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Abschnitt 3 - Endlagersicherheitsanforderungsverordnung (EndlSiAnfV)


Abschnitt 3 Erkundung des Endlagerstandortes und Planung des Endlagers

§ 9 Erkundung des Endlagerstandortes



(1) 1Bei der Erkundung des Endlagerstandortes sind die Daten über die Eigenschaften des Standortes, die für die Sicherheit des Endlagers wesentlich sind, qualitätsgesichert und in einem für den Sicherheitsbericht ausreichenden Umfang zu erheben. 2Die vorgesehene Qualitätssicherung muss dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen. 3Die Variationsbreite der erhobenen Daten ist zu ermitteln und ihre mögliche Veränderung während der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung des Endlagers sowie im Bewertungszeitraum ist abzuschätzen.

(2) Alle untertägigen Hohlräume sind gebirgsschonend aufzufahren und nach Gebrauch so zu verschließen, dass die für den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle relevanten Eigenschaften des Gebirges im Endlagerbereich, insbesondere des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 1, erhalten bleiben.

(3) 1Alle geschaffenen oder bereits bestehenden Hohlräume und Bohrungen sind zu dokumentieren. 2Dies gilt auch für solche Hohlräume und Bohrungen, die nur vorübergehend bestehen oder die nur einen geringfügigen Umfang haben.

(4) Die Arbeiten sind so zügig durchzuführen, wie dies unter Gewährleistung der erforderlichen Sicherheit möglich ist.


§ 10 Sicherheitskonzept



(1) 1In einem Sicherheitskonzept ist darzulegen, wie das Ziel der Konzentration und des sicheren Einschlusses der radioaktiven Abfälle nach § 4 Absatz 1 erreicht werden soll. 2Dabei ist das gesamte Endlagersystem während der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung sowie im Bewertungszeitraum zu berücksichtigen.

(2) 1Basis für die Erstellung des Sicherheitskonzeptes sind die zu erwartenden Entwicklungen des Endlagersystems im Bewertungszeitraum. 2Die abweichenden Entwicklungen sind einzubeziehen.

(3) 1Im Sicherheitskonzept sind die Ergebnisse der umfassenden vorläufigen Sicherheitsuntersuchung nach § 18 Absatz 1 Satz 2 des Standortauswahlgesetzes zu berücksichtigen. 2Insbesondere sind Änderungen gegenüber dem in der umfassenden vorläufigen Sicherheitsuntersuchung zu Grunde gelegten vorläufigen Sicherheitskonzept auszuweisen und zu begründen.

(4) Es ist darzustellen, dass die Optimierung des Sicherheitskonzeptes nach § 12 Absatz 2 abgeschlossen ist.

(5) 1Das Sicherheitskonzept muss eine Darstellung aller vorgesehenen Barrieren des Endlagersystems, insbesondere der wesentlichen Barrieren nach § 4 Absatz 3, ihrer jeweiligen Sicherheitsfunktionen und ihres Zusammenwirkens, enthalten. 2Die Darstellung muss auch ein Verschlusskonzept zur Abdichtung von Hohlräumen, die mit radioaktiven Abfällen beladen worden sind, umfassen. 3Es ist darzulegen, dass die Sicherheitsfunktionen des Endlagersystems und seiner Barrieren gegenüber inneren und äußeren Einflüssen und Störungen unempfindlich sind und dass das Verhalten der Barrieren gut prognostizierbar ist.

(6) Das Sicherheitskonzept hat im Übrigen zu enthalten:

1.
einen Ablaufplan für die Errichtung, den Betrieb und die Stilllegung des Endlagers, der darlegt, wie die Sicherheit des Endlagers nach § 17 sichergestellt werden kann und wie die radioaktiven Abfälle in einem sicheren Zustand gehalten werden können,

2.
eine Darstellung der Maßnahmen, mit denen die Rückholbarkeit der eingelagerten radioaktiven Abfälle nach § 13 bis zum Beginn der Stilllegung gewährleistet wird, und

3.
eine Darstellung der Vorkehrungen, die zur Ermöglichung einer Bergung der eingelagerten radioaktiven Abfälle nach § 14 getroffen werden.

(7) Im Sicherheitskonzept zu berücksichtigen sind Maßnahmen, die bis zum Abschluss der Stilllegung erforderlich sind

1.
zur Gewährleistung des erforderlichen Schutzes des Endlagers vor Störmaßnahmen und sonstigen Einwirkungen Dritter und

2.
zur Überwachung von Kernmaterial.


