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Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG)

Artikel 1 G. v. 29.08.2016 BGBl. I S. 2082 (Nr. 43); zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 09.06.2021 BGBl. I S. 1737
Geltung ab 02.09.2016; FNA: 930-14 Allgemeines Eisenbahnrecht
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Kapitel 4 Regulierungsbehörde

§ 74 Wissenschaftliche Beratung der Regulierungsbehörde



(1) 1Die Regulierungsbehörde kann zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen oder zur Begutachtung von Fragen der Regulierung wissenschaftliche Kommissionen einsetzen. 2Die Mitglieder der Kommissionen müssen auf dem Gebiet des Eisenbahnverkehrs über ausgewiesene volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, technologische oder rechtliche Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse verfügen.

(2) Die Regulierungsbehörde kann sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben fortlaufend wissenschaftlich beraten lassen, insbesondere bei der Aufbereitung und Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Grundlagen für die Überwachung der Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Infrastruktur.

(3) § 4 gilt entsprechend.


§ 75 Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden der Europäischen Union



(1) 1Die Regulierungsbehörde tauscht in nicht personenbezogener Form Informationen über ihre Arbeit, ihre Entscheidungsgrundsätze und ihre Entscheidungspraxis, insbesondere über die wichtigsten Fragen ihrer Verfahren und Probleme bei der Auslegung des umgesetzten Rechts der Europäischen Union für den Eisenbahnsektor mit den Regulierungsbehörden der Europäischen Union aus. 2Die Regulierungsbehörde arbeitet mit ihnen auch anderweitig zusammen, um ihre Entscheidungen in der gesamten Europäischen Union zu koordinieren. 3Sie ist zu diesem Zweck Mitglied in einem regelmäßig tagenden Netzwerk der Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in dem diese zusammenarbeiten. 4Die Vertraulichkeit der von den jeweiligen Unternehmen bereitgestellten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist zu wahren.

(2) Die Regulierungsbehörde arbeitet mit den Regulierungsbehörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, auch im Rahmen von Arbeitsvereinbarungen, zum Zwecke der Amtshilfe bei der Marktüberwachung, der Bearbeitung von Beschwerden oder der Durchführung von Untersuchungen, eng zusammen.

(3) Bei Beschwerden oder Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Zugang zu grenzüberschreitenden Zugtrassen und entsprechenden Wegeentgelten sowie der Überwachung des Wettbewerbs im grenzüberschreitenden Schienenverkehr hört die Regulierungsbehörde, bevor sie eine Entscheidung trifft, die Regulierungsbehörden der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, durch deren Gebiet die betreffende grenzüberschreitende Zugtrasse führt, und, soweit die Beteiligung der Europäischen Kommission nach Absatz 8 beantragt wurde, die Europäische Kommission an und ersucht sie um alle erforderlichen Informationen.

(3a) In Angelegenheiten, die einen grenzüberschreitenden Verkehrsdienst betreffen und in denen Entscheidungen von zwei oder mehr Regulierungsbehörden innerhalb der Europäischen Union erforderlich sind, arbeitet die Regulierungsbehörde mit den anderen betroffenen Regulierungsbehörden bei der Ausarbeitung der jeweiligen Entscheidungen zusammen, um eine Lösung herbeizuführen.

(4) 1Wurde die Regulierungsbehörde ihrerseits nach Absatz 3 angehört, so erteilt sie anderen Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sämtliche Informationen, die sie selbst auf Grund ihres nationalen Rechts anfordern darf. 2Diese und empfangene Informationen dürfen nur zur Bearbeitung der Beschwerde oder zur Durchführung der Untersuchung nach Absatz 3 verwendet werden. 3§ 77 Absatz 7 gilt zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen entsprechend.

(5) Hat die Regulierungsbehörde eine Beschwerde erhalten oder von sich aus eine Untersuchung durchgeführt, übergibt sie der zuständigen Regulierungsbehörde eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union die sachdienlichen Informationen, damit diese gegenüber den Beteiligten die erforderlichen Maßnahmen ergreift.

