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Titel 2 - Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG)

Artikel 1 G. v. 28.04.2020 BGBl. I S. 960 (Nr. 23); zuletzt geändert durch Artikel 3f G. v. 28.06.2022 BGBl. I S. 938
Geltung ab 26.05.2021, abweichend siehe Artikel 17; FNA: 7102-52 Genehmigungs- und überwachungsbedürftige Anlagen
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Kapitel 4 Klinische Prüfungen, Leistungsstudien und sonstige klinische Prüfungen

Abschnitt 2 Voraussetzungen für den Beginn, wesentliche Änderungen und Korrekturmaßnahmen

Unterabschnitt 1 Klinische Prüfungen nach Artikel 62 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/745 und Leistungsstudien nach Artikel 58 Absatz 1 und 2 Satz 1 der Verordnung (EU) 2017/746

Titel 2 Verfahren bei der Ethik-Kommission

§ 32 Anforderungen an die Ethik-Kommissionen



(1) Stellungnahmen nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2017/745 oder Artikel 58 Absatz 5 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2017/746 dürfen nur öffentlich-rechtliche, nach Landesrecht gebildete Ethik-Kommissionen abgeben, die den Anforderungen nach den Absätzen 2 bis 4 entsprechen.

(2) Ethik-Kommissionen sind besetzt mit mindestens

1.
einer Juristin oder einem Juristen,

2.
einer Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Ethik in der Medizin,

3.
einer Person mit wissenschaftlicher oder beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Medizintechnik,

4.
drei Ärztinnen oder Ärzten, die über Erfahrungen in der klinischen Medizin verfügen,

5.
einer Person mit Erfahrung in der Versuchsplanung und Statistik und

6.
einem Laien, der nicht dem Personenkreis nach den Nummern 1 bis 5 angehört.

(3) 1Den Ethik-Kommissionen gehören weibliche und männliche Mitglieder an. 2Bei der Auswahl der Mitglieder und externen Sachverständigen werden Frauen und Männer mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe gleichermaßen berücksichtigt.

(4) 1Die Ethik-Kommissionen haben eine Geschäftsordnung oder Satzung, die insbesondere verpflichtende Regelungen zur Arbeitsweise der Ethik-Kommission trifft. 2Dazu gehören Regelungen

1.
zur Geschäftsführung,

2.
zum Vorsitz,

3.
zur Vorbereitung von Beschlüssen,

4.
zur Beschlussfassung,

5.
zur Ehrenamtlichkeit, zur Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder und der externen Sachverständigen und

6.
zur Einholung von Unabhängigkeitserklärungen der beteiligten Mitglieder und externen Sachverständigen, die beinhalten, dass diese keine finanziellen oder persönlichen Interessen haben, die Auswirkungen auf ihre Unparteilichkeit haben könnten.




§ 33 Antrag bei der Ethik-Kommission



(1) Die nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2017/745 oder Artikel 58 Absatz 5 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2017/746 erforderliche Stellungnahme einer Ethik-Kommission ist vom Sponsor über das Deutsche Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem nach § 86 zu beantragen bei

1.
der nach Landesrecht für den Prüfer zuständigen Ethik-Kommission,

2.
der nach Landesrecht für den Hauptprüfer zuständigen Ethik-Kommission, wenn ein Hauptprüfer bestimmt ist, oder

3.
der nach Landesrecht für den Leiter der klinischen Prüfung oder der Leistungsstudie zuständigen Ethik-Kommission, wenn ein Leiter der klinischen Prüfung oder der Leistungsstudie bestimmt ist.

