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Abschnitt 1 - Kreditzweitmarktgesetz (KrZwMG)


Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Anwendungsbereich; Verhältnis zum Rechtsdienstleistungsgesetz



(1) 1Dieses Gesetz regelt die Pflichten von Kreditinstituten als Verkäufer notleidender Kredite, die Pflichten von Käufern notleidender Kredite, die Anforderungen an die Erbringung von Kreditdienstleistungen für die Käufer notleidender Kredite und die Aufsicht über Kreditdienstleistungsinstitute. 2Es regelt zudem die Anwendung des Rechtsdienstleistungsgesetzes auf Kreditdienstleistungen.

(2) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf

1.
die Erbringung von Kreditdienstleistungen im Zusammenhang mit einem Kreditvertrag, der nicht von einem in einem Vertragsstaat niedergelassenen Kreditinstitut gewährt wurde, oder im Zusammenhang mit den Ansprüchen eines Kreditgebers aus einem solchen Kreditvertrag, es sei denn, der Kreditvertrag oder die Ansprüche des Kreditgebers hieraus werden durch einen neuen Kreditvertrag ersetzt, der von einem solchen Kreditinstitut gewährt wird,

2.
die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten durch einen Rechtsanwalt oder eine rechtsanwaltliche Berufsausübungsgesellschaft,

3.
die Tätigkeit der Gerichtsvollzieher und

4.
den Erwerb eines Kreditvertrags oder die Abtretung der Ansprüche eines Kreditgebers aus einem Kreditvertrag oder Kreditdienstleistungen hinsichtlich eines Kreditvertrags, wenn der erstmalige Erwerb oder die erstmalige Abtretung vor dem 30. Dezember 2023 stattgefunden hat, und Kreditdienstleistungen betreffend einen solchen Kreditvertrag.

(3) Teil 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes findet vorbehaltlich § 15 Absatz 4, § 28 Absatz 2, § 30 Absatz 2 und § 46 Absatz 1 Satz 2 auf Kreditdienstleister, soweit sie Kreditdienstleistungen erbringen, die diesem Gesetz unterfallen, keine Anwendung.


§ 2 Begriffsbestimmungen



(1) Für dieses Gesetz gelten die Begriffsbestimmungen der Absätze 2 bis 24.

(2) 1Kreditdienstleistungsinstitute sind Unternehmen, die im Namen des Kreditkäufers gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, eine Kreditdienstleistung erbringen. 2Nicht als Kreditdienstleistungsinstitute gelten

1.
im Inland niedergelassene Kreditinstitute mit Erlaubnis zum Betreiben des Kreditgeschäfts oder in einem anderen Vertragsstaat niedergelassene CRR-Kreditinstitute,

2.
nach den Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuchs zugelassene oder registrierte Kapitalverwaltungsgesellschaften, EU-Verwaltungsgesellschaften und intern verwaltete Investmentgesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 12 des Kapitalanlagegesetzbuchs sowie

3.
Nichtkreditinstitute, die der Beaufsichtigung durch eine zuständige Behörde eines Vertragsstaats nach Artikel 20 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66; L 207 vom 11.8.2009, S. 14; L 199 vom 31.7.2010, S. 40; L 234 vom 10.9.2011, S. 46), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/2167 (ABl. L 438 vom 8.12.2021, S. 1) geändert worden ist, oder Artikel 35 der Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 34; L 47 vom 20.2.2015, S. 34; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2021/2167 (ABl. L 438 vom 8.12.2021, S. 1) geändert worden ist, unterliegen, wenn sie in diesem Vertragsstaat tätig sind.

(3) Kreditdienstleistungen sind unter der Voraussetzung, dass ein notleidender Kreditvertrag oder Ansprüche des Kreditgebers hieraus durch einen Kreditkäufer erworben wurden,

1.
das Einziehen und die Durchsetzung fälliger Zahlungsansprüche und anderer Ansprüche des Kreditgebers aus dem Vertrag,

2.
die Neuverhandlung von sich aus dem Vertrag ergebenden Rechten, Pflichten oder sonstigen wesentlichen Bedingungen, entsprechend den Anweisungen des Kreditkäufers, sofern das die Dienstleistung erbringende Unternehmen kein Kreditvermittler ist im Sinne

a)
des Artikels 3 Buchstabe f der Richtlinie 2008/48/EG oder

b)
des Artikels 4 Nummer 5 der Richtlinie 2014/17/EU,

3.
die Bearbeitung von im Zusammenhang mit dem Vertrag stehenden Beschwerden und

4.
die Unterrichtung des Kreditnehmers über im Zusammenhang mit dem Vertrag stehende Änderungen der Zinssätze, Belastungen oder fälligen Zahlungen.

