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Abschnitt 1 - Verordnung zur Approbation von Tierärztinnen und Tierärzten (TAppV)

V. v. 27.07.2006 BGBl. I S. 1827 (Nr. 38); zuletzt geändert durch Artikel 7 G. v. 15.08.2019 BGBl. I S. 1307
Geltung ab 01.10.2006; FNA: 7830-1-6 Organisation und Aufbau
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Abschnitt 1 Die tierärztliche Ausbildung

§ 1 Ziele und Gliederung der tierärztlichen Ausbildung



(1) 1Ziel der Ausbildung sind wissenschaftlich und praktisch ausgebildete Tierärztinnen oder Tierärzte, die zur eigenverantwortlichen und selbständigen tierärztlichen Berufsausübung im Sinne des § 1 der Bundes-Tierärzteordnung, zur Weiterbildung und zu ständiger Fortbildung befähigt sind. 2Es sollen

1.
die grundlegenden veterinärmedizinischen, naturwissenschaftlichen, fächerübergreifenden und methodischen Kenntnisse,

2.
praktische Fertigkeiten,

3.
geistige und ethische Grundlagen und

4.
die dem Wohle von Mensch, Tier und Umwelt verpflichtete berufliche Einstellung

vermittelt werden, derer es bedarf, den tierärztlichen Beruf in seiner gesamten Breite verantwortlich unter besonderer Berücksichtigung der Qualitätssicherung auszuüben.

(2) 1Die tierärztliche Ausbildung umfasst

1.
einen wissenschaftlich-theoretischen Studienteil der Veterinärmedizin von viereinhalb Jahren mit 3.850 Stunden Pflichtlehr- und Wahlpflichtveranstaltungen, die nicht überschritten werden dürfen, an einer Universität oder an einer gleichgestellten Hochschule (Universität), in der die im Hinblick auf die spätere Anwendung im veterinärmedizinischen Bereich notwendigen Grundkenntnisse einschließlich der erforderlichen Bezüge zum innerstaatlichen und europäischen Recht vermittelt werden;

2.
einen praktischen Studienteil von 1.170 Stunden mit

a)
70 Stunden über Landwirtschaft, Tierzucht und Tierhaltung,

b)
150 Stunden in der kurativen Praxis einer Tierärztin, eines Tierarztes oder in einer unter tierärztlicher Leitung stehenden Tierklinik,

c)
75 Stunden in der Hygienekontrolle und Lebensmittelüberwachung und -untersuchung,

d)
100 Stunden in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung,

e)
75 Stunden im öffentlichen Veterinärwesen,

f)
700 Stunden in der kurativen tierärztlichen Praxis, in einer unter tierärztlicher Leitung stehenden Tierklinik oder in einem Wahlpraktikum;

3.
folgende Prüfungen:

a)
die Tierärztliche Vorprüfung,

b)
die Tierärztliche Prüfung.

2Die Regelstudienzeit im Sinne des § 10 Abs. 2 des Hochschulrahmengesetzes beträgt für die gesamte Ausbildung fünf Jahre und sechs Monate.

(3) Die tierärztliche Ausbildung stellt ferner sicher, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten nach Artikel 38 Absatz 3 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22) in der jeweils geltenden Fassung erworben werden.




§ 2 Unterrichtsveranstaltungen



(1) 1Die Universität hat eine Ausbildung, die den in § 1 Abs. 1 genannten Zielen entspricht und es den Studierenden ermöglicht, die Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die in den in dieser Verordnung vorgesehenen Prüfungen gefordert werden, zu vermitteln. 2Die Vermittlung der naturwissenschaftlichen und theoretischen Grundlagen soll auf die tiermedizinisch relevanten Ausbildungsinhalte konzentriert werden. 3Das theoretische und klinische Wissen soll während der gesamten Ausbildung so weit wie möglich miteinander verknüpft werden. 4Die Universität führt zu diesem Zweck in den in Anlage 1 genannten Fächern insbesondere Vorlesungen, Seminare, klinische Demonstrationen und Übungen, darunter Übungen am Tier, durch. 5Teile dieser Veranstaltungen kann sie durch geeignete interaktive Lernprogramme ersetzen. 6Die Anzahl der Studierenden in den Seminaren, bei den klinischen Demonstrationen und den Übungen wird durch die Universitäten an der Lehraufgabe ausgerichtet. 7Die Lehrinhalte sind nicht am einzelnen Fachgebiet, sondern problemorientiert am Lehrgegenstand und fächerübergreifend auszurichten, soweit dies möglich und zweckmäßig ist. 8Der fächerübergreifende Unterricht ist unter Beteiligung mehrerer Fachvertreter durchzuführen und koordiniert zu gestalten. 9Näheres regelt die Studienordnung der Universität.

