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Verordnung über die Berufsausbildung zum Orgel- und Harmoniumbauer/zur Orgel- und Harmoniumbauerin (Orgelbauer-Ausbildungsverordnung - OrgbAusbV)

V. v. 14.12.1984 BGBl. I S. 1566; aufgehoben durch § 26 V. v. 11.02.2019 BGBl. I S. 92
Geltung ab 01.08.1985; FNA: 806-21-1-117 Berufliche Bildung
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Eingangsformel



Auf Grund des § 25 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112) der zuletzt durch § 24 Nr. 1 des Gesetzes vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2525) geändert worden ist, und auf Grund des § 25 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Dezember 1965 (BGBl. 1966 I S. 1), der zuletzt durch § 25 Nr. 1 des Gesetzes vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2525) geändert worden ist, wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft verordnet:


§ 1 Anwendungsbereich



Diese Verordnung gilt für die Berufsausbildung in dem Ausbildungsberuf Orgel- und Harmoniumbauer/Orgel- und Harmoniumbauerin nach der Handwerksordnung und für die Berufsausbildung in dem nach § 2 anerkannten Ausbildungsberuf.


§ 2 Staatliche Anerkennung des Ausbildungsberufs



Der Ausbildungsberuf Orgel- und Harmoniumbauer/Orgel- und Harmoniumbauerin wird staatlich anerkannt.


§ 3 Ausbildungsdauer, Fachrichtungen



Die Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre. Nach dem 2. Ausbildungsjahr kann zwischen den Fachrichtungen

1.
Orgelbau und

2.
Pfeifenbau

gewählt werden.


§ 4 Ausbildungsberufsbild



(1) Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse:

1.
Berufsbildung,

2.
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebs,

3.
Arbeits- und Tarifrecht, Arbeitsschutz,

4.
Unfallverhütung, Umweltschutz und rationelle Energieverwendung,

5.
Lesen und Anfertigen von Skizzen und Zeichnungen,

6.
Instandhalten von Werkzeugen, Warten und Bedienen von Maschinen und Einrichtungen,

7.
Holz und Holzwerkstoffe,

8.
Be- und Verarbeiten von Holz,

9.
Be- und Verarbeiten von Metallen und Kunststoffen,

10.
Arbeiten mit Klebstoffen, Behandeln von Oberflächen,

11.
Kenntnisse des Aufbaus und der Funktionszusammenhänge von Orgeln und Harmonien,

12.
Herstellen von Windversorgungsanlagen,

13.
Bau von Windladen,

14.
Anfertigen von Holzpfeifen einfacher Bauart,

15.
Anfertigen von zylindrischen Pfeifen aus Zinnbleilegierung,

16.
Aufbauen von Orgeln in der Werkstatt,

17.
Stimmen von Orgelpfeifen und Harmoniumzungen,

18.
Intonieren von Pfeifen,

19.
Pflegen und Reparieren von Orgeln und Harmonien.

(2) Gegenstand der Berufsausbildung in den Fachrichtungen sind mindestens die folgenden Fertigkeiten und Kenntnisse:

1.
in der Fachrichtung Orgelbau:

a)
Bau von Windladen,

b)
Herstellen von Spieltischteilen,

c)
Bau von Gehäuseteilen,

d)
Anfertigen und Montieren von Trakturteilen,

e)
Montieren von Orgeln am Aufstellungsplatz;

2.
in der Fachrichtung Pfeifenbau:

a)
Herstellen von Platten für Metallpfeifen,

b)
Herstellen von labialen Metallpfeifen,

c)
Herstellen von labialen Holzpfeifen,

d)
Herstellen von lingualen Pfeifen.


§ 5 Ausbildungsrahmenplan



Die Fertigkeiten und Kenntnisse nach § 4 sollen nach der in der Anlage enthaltenen Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Berufsausbildung (Ausbildungsrahmenplan) vermittelt werden. Eine vom Ausbildungsrahmenplan abweichende sachliche und zeitliche Gliederung des Ausbildungsinhalts ist insbesondere zulässig, soweit betriebspraktische Besonderheiten die Abweichung erfordern.


§ 6 Ausbildungsplan



Der Ausbildende hat unter Zugrundelegung des Ausbildungsrahmenplans für den Auszubildenden einen Ausbildungsplan zu erstellen.


