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Teil 2 - Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG)

Artikel 1 G. v. 08.08.2020 BGBl. I S. 1818 (Nr. 37); zuletzt geändert durch Artikel 14 G. v. 22.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 405
Geltung ab 14.08.2020; FNA: 754-31 Energieversorgung
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Teil 2 Zielniveau, Ausschreibungsvolumen und Umfang der gesetzlichen Reduzierung

§ 4 Zielniveau und Zieldaten



(1) 1Das Zielniveau für die Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung ist bis zum 31. Dezember 2022 (Zieldatum 2022) 30 Gigawatt, bis zum 1. April 2030 (Zieldatum 2030) 17 Gigawatt und spätestens bis zum 31. Dezember 2038 (Zieldatum 2038) 0 Gigawatt verbleibende Nettonennleistung Steinkohleanlagen und Braunkohleanlagen am Strommarkt. 2Dieses Zielniveau sinkt zwischen den Zieldaten 2022 und 2030 sowie zwischen den Zieldaten 2030 und 2038 jeweils jährlich um gleich große Mengen Nettonennleistung. 3Die jährlichen Reduktionsschritte erfolgen zum 1. Juli 2023 (Zieldatum 2023), zum 1. Juli 2024 (Zieldatum 2024), danach jährlich jeweils zum 1. April, erstmals zum 1. April 2025 (Zieldatum 2025) bis zum 1. April 2037 (Zieldatum 2037), und spätestens endend am 31. Dezember 2038 (Zieldatum 2038).

(2) 1Zum Zieldatum 2022 setzt sich das Zielniveau von 30 Gigawatt aus 15 Gigawatt verbleibender Nettonennleistung Steinkohleanlagen und 15 Gigawatt verbleibender Nettonennleistung Braunkohleanlagen am Strommarkt zusammen. 2Zum Zieldatum 2030 ist das Zielniveau von 17 Gigawatt aufgeteilt auf ein Zielniveau von 8 Gigawatt verbleibender Nettonennleistung Steinkohleanlagen und ein Zielniveau von 9 Gigawatt verbleibender Nettonennleistung Braunkohleanlagen am Strommarkt. 3Soweit die verbleibende Nettonennleistung der Steinkohleanlagen für ein Zieldatum nicht ausdrücklich in Satz 1 oder Satz 2 genannt ist, ermittelt sich die verbleibende Nettonennleistung der Steinkohleanlagen an dem jährlichen Zielniveau nach Absatz 1 (Zielniveau für die Reduzierung der Steinkohleverstromung), indem von dem jährlichen Zielniveau nach Absatz 1 jeweils die Summe der Nettonennleistung der Braunkohleanlagen abgezogen wird, die nach Teil 5 und Anlage 2 sowie dem öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 49 zum Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das jeweilige Zieldatum liegt, noch elektrische Energie durch den Einsatz von Braunkohle am Strommarkt erzeugen dürfen. 4Braunkohle-Kleinanlagen, die nicht in Anlage 2 aufgeführt sind, werden bei der Ermittlung der verbleibenden Nettonennleistung der Steinkohleanlagen nach Satz 3 von dem jährlichen Zielniveau nicht abgezogen. 5Die in Anlage 2 genannten Braunkohleanlagen Niederaußem K, Neurath F (BoA 2) und Neurath G (BoA 3) werden bei der Berechnung des Zielniveaus für die Reduzierung der Steinkohleverstromung nach Satz 3 so behandelt, als würden sie zum Zieldatum 2038 stillgelegt.




§ 5 Erreichen des Zielniveaus durch Ausschreibungen und die gesetzliche Reduzierung



(1) Das jeweilige Zielniveau für die Reduzierung der Steinkohleverstromung nach § 4 wird wie folgt erreicht:

1.
bis zu dem Zieldatum 2023 nur durch die Ausschreibung nach Teil 3,

2.
ab den Zieldaten 2024 bis einschließlich 2026 jährlich durch die Ausschreibungen nach Teil 3 und bei Unterzeichnung der Ausschreibung nach § 20 Absatz 3 durch die gesetzliche Reduzierung der Steinkohle nach Teil 4 und

3.
ab dem Zieldatum 2027 bis zu dem Zieldatum 2038 ausschließlich durch die gesetzliche Reduzierung nach Teil 4.

(2) 1Erhält der Anlagenbetreiber im Rahmen einer Ausschreibung nach Teil 3 einen Zuschlag, hat er nach § 23 Anspruch auf Zahlung des Steinkohlezuschlags. 2Wird gegenüber dem Anlagenbetreiber nach § 35 angeordnet, dass die jeweilige Steinkohleanlage der gesetzlichen Reduzierung unterfällt, hat der Anlagenbetreiber keinen Anspruch auf Zahlung des Steinkohlezuschlags. 3§ 39 bleibt unberührt. 4Rechtsfolgen des Zuschlags nach § 21 und der Anordnung der gesetzlichen Reduzierung nach § 35 sind ein Verbot der Kohleverfeuerung nach § 51 und ein Vermarktungsverbot nach § 52.




