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Erster Abschnitt - Verkehrssicherstellungsgesetz (VerkSiG k.a.Abk.)

neugefasst durch B. v. 08.10.1968 BGBl. I S. 1082; zuletzt geändert durch Artikel 34 Abs. 10 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 411
Geltung ab 08.10.1968; FNA: 930-6 Allgemeines Eisenbahnrecht
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Erster Abschnitt Sicherstellung durch Rechtsverordnungen

§ 1 Gegenstand von Rechtsverordnungen



(1) Um die für Zwecke der Verteidigung erforderlichen lebenswichtigen Verkehrsleistungen, insbesondere zur Versorgung der Zivilbevölkerung und der Streitkräfte, sicherzustellen, können durch Rechtsverordnung Vorschriften erlassen werden über

1.
die Benutzung und den Betrieb einschließlich der Ausrüstung von Verkehrsmitteln, -wegen, -anlagen und -einrichtungen,

2.
die Lenkung, Beschleunigung und Beschränkung der Beförderung von Personen und Gütern, des Umschlags und der An- und Abfuhr sowie über die Behandlung von Gütern im Verkehr,

3.
die Beschränkung der Veräußerung oder der sonstigen rechtsgeschäftlichen Überlassung von ihrer Zweckbestimmung zugeführten Verkehrsmitteln an Ausländer (§ 2 Absatz 5 des Außenwirtschaftsgesetzes).

(2) Für die in Absatz 1 genannten Zwecke können durch Rechtsverordnung Vorschriften auch erlassen werden über

1.
den Bau, die Instandsetzung und die Unterhaltung von Verkehrswegen, -anlagen und -einrichtungen,

2.
die Zulassung, die personelle Besetzung und die Reihenfolge der Instandsetzungen von Verkehrsmitteln sowie über die technischen Anforderungen an Verkehrsmittel,

3.
die Begründung, Erweiterung oder Beschränkung von Betriebs- und Beförderungspflichten,

4.
das Verhalten bei der Benutzung von Verkehrsmitteln, -wegen, -anlagen und -einrichtungen sowie die Verpflichtung, bestimmte Verkehrswege, -anlagen und -einrichtungen zu benutzen.

(3) Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

1.
Verkehrsunternehmen auch Umschlags- und Speditionsunternehmen sowie Unternehmen der Lagerei, soweit sie dem Verkehr dienen,

2.
Verkehrsleistungen auch die mit ihnen verbundenen Nebenleistungen, insbesondere Umschlags- und Speditionsleistungen sowie Leistungen der Lagerei, soweit sie dem Verkehr dienen,

3.
Verkehrsanlagen und -einrichtungen auch Umschlags- und Speditionsanlagen und -einrichtungen sowie Anlagen und Einrichtungen von Unternehmen der Lagerei, soweit sie dem Verkehr dienen.




§ 2 Voraussetzungen und Grenzen der Rechtsverordnungen



(1) Rechtsverordnungen nach § 1 dürfen nur erlassen werden,

1.
um eine Gefährdung des lebenswichtigen Verkehrs zu beheben oder zu verhindern und

2.
wenn ihr Zweck durch andere Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln erreicht werden kann.

(2) Die Rechtsverordnungen sind auf das unerläßliche Maß zu beschränken. Sie sind inhaltlich so zu gestalten, daß in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Beteiligten so wenig wie möglich eingegriffen und die Leistungsfähigkeit der Gesamtwirtschaft möglichst wenig beeinträchtigt wird.

(3) Rechtsverordnungen nach § 1 dürfen nur nach Maßgabe des Artikels 80a des Grundgesetzes angewandt werden.


§ 3 Rechtsverordnungen über Buchführungs- und Meldepflichten



Durch Rechtsverordnung können zu den in § 1 genannten Zwecken Meldepflichten über Verkehrsmittel, -anlagen und -einrichtungen sowie besondere Buchführungs- und Meldepflichten über Verkehrsleistungen und über die Leistungsfähigkeit von Verkehrsunternehmen begründet werden.


§ 4 Rechtsverordnungen über Bevorratungen



(1) Durch Rechtsverordnung können zu den in § 1 genannten Zwecken für Unternehmen, die Eigentümer oder Besitzer von Verkehrsmitteln, -anlagen und -einrichtungen sind, Vorschriften über die Bevorratung mit Bau- und Betriebsstoffen, Ersatzteilen und Geräten erlassen werden. Der Umfang der Bevorratung ist darauf zu beschränken, daß die Verwendung der Verkehrsmittel, -anlagen und -einrichtungen bei Ausfall der Versorgung mit Bau- und Betriebsstoffen, Ersatzteilen und Geräten vorübergehend weiter möglich ist. § 2 Abs. 2 findet Anwendung.