§ 11 Auslegung des Endlagers



(1) 1Die technische Auslegung des Endlagers ist aus dem Sicherheitskonzept abzuleiten und zu optimieren. 2Sie hat insbesondere Folgendes zu umfassen:

1.
die Definition der wesentlichen Barrieren nach § 4 Absatz 3 unter Berücksichtigung der Endlagergebinde, der Einlagerungstechnik und der Einlagerungsgeometrie, dabei

a)
im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 1 Lage und Abmessungen des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs oder

b)
im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 2 Spezifikationen der wesentlichen technischen und geotechnischen Barrieren,

2.
die Definition der weiteren Barrieren des Endlagersystems unter Berücksichtigung der Endlagergebinde, der Einlagerungstechnik und der Einlagerungsgeometrie,

3.
die Positionierung und technische Ausführung aller untertägigen Hohlräume, insbesondere der für die Einlagerung von Endlagergebinden bestimmten Bereiche, sowie aller Tageszugänge,

4.
die Spezifikation der Einbauten und Geräte, die der Handhabung von Endlagergebinden dienen,

5.
die sicherheitstechnischen Anforderungen an die Endlagergebinde sowie die Vorgaben für die Behandlung der darin enthaltenen Abfälle nach § 3 Absatz 1 Satz 2 der Atomrechtlichen Entsorgungsverordnung vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2034, 2172) in der jeweils geltenden Fassung,

6.
das Einlagerungskonzept, insbesondere Anordnung sowie Handhabung und Kontrolle der Endlagergebinde,

7.
die Maßnahmen zur Gewährleistung der Rückholbarkeit bereits eingelagerter Endlagergebinde und

8.
die Stilllegungsmaßnahmen einschließlich der Verschlussmaßnahmen.

(2) Es ist darzustellen, dass die Optimierung der Auslegung des Endlagers nach § 12 Absatz 2 abgeschlossen ist.

(3) Bei der Auslegung der untertägigen Bereiche des Endlagers, insbesondere bei der Festlegung der Grenzen des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs oder im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 2 des Einlagerungsbereichs, sind alle Ergebnisse der Erkundung des Endlagerstandortes, insbesondere die geologischen Befunde der untertägigen Erkundung, einschließlich ihrer Ungewissheiten und deren Relevanz für die Sicherheit und Robustheit des Endlagersystems, zu berücksichtigen.

(4) Die Verletzung des Gebirges im Endlagerbereich, und im Fall des § 4 Absatz 3 Nummer 1 insbesondere des vorgesehenen einschlusswirksamen Gebirgsbereichs, mit Schächten, Auffahrungen oder Bohrungen ist auf das für die sichere Errichtung, den sicheren Betrieb und die sichere Stilllegung des Endlagers unvermeidliche Ausmaß zu beschränken.

(5) Für alle vorgesehenen technischen Komponenten des Endlagers sind die Bedingungen für einen sicheren Betrieb zu dokumentieren, zu begründen und bei der Auslegung des Endlagers zu berücksichtigen.


§ 12 Optimierung des Endlagersystems



(1) Das Sicherheitskonzept und die technische Auslegung des Endlagers sind unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Beachtung der Ausgewogenheit der Maßnahmen zur Erreichung folgender Ziele zu optimieren:

1.
die Langzeitsicherheit des Endlagers, insbesondere die Qualität des sicheren Einschlusses der radioaktiven Abfälle und Robustheit des Endlagersystems, sowie

2.
die Betriebssicherheit des Endlagers.

(2) Die Optimierung ist abgeschlossen, wenn eine weitere Verbesserung der Sicherheit nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erreicht werden kann.

(3) 1Bei der Optimierung des Endlagers sind neben den zu erwartenden und den abweichenden Entwicklungen nach § 3 Absatz 3 und 4 auch die hypothetischen Entwicklungen und Entwicklungen auf der Grundlage zukünftiger menschlicher Aktivitäten nach § 3 Absatz 6 und 7 zu berücksichtigen. 2Es ist sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Optimierung des Endlagersystems, die aus abweichenden Entwicklungen abgeleitet werden, die Sicherheit des Endlagers für die zu erwartenden Entwicklungen nicht erheblich beeinträchtigen. 3Maßnahmen, die aus hypothetischen Entwicklungen abgeleitet werden, dürfen die Sicherheit des Endlagers für die zu erwartenden und für die abweichenden Entwicklungen nicht erheblich beeinträchtigen. 4Die Optimierung zur Verringerung möglicher Auswirkungen von zukünftigen menschlichen Aktivitäten auf das Endlagersystem ist nachrangig durchzuführen.

(4) 1Im Rahmen der periodischen Sicherheitsüberprüfungen nach § 9h Nummer 1 des Atomgesetzes in Verbindung mit § 19a Absatz 3 und 4 des Atomgesetzes ist eine erneute Optimierung auf der Grundlage umfassender Sicherheitsanalysen vorzunehmen. 2Dabei ist das Sicherheitskonzept des Endlagersystems nach dem Stand von Wissenschaft und Technik grundlegend zu überprüfen und ist eine Untersuchung möglicher Alternativen zum aktuellen Endlagersystem und seinen Komponenten durchzuführen. 3Aus den Ergebnissen der Überprüfung und der Untersuchung sind mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit des Endlagers abzuleiten. 4Erkenntnisse aus der Errichtung, dem Betrieb und der Stilllegung des Endlagers sind zu berücksichtigen.

(5) § 8 des Strahlenschutzgesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966), das zuletzt durch Artikel 248 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung bleibt unberührt.