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Verordnung über die seeärztliche Untersuchung der Seelotsen (Seelotsenuntersuchungsverordnung - SeeLotUntV 1998)

V. v. 12.03.1998 BGBl. I S. 511; aufgehoben durch Artikel 4 V. v. 12.05.2022 BGBl. I S. 777
Geltung ab 01.05.1998; FNA: 9515-16 Seelotswesen
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§ 1



(1) Die körperliche und geistige Eignung für den Seelotsenberuf, insbesondere das erforderliche Hör- und Sehvermögen sowie die Farbtüchtigkeit, ist durch ein Zeugnis des Seeärztlichen Dienstes der See-Berufsgenossenschaft nachzuweisen.

(2) Das Zeugnis wird auf Grund einer Untersuchung des Seeärztlichen Dienstes der See-Berufsgenossenschaft, der fachärztliche Gutachten einholen kann, erstellt.

(3) Das Zeugnis hat das Ergebnis der Untersuchung zusammenzufassen und ein abschließendes Urteil darüber zu enthalten, ob der untersuchte Seelotsenbewerber oder Seelotsenanwärter zum Seelotsenberuf geeignet oder nicht geeignet ist oder ob der untersuchte Seelotse zum Seelotsenberuf weiter geeignet oder auf Dauer oder vorübergehend nicht geeignet ist. Eine Zeugnisausfertigung ist dem Untersuchten auszuhändigen, eine weitere der Aufsichtsbehörde zu übersenden. Satz 2 gilt auch in den Fällen, in denen auf Grund einer seeärztlichen Untersuchung des Seelotsen ein Zeugnis nach Satz 1 ausgestellt wird, ohne dass ein in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 genannter Anlass zu Grunde lag.

(4) Die Kosten der Untersuchung trägt der Untersuchte.


§ 2



(1) Einer seeärztlichen Untersuchung haben sich zu unterziehen:

1.
Seelotsenbewerber vor der Zulassung zum Seelotsenanwärter,

2.
Seelotsen bis zur Vollendung des fünfundvierzigsten Lebensjahres alle fünf Jahre, danach alle drei Jahre bis zum Ausscheiden,

3.
Seelotsenanwärter und Seelotsen, wenn es die Aufsichtsbehörde aus besonderen Gründen verlangt.

Einer seeärztlichen Untersuchung dürfen sich Seelotsen auch dann unterziehen, wenn kein Untersuchungsanlass nach Satz 1 gegeben ist.

(2) Die Untersuchungen nach Absatz 1 Nr. 1 sind in den eigenen seeärztlichen Dienststellen der See-Berufsgenossenschaft durchzuführen.


§ 3



(1) Die Beurteilung der Eignung richtet sich nach den §§ 4 bis 6 und dem Nichtvorhandensein der Merkmale der Anlage 1 der Verordnung über die Seediensttauglichkeit vom 19. August 1970 (BGBl. I S. 1241), zuletzt geändert durch die Maßgabe der Anlage I Kapitel XI Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 16 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1109), in ihrer jeweils geltenden Fassung.

(2) Seelotsenbewerber müssen außerdem die Anforderungen hinsichtlich der besonderen, für den Seelotsberuf erforderlichen geistigen Leistungsfähigkeit erfüllen. Sie haben die Erfüllung dieser Anforderungen auf eigene Kosten durch Vorlage eines psychologischen Zeugnisses nachzuweisen. Die zu Grunde liegende Untersuchung muss nach einem von der See-Berufsgenossenschaft vorgegebenen Verfahren erfolgen. Die zur Untersuchung eingesetzten Verfahren müssen nach dem Stand der Wissenschaft standardisiert und psychometrisch überprüft sein. Das Ergebnis der psychologischen Untersuchung fließt in die Gesamtbewertung des Seeärztlichen Dienstes der See-Berufsgenossenschaft durch eine gesonderte Bescheinigung ein. Diese Bescheinigung enthält die Bewertung der psychologischen Untersuchung nach den Bewertungsstufen "gut geeignet", "befriedigend geeignet", "geeignet" oder "nicht geeignet" und ist dem Zeugnis nach § 1 Abs. 3 Satz 1 beizufügen.


§ 4



(1) Bei Seelotsenbewerbern und Seelotsenanwärtern gilt das erforderliche Hörvermögen als vorhanden, wenn auf dem jeweils dem Untersucher zugewandten Ohr Flüstersprache auf fünf Meter Entfernung verstanden wird.