(2) In Rechtsverordnungen nach Absatz 1 kann vorgesehen werden, daß den Betroffenen für die Kosten der Bevorratung Kredite, Bürgschaften oder sonstige Gewährleistungen bis zu einer im jährlichen Haushaltsgesetz festzusetzenden Höhe sowie im Rahmen der verfügbaren Mittel Zuschüsse zu den Kosten der Lagerhaltung und Wälzung und zur Zinsverbilligung gewährt werden, soweit dies erforderlich ist, um eine unzumutbare Belastung der Betroffenen auszuschließen.

(3) Für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die auf Grund der nach Absatz 1 zu erlassenden Rechtsverordnungen bevorratet sind, kann die Bundesregierung an Stelle der Finanzierungshilfen nach Absatz 2 durch Rechtsverordnung zulassen, daß sie statt mit dem sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ergebenden Wert von dem Steuerpflichtigen mit einem Wert angesetzt werden können, der bis zu 30 vom Hundert unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem niedrigeren Börsen- oder Marktpreis (Wiederbeschaffungspreis) des Bilanzstichtags liegt. Voraussetzung für den Abschlag ist, daß die Wirtschaftsgüter sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes befinden und für ihre Bevorratung nicht nach anderen Vorschriften oder auf Grund vertraglicher Vereinbarungen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle Zuschüsse gewährt oder das Preisrisiko übernommen hat.

(4) Wirtschaftsgüter, bei denen nach Absatz 3 ein Bewertungsabschlag vorgenommen worden ist, sind bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs mit dem für die Vermögensbesteuerung maßgebenden Wert, vermindert um den nach Absatz 3 vorgenommenen Bewertungsabschlag, anzusetzen.


§ 5 Zuständigkeiten zum Erlaß von Rechtsverordnungen



(1) Rechtsverordnungen nach den §§ 1, 3 und 4 erläßt die Bundesregierung. Die Bundesregierung kann diese Befugnis durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates auf das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur übertragen.

(2) Rechtsverordnungen nach den §§ 1, 3 und 4 erläßt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wenn die Voraussetzung des § 2 Abs. 3 vorliegt. Es kann diese Befugnis durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates auf

1.
die ihm nachgeordneten Bundesober- oder -mittelbehörden,

2.
die Landesregierungen, auch mit der Ermächtigung zur Weiterübertragung der Befugnis,

übertragen.




§ 6 Zustimmungsbedürftigkeit der Rechtsverordnungen



(1) Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur nach § 1 bedürfen nicht der Zustimmung des Bundesrates, wenn ihre Geltung auf längstens 6 Monate befristet wird. Eine Verlängerung der Geltungsdauer ist nur mit Zustimmung des Bundesrates möglich.

(2) Nach Eintritt der Voraussetzung des § 2 Abs. 3 bedürfen Rechtsverordnungen nach den §§ 1, 3 und 4 nicht der Zustimmung des Bundesrates.




§ 7 Geltungsdauer der Rechtsverordnungen



(1) Befristete Rechtsverordnungen nach den §§ 1, 3, 4 und 5 Abs. 2, die bei Eintritt der Voraussetzung des § 2 Abs. 3 in Kraft sind, gelten unbefristet weiter.

(2) Rechtsverordnungen auf Grund dieses Gesetzes sind aufzuheben, soweit ihre Fortgeltung für die in § 1 genannten Zwecke nicht mehr erforderlich ist. Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur sind ferner aufzuheben, wenn der Bundestag und der Bundesrat dies verlangen.

(3) Rechtsverordnungen der Landesregierungen oder der von diesen ermächtigten Stellen sowie von nachgeordneten Bundesbehörden, die auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 5 Abs. 2 erlassen werden, treten spätestens mit dieser Rechtsverordnung außer Kraft.




§ 8 Verfügungen



Die Rechtsverordnungen der Bundesregierung oder des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur nach den §§ 1, 3 und 4 können vorsehen, daß das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zu ihrer Ausführung Verfügungen erläßt, wenn sich der zu erforschende Sachverhalt oder die Auswirkungen der zu regelnden Angelegenheiten auf mehr als ein Land erstrecken und der Zweck der Rechtsverordnungen durch eine Weisung nach Artikel 85 Abs. 3 des Grundgesetzes und durch Verfügungen der Landesbehörden nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann.