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Unterabschnitt 1 - Wertpapierinstituts-Prüfungsberichtsverordnung (WpIPrüfbV)

V. v. 07.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 350
Geltung ab 12.12.2023; FNA: 7610-23-2 Aufsichtsrechtliche Vorschriften

Abschnitt 3 Aufsichtliche Vorgaben

Unterabschnitt 1 Risikomanagement, Geschäftsorganisation und Handelsbuch

§ 12 Angemessenheit und Zweckdienlichkeit der Regelungen für die Unternehmensführung



(1) 1Der Prüfer hat die Angemessenheit und Zweckdienlichkeit der Regelungen für die Unternehmensführung nach § 41 des Wertpapierinstitutsgesetzes unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs und der Komplexität der mit dem Geschäftsmodell verbundenen Risiken und der Art, des Umfangs und der Komplexität der tatsächlich getätigten Geschäfte des Wertpapierinstituts zu beurteilen. 2Dabei ist nach § 38 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes bei Kleinen Wertpapierinstituten nur auf Risiken für die Kunden und auf Liquiditätsrisiken nach § 45 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 und 4 des Wertpapierinstitutsgesetzes und bei Mittleren Wertpapierinstituten zusätzlich auf Risiken für den Markt und auf Risiken für das Wertpapierinstitut nach § 45 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 des Wertpapierinstitutsgesetzes einzugehen.

(2) Der Prüfer hat zu beurteilen, ob

1.
das Wertpapierinstitut über eine klare Organisationsstruktur mit klar bestimmten, transparenten und widerspruchsfreien Berichtslinien verfügt,

2.
die Regelungen, Strategien und Verfahren zur Ermittlung der Risikotragfähigkeit des Wertpapierinstituts eine vorsichtige Ermittlung der Risiken sowie der Risikodeckungspotenziale gewährleisten,

3.
die Verfahren zur Identifizierung, Steuerung, Überwachung und Meldung der Risiken, denen das Wertpapierinstitut ausgesetzt ist oder die das Wertpapierinstitut für andere darstellt, wirksam sind,

4.
die Innenrevision nach Artikel 24 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1; L 246 vom 26.9.2017, S. 12; L 82 vom 26.3.2018, S. 18), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1254 (ABl. L 277 vom 2.8.2021, S. 6) geändert worden ist, in einer den getätigten Geschäften angemessenen Weise eingerichtet ist und ihre Aufgaben wirksam wahrnimmt,

5.
das interne Kontrollsystem angemessen, solide und wirksam ist und insbesondere über wirksame Risikomanagement- und Compliance-Funktionen verfügt,

6.
die Notfallplanung für die Systeme und Verfahren nach Artikel 21 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 angemessen und wirksam ist sowie

7.
die personelle Ausstattung und die Mittel für den Umgang mit den bedeutenden Risiken, denen das Wertpapierinstitut ausgesetzt ist, ausreichend sind.

(3) 1Der Prüfer hat zu beurteilen, ob die Geschäftsleiter die Anforderungen nach § 20 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes erfüllen und die Anforderungen nach § 20 Absatz 3 und 4 des Wertpapierinstitutsgesetzes einhalten. 2Der Prüfer hat außerdem zu beurteilen, ob die Verwaltungs- oder Aufsichtsorgane die Vorgaben nach § 21 Absatz 1 und 2 des Wertpapierinstitutsgesetzes erfüllen und der Aufgabe nach § 21 Absatz 4 des Wertpapierinstitutsgesetzes wirksam nachkommen.

(4) Der Prüfer hat zu beurteilen, ob die Geschäftsleiter im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 43 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes nachgekommen sind und der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 43 Absatz 2 des Wertpapierinstitutsgesetzes ausreichend Zeit gewidmet haben.