§ 6 Ermittlung des Ausschreibungsvolumens und des Umfangs der gesetzlichen Reduzierung



(1) Die Bundesnetzagentur ermittelt nach Absatz 2 ausschließlich im öffentlichen Interesse für jeden Gebotstermin das Ausschreibungsvolumen und für jeden Anordnungstermin die Reduktionsmenge für die gesetzliche Reduzierung der Steinkohleverstromung.

(2) Das zu ermittelnde Ausschreibungsvolumen und die zu ermittelnde Reduktionsmenge nach Absatz 1 in Megawatt Nettonennleistung ist die Differenz zwischen dem Ausgangsniveau nach § 7 für das jeweilige Zieldatum und dem Zielniveau an Steinkohleanlagen am Strommarkt nach § 4 für das jeweilige Zieldatum.

(3) 1Abweichend von den Absätzen 1 und 2 erfolgt in den verkürzten Verfahren für die Jahre 2020 und 2021 keine Ermittlung des Ausschreibungsvolumens. 2Das Ausschreibungsvolumen für die Ausschreibung im verkürzten Verfahren für das Jahr 2020 beträgt 4 Gigawatt Nettonennleistung und das Ausschreibungsvolumen für die Ausschreibung im verkürzten Verfahren für das Jahr 2021 beträgt 1,5 Gigawatt Nettonennleistung.

(4) In den Ausschreibungen für das Zieldatum 2023, das Zieldatum 2024 und das Zieldatum 2025 wird zu dem nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Ausschreibungsvolumen jeweils 1 Gigawatt addiert.




§ 7 Ermittlung des Ausgangsniveaus durch die Bundesnetzagentur



(1) Die Bundesnetzagentur ermittelt vor jedem Gebots- oder Anordnungstermin das Ausgangsniveau für die Ausschreibungen und für die gesetzliche Reduzierung für das jeweils nächste Zieldatum, indem sie das Verfahren nach den folgenden Absätzen durchführt.

(2) Zur Ermittlung des Ausgangsniveaus wird zunächst die Summe der Nettonennleistung der Steinkohleanlagen mit Genehmigung zur Kohleverstromung ermittelt

1.
für die Zieldaten 2022 und 2023, indem die Bundesnetzagentur die Nettonennleistung der im beschleunigten Verfahren nach § 8 ermittelten Kraftwerke addiert und

2.
für die Zieldaten ab dem Zieldatum 2024, indem die Bundesnetzagentur die Nettonennleistung der Kraftwerke auf der Liste nach § 29 Absatz 4 in Verbindung mit § 32 addiert.

(3) Von der Summe der nach Absatz 2 ermittelten installierten Nettonennleistung subtrahiert die Bundesnetzagentur die Summe der Nettonennleistung der Steinkohleanlagen,

1.
die ihre immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach den §§ 4 bis 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verloren haben,

2.
für die eine verbindliche Stilllegung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 oder ein verbindliches Verbot der Kohleverfeuerung nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 angezeigt wurde, wenn die Stilllegung oder das Verbot der Kohleverfeuerung vor oder zu dem jeweiligen Zieldatum wirksam wird,

3.
für die eine endgültige Stilllegung nach § 13b des Energiewirtschaftsgesetzes angezeigt wurde und denen eine endgültige Stilllegung nach § 13b Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes verboten wurde,

4.
die nach § 18 der Kapazitätsreserveverordnung vom 28. Januar 2019 (BGBl. I S. 58) einen Zuschlag erhalten haben und für die ein wirksamer Vertrag im Rahmen der Kapazitätsreserve dadurch zustande gekommen ist, dass die Zweitsicherheit nach § 10 Absatz 2 der Kapazitätsreserveverordnung fristgerecht geleistet worden ist, wenn der Erbringungszeitraum zum Zieldatum bereits begonnen hat; dies ist auch anzuwenden, wenn die vertragliche Verpflichtung bereits beendet wurde,

5.
denen ein Zuschlag nach § 21 erteilt wurde,

6.
denen die gesetzliche Reduzierung nach § 35 angeordnet wurde,

7.
für die zum Zeitpunkt der Ermittlung des Ausgangsniveaus ein Antrag auf Zulassung für den Kohleersatzbonus nach § 7 Absatz 2 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes in der am 13. August 2020 geltenden Fassung oder nach § 7c des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gestellt und bereits eine Zulassung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erteilt und nicht zurückgenommen wurde und

8.
die nach § 51 Absatz 5 vor oder zu dem jeweiligen Zieldatum keine Kohle mehr verfeuern dürfen.

(4) 1Für die Ermittlung der Steinkohleanlagen nach den Absätzen 2 und 3 bezieht die Bundesnetzagentur alle Informationen ein, die bis einen Monat vor der Bekanntmachung der Ausschreibung nach § 11 oder der Anordnung der gesetzlichen Reduzierung nach § 35 bei ihr eingegangen sind. 2Erfolgt die Bekanntmachung der Ausschreibung nach § 11 vor dem Zuschlagstermin der vorherigen Ausschreibung, berücksichtigt die Bundesnetzagentur bei der Berichtigung des Ausschreibungsvolumens nach § 11 Absatz 1 Satz 4 Informationen nach Absatz 3 Nummer 5 bis zum Zuschlagstermin der vorherigen Ausschreibung.

