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Teil 3 - Kapazitätsreserveverordnung (KapResV)

V. v. 28.01.2019 BGBl. I S. 58 (Nr. 3); zuletzt geändert durch Artikel 8a G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 405
Geltung ab 06.02.2019; FNA: 752-6-24 Elektrizität und Gas
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Teil 3 Einsatz der Kapazitätsreserve

§ 24 Grundsätze



(1) 1Die Übertragungsnetzbetreiber dürfen die Kapazitätsreserve ausschließlich als Systemdienstleistung einsetzen. 2Die Verbote nach § 3 Absatz 2 Satz 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden.

(2) 1Die Übertragungsnetzbetreiber müssen die Kapazitätsreserve auf Grundlage der ihnen zur Verfügung stehenden Prognosen unter Berücksichtigung der technischen Randbedingungen einsetzen. 2Der Einsatz erfolgt nachrangig zu anderen geeigneten Maßnahmen nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit diese zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems ausreichend sind.

(3) 1Die Übertragungsnetzbetreiber informieren die Marktteilnehmer und die Betreiber derjenigen Netze, in die die Kapazitätsreserveanlagen eingebunden sind, unverzüglich und auf geeignete Art und Weise über die Aktivierung und den Abruf der Kapazitätsreserve. 2Die Information soll insbesondere den Zeitpunkt, die Zeitdauer und den Umfang der Aktivierung und des Abrufs enthalten. 3Die Übertragungsnetzbetreiber informieren die Betreiber derjenigen Netze, in die die Kapazitätsreserveanlagen eingebunden sind, zudem vor der Durchführung über Funktionstests und Probeabrufe.

(4) Kapazitätsreserveanlagen, die sich an für den Einsatz als Netzreserve geeigneten Standorten befinden, müssen auf Anforderung der Übertragungsnetzbetreiber auch nach § 7 der Netzreserveverordnung einspeisen.

(5) 1Der Betreiber der Kapazitätsreserveanlage muss die Anlage in einem separaten Bilanzkreis führen, in dem ausschließlich diese Kapazitätsreserveanlage geführt wird. 2Die beim Einsatz der Kapazitätsreserveanlagen erzeugten oder durch Lastverzicht zur Verfügung stehenden Strommengen sind ausschließlich in dem jeweiligen Bilanzkreis nach Satz 1 zu führen. 3Dies ist auch maßgebend für die Strommengen aus

1.
Anfahrvorgängen nach § 3 Absatz 1 Satz 2,

2.
Funktionstests nach § 28,

3.
Probeabrufen und Testfahrten nach § 29 oder

4.
Nachbesserungen nach § 30.


§ 25 Aktivierung



(1) 1Um sicherzustellen, dass die Anlagen zum notwendigen Zeitpunkt die vollständige Reserveleistung einspeisen können, müssen die Übertragungsnetzbetreiber die Kapazitätsreserveanlagen aktivieren, wenn:

1.
bei der letzten Auktion des vortägigen Handels an der Strombörse die Markträumung ausbleibt,

2.
bei der Eröffnungsauktion des untertägigen Handels an der Strombörse die Markträumung ausbleibt oder

3.
im untertägigen, kontinuierlichen Handel an der Strombörse für eine Fahrplanviertelstunde offene Kaufgebote in Höhe des technischen Preislimits eingestellt sind, die nicht innerhalb einer Stunde vollständig erfüllt werden.

2Bei der Aktivierung haben die Übertragungsnetzbetreiber jeweils die Anfahrtszeit zu berücksichtigen. 3Strombörse im Sinne von Satz 1 ist die Strombörse, die im ersten Quartal des vorangegangenen Kalenderjahres das höchste Handelsvolumen für Stundenkontrakte für die Preiszone Deutschland am Spotmarkt aufgewiesen hat. 4Die Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen die Strombörse im Sinne von Satz 1 auf der gemeinsamen Internetplattform.

(2) 1Die Übertragungsnetzbetreiber müssen im Regelfall alle Kapazitätsreserveanlagen aktivieren. 2Sie sind befugt, nur einen Teil der Anlagen zu aktivieren, wenn dies nach ihren Prognosen ausreicht, um eine Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu vermeiden oder zu beseitigen. 3Sie müssen diese Anlagen anhand technischer Eignung und ökonomischer Kriterien auswählen.

