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Unterabschnitt 2 - Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG)


Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

Unterabschnitt 2 Begriffsbestimmungen

§ 2 Begriffsbestimmungen



Für dieses Gesetz gelten die Begriffsbestimmungen der §§ 3 bis 7.


§ 3 Plattform; Plattformbetreiber



(1) 1Eine Plattform ist jedes auf digitalen Technologien beruhende System, das es Nutzern ermöglicht, über das Internet mittels einer Software miteinander in Kontakt zu treten und Rechtsgeschäfte abzuschließen, die gerichtet sind auf

1.
die Erbringung relevanter Tätigkeiten (§ 5) durch Anbieter für andere Nutzer oder

2.
die Erhebung und Zahlung einer mit einer relevanten Tätigkeit zusammenhängenden Vergütung.

2Eine Plattform liegt auch vor, wenn der Betreiber des Systems mit Anbietern oder anderen Nutzern Rechtsgeschäfte abschließt, die auf die Nummern 1 oder 2 in Satz 1 gerichtet sind. 3Unbeschadet der Sätze 1 und 2 handelt es sich unter anderem nicht um eine Plattform, wenn die Software ausschließlich ermöglicht:

1.
die Verarbeitung von Zahlungen, die im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit erfolgen;

2.
das Auflisten einer relevanten Tätigkeit oder die Werbung für eine relevante Tätigkeit durch Nutzer oder

3.
die Umleitung oder Weiterleitung von Nutzern auf eine Plattform.

(2) Ein Plattformbetreiber ist jeder Rechtsträger, der sich verpflichtet, einem Anbieter eine Plattform ganz oder teilweise zur Verfügung zu stellen.

(3) Ein freigestellter Plattformbetreiber ist ein Plattformbetreiber, der

1.
gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern nach § 11 oder

2.
gegenüber der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union im Einklang mit den dort geltenden Rechtsvorschriften

den Nachweis erbracht hat, dass die von ihm betriebene Plattform nicht von meldepflichtigen Anbietern genutzt werden kann.

(4) Ein meldender Plattformbetreiber ist ein Plattformbetreiber, bei dem es sich nicht um einen freigestellten Plattformbetreiber handelt und der

1.
seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung

a)
im Inland hat,

b)
nicht im Inland hat, aber

aa)
nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland eingetragen ist oder,

bb)
eine Betriebsstätte im Inland hat und kein qualifizierter Plattformbetreiber (§ 7 Absatz 1) ist oder

2.
kein qualifizierter Plattformbetreiber ist und

a)
in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach den dort geltenden Rechtsvorschriften steuerlich ansässig ist,

b)
in keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Voraussetzungen entsprechend der Nummer 1 erfüllt und

c)
eine Plattform betreibt, die

aa)
die Erbringung relevanter Tätigkeiten durch meldepflichtige Anbieter ermöglicht oder

bb)
die Erbringung relevanter Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ermöglicht, wenn das unbewegliche Vermögen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union belegen ist.


§ 4 Nutzer; Anbieter



(1) 1Ein Nutzer ist jede natürliche Person oder jeder Rechtsträger, die oder der eine Plattform in Anspruch nimmt. 2Nutzer ist nicht der Plattformbetreiber.

(2) Ein Anbieter ist jeder Nutzer, der zu irgendeinem Zeitpunkt im Meldezeitraum auf einer Plattform registriert ist und eine relevante Tätigkeit anbieten kann.

(3) 1Ein bestehender Anbieter ist jeder Anbieter, der auf einer Plattform am 1. Januar 2023 registriert ist. 2Wird ein Rechtsträger zu einem Zeitpunkt nach dem 1. Januar 2023 erstmals meldender Plattformbetreiber, so gelten alle Anbieter, die zu diesem Zeitpunkt bereits registriert sind, als bestehende Anbieter.

(4) Ein aktiver Anbieter ist ein Anbieter, der im Meldezeitraum eine relevante Tätigkeit erbringt oder dem im Meldezeitraum eine Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben wird, die im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit steht.

(5) 1Ein freigestellter Anbieter ist jeder Anbieter, der

1.
ein staatlicher Rechtsträger ist,

2.
ein Rechtsträger ist, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden, oder ein verbundener Rechtsträger eines Rechtsträgers ist, dessen Aktien regelmäßig an einer anerkannten Wertpapierbörse gehandelt werden,

3.
ein Rechtsträger ist, der im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in mehr als 2.000 Fällen relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Bezug auf eine inserierte Immobilieneinheit (§ 6 Absatz 7) erbracht hat oder

4.
im Meldezeitraum unter Inanspruchnahme derselben Plattform in weniger als 30 Fällen relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 erbracht und dadurch insgesamt weniger als 2.000 Euro als Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben bekommen hat.