(2) 1Der Antrag muss enthalten:

1.
die Angaben und Unterlagen,

a)
die in Anhang XV Kapitel II der Verordnung (EU) 2017/745 genannt sind, mit Ausnahme der in Anhang XV Kapitel II Ziffer 3.1.1. und 4.2. der Verordnung (EU) 2017/745 genannten Angaben und Unterlagen, bei einer klinischen Prüfung oder

b)
die in Anhang XIV Kapitel I der Verordnung (EU) 2017/746 genannt sind, mit Ausnahme der in Anhang XIV Kapitel I Ziffer 1.4. und 4.2. der Verordnung (EU) 2017/746 genannten Angaben und Unterlagen, bei einer Leistungsstudie, und

2.
den Namen, die Anschrift und die Kontaktdaten des Leiters der klinischen Prüfung oder der Leistungsstudie, sofern ein Leiter bestimmt ist.

2Unterlagen, die für den Prüfungsteilnehmer oder seinen gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter bestimmt sind, sowie die Zusammenfassung des klinischen Prüfplans nach Anhang XV Kapitel II Ziffer 1.11. der Verordnung (EU) 2017/745 oder des Leistungsstudienplans nach Anhang XIV Kapitel I Ziffer 1.11. der Verordnung (EU) 2017/746 sind in deutscher Sprache einzureichen. 3Die weiteren Angaben und Unterlagen können in deutscher oder englischer Sprache vorgelegt werden.

(3) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte teilt dem Sponsor, der zuständigen Ethik-Kommission sowie den nach § 35 Absatz 2 Satz 1 zu beteiligenden Ethik-Kommissionen den Eingang des Antrags mittels eines automatisierten elektronischen Verfahrens mit.




§ 34 Prüfung der Ordnungsmäßigkeit des Antrags durch die Ethik-Kommission



(1) Die zuständige Ethik-Kommission prüft, ob der Antrag ordnungsgemäß ist.

(2) 1Wenn Unterlagen zum Antrag ohne Begründung hierfür fehlen oder der Antrag aus sonstigen Gründen nicht ordnungsgemäß ist, fordert die zuständige Ethik-Kommission den Sponsor auf, die von ihr benannten Mängel innerhalb von zehn Tagen zu beheben. 2Die Aufforderung enthält den Hinweis, dass die Frist nach § 36 erst nach Eingang des ordnungsgemäßen Antrags beginnt.

(3) Die zuständige Ethik-Kommission bestätigt dem Sponsor und den nach § 35 Absatz 2 Satz 1 zu beteiligenden Ethik-Kommissionen innerhalb von zehn Tagen den Eingang des ordnungsgemäßen Antrags unter Angabe des Eingangsdatums.


§ 35 Ethische Bewertung der beantragten klinischen Prüfung oder Leistungsstudie



(1) Die zuständige Ethik-Kommission hat die Aufgabe, den Prüfplan oder den Leistungsstudienplan und die erforderlichen Unterlagen insbesondere unter ethischen und rechtlichen Gesichtspunkten zu beraten und zu prüfen, ob folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

1.
die Voraussetzungen und Anforderungen nach Abschnitt 1 und

2.
die Voraussetzungen

a)
nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe c bis k, Absatz 6 und 7 der Verordnung (EU) 2017/745 bei einer klinischen Prüfung oder

b)
nach Artikel 58 Absatz 5 Buchstabe c bis k, Absatz 7 und 8 der Verordnung (EU) 2017/746 bei einer Leistungsstudie.

(2) 1Soll die klinische Prüfung oder die Leistungsstudie in mehr als einer Prüfstelle durchgeführt werden, bewertet die zuständige Ethik-Kommission den Antrag im Benehmen mit den Ethik-Kommissionen, die nach Landesrecht für die Prüfer oder Hauptprüfer zuständig sind (beteiligte Ethik-Kommissionen). 2Die beteiligten Ethik-Kommissionen prüfen jeweils die Qualifikation der Prüfer und die Geeignetheit der Prüfstellen in ihrem Zuständigkeitsbereich. 3Die Stellungnahmen der beteiligten Ethik-Kommissionen müssen der zuständigen Ethik-Kommission innerhalb von 20 Tagen nach Eingang des ordnungsgemäßen Antrags vorgelegt werden.