(5) 1Der Prüfer hat zu beurteilen, ob die Strukturen des Wertpapierinstituts es seinem Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan ermöglichen, seine Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen. 2Der Prüfer hat zu prüfen, ob ein Risiko- und ein Vergütungskontrollausschuss nach § 44 Absatz 3 Satz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes eingerichtet wurden. 3Sofern diese Ausschüsse nicht eingerichtet wurden, hat er zu beurteilen, ob einer der in § 44 Absatz 3 Satz 2 des Wertpapierinstitutsgesetzes genannten Gründe vorlag. 4Der Prüfer hat zudem zu beurteilen, ob für die Geschäftsleiter und die Mitglieder des Risikoausschusses ein ausreichender Zugang zu allen Informationen sichergestellt ist, die die Risiken betreffen, denen das Wertpapierinstitut ausgesetzt ist oder ausgesetzt sein könnte.


§ 13 Hinweisgebersystem



Der Prüfer hat zu beurteilen, ob

1.
das Wertpapierinstitut nach § 13 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes ein angemessenes Verfahren eingerichtet hat, das seinen Mitarbeitern ermöglicht, mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben und möglicherweise strafbare Handlungen innerhalb des Unternehmens über einen speziellen unabhängigen Kanal zu melden, und

2.
dabei die Vertraulichkeit der Identität der Mitarbeiter gewahrt wird.


§ 14 Vergütungssysteme



1Der Prüfer hat die Angemessenheit und die Transparenz der Vergütungssysteme des Wertpapierinstituts sowie die Ausrichtung auf eine nachhaltige Entwicklung des Wertpapierinstituts nach § 46 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes zu beurteilen. 2Dabei hat der Prüfer insbesondere zu beurteilen und darüber zu berichten, ob

1.
die Zuordnung der Vergütungsbestandteile zur fixen Vergütung eindeutig ist,

2.
die Vergütungssysteme einschließlich der Vergütungsstrategie dem Erreichen der Ziele, die in den Geschäfts- und Risikostrategien des Wertpapierinstituts niedergelegt sind, entgegenstehen,

3.
die Geschäftsleitung das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan mindestens einmal jährlich über die Ausgestaltung der Vergütungssysteme des Wertpapierinstituts informiert hat,

4.
das Wertpapierinstitut Grundsätze zu den Vergütungssystemen festgelegt, deren Einhaltung überprüft und die Überprüfung dokumentiert hat, und

5.
die Mitarbeiter schriftlich über die Ausgestaltung der für sie maßgeblichen Vergütungssysteme und Vergütungsparameter in Kenntnis gesetzt werden.


§ 15 IT-Systeme



(1) 1Der Prüfer hat im Rahmen der Beurteilung nach § 12 Absatz 2 Nummer 7 darzustellen, ob die organisatorischen, personellen und technischen Vorkehrungen zur Sicherstellung der Integrität, Vertraulichkeit, Authentizität und Verfügbarkeit der aufsichtlich relevanten Daten nach Artikel 21 Absatz 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 angemessen sind und wirksam umgesetzt werden. 2Dabei hat er insbesondere auf den IT-Betrieb einzugehen. 3Im Rahmen der Beurteilung der Notfallplanung nach § 12 Absatz 2 Nummer 6 hat er insbesondere auf die technischen und betrieblichen Verfahren bei einem Notfall einzugehen.

(2) Werden externe IT-Dienstleister, externe Rechner oder Speicherplätze eingesetzt, so erstrecken sich die vorgenannten Pflichten des Prüfers auch auf diese IT-Ressourcen sowie deren Einbindung in das berichtspflichtige Wertpapierinstitut.