(6) 1Die beteiligten Vertreter der Betreiber der Schienenwege sind nach § 44 Absatz 1 verpflichtet, unverzüglich sämtliche Informationen bereitzustellen, die zur Bearbeitung der Beschwerde oder zur Durchführung der Untersuchung nach Absatz 3 erforderlich sind und von der Regulierungsbehörde angefordert wurden. 2Die Regulierungsbehörde ist nach Maßgabe des Absatzes 4 befugt, die Informationen über die betreffende grenzüberschreitende Zugtrasse an die in Absatz 3 genannten Regulierungsbehörden weiterzuleiten.


(8) Auf Antrag der Regulierungsbehörde kann die Europäische Kommission an den Tätigkeiten nach den Absätzen 2 bis 6 teilnehmen, um die Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden zu fördern.

(9) 1Die Regulierungsbehörde erarbeitet mit den anderen Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsame Grundsätze und Verfahren für die Entscheidungen, zu denen sie auf Grund dieses Gesetzes befugt sind. 2Diese gemeinsamen Grundsätze und Verfahren sollen unter anderem Regelungen für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Regulierungsbehörden bei der Zusammenarbeit nach Absatz 3a enthalten.

(10) Die Regulierungsbehörde überprüft Entscheidungen und Verfahren von Vereinigungen von Betreibern der Schienenwege nach § 41 und § 47 Absatz 1, die der Durchführung dieses Gesetzes oder anderweitigen Erleichterung des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs dienen.

(11) Bei Entscheidungen über eine zwei Mitgliedstaaten verbindende Infrastruktur soll eine Koordinierung der Regulierungsbehörde mit der anderen betroffenen Regulierungsbehörde erfolgen, damit sich die Entscheidungen in beiden Mitgliedstaaten in gleicher Weise auswirken.

(12) Die Absätze 1 bis 11 sind insoweit nicht anzuwenden, als ein auf Grund des Artikels 57 Absatz 8 der Richtlinie 2012/34/EU erlassener Durchführungsrechtsakt eine inhaltsgleiche oder entgegenstehende Regelung trifft.




§ 76 Beteiligung der Regulierungsbehörde bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten



Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Gesetz ergeben, gilt § 90 Absatz 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend, dass an die Stelle des Bundeskartellamtes und seines Präsidenten oder seiner Präsidentin die Regulierungsbehörde und ihr Präsident oder ihre Präsidentin treten.


§ 77 Beschlusskammern



(1) 1Die Regulierungsbehörde entscheidet durch Beschlusskammern. 2Satz 1 ist nicht anzuwenden

1.
bei Entscheidungen der Marktüberwachung nach § 17,

2.
für die Erhebung von Gebühren und Auslagen und

3.
für Maßnahmen zur Erlangung von Auskünften, Nachweisen, Hilfsmitteln und Hilfeleistungen nach § 67 Absatz 4 bis 7 außerhalb von Beschlusskammerverfahren.

3Die Entscheidungen der Beschlusskammern ergehen durch Verwaltungsakt.

(2) 1Die Beschlusskammern entscheiden in der Besetzung mit einem oder einer Vorsitzenden und zwei beisitzenden Mitgliedern. 2Der oder die Vorsitzende und die beisitzenden Mitglieder müssen die Befähigung für eine Laufbahn des höheren Dienstes erworben und ein rechtswissenschaftliches, wirtschaftswissenschaftliches oder ingenieurwissenschaftliches Studium abgeschlossen haben. 3Mindestens ein Mitglied der Beschlusskammer muss die Befähigung zum Richteramt haben. 4In den Fällen des § 73 Absatz 1 Nummer 2 kann der oder die Vorsitzende anstatt der Beschlusskammer entscheiden, sofern die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht.

