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Abschnitt 2 - Ernährungssicherstellungs- und -vorsorgegesetz (ESVG)

Artikel 1 G. v. 04.04.2017 BGBl. I S. 772 (Nr. 19); zuletzt geändert durch Artikel 12 G. v. 02.03.2023 BGBl. 2023 I Nr. 56
Geltung ab 11.04.2017; FNA: 780-11 Organisation der Landwirtschaft
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Abschnitt 2 Vorschriften zur Sicherstellung der Grundversorgung in einer Versorgungskrise

§ 4 Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen zur Sicherstellung der Grundversorgung



(1) Soweit es zur Sicherstellung der Grundversorgung in einer Versorgungskrise geboten ist, kann das Bundesministerium durch Rechtsverordnung Vorschriften erlassen über

1.
das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Erzeugnissen,

2.
den Bezug, die Erfassung, die Verteilung und die Abgabe von Erzeugnissen einschließlich der Beschränkung oder des Verbots des Bezugs, der Erfassung, der Verteilung und der Abgabe,

3.
die Festsetzung von Preisen, Kostenansätzen, Handelsspannen, Bearbeitungs- und Verarbeitungsspannen sowie Zahlungs- und Lieferungsbedingungen für Erzeugnisse,

4.
die Verwendung von

a)
Maschinen und Geräten zum Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Erzeugnissen,

b)
Treibstoffen und Brennstoffen für diese Maschinen und Geräte,

c)
Geräten zur Notstromversorgung zum Betrieb dieser Maschinen und Geräte sowie

d)
sonstigen Betriebsmitteln zum Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Erzeugnissen,

5.
die Sicherstellung von Erzeugnissen,

6.
die Aufrechterhaltung, Umstellung, Eröffnung oder Schließung von Ernährungsunternehmen oder einzelnen Betriebsstätten von Ernährungsunternehmen,

7.
die Bevorratung von Erzeugnissen durch Ernährungsunternehmen,

8.
Buchführungs-, Nachweis- und Meldepflichten über die in den Nummern 1 bis 4, 6 und 7 genannten wirtschaftlichen Vorgänge.

(2) 1In Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Nummer 1 kann auch vorgesehen werden, dass Lebensmittel unter hoheitlicher Aufsicht hergestellt oder behandelt werden. 2In Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Nummer 2 kann insbesondere vorgesehen werden, dass Lebensmittel durch Behörden oder unter hoheitlicher Aufsicht abgegeben werden.

(3) 1Rechtsverordnungen des Bundesministeriums nach Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 6 und 7 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, soweit der Schutz der Bevölkerung vor einer Einwirkung durch Verunreinigungen der Luft, des Wassers oder des Bodens oder ionisierender Strahlung berührt ist. 2Satz 1 gilt nicht für Rechtsverordnungen nach Absatz 5 Satz 1.

(4) Rechtsverordnungen des Bundesministeriums nach Absatz 1 bedürfen, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Zustimmung des Bundesrates.

(5) 1Beträgt die Geltungsdauer der Rechtsverordnungen nach Absatz 1 höchstens sechs Monate, so ist eine Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich. 2Die Zustimmung des Bundesrates ist jedoch erforderlich, wenn die Geltungsdauer dieser Verordnung über sechs Monate hinaus verlängert wird.




§ 5 Einzelweisungen



Soweit dieses Gesetz nach § 3 Absatz 1 Satz 1 von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt wird, kann die Bundesregierung zur Ausführung von Rechtsverordnungen nach § 4 Absatz 1 in Ausnahmefällen Einzelweisungen erteilen, wenn dies zur Sicherung der Grundversorgung dringend geboten ist.


