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Zweiter Teilabschnitt - Steuerberatungsgesetz (StBerG)

neugefasst durch B. v. 04.11.1975 BGBl. I S. 2735; zuletzt geändert durch Artikel 3 G. v. 17.01.2024 BGBl. 2024 I Nr. 12
Geltung ab 04.11.1975; FNA: 610-10 Allgemeines Steuerrecht
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Zweiter Teil Steuerberaterordnung

Fünfter Abschnitt Berufsgerichtsbarkeit

Dritter Unterabschnitt Verfahrensvorschriften

Zweiter Teilabschnitt Das Verfahren im ersten Rechtszug

§ 112 Örtliche Zuständigkeit



1Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts bestimmt sich nach dem Sitz der Steuerberaterkammer, welcher das Mitglied der Steuerberaterkammer im Zeitpunkt der Beantragung der Einleitung des Verfahrens angehört. 2Die Verlegung der beruflichen Niederlassung nach diesem Zeitpunkt in einen anderen Kammerbezirk führt nicht zu einem Wechsel der Zuständigkeit.




§ 113 Mitwirkung der Staatsanwaltschaft



Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, bei dem der Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen besteht, nimmt in den Verfahren vor der Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahr.


§ 114 Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens



Das berufsgerichtliche Verfahren wird dadurch eingeleitet, daß die Staatsanwaltschaft eine Anschuldigungsschrift bei dem Landgericht einreicht.


§ 115 Gerichtliche Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens



(1) Gibt die Staatsanwaltschaft einem Antrag des Vorstandes der Steuerberaterkammer, gegen ein Mitglied der Steuerberaterkammer das berufsgerichtliche Verfahren einzuleiten, keine Folge oder verfügt sie die Einstellung des Verfahrens, so hat sie ihre Entschließung dem Vorstand der Steuerberaterkammer unter Angabe der Gründe mitzuteilen.

(2) 1Der Vorstand der Steuerberaterkammer kann gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft binnen eines Monats nach der Bekanntmachung bei dem Oberlandesgericht die gerichtliche Entscheidung beantragen. 2Der Antrag muß die Tatsachen, welche die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens begründen sollen, und die Beweismittel angeben. 3Satz 1 gilt nicht, wenn der Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen der Einstellung zugestimmt hatte.

(3) Auf das Verfahren nach Absatz 2 sind die §§ 173 bis 175 der Strafprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(4) § 172 der Strafprozeßordnung ist nicht anzuwenden.




§ 116 Antrag des Mitglieds der Steuerberaterkammer auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens



(1) 1Will sich das Mitglied der Steuerberaterkammer von dem Verdacht einer Pflichtverletzung befreien, so muss es bei der Staatsanwaltschaft beantragen, das berufsgerichtliche Verfahren gegen sich einzuleiten. 2Wegen eines Verhaltens, das der Vorstand der Steuerberaterkammer gerügt hat (§ 81), kann das Mitglied den Antrag nicht stellen.

(2) 1Gibt die Staatsanwaltschaft dem Antrag des Mitglieds der Steuerberaterkammer keine Folge oder verfügt sie die Einstellung des Verfahrens, so hat sie ihre Entschließung dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. 2Das Mitglied kann bei dem Oberlandesgericht die gerichtliche Entscheidung beantragen, wenn in den Gründen

1.
eine Pflichtverletzung nach § 89 Absatz 1 bis 3 festgestellt, das berufsgerichtliche Verfahren aber nicht eingeleitet wird, oder

2.
offengelassen wird, ob eine Pflichtverletzung nach § 89 Absatz 1 bis 3 vorliegt.

3Der Antrag ist binnen eines Monats nach der Bekanntmachung der Entschließung der Staatsanwaltschaft zu stellen.

(3) 1Auf das Verfahren vor dem Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen beim Oberlandesgericht ist § 173 Abs. 1 und 3 der Strafprozeßordnung entsprechend anzuwenden. 2Das Oberlandesgericht entscheidet durch Beschluß, ob eine Pflichtverletzung nach § 89 Absatz 1 bis 3 des Mitglieds der Steuerberaterkammer festzustellen ist. 3Der Beschluß ist mit Gründen zu versehen. 4Erachtet das Oberlandesgericht das Mitglied der Steuerberaterkammer einer berufsgerichtlich zu ahndenden Pflichtverletzung für hinreichend verdächtig, so beschließt es die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens. 5Die Durchführung dieses Beschlusses obliegt der Staatsanwaltschaft.