(3) 1Die Beschlusskammer leitet ein Verfahren von Amts wegen oder innerhalb eines Monats nach Eingang eines entsprechenden Antrages ein. 2An dem Verfahren vor der Beschlusskammer sind beteiligt:

1.
der Zugangsberechtigte oder im Falle des § 66 Absatz 2 der beschwerdeführende Verband,

2.
das Unternehmen, gegen das sich das Verfahren richtet, und

3.
die Personen oder Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden und die die Regulierungsbehörde auf deren Antrag zu dem Verfahren hinzugezogen hat,

4.
soweit der Zugang zu grenzüberschreitenden Zugtrassen, diesbezügliche Wegeentgelte oder der Wettbewerb im grenzüberschreitenden Schienenverkehr betroffen sind, die Regulierungsbehörden der betroffenen Staaten und,

5.
soweit die Beteiligung der Europäischen Kommission nach § 75 Absatz 8 beantragt wurde, die Europäische Kommission.

(4) 1Bei einer Streitigkeit in einem unter dieses Gesetz fallenden Bereich zwischen Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten, die in die Zuständigkeit der nationalen Regulierungsbehörden von mehr als einem Mitgliedstaat fällt, kann jede Partei die Streitigkeit der Regulierungsbehörde vorlegen. 2Fällt die Streitigkeit in den Zuständigkeitsbereich der Regulierungsbehörde, so koordiniert sie ihre Maßnahmen mit den zuständigen nationalen Regulierungsbehörden der anderen betroffenen Mitgliedstaaten und, soweit die Beteiligung der Europäischen Kommission nach § 75 Absatz 8 beantragt wurde, mit der Europäischen Kommission. 3Die Beschlusskammer trifft ihre Entscheidung im Benehmen mit der betreffenden nationalen Regulierungsbehörde.

(5) Zur Wahrung einer einheitlichen Spruchpraxis in Fällen vergleichbarer oder zusammenhängender Sachverhalte und zur Sicherstellung, dass die Entgeltregulierungsmaßnahmen entsprechend den §§ 28 bis 35 in Verbindung mit Anlage 4 in ihrer Gesamtheit aufeinander abgestimmt sind, sind in der Geschäftsordnung der Regulierungsbehörde Verfahren vorzusehen, die vor Erlass von Entscheidungen umfassende Abstimmungs-, Auskunfts- und Informationspflichten der jeweiligen Beschlusskammern und der Abteilungen vorsehen.

(6) 1Die Beschlusskammer hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 2Den Personen, die von dem Verfahren berührte Wirtschaftskreise vertreten, kann die Beschlusskammer in geeigneten Fällen Gelegenheit zur Stellungnahme geben. 3Auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen kann die Beschlusskammer eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen. 4Für die Verhandlung oder Teile davon ist die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn diese

1.
eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, insbesondere der Sicherheit des Staates, besorgen lässt oder

2.
die Gefährdung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses besorgen lässt.

(7) 1Unverzüglich nach der Vorlage von Unterlagen im Rahmen des Beschlusskammerverfahrens haben alle Beteiligten diejenigen Teile zu kennzeichnen, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten. 2In diesem Fall müssen sie zusätzlich eine Fassung vorlegen, die ohne Preisgabe von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen eingesehen werden kann. 3Unterbleibt die Vorlage einer freigegebenen Fassung nach Satz 2, kann die Beschlusskammer von der Zustimmung der Beteiligten zur Einsicht ausgehen, es sei denn, ihr sind besondere Umstände bekannt, die eine solche Vermutung nicht rechtfertigen. 4Hält die Beschlusskammer die Kennzeichnung der Unterlagen als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse für unberechtigt, so muss sie vor der Entscheidung über die Gewährung von Einsichtnahme an andere Beteiligte die vorlegenden Personen anhören.

(8) 1Die Regulierungsbehörde veröffentlicht die von ihr getroffenen Entscheidungen auf ihrer Internetseite in nicht personenbezogener Form. 2Sie kann daneben Informationen über die Durchführung von Verfahren in nicht personenbezogener Form veröffentlichen.