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B. - Bundesentschädigungsgesetz (BEG)

G. v. 18.09.1953 BGBl. I S. 1387; zuletzt geändert durch Artikel 14 Abs. 5 G. v. 28.06.2021 BGBl. I S. 2250
Geltung ab 01.01.1964; FNA: 251-1 Entschädigung Bereinigung von DDR-Unrecht
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Zweiter Abschnitt Schadenstatbestände

Siebenter Titel Schaden im beruflichen und im wirtschaftlichen Fortkommen

II. Schaden im beruflichen Fortkommen

3. Unselbständige Berufe

B. Öffentlicher Dienst

a) Gemeinsame Vorschriften

§ 99



(1) Der verfolgte Angehörige des öffentlichen Dienstes (§§ 1, 2, 2a des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes) hat Anspruch auf Entschädigung für die Zeit vor dem 1. April 1950, wenn ihm auf Grund einer der folgenden Maßnahmen Bezüge entgangen sind:

1.
bei Beamten und Berufssoldaten

a)
Beendigung des Dienstverhältnisses auf Grund Strafurteils,

b)
Entfernung aus dem Dienst,

c)
Entlassung ohne Versorgung oder mit gekürzter Versorgung,

d)
vorzeitige Versetzung in den Ruhestand,

e)
Versetzung in den Wartestand,

f)
Versetzung in ein Amt oder auf einen Dienstposten mit niedrigerem Endgrundgehalt;

2.
bei Versorgungsempfängern

a)
Vorenthaltung der Versorgungsbezüge,

b)
Kürzung der Versorgungsbezüge;

3.
bei Angestellten und Arbeitern

a)
Entlassung,

b)
vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses,

c)
Verwendung in einer Tätigkeit mit geringerer Vergütung oder geringerem Lohn;

4.
bei nichtbeamteten außerordentlichen Professoren und Privatdozenten an den wissenschaftlichen Hochschulen

Entziehung der Lehrbefugnis (venia legendi).

Es wird vermutet, daß das Dienst- oder Arbeitsverhältnis über den 8. Mai 1945 hinaus fortgedauert hätte, wenn es ohne die Verfolgung zu diesem Zeitpunkt noch bestanden hätte.

(2) Als Entlassung, vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, Vorenthaltung der Versorgungsbezüge oder Entziehung der Lehrbefugnis im Sinne des Absatzes 1 gelten auch Maßnahmen, welche die gleiche Folge kraft Gesetzes gehabt haben. Als Entlassung gelten ferner bei verfolgten Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den in § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes erwähnten Gebieten die Ablehnung der Weiterverwendung und bei Verfolgten, deren Dienstverhältnis mit der Ablegung der den Vorbereitungsdienst abschließenden Prüfung geendet hat, die Nichtübernahme als außerplanmäßiger Beamter.

(3) §§ 1 bis 14, 64 finden Anwendung.


§ 100



Anspruch auf Entschädigung besteht nicht, wenn eine gleiche Maßnahme aus beamten- oder tarifrechtlichen Gründen, die nicht mit nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen im Zusammenhang stehen, nach heutiger Rechtsauffassung gerechtfertigt gewesen wäre. Die Verheiratung einer verfolgten Angehörigen des öffentlichen Dienstes ist kein beamten- oder tarifrechtlicher Grund im Sinne des Satzes 1.


§ 101



Ist eine Maßnahme nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 und 2 durch Strafurteil oder durch Dienststrafurteil ausgesprochen worden oder ist sie die gesetzliche Folge eines solchen Urteils, so findet § 44 entsprechende Anwendung. Der Aufhebung des Urteils steht die Beseitigung der beamten- oder versorgungsrechtlichen Folgen des Urteils im Gnadenwege gleich.


b) Beamte

§ 102



(1) Der Beamte, dem auf Grund einer der in § 99 Abs. 1 Nr. 1 genannten Maßnahmen Dienstbezüge entgangen sind, hat Anspruch auf eine Kapitalentschädigung, wenn er

1.
keine Versorgungsbezüge erhalten hat, in Höhe von drei Vierteln der ihm zuletzt gewährten Dienstbezüge;

2.
Versorgungs- oder Wartestandsbezüge erhalten oder ein niedrigeres Diensteinkommen gehabt hat, insoweit als diese Bezüge hinter drei Vierteln der ihm bis zu diesem Zeitpunkt gewährten Dienstbezüge zurückgeblieben sind.