(4) Kreditdienstleister sind Kreditdienstleistungsinstitute sowie, wenn sie Kreditdienstleistungen für einen Kreditkäufer erbringen,

1.
im Inland niedergelassene Kreditinstitute mit Erlaubnis zum Erbringen des Kreditgeschäfts oder in einem anderen Vertragsstaat niedergelassene CRR-Kreditinstitute und

2.
Nichtkreditinstitute, die der Beaufsichtigung durch eine zuständige Behörde eines Vertragsstaats nach Artikel 20 der Richtlinie 2008/48/EG oder Artikel 35 der Richtlinie 2014/17/EU unterliegen, wenn sie in diesem Vertragsstaat tätig sind.

(5) Kreditkäufer sind Personen oder Unternehmen, die keine Kreditinstitute mit Erlaubnis zum Erbringen des Kreditgeschäfts sind und in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einen notleidenden Kreditvertrag oder Ansprüche des Kreditgebers hieraus erwerben.

(6) Kreditdienstleistungsvereinbarungen sind Verträge zwischen einem Kreditkäufer und einem Kreditdienstleister über die vom Kreditdienstleister im Namen des Kreditkäufers zu erbringenden Dienstleistungen.

(7) Auslagerungsunternehmen sind Unternehmen, auf die ein Kreditdienstleister Aktivitäten und Prozesse zur Durchführung von Kreditdienstleistungen ausgelagert hat, sowie deren Subunternehmen bei Weiterverlagerungen von Aktivitäten und Prozessen, die für die Durchführung von Kreditdienstleistungen wesentlich sind.

(8) Kreditinstitute sind Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes, einschließlich als Kreditinstitut geltender Zweigstellen im Sinne des § 53 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes.

(9) CRR-Kreditinstitute sind CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d des Kreditwesengesetzes.

(10) Kreditgeschäft ist das Kreditgeschäft im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 des Kreditwesengesetzes.

(11) Kreditgeber ist das Kreditinstitut, das den notleidenden Kredit gewährt hat, oder nach dessen Erwerb der Kreditkäufer.

(12) Kreditnehmer sind Personen oder Unternehmen, die mit einem Kreditinstitut einen Kreditvertrag geschlossen haben, einschließlich ihrer Rechtsnachfolger oder Zessionare.

(13) Kreditvertrag ist ein Vertrag in ursprünglicher, geänderter oder ersetzter Form, durch den ein Kreditinstitut einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt.

(14) Herkunftsmitgliedstaat ist

1.
bezogen auf ein Kreditdienstleistungsinstitut der Vertragsstaat, in dem sich der satzungsmäßige Sitz des Kreditdienstleistungsinstituts befindet, oder, sofern es nach seinem nationalen Recht keinen satzungsmäßigen Sitz hat, der Vertragsstaat, in dem sich seine Hauptverwaltung befindet, und

2.
bezogen auf einen Kreditkäufer der Vertragsstaat, in dem der Kreditkäufer oder sein Vertreter wohnhaft ist, in dem sich der satzungsmäßige Sitz des Kreditkäufers oder Vertreters befindet oder, sofern der Kreditkäufer oder sein Vertreter nach seinem nationalen Recht keinen satzungsmäßigen Sitz hat, in dem sich die Hauptverwaltung des Kreditkäufers oder Vertreters befindet.

(15) Aufnahmemitgliedstaat ist ein anderer Vertragsstaat als der Herkunftsmitgliedstaat,

1.
in dem ein Kreditdienstleistungsinstitut eine Zweigniederlassung hat oder Kreditdienstleistungen erbringt sowie

2.
in dem der Kreditnehmer eines Kreditvertrags wohnhaft ist, in dem sich der satzungsmäßige Sitz des Kreditnehmers befindet oder, sofern der Kreditnehmer nach seinem nationalen Recht keinen satzungsmäßigen Sitz hat, in dem sich seine Hauptverwaltung befindet.

(16) 1Zweigniederlassung ist eine Geschäftsstelle, die nicht die Hauptverwaltung ist und die einen Teil eines Kreditdienstleistungsinstituts bildet, keine eigene Rechtspersönlichkeit hat und unmittelbar sämtliche oder einen Teil der Geschäfte betreibt, die mit der Tätigkeit des Kreditdienstleistungsinstituts verbunden sind. 2Alle Geschäftsstellen eines Kreditdienstleistungsinstituts mit Hauptverwaltung in einem anderen Vertragsstaat, die sich in einem Vertragsstaat befinden, gelten als eine einzige Zweigniederlassung.

(17) Verbraucher sind Verbraucher im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(18) Notleidende Kreditverträge sind Kreditverträge, die als notleidende Risikopositionen im Sinne des Artikels 47a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166; L 20 vom 25.1.2017, S. 3; L 92 vom 30.3.2023, S. 29), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2022/2036 (ABl. L 275 vom 25.10.2022, S. 1) geändert worden ist, eingestuft werden.