(5) Abweichend von den Absätzen 1 bis 4 findet in den verkürzten Verfahren in den Jahren 2020 und 2021 keine Ermittlung des Ausgangsniveaus statt.




§ 8 Beschleunigtes Verfahren zur Erfassung der Steinkohleanlagen



(1) 1Die Bundesnetzagentur veröffentlicht zur Ermittlung des Ausgangsniveaus für die Ausschreibungen für die Zieldaten 2022 und 2023 auf Grundlage des Monitorings nach § 35 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes spätestens fünf Monate vor dem jeweiligen Gebotstermin, beginnend spätestens mit dem 30. September 2020, eine Liste der Steinkohleanlagen in Deutschland, die eine rechtswirksame Genehmigung nach den §§ 4 bis 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 432) geändert worden ist, zur Verfeuerung von Steinkohle zum Zweck der Erzeugung elektrischer Energie haben, mit folgenden Angaben auf ihrer Internetseite:

1.
den Namen,

2.
die Adresse,

3.
die Zuordnung zu einem Hauptenergieträger und

4.
die Nettonennleistung.

2Bereits endgültig nach § 13b Absatz 3 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes stillgelegte Erzeugungsanlagen sind von der Erhebung ausgenommen.

(2) 1Soweit für Steinkohleanlagen eine Korrektur oder Ergänzung der zugrunde gelegten Angaben nach Absatz 1 erforderlich ist, muss der Anlagenbetreiber, der dem Monitoring nach § 35 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes unterliegt, die Angaben sowie die entsprechenden Unterlagen, aus denen sich der Korrekturbedarf oder die Ergänzung ergibt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Veröffentlichung der Angaben nach Absatz 1 an die Bundesnetzagentur übermitteln. 2Anlagenbetreiber, die nicht vom Monitoring nach § 35 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes erfasst sind, müssen die Daten nach Absatz 1 nach Aufforderung durch die Bundesnetzagentur unmittelbar oder ohne Aufforderung innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Veröffentlichung der Angaben nach Absatz 1 an die Bundesnetzagentur übermitteln. 3Die Angaben nach den Sätzen 1 und 2 sind verbindlich, vorbehaltlich der wirksamen Zuordnung zu Dampfsammelschienenblöcken nach § 13.


§ 9 Verbindliche Stilllegungsanzeige und verbindliche Kohleverfeuerungsverbotsanzeige



(1) Der Anlagenbetreiber einer Steinkohleanlage mit einer Nettonennleistung von 10 Megawatt oder mehr kann

1.
bei der Anzeige der endgültigen Stilllegung nach § 13b Absatz 1 und 3 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes erklären, dass er sich verpflichtet, die Steinkohleanlage zu dem angezeigten Stilllegungszeitpunkt, spätestens 30 Monate nach dieser Anzeige, endgültig stillzulegen (verbindliche Stilllegungsanzeige) oder

2.
gegenüber der Bundesnetzagentur erklären, dass er sich verpflichtet, in der Steinkohleanlage ab dem angezeigten Zeitpunkt, spätestens 30 Monate nach dieser Anzeige, keine Kohle mehr zu verfeuern (verbindliche Kohleverfeuerungsverbotsanzeige); in diesem Fall ist § 51 Absatz 1 anzuwenden.

(2) 1Die Anzeigen nach Absatz 1 sind unwiderruflich. 2Im Fall einer verbindlichen Stilllegungsanzeige muss der Anlagenbetreiber in der Stilllegungsanzeige den Kalendertag mitteilen, zu dem die endgültige Stilllegung der Steinkohleanlage erfolgen soll. 3Im Fall einer verbindlichen Kohleverfeuerungsverbotsanzeige muss der Anlagenbetreiber den Kalendertag bestimmen und mitteilen, ab dem das Verbot der Kohleverfeuerung wirksam werden soll. 4Die Pflicht zur Anzeige von Stilllegungen nach § 13b Absatz 1 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes und die damit verbundenen Bestimmungen nach den §§ 13b bis 13d des Energiewirtschaftsgesetzes bleiben unberührt.

(3) 1Eine Steinkohleanlage, für die der Anlagenbetreiber die Stilllegung nach Absatz 1 Nummer 1 angezeigt oder sich nach Absatz 1 Nummer 2 verpflichtet hat, in der Steinkohleanlage keine Kohle mehr zu verfeuern,

1.
darf nicht an dem Ausschreibungsverfahren nach Teil 3 teilnehmen,

2.
darf an den Beschaffungsverfahren der Kapazitätsreserve nach § 13e Absatz 2 in Verbindung mit § 13h des Energiewirtschaftsgesetzes teilnehmen.

2Der Anspruch auf den erhöhten Zuschlag für KWK-Strom nach § 7 Absatz 2 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes in der am Tag vor dem 13. August 2020 geltenden Fassung oder nach § 7c des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes bleibt für den Anlagenbetreiber nach Satz 1 unberührt.