artikel 30 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/796 durchgeführten Verfahrens.

(3) 1Hat die Genehmigungsstelle begründete Zweifel an der Erfüllung der grundlegenden Anforderungen, kann sie vor der Entscheidung über die Erteilung der Inbetriebnahmegenehmigung verlangen, dass der Antragsteller ergänzende Prüfungen durchführen lässt und das Ergebnis dieser Prüfungen vorlegt. 2Wenn begründete Zweifel zur EG-Prüferklärung nach § 16 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe a vorliegen, unterrichtet die Genehmigungsstelle die Kommission unverzüglich unter Angabe der Gründe nach Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/797, welche ergänzenden Prüfungen durchzuführen sind.

(4) Begründete Zweifel liegen insbesondere vor, wenn vor der Erteilung der Inbetriebnahmegenehmigung

1.
bekannt ist, dass bei dem zu genehmigenden Bestandteil des Eisenbahnsystems oder bei einem Bestandteil des Eisenbahnsystems, der mit dem zu genehmigenden hinsichtlich der Bauweise und Funktion vergleichbar ist, die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die zuständige Aufsichtsbehörde Maßnahmen nach § 5a Absatz 2 Satz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes treffen kann, oder

2.
Erkenntnisse vorliegen über die mangelhafte Aufgabenwahrnehmung

a)
durch benannte oder bestimmte Stellen, und diese Erkenntnisse eine Rücknahme nach § 36 Absatz 1 oder einen Widerruf nach § 36 Absatz 2 rechtfertigen können, oder

b)
durch Bewertungsstellen, und diese Erkenntnisse Maßnahmen nach Artikel 11 Absatz 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 rechtfertigen können.

(5) Erkenntnisse über die mangelhafte Aufgabenwahrnehmung bedeuten nur dann begründete Zweifel, wenn im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung Folgendes erstellt worden ist:

1.
durch die benannte Stelle eine Bescheinigung über die Konformität mit den jeweiligen Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität,

2.
durch die bestimmte Stelle eine Bescheinigung über die Konformität mit den entsprechenden notifizierten technischen Vorschriften oder

3.
durch die Bewertungsstelle einen Sicherheitsbewertungsbericht.

(6) Die Absätze 3 bis 5 finden entsprechend Anwendung, wenn Erkenntnisse über die mangelhafte Aufgabenwahrnehmung von Prüfsachverständigen nach § 4b Absatz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vorliegen.

(7) Die Genehmigungsstelle entscheidet über einen Widerspruch im Rahmen des Verfahrens für die Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung innerhalb von zwei Monaten.