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Dritter Abschnitt - Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII)

neugefasst durch B. v. 11.09.2012 BGBl. I S. 2022; zuletzt geändert durch Artikel 1 G. v. 21.12.2022 BGBl. I S. 2824
Geltung ab 01.01.2007; FNA: 860-8 Sozialgesetzbuch
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Fünftes Kapitel Träger der Jugendhilfe, Zusammenarbeit, Gesamtverantwortung

Dritter Abschnitt Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung

§ 78a Anwendungsbereich



(1) Die Regelungen der §§ 78b bis 78g gelten für die Erbringung von

1.
Leistungen für Betreuung und Unterkunft in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Abs. 3),

2.
Leistungen in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19),

3.
Leistungen zur Unterstützung bei notwendiger Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen zur Erfüllung der Schulpflicht (§ 21 Satz 2),

4.
Hilfe zur Erziehung

a)
in einer Tagesgruppe (§ 32),

b)
in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34) sowie

c)
in intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung (§ 35), sofern sie außerhalb der eigenen Familie erfolgt,

d)
in sonstiger teilstationärer oder stationärer Form (§ 27),

5.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in

a)
anderen teilstationären Einrichtungen (§ 35a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2),

b)
Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen (§ 35a Abs. 2 Nr. 4),

6.
Hilfe für junge Volljährige (§ 41), sofern diese den in den Nummern 4 und 5 genannten Leistungen entspricht, sowie

7.
Leistungen zum Unterhalt (§ 39), sofern diese im Zusammenhang mit Leistungen nach den Nummern 4 bis 6 gewährt werden; § 39 Abs. 2 Satz 3 bleibt unberührt.

(2) Landesrecht kann bestimmen, dass die §§ 78b bis 78g auch für andere Leistungen nach diesem Buch sowie für vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§§ 42, 42a) gelten.




§ 78b Voraussetzungen für die Übernahme des Leistungsentgelts



(1) Wird die Leistung ganz oder teilweise in einer Einrichtung erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Entgelts gegenüber dem Leistungsberechtigten verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband Vereinbarungen über

1.
Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungsangebote (Leistungsvereinbarung),

2.
differenzierte Entgelte für die Leistungsangebote und die betriebsnotwendigen Investitionen (Entgeltvereinbarung) und

3.
Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung (Qualitätsentwicklungsvereinbarung)

abgeschlossen worden sind; dazu zählen auch die Qualitätsmerkmale nach § 79a Satz 2.

(2) 1Die Vereinbarungen sind mit den Trägern abzuschließen, die unter Berücksichtigung der Grundsätze der Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erbringung der Leistung geeignet sind. 2Vereinbarungen über die Erbringung von Auslandsmaßnahmen dürfen nur mit solchen Trägern abgeschlossen werden, die die Maßgaben nach § 38 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a bis d erfüllen.

(3) Ist eine der Vereinbarungen nach Absatz 1 nicht abgeschlossen, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Leistungsentgelts nur verpflichtet, wenn dies insbesondere nach Maßgabe der Hilfeplanung (§ 36) im Einzelfall geboten ist.




§ 78c Inhalt der Leistungs- und Entgeltvereinbarungen



(1) 1Die Leistungsvereinbarung muss die wesentlichen Leistungsmerkmale, insbesondere

1.
Art, Ziel und Qualität des Leistungsangebots,

2.
den in der Einrichtung zu betreuenden Personenkreis,

3.
die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung,

4.
die Qualifikation des Personals sowie

5.
die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung

festlegen. 2In die Vereinbarung ist aufzunehmen, unter welchen Voraussetzungen der Träger der Einrichtung sich zur Erbringung von Leistungen verpflichtet. 3Der Träger muss gewährleisten, dass die Leistungsangebote zur Erbringung von Leistungen nach § 78a Abs. 1 geeignet sowie ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind.

(2) 1Die Entgelte müssen leistungsgerecht sein. 2Grundlage der Entgeltvereinbarung sind die in der Leistungs- und der Qualitätsentwicklungsvereinbarung festgelegten Leistungs- und Qualitätsmerkmale. 3Eine Erhöhung der Vergütung für Investitionen kann nur dann verlangt werden, wenn der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe der Investitionsmaßnahme vorher zugestimmt hat. 4Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen.


§ 78d Vereinbarungszeitraum



(1) 1Die Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 sind für einen zukünftigen Zeitraum (Vereinbarungszeitraum) abzuschließen. 2Nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig.