(3) 1Um die infolge der Aktivierung der Kapazitätsreserveanlagen eingespeisten Strommengen auszugleichen, sind die Übertragungsnetzbetreiber berechtigt und verpflichtet, von den Betreibern der in den Strommärkten aktiven Anlagen zu verlangen, dass diese in vergleichbarem Umfang die Wirkleistungseinspeisung ihrer Anlagen anpassen. 2Die Übertragungsnetzbetreiber müssen diese Anlagen anhand ihrer technischen Eignung und anhand ökonomischer Kriterien auswählen. 3§ 13a Absatz 1 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes ist entsprechend anzuwenden. 4Die Sätze 1 bis 3 sind für die Strommengen nach § 3 Absatz 1 Satz 2 und den §§ 28 bis 30 entsprechend anzuwenden.

(4) Maßnahmen, die nach § 13 Absatz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes erforderlich sind, bleiben von Absatz 1 unberührt.


§ 26 Abruf



(1) 1Der Abruf erfolgt nachrangig zu Maßnahmen nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Energiewirtschaftsgesetzes. 2Der Abruf kann im Verhältnis zur Regelenergie abweichend von Satz 1 erfolgen, wenn dies für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb des Übertragungsnetzes erforderlich ist.

(2) 1Die Abrufdauer beträgt jeweils bis zu 12 Stunden. 2Zwischen einzelnen Abrufen liegen mindestens sechs Stunden. 3Der Anlagenbetreiber darf auf den Zeitraum zwischen zwei Abrufen nach Satz 2 verzichten, indem er dies dem Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber vorab, spätestens jedoch zum Zeitpunkt des Handelsschlusses des vortägigen Börsenhandels, mitteilt.

(3) Maßnahmen, die nach § 13 Absatz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes erforderlich sind, bleiben von Absatz 1 unberührt.

(4) Der Datenaustausch zum Abruf der Kapazitätsreserveanlage erfolgt entsprechend den Vorgaben des jeweiligen Anschluss-Übertragungsnetzbetreibers.


§ 27 Verfügbarkeit



(1) 1Die Aktivierung und der Abruf von Kapazitätsreserveanlagen mit der vollständigen Reserveleistung müssen jederzeit während des gesamten Erbringungszeitraums möglich sein, mit Ausnahme der nach den Absätzen 2 oder 3 zulässigen geplanten oder ungeplanten Nichtverfügbarkeiten. 2Die Anlagen müssen außerhalb des Zeitraums zulässiger Nichtverfügbarkeiten nach Absatz 3 Satz 1 die Anforderungen nach § 9 erfüllen.

(2) 1Geplante Nichtverfügbarkeiten sind Nichtverfügbarkeiten aufgrund von technisch notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen, deren Notwendigkeit der Betreiber dem Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber bis zum 31. Juli eines Kalenderjahres für das jeweils folgende Kalenderjahr mitgeteilt hat. 2Als ungeplant gelten solche Nichtverfügbarkeiten, deren Notwendigkeit erst nach Ablauf der Frist nach Satz 1 entsteht oder die im Falle der Entstehung vor der Frist nach Satz 1 auch bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erst nach Ablauf der Frist erkennbar waren. 3Dies gilt unabhängig davon, ob die Instandhaltungsmaßnahme unverzüglich durchgeführt werden muss oder für einen späteren Zeitpunkt geplant ist. 4Ungeplante Nichtverfügbarkeiten muss der Betreiber der Kapazitätsreserveanlage dem Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber unverzüglich melden, nachdem er Kenntnis hierüber erlangt hat. 5Der Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber kann verlangen, dass die Instandhaltungsmaßnahmen zu einem anderen Zeitpunkt durchgeführt werden, wenn und soweit dies für die Funktionsfähigkeit der Kapazitätsreserve erforderlich sowie technisch und rechtlich möglich ist.

(3) 1Nichtverfügbarkeiten nach Absatz 2 sind zulässig, wenn und soweit die Kapazitätsreserveanlagen in einem Vertragsjahr insgesamt nicht mehr als drei Monate nicht verfügbar sind und die Nichtverfügbarkeiten rechtzeitig im Sinne von Absatz 2 Satz 1 und 4 mitgeteilt worden sind. 2Bei zulässigen Nichtverfügbarkeiten besteht der Vergütungsanspruch nach § 19 Absatz 1 auch während der Nichtverfügbarkeit fort. 3Aktivierungen nach § 25, Abrufe nach § 26 und Probeabrufe nach § 29 sind während zulässiger Nichtverfügbarkeiten untersagt.