(2) 1Während des Studiums haben die Studierenden mindestens an den in Absatz 1 Satz 4 genannten Unterrichtsveranstaltungen teilzunehmen, die von der Universität als Pflichtlehrveranstaltungen bezeichnet sind. 2Die Pflichtlehr- und Wahlpflichtveranstaltungen sollen im Studienhalbjahr, ausgenommen während der klinischen Ausbildung und der Praktika, durchschnittlich 30 Wochenstunden betragen. 3Sie müssen die in der Anlage 1 aufgeführten Fachgebiete mit den vorgesehenen Stundenzahlen enthalten.

(3) Die Universität hat Wahlpflichtveranstaltungen in Fächern der Anlage 1 anzubieten, an denen die Studierenden im Umfange von mindestens 308 Stunden vom ersten bis neunten Semester, davon mindestens 84 Stunden in Fachgebieten des Anatomisch-physiologischen Abschnittes der Tierärztlichen Vorprüfung und mindestens 126 Stunden in den Fächern der Tierärztlichen Prüfung teilzunehmen haben.

(4) Die Studierenden haben an der Pflichtlehrveranstaltung „Querschnittsunterricht" teilzunehmen.


§ 3 Erprobungsklausel



(1) Bei Beibehaltung der Gesamtstundenzahl des wissenschaftlich-theoretischen Studienteils von 3.850 Stunden können die Universitäten vorbehaltlich des Absatzes 2 Abweichungen der Stundenzahl zu den in Anlage 1 aufgeführten Fächern um bis zu 20 vom Hundert von der Gesamtstundenzahl vorsehen.

(2) Von der Möglichkeit der Stundenkürzungen sind Fächer mit einer Stundenzahl von 28 und weniger sowie die in Anlage 1 Nr. 28 bis 31 aufgeführten Fächer ausgenommen.

(3) Die Abweichungen nach Absatz 1 setzen voraus, dass

1.
die Ausbildungsziele nach § 1 Abs. 1 als Grundlage der Approbation nach § 4 Abs. 1 der Bundes-Tierärzteordnung nicht gefährdet werden,

2.
sichergestellt ist, dass den Anforderungen des Artikels 38 der Richtlinie 2005/36/EG Genüge getan wird,

3.
die Voraussetzungen, unter denen die Universität die Abweichungen rückgängig machen kann, geregelt sind,

4.
ein Wechsel der Universität für Studierende weiterhin möglich bleibt.

(4) 1Die Universitäten, die von der Abweichung nach Absatz 1 Gebrauch machen, teilen dieses der zuständigen Behörde mit einer Beschreibung des Erprobungsziels und der erwarteten qualitativen Verbesserungen für die tiermedizinische Ausbildung mit. 2Sie legen auf Anforderung der zuständigen Behörde einen Bericht über die gewonnenen Erfahrungen vor.




§ 4 Modellstudiengang



(1) 1Zur Erprobung neuer Modelle der tierärztlichen Ausbildung kann die zuständige Behörde auf Antrag einer Universität einen von dem Regelstudiengang abweichenden Modellstudiengang einführen und die jeweiligen Inhalte festlegen. 2Dabei müssen die in § 1 Absatz 1 und 3 genannten Ausbildungsziele gewahrt bleiben.

(2) Die Zulassung als Modellstudiengang setzt voraus, dass

1.
das Erprobungsziel beschrieben wird und erkennen lässt, welche qualitativen Verbesserungen für die tiermedizinische Ausbildung vom Modellstudiengang erwartet werden,

2.
eine von der Universität zu erlassende besondere Studienordnung besteht,

3.
sichergestellt ist, dass die in der Tierärztlichen Vorprüfung und der Tierärztlichen Prüfung nachzuweisenden Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten im Modellstudiengang in einer dem Regelstudiengang gleichwertigen Weise geprüft werden,

4.
eine sachgerechte begleitende und abschließende Beurteilung des Modellstudiengangs durch die Universität unter Heranziehung externen Sachverstandes gewährleistet ist,

5.
Mindest- und Höchstdauer des Modellstudiengangs festgelegt sind und Verlängerungsanträge anhand von Beurteilungsergebnissen zu begründen sind,

6.
die Voraussetzungen, unter denen die Universität den Modellstudiengang abbrechen kann, benannt sind,

7.
geregelt ist, wie beim Übergang vom Modellstudiengang in den Regelstudiengang hinsichtlich des Weiterstudiums, der Anrechnung von Studienzeiten und Prüfungen und anderen Studienleistungen verfahren wird, und

8.
festgelegt ist, wie die Anforderungen des Regelstudiums an die Tierärztliche Vorprüfung und die Tierärztliche Prüfung im Modellstudiengang erfüllt werden.