(4) Erachtet das Oberlandesgericht eine Pflichtverletzung nach § 89 Absatz 1 bis 3 nicht für gegeben, so kann nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel wegen desselben Verhaltens ein Antrag auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens gestellt oder eine Rüge durch den Vorstand der Steuerberaterkammer erteilt werden.




§ 117 Inhalt der Anschuldigungsschrift



1In der Anschuldigungsschrift (§ 114 dieses Gesetzes sowie § 207 Abs. 3 der Strafprozeßordnung) ist die dem Mitglied der Steuerberaterkammer zur Last gelegte Pflichtverletzung unter Anführung der sie begründenden Tatsache zu bezeichnen (Anschuldigungssatz). 2Ferner sind die Beweismittel anzugeben, wenn in der Hauptverhandlung Beweise erhoben werden sollen. 3Die Anschuldigungsschrift enthält den Antrag, das Hauptverfahren vor der Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen beim Landgericht zu eröffnen.




§ 118 Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens



(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen beim Landgericht die Anschuldigung zur Hauptverhandlung zu.

(2) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Mitglied der Steuerberaterkammer nicht angefochten werden.

(3) 1Der Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, ist zu begründen. 2Gegen den Beschluß steht der Staatsanwaltschaft die sofortige Beschwerde zu.




§ 119 Rechtskraftwirkung eines ablehnenden Beschlusses



Ist die Eröffnung des Hauptverfahrens durch einen nicht mehr anfechtbaren Beschluß abgelehnt, so kann der Antrag auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel und nur innerhalb von fünf Jahren, seitdem der Beschluß rechtskräftig geworden ist, erneut gestellt werden.


§ 120 Zustellung des Eröffnungsbeschlusses



1Der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist dem Mitglied der Steuerberaterkammer spätestens mit der Ladung zuzustellen. 2Entsprechendes gilt in den Fällen des § 207 Abs. 3 der Strafprozeßordnung für die nachgereichte Anschuldigungsschrift.




§ 121 Hauptverhandlung trotz Ausbleibens des Mitglieds der Steuerberaterkammer



1Die Hauptverhandlung kann gegen ein Mitglied der Steuerberaterkammer, das nicht erschienen ist, durchgeführt werden, wenn es ordnungsmäßig geladen und in der Ladung darauf hingewiesen ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann. 2Eine öffentliche Ladung ist nicht zulässig.




§ 122 (aufgehoben)







§ 123 Beweisaufnahme durch einen ersuchten Richter



1Die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen beim Landgericht kann ein Amtsgericht um die Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen ersuchen. 2Zeugen oder Sachverständige sind jedoch auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Mitglieds der Steuerberaterkammer in der Hauptverhandlung zu vernehmen, es sei denn, dass sie voraussichtlich am Erscheinen in der Hauptverhandlung gehindert sind oder ihnen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann.




§ 124 Verlesen von Protokollen



(1) Die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen beim Landgericht beschließt nach pflichtmäßigem Ermessen, ob die Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen, die bereits in dem berufsgerichtlichen oder in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren vernommen worden sind, zu verlesen sind.

(2) 1Bevor der Gerichtsbeschluss ergeht, kann die Staatsanwaltschaft oder das Mitglied der Steuerberaterkammer beantragen, Zeugen oder Sachverständige in der Hauptverhandlung zu vernehmen. 2Einem solchen Antrag ist zu entsprechen, es sei denn, dass die Zeugen oder Sachverständigen voraussichtlich am Erscheinen in der Hauptverhandlung gehindert sind oder ihnen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann. 3Wird dem Antrag stattgegeben, so darf das Protokoll über die frühere Vernehmung nicht verlesen werden.

(3) 1Sind Zeugen oder Sachverständige durch einen ersuchten Richter vernommen worden (§ 123), so kann der Verlesung des Protokolls nicht widersprochen werden. 2Die Staatsanwaltschaft oder das Mitglied der Steuerberaterkammer kann jedoch der Verlesung widersprechen, wenn ein Antrag gemäß § 123 Satz 2 abgelehnt worden ist und Gründe für die Ablehnung des Antrags jetzt nicht mehr bestehen.




§ 125 Entscheidung



(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Das Urteil lautet auf Freisprechung, Verurteilung oder Einstellung des Verfahrens.

(3) Das berufsgerichtliche Verfahren ist, abgesehen von dem Fall des § 260 Abs. 3 der Strafprozeßordnung, einzustellen

1.
wenn die Bestellung zum Steuerberater oder die Anerkennung als Berufsausübungsgesellschaft erloschen, zurückgenommen oder widerrufen ist;

2.
wenn nach § 92 von einer berufsgerichtlichen Ahndung abzusehen ist.