§ 28 Funktionstest



(1) 1Der Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber führt für jede Kapazitätsreserveanlage einen Funktionstest durch, um zu überprüfen, ob die Kapazitätsreserveanlagen die Teilnahmevoraussetzungen nach § 9 erfüllen. 2Der Funktionstest umfasst insbesondere die Aktivierung und für eine Dauer von bis zu 12 Stunden den Abruf mit der vollständigen Reserveleistung. 3Der Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber kann im Rahmen des Funktionstests auch die Angaben des Anlagenbetreibers nach § 16 Nummer 7 überprüfen.

(2) 1Der Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber führt den Funktionstest einer Kapazitätsreserveanlage innerhalb der zwei Monate durch, die dem Beginn des jeweiligen Erbringungszeitraums unmittelbar vorausgehen. 2Er muss den Zeitpunkt des Funktionstests mit dem Betreiber der Anlage abstimmen.

(3) 1Erfüllt eine Kapazitätsreserveanlage die Teilnahmevoraussetzungen nach § 9 in einem Funktionstest nach Absatz 1 nicht, kann der Betreiber vom Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber die Wiederholung des Funktionstests verlangen. 2Der Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber muss die Wiederholung des Funktionstests unverzüglich nach Verlangen des Betreibers durchführen. 3Der Funktionstest kann mehrfach wiederholt werden. 4Der Anspruch des Betreibers auf Wiederholung erlischt sechs Monate nach dem Beginn des Erbringungszeitraums.


§ 29 Probeabrufe, Testfahrten



(1) 1Der jeweilige Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber muss wenigstens einmal und darf höchstens zweimal pro Vertragsjahr Probeabrufe der Kapazitätsreserveanlage mit der vollständigen Reserveleistung für eine Dauer von bis zu 12 Stunden ohne Vorankündigung gegenüber dem Betreiber durchführen. 2Die Übertragungsnetzbetreiber können für die Durchführung der Probeabrufe weitere Anforderungen bestimmen. 3Probeabrufe dürfen erst nach einem erfolgreichen Funktionstest nach § 28 durchgeführt werden. 4War der Funktionstest hinsichtlich einer Teilmenge der Reserveleistung erfolgreich, sind Probeabrufe für diese Teilmenge zulässig.

(2) Die Anzahl der Probeabrufe verringert sich um je einen Probeabruf für jeden Abruf im Rahmen der Kapazitätsreserve; es sei denn, die Anlage hat die angeforderte Leistung nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erbracht.

(3) 1Betreiber von Kapazitätsreserveanlagen dürfen Testfahrten der Kapazitätsreserveanlage durchführen, wenn und soweit dies aus technischen Gründen erforderlich ist. 2Die Kosten hierfür, einschließlich der Kosten für Ausgleichsenergie, trägt der Betreiber der Anlage. 3Der Zeitpunkt der Testfahrt ist vor der geplanten Durchführung mit dem Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber abzustimmen und im Falle von im Verteilernetz angeschlossenen Anlagen dem Verteilernetzbetreiber schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. 4Der Anschluss-Übertragungsnetzbetreiber kann verlangen, dass die Testfahrt zu einem anderen Zeitpunkt durchgeführt wird, wenn und soweit dies für die Funktionsfähigkeit der Kapazitätsreserve erforderlich und technisch möglich ist. 5Die Dauer einer Testfahrt soll 12 Stunden nicht überschreiten. 6Testfahrten verringern nicht die Anzahl der Probeabrufe nach Absatz 1.


§ 30 Nachbesserung



(1) Erbringt die Kapazitätsreserveanlage in den Fällen der Aktivierung nach § 25, des Abrufs nach § 26 oder des Probeabrufs nach § 29 Absatz 1 die vertraglich vereinbarte Leistung gar nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig, so muss der Betreiber innerhalb angemessener Frist nachbessern.

(2) 1Der Nachweis der Nachbesserung nach Absatz 1 erfolgt mittels eines Funktionstests entsprechend § 28 Absatz 1. 2Bis zum Nachweis der Nachbesserung sind weitere Aktivierungen, Abrufe oder Probeabrufe unzulässig. 3§ 29 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) 1Als angemessene Frist zur Nachbesserung gilt ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten ab der Nichtverfügbarkeit nach Absatz 1. 2Bis zum Nachweis der Nachbesserung erhält der Betreiber keine Vergütung für die betroffene Kapazitätsreserveanlage und der Vergütungsanspruch für diesen Zeitraum entfällt.