§ 6 Anordnungsbefugnis zur einstweiligen Sicherstellung der Grundversorgung



(1) 1Bis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 können die zuständigen Behörden die notwendigen Maßnahmen treffen, die zur einstweiligen Sicherstellung der Grundversorgung unmittelbar geboten sind. 2Sie können insbesondere

1.
Anordnungen über das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Erzeugnissen treffen,

2.
den Bezug, die Erfassung, die Lagerung, den Transport, die Verteilung oder die Abgabe von Erzeugnissen anordnen, untersagen, beschränken oder unter hoheitliche Aufsicht stellen,

3.
die Verwendung von

a)
Maschinen und Geräten zum Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Erzeugnissen,

b)
Treibstoffen und Brennstoffen für diese Maschinen und Geräte,

c)
Geräten zur Notstromversorgung zum Betrieb dieser Maschinen und Geräte sowie

d)
sonstigen Betriebsmitteln zum Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Erzeugnissen

regeln,

4.
Erzeugnisse sicherstellen,

5.
die vorübergehende Aufrechterhaltung, Umstellung, Eröffnung oder Schließung von Ernährungsunternehmen oder einzelnen Betriebsstätten von Ernährungsunternehmen anordnen oder

6.
Maßnahmen zur hoheitlichen Verteilung von Lebensmitteln an die Bevölkerung treffen.

(2) 1Von mehreren geeigneten Maßnahmen haben die zuständigen Behörden diejenige zu treffen, die die einzelne Person und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. 2Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Die nach Absatz 1 getroffenen Maßnahmen sind von der zuständigen Behörde aufzuheben, sobald nach § 4 Absatz 1 eine Rechtsverordnung erlassen wurde, die regelt, unter welchen Voraussetzungen derartige Maßnahmen zu treffen sind oder getroffen werden können.




§ 7 Keine aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage



Widerspruch und Anfechtungsklage gegen nach § 6 erlassene Verwaltungsakte oder gegen auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 4 erlassene Verwaltungsakte haben keine aufschiebende Wirkung.


§ 8 Unterstützende Leistungen



(1) Soweit dies zur Sicherstellung der Grundversorgung in einer Versorgungskrise erforderlich ist, können die zuständigen Behörden unter den dort genannten Voraussetzungen

1.
nach § 7 des Verkehrsleistungsgesetzes über die Bundesanstalt beim Bundesamt für Logistik und Mobilität Verkehrsleistungen anfordern,

2.
nach den §§ 10 bis 14 des Verkehrssicherstellungsgesetzes in Verbindung mit einer auf Grund des Verkehrssicherstellungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung Leistungen anfordern,

3.
nach § 2 des Bundesleistungsgesetzes Leistungen anfordern, soweit die zuständigen Behörden in einer Rechtsverordnung nach § 5 Absatz 1 des Bundesleistungsgesetzes zu Anforderungsbehörden bestimmt worden sind.

(2) 1Soweit die Bundesregierung durch die Bundesanstalt Maßnahmen zur Vorratshaltung von Erzeugnissen durchführt, können die obersten Landesbehörden bei der Bundesanstalt Lieferungen von Erzeugnissen anfordern. 2Im Rahmen der verfügbaren Vorräte entscheidet die Bundesanstalt nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verteilung der Vorräte. 3Die Bundesanstalt kann zur Verteilung von Erzeugnissen unterstützende Leistungen nach Absatz 1 anfordern.




§ 9 Datenübermittlung zwischen den Behörden



1In einer Versorgungskrise übermitteln alle Behörden des Bundes und der Länder den nach diesem Gesetz zuständigen Behörden auf deren Anforderung die zur Sicherstellung der Grundversorgung erforderlichen Daten über die Ernährungsunternehmen, die von ihnen hergestellten oder behandelten Erzeugnisse, die Zahl der dort beschäftigten Arbeitskräfte sowie Art und Umfang der vorhandenen Betriebsmittel. 2Die Daten über die Ernährungsunternehmen umfassen deren Namen, Anschrift und Kontaktdaten.




§ 10 Aufhebung von Maßnahmen



Bei Beendigung der Versorgungskrise sind sämtliche Maßnahmen, die nach einer nach § 4 Absatz 1 erlassenen Rechtsverordnung oder nach § 6 Absatz 1 getroffen worden sind, unverzüglich aufzuheben.