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Kapitel 1 - Gesetz zu Übergangsregelungen im Bereich der sozialen Sicherheit und in weiteren Bereichen nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (BrexitSozSichÜG)

Artikel 1 G. v. 08.04.2019 BGBl. I S. 418 (Nr. 12); zuletzt geändert durch Artikel 14a G. v. 14.12.2019 BGBl. I S. 2789
Inkrafttreten wird noch bekanntgegeben, siehe Artikel 4; FNA: 170-12 Vereinigung Europas Europaunion
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Teil 1 Soziale Sicherheit

Kapitel 1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Begriffsbestimmungen



Im Sinne dieses Teils ist oder sind

1.
„Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit":

a)
die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1; L 200 vom 7.6.2004, S. 1; L 213 vom 12.8.2015, S. 65), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/492 (ABl. L 76 vom 22.3.2017, S. 13) geändert worden ist,

b)
die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 284 vom 30.10.2009, S. 1; L 288 vom 22.10.2016, S. 58; L 54 vom 24.2.2018, S. 18), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/492 (ABl. L 76 vom 22.3.2017, S. 13) geändert worden ist,

c)
die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149 vom 5.7.1971, S. 2), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 1) geändert worden ist,

d)
die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 74 vom 27.3.1972, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 120/2009 (ABl. L 39 vom 10.2.2009, S. 29) geändert worden ist, sowie

e)
die Verordnung (EG) Nr. 859/2003 des Rates vom 14. Mai 2003 zur Ausdehnung der Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmungen fallen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 1);

2.
„Flüchtling": eine Person im Sinne des Artikels 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) in der durch das New Yorker Protokoll vom 31. Januar 1967 geänderten Fassung;

3.
„Staatenloser": eine Person im Sinne des Artikels 1 des Übereinkommens vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen (BGBl. 1976 II S. 473, 474);

4.
„Versicherungszeiten":

a)
die Beitragszeiten, Beschäftigungszeiten und Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt worden sind oder als zurückgelegt gelten, als Versicherungszeiten bestimmt oder anerkannt sind, sowie

b)
alle gleichgestellten Zeiten, soweit sie nach den Rechtsvorschriften, nach denen sie zurückgelegt worden sind oder als zurückgelegt gelten, als den Versicherungszeiten gleichwertig anerkannt sind.


§ 2 Sachlicher Geltungsbereich



(1) Die Regelungen dieses Teils sind anzuwenden auf die folgenden Leistungen der sozialen Sicherheit, soweit sie in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 fallen:

1.
Leistungen bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit sowie Leistungen bei Mutterschaft nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch, nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch und dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte;

2.
Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch;

3.
Leistungen bei Alter, an Hinterbliebene und bei Invalidität nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch, nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, von der hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherung sowie von der Versorgungsanstalt der deutschen Kulturorchester und der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen;

4.
Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch.

(2) Die §§ 28, 29 und 30 Satz 1 sind sinngemäß anzuwenden beim Zusammentreffen von Leistungen nach § 28 Absatz 1 oder 2

1.
mit Versorgungsbezügen der Beamten und Richter des Bundes und der Soldaten sowie mit Versorgungsbezügen ihrer Hinterbliebenen oder

2.
mit Leistungen nach dem Altersgeldgesetz.


§ 3 Persönlicher Geltungsbereich



(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für

1.
Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, der Schweiz oder des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland sowie Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, der Schweiz oder des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und

2.
weitere Drittstaatsangehörige, soweit diese nicht bereits unter Nummer 1 fallen und wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland haben,

wenn für sie die Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem Tag, an dem der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union wirksam wird, sofern bis zu diesem Zeitpunkt kein Austrittsabkommen im Sinne von Artikel 50 Absatz 2 Satz 2 des Vertrages über die Europäische Union in Kraft getreten ist (Tag des Austritts), galten oder sie sich am Tag vor dem Tag des Austritts im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland dauerhaft oder vorübergehend aufhielten und dabei den Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland unterfielen.

(2) Die Regelungen dieses Teils gelten auch für Familienangehörige und Hinterbliebene der in Absatz 1 genannten Personen.

(3) Die Regelungen zur Gewährung von Leistungen bei Alter, an Hinterbliebene und bei Invalidität gelten nur für Personen im Sinne von Absatz 1, die vor dem Tag des Austritts Versicherungszeiten für solche Leistungen sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zurückgelegt haben.


§ 4 Verhältnis zwischen diesem Gesetz und anderen Koordinierungsregelungen



(1) Nach den Regelungen dieses Teils zu berücksichtigende, nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zurückgelegte Versicherungs- und Beschäftigungszeiten sowie Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit sind zusätzlich zu solchen Versicherungs-, Beschäftigungs- und Wohnzeiten sowie Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz zurückgelegt worden sind und nach den Vorgaben der Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu berücksichtigen sind.

(2) Die Regelungen dieses Teils sollen den in § 3 benannten Personen keine Rechte gewähren, die über den Rechtszustand hinausgehen, der gelten würde, wenn das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland am Tag vor dem Tag des Austritts nicht aus der Europäischen Union ausgetreten wäre.

(3) 1Die Regelungen dieses Teils gelten für die vom persönlichen Geltungsbereich erfassten Personen unbeschadet ihrer Rechte aus dem Abkommen vom 20. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über Soziale Sicherheit. 2Die Regelungen sind nicht anzuwenden, soweit das Recht der Europäischen Union, im Besonderen Rechtsakte mit Notfallmaßnahmen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union, unmittelbar gilt.


§ 5 Zusammenrechnung und Umrechnung von Zeiten



(1) Sofern die Regelungen dieses Teils nichts anderes bestimmen, berücksichtigt der zuständige Träger bei der Anwendung von Rechtsvorschriften, die

1.
den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben eines Leistungsanspruchs,

2.
die Anwendung bestimmter Rechtsvorschriften oder

3.
den Zugang zu oder die Befreiung von der Pflichtversicherung, der freiwilligen Versicherung oder der freiwilligen Weiterversicherung

von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Wohnzeiten oder Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit abhängig machen, soweit erforderlich, die nach den Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland bis zum Tag vor dem Tag des Austritts zurückgelegten Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit, als ob es sich um Zeiten handeln würde, die nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind.

(2) Für die Zusammenrechnung und Umrechnung von Zeiten gelten Artikel 12 Absatz 2 bis 6 und Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a und c sowie Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 entsprechend.