§ 16 Sanierungsplanung



1Im Rahmen der Prüfung nach § 78 Absatz 1 Satz 5 und 6 des Wertpapierinstitutsgesetzes ist gegebenenfalls zu beurteilen, ob der aufzustellende Sanierungsplan die Voraussetzungen nach § 12 Absatz 1 sowie nach § 13 Absatz 1 bis 4 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes erfüllt und unter den nachfolgenden Maßgaben darüber zu berichten. 2Der Prüfer hat die wesentlichen für die Sanierungsplanung relevanten Aspekte auf sachliche Richtigkeit und Angemessenheit zu prüfen. 3Der Prüfer hat dabei gegebenenfalls festgelegte vereinfachte Anforderungen nach § 19 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes zu berücksichtigen. 4Soweit der Sanierungsplan Annahmen, Wertungen oder Schlussfolgerungen enthält, sind diese auf ihre Plausibilität und Nachvollziehbarkeit zu prüfen. 5Insbesondere hat der Prüfer zu beurteilen:

1.
die Darstellung der Unternehmensstruktur und des Geschäftsmodells, die Benennung der wesentlichen Geschäftsaktivitäten und der kritischen Funktionen sowie die Beschreibung der internen und externen Vernetzungsstrukturen in dem Sanierungsplan nach § 13 Absatz 2 Nummer 2 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes,

2.
die grundsätzliche Eignung, die Auswirkungen und die Umsetzbarkeit der in dem Sanierungsplan enthaltenen Handlungsoptionen nach § 13 Absatz 2 Nummer 3 bis 5 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes; die wertpapierinstitutsspezifischen Gegebenheiten sind hierbei zu berücksichtigen,

3.
die qualitativen und quantitativen Indikatoren nach § 13 Absatz 2 Nummer 6 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes dahingehend, ob sie die wertpapierinstitutsspezifischen Besonderheiten angemessen berücksichtigen und innerhalb eines definierten Eskalations- und Informationsprozesses im Krisenfall eine rechtzeitige Durchführung von Handlungsoptionen ermöglichen,

4.
die Szenarien für schwerwiegende Belastungen nach § 13 Absatz 2 Nummer 7 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes hinsichtlich der Abdeckung der wesentlichen Risikotreiber, der Nachvollziehbarkeit und der wertpapierinstitutsspezifischen Eignung; im Hinblick auf die Eignung der Szenarien sind neben den wertpapierinstitutsspezifischen Vorgaben auch die aufsichtlichen Anforderungen an die besondere Schwere der Belastungen sowie die Art des jeweiligen Szenarios zu berücksichtigen,

5.
die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit des Sanierungsplans nach § 13 Absatz 2 Nummer 8 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes; dabei ist darauf einzugehen, ob die Beschreibung und die Analyse des Zusammenwirkens von Belastungsszenarien, Indikatoren und Handlungsoptionen ausreichend im Hinblick auf die zugrundeliegenden Annahmen, angemessen und im Hinblick auf die hieraus resultierenden Analysen nachvollziehbar sind,

6.
das Kommunikations- und Informationskonzept nach § 13 Absatz 2 Nummer 9 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes im Hinblick darauf, ob dieses die Besonderheiten der einzelnen Handlungsoptionen angemessen berücksichtigt, und

7.
die vorbereitenden Maßnahmen nach § 13 Absatz 2 Nummer 10 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes, deren Eignung sowie das Vorhandensein eines angemessenen Zeitplans und Monitoringkonzepts für die Umsetzung; hierbei ist auch zu beurteilen, ob die aufgrund der Prüfung festgestellten Mängel durch die vorbereitenden Maßnahmen beseitigt werden können.


§ 17 Vorgaben für das Handelsbuch



Es ist zu beurteilen, ob das Wertpapierinstitut nach Artikel 21 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 575/2013, (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 806/2014 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 1; L 20 vom 24.1.2020, S. 26; L 405 vom 2.12.2020, S. 79; L 261 vom 22.7.2021, S. 60), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2022/1455 (ABl. L 229 vom 5.9.2022, S. 1) geändert worden ist, im Berichtszeitraum die Vorgaben nach Teil 3 Titel I Kapitel 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166; L 20 vom 25.1.2017, S. 3; L 92 vom 30.3.2023, S. 29), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2022/2036 (ABl. L 275 vom 25.10.2022, S. 1; L 277 vom 27.10.2022, S. 316) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, insbesondere für die Zurechnung von Positionen zum Handelsbuch und für die Führung des Handelsbuchs, erfüllt hat.