(2) 1Die Vereinbarungen treten zu dem darin bestimmten Zeitpunkt in Kraft. 2Wird ein Zeitpunkt nicht bestimmt, so werden die Vereinbarungen mit dem Tage ihres Abschlusses wirksam. 3Eine Vereinbarung, die vor diesen Zeitpunkt zurückwirkt, ist nicht zulässig; dies gilt nicht für Vereinbarungen vor der Schiedsstelle für die Zeit ab Eingang des Antrages bei der Schiedsstelle. 4Nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums gelten die vereinbarten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vereinbarungen weiter.

(3) 1Bei unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Entgeltvereinbarung zugrunde lagen, sind die Entgelte auf Verlangen einer Vertragspartei für den laufenden Vereinbarungszeitraum neu zu verhandeln. 2Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend.

(4) Vereinbarungen über die Erbringung von Leistungen nach § 78a Abs. 1, die vor dem 1. Januar 1999 abgeschlossen worden sind, gelten bis zum Inkrafttreten neuer Vereinbarungen weiter.


§ 78e Örtliche Zuständigkeit für den Abschluss von Vereinbarungen



(1) 1Soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt, ist für den Abschluss von Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 der örtliche Träger der Jugendhilfe zuständig, in dessen Bereich die Einrichtung gelegen ist. 2Die von diesem Träger abgeschlossenen Vereinbarungen sind für alle örtlichen Träger bindend.

(2) Werden in der Einrichtung Leistungen erbracht, für deren Gewährung überwiegend ein anderer örtlicher Träger zuständig ist, so hat der nach Absatz 1 zuständige Träger diesen Träger zu hören.

(3) 1Die kommunalen Spitzenverbände auf Landesebene und die Verbände der Träger der freien Jugendhilfe sowie die Vereinigungen sonstiger Leistungserbringer im jeweiligen Land können regionale oder landesweite Kommissionen bilden. 2Die Kommissionen können im Auftrag der Mitglieder der in Satz 1 genannten Verbände und Vereinigungen Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1 schließen. 3Landesrecht kann die Beteiligung der für die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 85 Abs. 2 Nr. 5 und 6 zuständigen Behörde vorsehen.


§ 78f Rahmenverträge



1Die kommunalen Spitzenverbände auf Landesebene schließen mit den Verbänden der Träger der freien Jugendhilfe und den Vereinigungen sonstiger Leistungserbringer auf Landesebene Rahmenverträge über den Inhalt der Vereinbarungen nach § 78b Abs. 1. 2Die für die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 85 Abs. 2 Nr. 5 und 6 zuständigen Behörden sind zu beteiligen.


§ 78g Schiedsstelle



(1) 1In den Ländern sind Schiedsstellen für Streit- und Konfliktfälle einzurichten. 2Sie sind mit einem unparteiischen Vorsitzenden und mit einer gleichen Zahl von Vertretern der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie von Vertretern der Träger der Einrichtungen zu besetzen. 3Der Zeitaufwand der Mitglieder ist zu entschädigen, bare Auslagen sind zu erstatten. 4Für die Inanspruchnahme der Schiedsstellen können Gebühren erhoben werden.

(2) 1Kommt eine Vereinbarung nach § 78b Abs. 1 innerhalb von sechs Wochen nicht zustande, nachdem eine Partei schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert hat, so entscheidet die Schiedsstelle auf Antrag einer Partei unverzüglich über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte. 2Gegen die Entscheidung ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. 3Die Klage richtet sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsstelle. 4Einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren bedarf es nicht.

(3) 1Entscheidungen der Schiedsstelle treten zu dem darin bestimmten Zeitpunkt in Kraft. 2Wird ein Zeitpunkt für das Inkrafttreten nicht bestimmt, so werden die Festsetzungen der Schiedsstelle mit dem Tag wirksam, an dem der Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen ist. 3Die Festsetzung einer Vergütung, die vor diesen Zeitpunkt zurückwirkt, ist nicht zulässig. 4Im Übrigen gilt § 78d Abs. 2 Satz 4 und Abs. 3 entsprechend.

(4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere zu bestimmen über

1.
die Errichtung der Schiedsstellen,

2.
die Zahl, die Bestellung, die Amtsdauer und die Amtsführung ihrer Mitglieder,

3.
die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für ihren Zeitaufwand,

4.
die Geschäftsführung, das Verfahren, die Erhebung und die Höhe der Gebühren sowie die Verteilung der Kosten und

5.
die Rechtsaufsicht.