§ 7 Berichtsheft



Der Auszubildende hat ein Berichtsheft in Form eines Ausbildungsnachweises zu führen. Ihm ist Gelegenheit zu geben, das Berichtsheft während der Ausbildungszeit zu führen. Der Ausbildende hat das Berichtsheft regelmäßig durchzusehen.


§ 8 Zwischenprüfung



(1) Zur Ermittlung des Ausbildungsstandes ist eine Zwischenprüfung durchzuführen. Sie soll vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres stattfinden.

(2) Die Zwischenprüfung erstreckt sich auf die in der Anlage für das erste Ausbildungsjahr und die unter laufender Nummer 6 Buchstaben i und k, Nummer 10 Buchstaben d bis f, Nummer 13 Buchstaben e und f, Nummer 14 und 15 für das zweite Ausbildungsjahr aufgeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sowie auf den im Berufsschulunterricht entsprechend den Rahmenlehrplänen zu vermittelnden Lehrstoff, soweit er für die Berufsausbildung wesentlich ist.

(3) Zum Nachweis der Fertigkeiten soll der Prüfling in insgesamt höchstens 5 Stunden 2 Arbeitsproben durchführen. Hierfür kommen insbesondere in Betracht:

1.
Holzverbindungen herstellen,

2.
Holz- oder Metallwelle anfertigen,

3.
Gewinde schneiden,

4.
Holzpfeife kröpfen,

5.
Pedalobertaste anfertigen.

(4) Zum Nachweis der Kenntnisse soll der Prüfling in insgesamt höchstens 180 Minuten Aufgaben aus folgenden Gebieten schriftlich lösen:

1.
Werkstoffe: Holz, Metalle, Kunststoff,

2.
Werkzeuge,

3.
Holzverbindungen,

4.
Stimmen von Instrumenten,

5.
Geschichte des Instrumentenbaus,

6.
Flächen-, Körper- und Gewichtsberechnungen,

7.
Berechnungen zur Maschinenbedienung,

8.
Berechnungen aus der Akustik,

9.
normgerechte Zeichnungen von Orgelteilen.

Die schriftlichen Aufgaben sollen auch praxisbezogene Fälle berücksichtigen.

(5) Die in Absatz 4 genannte Prüfungsdauer kann insbesondere unterschritten werden, soweit die schriftliche Prüfung in programmierter Form durchgeführt wird.


§ 9 Abschlußprüfung und Gesellenprüfung



(1) Die Abschlußprüfung und die Gesellenprüfung erstrecken sich auf die in der Anlage aufgeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sowie auf den im Berufsschulunterricht vermittelten Lehrstoff, soweit er für die Berufsausbildung wesentlich ist.

(2) Zum Nachweis der Fertigkeiten soll der Prüfling in insgesamt höchstens 8 Stunden 3 Arbeitsproben durchführen und in insgesamt höchstens 40 Stunden ein Prüfungsstück anfertigen. Von den 3 Arbeitsproben sollen 2 auf die in der Anlage unter I. genannten Fertigkeiten entfallen und eine auf die Fertigkeiten, die Gegenstand der Berufsausbildung in der jeweiligen Fachrichtung sind.

1.
Als Arbeitsproben kommen insbesondere in Betracht:

a)
für die in der Anlage unter I. genannten Fertigkeiten:

aa)
Pfeifen kröpfen,

bb)
Metallpfeifenfuß herstellen,

cc)
Metallpfeifenkörper herstellen,

dd)
gekröpften Windkanal herstellen,

ee)
Rollgalgen für Balgventilsteuerung herstellen,

ff)
labiale und linguale Pfeifen in Oktaven beistimmen;

b)
in der Fachrichtung Orgelbau:

aa)
Balgkasten zinken,

bb)
Rollventil herstellen,

cc)
Notenpult graten,

dd)
Temperatur legen;

c)
in der Fachrichtung Pfeifenbau:

aa)
Labium an einer Holzpfeife ausarbeiten,

bb)
Labierschablone aus Metall anfertigen,

cc)
Holzpfeifenstöpsel einpassen und belegen,

dd)
90 Grad Kropf an konischem Becher herstellen.

