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Abschnitt 2 - Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG)

Artikel 1 G. v. 12.05.2021 BGBl. I S. 990 (Nr. 23); zuletzt geändert durch Artikel 7 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 411
Geltung ab 26.06.2021; FNA: 7610-23 Aufsichtsrechtliche Vorschriften
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Kapitel 6 Europäischer Pass, Zweigniederlassung und grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr

Abschnitt 2 Errichten einer Zweigniederlassung und grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr durch Wertpapierinstitute mit Sitz in einem anderen Vertragsstaat

§ 73 Errichten einer Zweigniederlassung durch Wertpapierinstitute mit Sitz in einem anderen Vertragsstaat



(1) 1Ein Wertpapierinstitut mit Sitz in einem anderen Vertragsstaat darf ohne Erlaubnis durch die Bundesanstalt über eine Zweigniederlassung oder über nach § 3 Absatz 2 angezeigte vertraglich gebundene Vermittler, die ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, im Inland Wertpapierdienstleistungen erbringen, wenn das Wertpapierinstitut von der zuständigen Behörde seines Herkunftsvertragsstaates zugelassen worden ist, die erbrachten Wertpapierdienstleistungen von der Zulassung abgedeckt sind und das Wertpapierinstitut von der zuständigen Behörde im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Richtlinie 2014/65/EU, der Richtlinie (EU) 2019/2034 sowie der Verordnung (EU) 2019/2033, beaufsichtigt wird. 2§ 53 des Kreditwesengesetzes ist in diesem Fall nicht anzuwenden. 3§ 14 der Gewerbeordnung bleibt unberührt.

(2) 1Die Bundesanstalt hat ein Wertpapierinstitut im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das beabsichtigt, eine Zweigniederlassung im Inland zu errichten, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der von der zuständigen Behörde des Herkunftsvertragsstaates über die beabsichtigte Errichtung der Zweigniederlassung übermittelten Unterlagen auf die für seine Tätigkeit vorgeschriebenen Meldungen an die Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbank hinzuweisen und die Bedingungen anzugeben, die nach Absatz 5 für die Ausübung der von der Zweigniederlassung geplanten Tätigkeiten aus Gründen des Allgemeininteresses gelten. 2Nach Eingang der Mitteilung der Bundesanstalt, spätestens nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist, kann die Zweigniederlassung errichtet werden und diese ihre Tätigkeit aufnehmen. 3Die Bundesanstalt übermittelt der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde auf Anforderung nach Artikel 35 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 alle diesbezüglichen Informationen.

(3) Sämtliche Änderungen anzeigepflichtiger Angaben nach Artikel 35 Absatz 2 und 10 der Richtlinie 2014/65/EU sind der Bundesanstalt durch das Wertpapierinstitut mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nur über die zuständige Behörde des Herkunftsvertragsstaates mitzuteilen.

(4) 1Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die im Inland ansässigen vertraglich gebundenen Vermittler, die ein Wertpapierinstitut mit Sitz in einem anderen Vertragsstaat heranzieht, ohne im Inland über eine Zweigniederlassung zu verfügen. 2Die Anzeigepflicht nach § 3 Absatz 2 Satz 1 bleibt hiervon unberührt.

(5) Folgende Regelungen sind auf die in Absatz 1 Satz 1 genannten Zweigniederlassungen oder vertraglich gebundenen Vermittler anzuwenden:

1.
§ 5 Absatz 1 Satz 2, Absatz 4 und 6, die §§ 6 und 7 Absatz 1 und 2 sowie die §§ 11, 14, 31, 32 und 33 Absatz 1 und 2, soweit es sich um Anforderungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung handelt, § 33 Absatz 3 und 4, die §§ 34 bis 37 sowie 66 Absatz 1,

2.
die §§ 24b und 24c des Kreditwesengesetzes sowie

3.
§ 17 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes.




§ 74 Grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr



(1) 1Ein Wertpapierinstitut mit Sitz in einem anderen Vertragsstaat darf ohne Erlaubnis durch die Bundesanstalt im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs, auch durch vertraglich gebundene Vermittler, die ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Herkunftsvertragsstaat oder in einem anderen Mitgliedstaat haben, im Inland Wertpapierdienstleistungen erbringen, wenn das Wertpapierinstitut von der zuständigen Behörde seines Herkunftsvertragsstaates zugelassen worden ist, die erbrachten Wertpapierdienstleistungen von der Zulassung abgedeckt sind und das Wertpapierinstitut von den zuständigen Behörden im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Richtlinie 2014/65/EU, der Richtlinie (EU) 2019/2034 sowie der Verordnung (EU) 2019/2033, beaufsichtigt wird. 2Die Bundesanstalt veröffentlicht die Namen von vertraglich gebundenen Vermittlern, die ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Herkunftsvertragsstaat des Wertpapierinstituts haben und die das Wertpapierinstitut beabsichtigt, grenzüberschreitend im Inland einzusetzen.

(2) 1Für die Tätigkeiten im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs nach Absatz 1 gelten § 5 Absatz 4 und 6, §§ 11, 31 und 32 dieses Gesetzes sowie § 17 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes entsprechend. 2Auf Betreiber eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, die im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs im Inland einen Zugang anbieten, sind die §§ 30 und 31 nicht anzuwenden.




§ 75 Unterrichtungsbefugnis und Maßnahmen der Bundesanstalt



(1) Stellt die Bundesanstalt fest, dass ein Unternehmen im Sinne des § 73 Absatz 1 oder des § 74 Absatz 1 seinen Pflichten nach § 73 Absatz 4 oder § 74 Absatz 2 dieses Gesetzes, § 90 des Wertpapierhandelsgesetzes oder der Verordnung (EU) 2019/2033 nicht nachkommt oder dass es sehr wahrscheinlich ist, dass es diesen Pflichten nicht nachkommen wird, unterrichtet die Bundesanstalt unverzüglich die zuständige Behörde des Herkunftsvertragsstaates.

(2) 1Ergreift die zuständige Behörde des Herkunftsvertragsstaates keine Maßnahmen oder erachtet die Bundesanstalt die Maßnahmen auf Grundlage der ihr von der zuständigen Behörde des Herkunftsvertragsstaates übermittelten Informationen und Erkenntnisse als unzureichend, kann die Bundesanstalt nach Unterrichtung der zuständigen Behörde des Herkunftsvertragsstaates und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. 2Sie kann dann insbesondere die Durchführung neuer Geschäfte im Inland untersagen.