(19) Geschäftsleiter sind diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Kreditdienstleistungsinstituts berufen sind.

(20) Eine bedeutende Beteiligung ist eine bedeutende Beteiligung im Sinne des § 1 Absatz 9 des Kreditwesengesetzes.

(21) Zuständige Behörde ist

1.
im Inland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) und

2.
im Ausland eine nach dortigem nationalen Recht offiziell anerkannte Behörde oder öffentliche Stelle eines Vertragsstaats, die nach dortigem nationalen Recht im Rahmen des dort geltenden Systems mit der Aufsicht über Kreditdienstleister und Kreditkäufer nach der Richtlinie (EU) 2021/2167 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2021 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU (ABl. L 438 vom 8.12.2021, S. 1) betraut ist.

(22) Vertragsstaat ist ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(23) Drittstaaten sind alle Staaten, die keine Vertragsstaaten sind.

(24) Vertreter ist der nach § 9 Absatz 1 Satz 1 bestellte Vertreter.


§ 3 Aufgaben und allgemeine Befugnisse der Bundesanstalt; Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank und der zuständigen Behörde nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz



(1) 1Die Bundesanstalt übt die Aufsicht über die Kreditinstitute, die Kreditdienstleister, die Kreditkäufer und deren Vertreter sowie die Auslagerungsunternehmen nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie aller weiteren Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 aus. 2Sie ist zuständige Behörde im Sinne des Artikels 21 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2021/2167.

(2) 1Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbank arbeiten nach Maßgabe dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zusammen. 2§ 7 Absatz 1 Satz 2 bis 4 und Absatz 1a bis 5 des Kreditwesengesetzes gilt entsprechend.

(3) 1Die Bundesanstalt entscheidet in Zweifelsfällen, dass ein Unternehmen den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegt. 2Als Zweifelsfall gilt insbesondere jeder Fall, bei dem die Einstufung eines Unternehmens als Kreditdienstleister, Kreditkäufer oder Auslagerungsunternehmen zwischen dem Betreiber des Unternehmens und der Bundesanstalt oder einer anderen Verwaltungsbehörde streitig ist. 3Die Entscheidungen der Bundesanstalt binden die anderen Verwaltungsbehörden.

(4) Die Bundesanstalt kann im Rahmen der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gegenüber einem Kreditinstitut, Kreditdienstleister, Kreditkäufer oder dessen Vertreter oder Auslagerungsunternehmen und deren Geschäftsleitern Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Verstöße gegen Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu verhindern oder zu unterbinden, insbesondere um Missstände in einem solchen Unternehmen zu verhindern oder zu beseitigen, welche die Sicherheit der dem Kreditdienstleister anvertrauten Vermögenswerte gefährden oder die ordnungsgemäße Erbringung von Kreditdienstleistungen beeinträchtigen können.

(5) Die Bundesanstalt und das Bundesamt für Justiz wirken zusammen auf eine widerspruchsfreie Aufsichtspraxis über Kreditdienstleistungen und Inkassodienstleistungen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz hin, soweit für diese Tätigkeiten vergleichbare gesetzliche Anforderungen gelten.


§ 4 Zusammenarbeit mit zuständigen Behörden anderer Vertragsstaaten



(1) 1Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbank arbeiten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz mit den zuständigen Behörden anderer Vertragsstaaten zusammen, wenn es für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben, insbesondere die Erfüllung ihrer Pflichten oder die Ausübung ihrer Befugnisse im Rahmen der nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167, erforderlich ist. 2Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbank koordinieren ihre Maßnahmen mit den zuständigen Behörden anderer Vertragsstaaten, insbesondere im Hinblick auf die grenzüberschreitende Tätigkeit von Kreditdienstleistungsinstituten.

(2) Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbank übermitteln den zuständigen Behörden anderer Vertragsstaaten auf Anfrage in angemessener Frist die Informationen, die sie zur Wahrnehmung der in den dortigen nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 festgelegten Aufgaben benötigen.



§ 5 Verschwiegenheitspflicht



1Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbank dürfen vertrauliche Angaben, die sie in Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erhalten, lediglich im Rahmen dieser Aufgaben verarbeiten. 2Die bei der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank beschäftigten Personen, die nach diesem Gesetz bestellten Aufsichtspersonen und die nach § 4 Absatz 3 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes beauftragten Personen dürfen die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Daten, deren Geheimhaltung im Interesse eines Kreditdienstleisters, eines Kreditkäufers oder dessen Vertreters, eines Auslagerungsunternehmens, einer zuständigen Behörde oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten. 3Im Übrigen gilt § 9 des Kreditwesengesetzes entsprechend.