(2) Gehaltskürzungen auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (Reichsgesetzblatt I S. 517, 522), der Zweiten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5. Juni 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 279, 282) und der Vierten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 699, 738) werden nur für den Zeitraum berücksichtigt, in dem sie für die Reichs- und Bundesbeamten gegolten haben.

(3) Befand sich der Beamte im Zeitpunkt der Schädigung im Wartestand (einstweiligen Ruhestand), so finden Absätze 1 und 2 mit der Maßgabe Anwendung, daß an Stelle einer Kapitalentschädigung in Höhe von drei Vierteln der letzten Dienstbezüge eine Kapitalentschädigung in Höhe von drei Vierteln der Wartestandsbezüge tritt.

(4) Hatte der Beamte im Zeitpunkt der Schädigung eine vorgeschriebene oder übliche Laufbahnprüfung abgelegt, aber noch keine planmäßige Anstellung erlangt, so finden Absätze 1 und 2 mit der Maßgabe Anwendung, daß an Stelle einer Kapitalentschädigung in Höhe von drei Vierteln der letzten Dienstbezüge eine Kapitalentschädigung in Höhe von drei Vierteln der Dienstbezüge der Eingangsstufe seiner Dienstlaufbahn tritt. Dies gilt auch im Falle der Nichtübernahme als außerplanmäßiger Beamter (§ 99 Abs. 2 Satz 2).

(5) § 75 Abs. 1 und 2 findet entsprechende Anwendung.


§ 103



Ruhestandsbeamte, Witwen und Waisen, denen Versorgungsbezüge ganz oder teilweise vorenthalten worden sind (§ 99 Abs. 1 Nr. 2), haben Anspruch auf eine Kapitalentschädigung in Höhe der entgangenen Versorgungsbezüge.


§ 104



(1) Ein versorgungsberechtigter Hinterbliebener eines verfolgten Beamten oder Versorgungsempfängers, der als Folge einer gegen den Verfolgten gerichteten Maßnahme (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 und 2) keine oder nur gekürzte Versorgungsbezüge erhalten hat, hat Anspruch auf eine Kapitalentschädigung in Höhe der nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften sich ergebenden Hinterbliebenenbezüge unter Zugrundelegung der Kapitalentschädigung, die dem Verfolgten nach den §§ 102, 103 zugestanden hätte.

(2) Es genügt, daß der versorgungsberechtigte Hinterbliebene die Voraussetzungen des § 4 erfüllt. Im übrigen finden §§ 5 bis 14 entsprechende Anwendung.


§ 105



Bei einem Beamten oder Versorgungsempfänger, der auf Grund mehrerer aufeinanderfolgender Maßnahmen (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 und 2) geschädigt worden ist, bemißt sich die Kapitalentschädigung nach dem Rechtsverhältnis im Zeitpunkt der ersten Schädigung. War der Beamte im Zeitpunkt einer späteren Maßnahme entsprechend seiner früheren Rechtsstellung wiederverwendet, so bemißt sich die Kapitalentschädigung für die Folgezeit nach dem letzten Dienstverhältnis.


§ 106



Für die Bemessung der Entschädigung nach §§ 102 bis 105 sind die Vorschriften des für die Bundesbeamten am 1. April 1951 geltenden Besoldungs- und Versorgungsrechts anzuwenden. Dabei sind die Dienstbezüge, soweit sie ruhegehaltfähig wären, und die Kinderzuschläge zugrunde zu legen.


§ 107



(1) Auf die Kapitalentschädigung nach §§ 102 bis 106 sind für den gleichen Zeitraum gewährte Versorgungsbezüge, Kapitalabfindungen, Unterhaltsbeiträge, Zuwendungen und ähnliche Leistungen aus deutschen öffentlichen Mitteln mit Ausnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge in vollem Umfange anzurechnen. Bezüge, die bei der Bemessung der Kapitalentschädigung bereits berücksichtigt sind (§ 102 Abs. 1 Nr. 2, §§ 103, 104) bleiben bei der Anrechnung außer Betracht.