2Ein Anbieter, der ausschließlich die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 oder Nummer 4 erfüllt, ist nur in Bezug auf die dort genannte relevante Tätigkeit ein freigestellter Anbieter.

(6) 1Ein meldepflichtiger Anbieter ist ein aktiver Anbieter, bei dem es sich nicht um einen freigestellten Anbieter handelt und der

1.
im Inland ansässig ist oder relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Bezug auf unbewegliches Vermögen erbracht hat, das im Inland belegen ist, oder

2.
in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig ist oder relevante Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Bezug auf unbewegliches Vermögen erbracht hat, das in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union belegen ist.

2Ein Anbieter gilt in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union als ansässig, in dem er seinen Sitz oder, bei einer natürlichen Person, seinen Wohnsitz hat. 3Wurde die Steueridentifikationsnummer, die nach den §§ 17 und 18 bei dem Anbieter erhoben worden ist, von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilt, so gilt der Anbieter auch in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union als ansässig, der die Steueridentifikationsnummer erteilt hat. 4Sofern bei dem Anbieter nach § 17 Absatz 2 Informationen zu einer Betriebsstätte erhoben worden sind, gilt der Anbieter auch in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union als ansässig, in dem die Betriebsstätte gelegen ist. 5Ungeachtet der Sätze 2 bis 4 gilt ein Anbieter in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union als ansässig, der durch einen bereitgestellten Identifizierungsdienst nach § 17 Absatz 5 bestätigt wurde als Staat, in dem der Anbieter ansässig ist.


§ 5 Relevante Tätigkeit; Vergütung



(1) 1Eine relevante Tätigkeit ist jede der folgenden Tätigkeiten, wenn sie gegen eine Vergütung erbracht wird:

1.
die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen;

2.
die Erbringung persönlicher Dienstleistungen;

3.
der Verkauf von Waren;

4.
die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln.

2Eine relevante Tätigkeit ist nicht die Tätigkeit eines Anbieters, der als nichtselbständig Beschäftigter des Plattformbetreibers oder eines mit dem Plattformbetreiber verbundenen Rechtsträgers handelt.

(2) 1Vergütung ist jegliche Form von Entgelt, die einem Anbieter im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit gezahlt oder gutgeschrieben wird, abzüglich aller vom Plattformbetreiber einbehaltenen oder erhobenen Gebühren, Provisionen oder Steuern. 2Die Höhe der Vergütung ist dem Plattformbetreiber bekannt oder müsste ihm bekannt sein; dem Plattformbetreiber ist das Wissen aller mit ihm verbundenen Rechtsträger und beauftragten Dienstleister zuzurechnen. 3Für das Vorliegen einer Vergütung ist es unerheblich, von wem das Entgelt erbracht wird.

(3) 1Eine persönliche Dienstleistung ist jede zeitlich begrenzte oder auf eine bestimmte Aufgabe bezogene Tätigkeit, die von einer oder mehreren Personen entweder selbständig oder im Namen eines Rechtsträgers ausgeführt wird, nachdem sie von einem Nutzer angefordert worden ist. 2Es ist unerheblich, ob die Tätigkeit dem Nutzer virtuell oder an einem physischen Ort zur Verfügung gestellt wird. 3Eine Tätigkeit, die in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht unabhängig davon erbracht wird, ob sie durch einen bestimmten Nutzer oder eine Gruppe bestimmter Nutzer angefordert worden ist, ist keine persönliche Dienstleistung.

(4) Waren sind alle körperlichen Gegenstände.

(5) Verkehrsmittel sind alle motorisierten und nicht motorisierten beweglichen Gegenstände, die die individuelle Beförderung von Personen oder Gütern zu Land, zu Wasser oder in der Luft ermöglichen.


§ 6 Sonstige Begriffsbestimmungen



(1) Ein Rechtsträger ist eine juristische Person, eine Personenvereinigung oder eine Vermögensmasse.

(2) 1Ein verbundener Rechtsträger ist mit einem anderen Rechtsträger verbunden, wenn

1.
er den anderen Rechtsträger beherrscht oder von diesem beherrscht wird oder

2.
beide Rechtsträger der gleichen Beherrschung unterliegen.

2Beherrschung liegt dann vor, wenn ein Rechtsträger oder eine natürliche Person unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent am Kapital, an den Mitgliedschaftsrechten, an den Beteiligungsrechten oder an den Stimmrechten eines Rechtsträgers beteiligt ist, wobei mittelbare und unmittelbare Beteiligungen addiert werden. 3Bei einer mittelbaren Beteiligung wird die Erfüllung der Anforderung, dass mehr als 50 Prozent der Rechte nach Satz 2 an einem anderen Rechtsträger gehalten werden, durch Multiplikation der Beteiligungsquoten an den nachgeordneten Rechtsträgern ermittelt. 4Ein Rechtsträger oder eine natürliche Person mit einer Stimmrechtsbeteiligung von mehr als 50 Prozent gilt dabei als Halter von 100 Prozent der Stimmrechte.