2.
Als Prüfungsstück kommt insbesondere in Betracht:

a)
in der Fachrichtung Orgelbau:

aa)
Tremolosteuerung mit Keilstoßbalg anfertigen,

bb)
eine Oktave gedeckte Holzpfeifen 8' herstellen,

cc)
Magazinbalg herstellen,

dd)
Portativwindlade herstellen;

b)
in der Fachrichtung Pfeifenbau:

aa)
Pedalregister 2' offen zuschneiden und herstellen,

bb)
Prospektfeld anfertigen,

cc)
eine Oktave eines Zungenregisters herstellen.

(3) Zum Nachweis der Kenntnisse soll der Prüfling in den Prüfungsfächern Technologie, Technische Mathematik, Technisches Zeichnen sowie Wirtschafts- und Sozialkunde schriftlich geprüft werden. Es kommen Fragen und Aufgaben insbesondere aus folgenden Gebieten in Betracht:

1.
im Prüfungsfach Technologie:

a)
Entwicklung der Orgel im Rahmen der Musik- und Baugeschichte,

b)
Funktionsweisen von Orgeln und Harmonien,

c)
Arten und Eigenschaften der im Orgelbau verwendeten Werkstoffe,

d)
Akustik;

2.
im Prüfungsfach Technische Mathematik:

a)
Hebelgesetz,

b)
akustische Berechnungen,

c)
Berechnungen aus der Elektrizitätslehre,

d)
Berechnungen aus der Pneumatik,

e)
maschinentechnische Berechnungen,

f)
Material- und Lohnberechnungen;

3.
im Prüfungsfach Technisches Zeichnen:

Darstellung von Orgelteilen;

4.
im Prüfungsfach Wirtschafts- und Sozialkunde:

allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge der Berufs- und Arbeitswelt.

Die Fragen und Aufgaben sollen auch praxisbezogene Fälle berücksichtigen.

(4) Für die schriftliche Kenntnisprüfung ist von folgenden zeitlichen Höchstwerten auszugehen:

1.
im Prüfungsfach Technologie 120 Minuten,

2.
im Prüfungsfach Technische Mathematik 90 Minuten,

3.
im Prüfungsfach Technisches Zeichnen 90 Minuten,

4.
im Prüfungsfach Wirtschafts- und Sozialkunde 60 Minuten.

(5) Die in Absatz 4 genannte Prüfungsdauer kann insbesondere unterschritten werden, soweit die schriftliche Prüfung in programmierter Form durchgeführt wird.

(6) Die schriftliche Prüfung ist auf Antrag des Prüflings oder nach Ermessen des Prüfungsausschusses in einzelnen Fächern durch eine mündliche Prüfung zu ergänzen, wenn diese für das Bestehen der Prüfung den Ausschlag geben kann. Die schriftliche Prüfung hat gegenüber der mündlichen das doppelte Gewicht.

(7) Innerhalb der Kenntnisprüfung hat das Prüfungsfach Technologie gegenüber jedem der übrigen Prüfungsfächer das doppelte Gewicht.

(8) Die Prüfung ist bestanden, wenn jeweils in der Fertigkeits- und der Kenntnisprüfung sowie innerhalb der Kenntnisprüfung im Prüfungsfach Technologie mindestens ausreichende Leistungen erbracht sind.


§ 10 Aufhebung von Vorschriften



Die bisher festgelegten Berufsbilder, Berufsbildungspläne und Prüfungsanforderungen für die Lehrberufe, Anlernberufe und vergleichbar geregelten Ausbildungsberufe, die in dieser Verordnung geregelt sind, insbesondere für den Ausbildungsberuf Orgelbauer, sind vorbehaltlich des § 11 nicht mehr anzuwenden.


§ 11 Übergangsregelung



Auf Berufsausbildungsverhältnisse, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestehen, sind die bisherigen Vorschriften weiter anzuwenden, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren die Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung.


§ 12 Berlin-Klausel



Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes in Verbindung mit § 112 des Berufsbildungsgesetzes und § 128 der Handwerksordnung auch im Land Berlin.


§ 13 Inkrafttreten



Diese Verordnung tritt am 1. August 1985 in Kraft.


Anlage (zu § 5) Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Orgel- und Harmoniumbauer/zur Orgel- und Harmoniumbauerin



(siehe BGBl. I 1984 S. 1566ff)