(3) 1Während die zuständige Ethik-Kommission ihre Stellungnahme nach Erhalt eines ordnungsgemäßen Antrags erarbeitet, kann sie einmalig zusätzliche Informationen vom Sponsor anfordern. 2Der Sponsor übermittelt die zusätzlichen Informationen innerhalb einer von der zuständigen Ethik-Kommission bestimmten Frist. 3Diese Frist soll 45 Tage ab Zugang des Informationsersuchens nicht überschreiten.

(4) 1Zur Bewertung der Unterlagen zum Antrag kann die zuständige Ethik-Kommission eigene wissenschaftliche Erkenntnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. 2Sie hat Sachverständige beizuziehen oder Gutachten anzufordern, wenn es sich um eine klinische Prüfung oder eine Leistungsstudie bei Minderjährigen handelt und sie nicht über eigene Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Kinderheilkunde, einschließlich ethischer und psychosozialer Fragen der Kinderheilkunde, verfügt.




§ 36 Frist zur Stellungnahme der Ethik-Kommission



(1) Die zuständige Ethik-Kommission übermittelt dem Sponsor ihre Stellungnahme innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Eingang des ordnungsgemäßen Antrags.

(2) Werden zusätzliche Informationen angefordert, ist der Ablauf der Frist vom Zeitpunkt der Absendung des Informationsersuchens nach § 35 Absatz 3 Satz 1 bis zum Eingang der zusätzlichen Informationen gehemmt.

(3) 1Die Frist zur Stellungnahme verlängert sich um 15 Tage, wenn sich die Ethik-Kommission durch Sachverständige beraten lässt. 2In diesem Fall teilt die Ethik-Kommission dem Sponsor spätestens 20 Tage nach Eingang des ordnungsgemäßen Antrags mit, dass sich die Frist auf Grund der Beratung durch Sachverständige verlängert.


§ 37 Stellungnahme der Ethik-Kommission



(1) Die Stellungnahme der zuständigen Ethik-Kommission muss ein eindeutiges Votum im Sinne einer Zustimmung oder Ablehnung enthalten.

(2) Eine Stellungnahme der zuständigen Ethik-Kommission in Bezug auf eine klinische Prüfung darf nur eine Ablehnung enthalten, wenn

1.
die vorgelegten Unterlagen auch nach Ablauf der in § 34 Absatz 2 genannten Frist unvollständig sind,

2.
die vorgelegten Unterlagen einschließlich des Prüfplans, des Handbuchs des Prüfers und der Modalitäten für die Auswahl der Prüfungsteilnehmer nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen, insbesondere wenn die klinische Prüfung ungeeignet ist, den Nachweis der Sicherheit, der Leistung oder des Nutzens des Produktes für Patienten oder die Prüfungsteilnehmer zu erbringen, oder

3.
die in Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe c bis k, Absatz 6 und 7 der Verordnung (EU) 2017/745 sowie die in Abschnitt 1 genannten Anforderungen nicht erfüllt sind.

(3) Eine Stellungnahme der zuständigen Ethik-Kommission in Bezug auf eine Leistungsstudie darf nur eine Ablehnung enthalten, wenn

1.
die vorgelegten Unterlagen auch nach Ablauf der in § 34 Absatz 2 genannten Frist unvollständig sind,

2.
die vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Leistungsstudienplan und die Prüferinformation nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und die Leistungsstudie ungeeignet ist, den Nachweis für die Sicherheit, die Leistungsmerkmale oder den Nutzen des In-vitro-Diagnostikums zu erbringen, oder

3.
die in Artikel 58 Absatz 5 Buchstabe c bis k, Absatz 7 und 8 der Verordnung (EU) 2017/746 sowie die in Kapitel 4 Abschnitt 1 genannten Anforderungen nicht erfüllt sind.