(3) Ein staatlicher Rechtsträger ist die Regierung, eine Gebietskörperschaft oder eine Behörde eines Staates sowie eine Einrichtung, die sich unter der Kontrolle eines Staates oder einer oder mehrerer Gebietskörperschaften befindet.

(4) Eine Steueridentifikationsnummer ist

1.
eine von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte Identifikationsnummer eines Steuerpflichtigen oder eine funktionale Entsprechung, wenn keine Steueridentifikationsnummer vorhanden ist,

2.
im Fall der Bundesrepublik Deutschland

a)
die Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c der Abgabenordnung,

b)
sofern die Wirtschafts-Identifikationsnummer nicht vergeben wurde, die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung oder

c)
sofern weder eine Wirtschafts-Identifikationsnummer noch eine Identifikationsnummer vergeben wurde, die vom örtlich zuständigen Finanzamt erteilte Steuernummer.

(5) 1Eine Identifikationsnummer für Umsatzsteuerzwecke ist eine von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte individuelle Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer nach Artikel 214 der Richtlinie 2006/112/EG. 2Im Fall der Bundesrepublik Deutschland ist die Identifikationsnummer für Umsatzsteuerzwecke die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes.

(6) Der Meldezeitraum ist das Kalenderjahr, für das die Meldung gemäß Abschnitt 2 erfolgt.

(7) Eine inserierte Immobilieneinheit umfasst alle unbeweglichen Vermögen, die an derselben Anschrift gelegen sind, im Eigentum desselben Eigentümers stehen und von demselben Anbieter auf einer Plattform angeboten werden für die Erbringung relevanter Tätigkeiten nach § 5 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1.

(8) Die Kennung des Finanzkontos ist die eindeutige, dem Plattformbetreiber vorliegende Kennnummer oder Referenz des jeweiligen Bankkontos oder eines ähnlichen Zahlungsdienstkontos, auf das die Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben wird.

(9) Ein Identifizierungsdienst ist ein elektronisches Verfahren, das ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder die Europäische Union einem Plattformbetreiber zur direkten Bestätigung der Identität und steuerlichen Ansässigkeit eines Anbieters bereitstellt.

(10) Ein Drittstaat ist jeder Staat oder jedes Gebiet, der oder das nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist.


§ 7 Qualifizierter Plattformbetreiber, qualifizierter Drittstaat, qualifizierte Vereinbarung, qualifizierte relevante Tätigkeit



(1) 1Ein qualifizierter Plattformbetreiber ist ein Plattformbetreiber,

1.
der in einem qualifizierten Drittstaat ansässig ist und

2.
bei dem sämtliche relevante Tätigkeiten, deren Erbringung die von ihm betriebene Plattform ermöglicht, qualifizierte relevante Tätigkeiten sind.

2Eine Ansässigkeit in einem qualifizierten Drittstaat liegt vor, wenn der Plattformbetreiber in einem qualifizierten Drittstaat nach den dort geltenden Rechtsvorschriften

1.
steuerlich ansässig ist oder

2.
steuerlich nicht ansässig ist, aber

a)
nach dem Recht des qualifizierten Drittstaats eingetragen ist oder

b)
den Ort seiner tatsächlichen Geschäftsleitung in dem qualifizierten Drittstaat hat.

(2) Ein qualifizierter Drittstaat ist ein Drittstaat,

1.
zwischen dem und allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine qualifizierte Vereinbarung besteht und

2.
der alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union öffentlich als meldepflichtige Staaten benannt hat.

(3) 1Eine qualifizierte Vereinbarung ist eine wirksame Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats der Europäischen Union und eines Drittstaats, die den automatischen Austausch von Informationen an eine zuständige Behörde eines Mitgliedstaats der Europäischen Union vorschreibt, die den meldepflichtigen Informationen nach § 14 gleichwertig sind. 2Die Gleichwertigkeit im Sinne von Satz 1 bestimmt sich nach den Feststellungen, die von der Europäischen Kommission im Wege von Durchführungsrechtsakten nach Artikel 8ac Absatz 7 der Amtshilferichtlinie getroffen werden.

(4) Eine qualifizierte relevante Tätigkeit ist jede relevante Tätigkeit, zu der gemäß einer qualifizierten Vereinbarung ein automatischer Austausch von Informationen vorgeschrieben ist.