(2) Bei Seelotsen gilt das erforderliche Hörvermögen als vorhanden, wenn auf dem jeweils dem Untersucher zugewandten Ohr Flüstersprache auf drei Meter Entfernung oder auf einen Meter Entfernung auf dem schlechteren und auf fünf Meter Entfernung auf dem besseren Ohr verstanden wird. Sprache gewöhnlicher Lautstärke muß auf fünf Meter Entfernung mit dem jeweils dem Untersucher zugewandten Ohr verstanden werden.


§ 5



(1) Die Augen sind einzeln auf ihre Sehschärfe für die Ferne mit Sehproben in einem Abstand nicht unter fünf Metern nach DIN 58220-T3 und auf ihre Sehschärfe für die Nähe mit Leseproben zu prüfen. Die DIN-Norm 58220-T3 ist im Beuth-Verlag GmbH, Berlin und Köln, erschienen und beim Deutschen Patentamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt.

(2) Bei Seelotsenbewerbern und Seelotsenanwärtern muß nach der augenärztlichen Untersuchung die Sehschärfe für die Ferne ohne oder mit Korrektionsglas mindestens auf jedem Auge 0,8 und beidäugig 1,0 betragen. Ohne Korrektionsglas muß die Sehschärfe jedoch auf einem Auge mindestens 0,5 und auf dem anderen Auge 0,3 betragen. Die Gläserstärken, einfach oder in Kombination, dürfen die Grenzwerte von sphärisch plus 2,0 Dioptrien oder minus 2,0 Dioptrien nicht überschreiten. Zylindrische Gläser sind mit der Hälfte ihrer Dioptrienzahl und dem Vorzeichen der sphärischen Korrektur hinzuzurechnen. Die Sehschärfe für die Nähe ist ausreichend, wenn ohne oder mit Korrektionsgläsern 0,8/40 Zentimeter binocular (entsprechend Nieden 1) erkannt wird. Es dürfen keine Hinweise auf Nachtblindheit vorliegen, das heißt die mesopische Sehschärfe muß mindestens die Kontrasteinstellung 1:2, mit Blendung die Kontrasteinstellung 1:2,7 erfüllen. Ein normales Gesichtsfeld beider Augen ist erforderlich, wobei kleinere, sich nicht deckende Gesichtsfeldausfälle zulässig sind. Wird die vorgeschriebene Sehschärfe nur mit Brille erreicht, so ist dem Untersuchten aufzuerlegen, die Brille während des Dienstes ständig zu tragen und eine Ersatzbrille mitzuführen.

(3) Bei Seelotsen muß die Sehschärfe für die Ferne ohne oder mit Korrektionsglas mindestens auf dem einen Auge 0,7 und auf dem anderen 0,5 betragen. Ohne Korrektionsglas muß die Sehschärfe jedoch auf dem besseren Auge 0,3 betragen und auf dem schlechteren Auge muß ausreichendes Orientierungsvermögen vorliegen. Die Sehschärfe für die Nähe ist ausreichend, wenn ohne oder mit Brille 0,8/40 Zentimeter binocular (entsprechend Nieden 1) erkannt wird. Es dürfen keine Hinweise auf Nachtblindheit vorliegen, das heißt die mesopische Sehschärfe muß mindestens die Kontrasteinstellung 1:5 ohne und mit Blendung erfüllen. Ein normales Gesichtsfeld beider Augen ist erforderlich, wobei kleinere, sich nicht deckende Gesichtsfeldausfälle zulässig sind. Wird die vorgeschriebene Sehschärfe nur mit Brille erreicht, so ist dem Untersuchten aufzuerlegen, die Brille während des Dienstes ständig zu tragen und eine Ersatzbrille mitzuführen.

(4) Seelotsen, deren Sehvermögen vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung untersucht und als ausreichend befunden wurde, aber nicht mehr den Anforderungen dieser Verordnung entspricht, sind weiterhin zum Seelotsenberuf geeignet, wenn ihr Sehvermögen noch den Anforderungen der ersten Untersuchung entspricht.


§ 6



(1) Die Farbtüchtigkeit ist mit dem Anomaloskop und bei natürlichem Licht nach den Farbtafeln von Stilling/Velhagen sowie nach einem weiteren Farbtafelverfahren, zum Beispiel Ishihara oder Boström, zu prüfen.

(2) Bei Seelotsenbewerbern und Seelotsenanwärtern gilt die erforderliche Farbtüchtigkeit als vorhanden, wenn bei der Untersuchung mit dem Anomaloskop ein Anomalquotient von 0,7 bis 1,4 erreicht wird und die gezeigten Farbtafeln schnell und richtig erkannt werden.

(3) Bei Seelotsen gilt die erforderliche Farbtüchtigkeit als vorhanden, wenn die gezeigten Farbtafeln schnell und richtig erkannt werden.