(2) Ein Berechtigter, der durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft ein Einkommen erzielt hat, erhält die Kapitalentschädigung insoweit, als diese zusammen mit dem Einkommen und den in Absatz 1 genannten Leistungen

1.
bei einem entlassenen, vorzeitig in den Ruhestand oder in den Wartestand versetzten Beamten das Diensteinkommen, das der Beamte bei Belassung im Dienst in regelmäßiger Dienstlaufbahn erreicht hätte,

2.
bei einem Ruhe- oder Wartestandsbeamten die dem Ruhegehalt oder Wartegeld zugrunde liegenden ruhegehaltfähigen Dienstbezüge,

3.
bei einer Witwe 75 vom Hundert der Dienstbezüge nach Nummer 2,

4.
bei einer Waise 40 vom Hundert der Dienstbezüge nach Nummer 2

nicht übersteigt. Dabei ist Einkommen, das vor dem 1. Juli 1948 erzielt worden ist, nicht zu berücksichtigen.


c) Berufssoldaten

§ 108



(1) §§ 102 bis 107 finden auf Berufssoldaten der früheren Wehrmacht sowie ihre Hinterbliebenen entsprechende Anwendung.

(2) Für die Bemessung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nach den Besoldungsordnungen A und B ist die zu § 20 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes als Anlage beigefügte Tabelle maßgebend. Die Festsetzung des Besoldungsdienstalters in den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A bestimmt sich, insbesondere für die Frage, welche Bezüge als ruhegehaltfähige Dienstbezüge zu gelten haben, nach den für Beamte geltenden Vorschriften des Reichsbesoldungsgesetzes gemäß der Verordnung zur Durchführung des § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes.

(3) Zur früheren Wehrmacht gehören die Wehrmacht im Sinne des Wehrgesetzes vom 21. Mai 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 609), die Reichswehr und die alte Wehrmacht (Heer, Marine, Schutztruppe).


d) Angestellte und Arbeiter

§ 109



§§ 102 bis 107 finden auf Angestellte und Arbeiter (§ 99 Abs. 1 Nr. 3), die im Zeitpunkt der Schädigung einen vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn hatten oder die einen solchen Anspruch ohne die Schädigung erlangt haben würden, sowie auf ihre Hinterbliebenen entsprechende Anwendung.


§ 110



(1) §§ 87, 88, 90 bis 98 finden auf Angestellte und Arbeiter (§ 99 Abs. 1 Nr. 3), die im Zeitpunkt der Schädigung keinen vertraglichen Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder auf Ruhelohn hatten und einen solchen Anspruch auch ohne die Schädigung nicht erlangt haben würden, sowie auf ihre Hinterbliebenen entsprechende Anwendung.

(2) Die in Absatz 1 genannten Angestellten und Arbeiter sowie ihre Hinterbliebenen haben abweichend von § 99 Abs. 1 Anspruch auf Entschädigung auch für die Zeit nach dem 1. April 1950, längstens jedoch bis zu dem Zeitpunkt, von dem an sie laufende Bezüge nach § 21a des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes erhalten.


e) Nichtbeamtete außerordentliche Professoren und Privatdozenten an den wissenschaftlichen Hochschulen

§ 111



(1) Nichtbeamtete außerordentliche Professoren und Privatdozenten an den wissenschaftlichen Hochschulen (§ 99 Abs. 1 Nr. 4) haben Anspruch auf eine Kapitalentschädigung in Höhe von drei Vierteln der Dienstbezüge, die ihnen zugestanden hätten, wenn ihnen im Zeitpunkt der Schädigung eine Diätendozentur übertragen worden und das Gesetz über die Besoldung der Hochschullehrer vom 17. Februar 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 252) in diesem Zeitpunkt bereits in Kraft gewesen wäre.

(2) §§ 104 bis 107 finden entsprechende Anwendung.