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Unterabschnitt 3 - Wehrpflichtgesetz (WPflG)

neugefasst durch B. v. 15. August 2011 (BGBl. I S. 1730); zuletzt geändert durch Artikel 2 G. v. 20.12.2023 BGBl. 2023 I Nr. 392
Geltung ab 02.03.1983; FNA: 50-1 Wehrverfassung
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Abschnitt 1 Wehrpflicht

Unterabschnitt 3 Wehrdienstausnahmen

§ 9 Wehrdienstunfähigkeit



Zum Wehrdienst wird nicht herangezogen, wer nicht wehrdienstfähig ist.


§ 10 Ausschluss vom Wehrdienst



Vom Wehrdienst ist ausgeschlossen,

1.
wer durch ein deutsches Gericht wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat, Gefährdung der äußeren Sicherheit oder Volksverhetzung strafbar ist, zu Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder mehr verurteilt worden ist, es sei denn, dass die Eintragung über die Verurteilung im Zentralregister getilgt ist,

2.
wer infolge Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt,

3.
wer einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach den §§ 64, 66, 66a oder 66b des Strafgesetzbuches unterworfen ist, solange die Maßregel nicht erledigt ist,

4.
wer unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds aufweist, die mit den Vorgaben der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 4 des Soldatengesetzes nicht vereinbar sind.




§ 11 Befreiung vom Wehrdienst



(1) Vom Wehrdienst sind befreit

1.
ordinierte Geistliche evangelischen Bekenntnisses,

2.
Geistliche römisch-katholischen Bekenntnisses, die die Diakonatsweihe empfangen haben,

3.
hauptamtlich tätige Geistliche anderer Bekenntnisse, deren Amt dem eines ordinierten Geistlichen evangelischen oder eines Geistlichen römisch-katholischen Bekenntnisses, der die Diakonatsweihe empfangen hat, entspricht,

4.
schwerbehinderte Menschen,

5.
Wehrpflichtige, die auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages für die Dauer einer Tätigkeit in einer internationalen Behörde eine entsprechende Befreiung genießen.

(2) 1Vom Wehrdienst sind Wehrpflichtige auf Antrag zu befreien,

1.
deren Vater, Mutter, Bruder oder Schwester an den Folgen einer Wehr- oder Zivildienstbeschädigung verstorben ist,

2.
deren zwei Geschwister

a)
Grundwehrdienst von der in § 5 Abs. 1a bestimmten Dauer,

b)
Zivildienst von der in § 24 Abs. 2 des Zivildienstgesetzes bestimmten Dauer,

c)
Dienst im Zivilschutz oder Katastrophenschutz nach § 13a Abs. 1 Satz 1 dieses Gesetzes oder nach § 14 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes,

d)
Entwicklungsdienst nach § 13b Abs. 1 dieses Gesetzes oder nach § 14a Abs. 1 des Zivildienstgesetzes,

e)
einen anderen Dienst im Ausland nach § 14b Abs. 1 des Zivildienstgesetzes,

f)
einen freiwilligen Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz von mindestens sechs Monaten,

g)
ein freies Arbeitsverhältnis nach § 15a Abs. 1 des Zivildienstgesetzes oder

h)
Wehrdienst von höchstens zwei Jahren Dauer als Soldatin auf Zeit oder Soldat auf Zeit

geleistet haben oder

3.
die

a)
verheiratet sind,

b)
eingetragene Lebenspartner sind oder

c)
die elterliche Sorge gemeinsam oder als Alleinerziehende ausüben.

2Der Antrag ist frühestens nach Mitteilung der Erfassung durch die Erfassungsbehörde (§ 15 Abs. 1 Satz 2) und spätestens bis zum Abschluss der Musterung schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift beim Karrierecenter der Bundeswehr zu stellen, es sei denn, der Befreiungsgrund tritt erst später ein oder wird später bekannt. 3Er ist zu begründen.




§ 12 Zurückstellung vom Wehrdienst



(1) Vom Wehrdienst wird zurückgestellt,

1.
wer vorübergehend nicht wehrdienstfähig ist,

2.
wer, abgesehen von den Fällen des § 10, Freiheitsstrafe, Strafarrest, Jugendstrafe oder Jugendarrest verbüßt, sich in Untersuchungshaft befindet oder nach § 63 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist.

(1a) Vom Wehrdienst wird ferner zurückgestellt, wer auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages für die Dauer einer Tätigkeit in einer internationalen Behörde nicht zum Wehrdienst herangezogen werden kann.

(2) Vom Wehrdienst werden Wehrpflichtige, die sich auf das geistliche Amt (§ 11) vorbereiten, auf Antrag zurückgestellt. Hierzu sind beizubringen:

1.
der Nachweis eines ordentlichen theologischen Studiums oder einer ordentlichen theologischen Ausbildung und

2.
eine Erklärung des zuständigen Landeskirchenamtes, der bischöflichen Behörde, des Ordensoberen oder der entsprechenden Oberbehörde einer anderen Religionsgemeinschaft, dass sich der Wehrpflichtige auf das geistliche Amt vorbereitet.

(3) Hat ein Wehrpflichtiger seiner Aufstellung für die Wahl zum Deutschen Bundestag, zu einem Landtag oder zum Europäischen Parlament zugestimmt, so ist er bis zur Wahl zurückzustellen. Hat er die Wahl angenommen, so kann er für die Dauer des Mandats nur auf seinen Antrag einberufen werden.

(4) Vom Wehrdienst soll ein Wehrpflichtiger auf Antrag zurückgestellt werden, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Eine solche liegt in der Regel vor,

1.
wenn im Falle der Einberufung des Wehrpflichtigen

a)
die Versorgung seiner Familie, hilfsbedürftiger Angehöriger oder anderer hilfsbedürftiger Personen, für deren Lebensunterhalt er aus rechtlicher oder sittlicher Verpflichtung aufzukommen hat, gefährdet würde oder

b)
für Verwandte ersten Grades besondere Notstände zu erwarten sind,

2.
wenn der Wehrpflichtige für die Erhaltung und Fortführung eines eigenen Betriebes unentbehrlich ist,

3.
wenn die Einberufung des Wehrpflichtigen

a)
eine zu einem schulischen Abschluss führende Ausbildung,

b)
ein Hochschulstudium, bei dem zum vorgesehenen Diensteintritt das dritte Semester erreicht ist,

c)
einen zum vorgesehenen Diensteintritt begonnenen dualen Bildungsgang (Studium mit studienbegleitender betrieblicher Ausbildung), dessen Regelstudienzeit acht Semester nicht überschreitet und bei dem das Studium spätestens drei Monate nach Beginn der betrieblichen Ausbildung aufgenommen wird,

d)
einen zum vorgesehenen Diensteintritt zu einem Drittel absolvierten sonstigen Ausbildungsabschnitt oder

e)
eine bereits begonnene Berufsausbildung

unterbrechen oder die Aufnahme einer rechtsverbindlich zugesagten oder vertraglich gesicherten Berufsausbildung verhindern würde.

(5) Vom Wehrdienst kann ein Wehrpflichtiger ferner zurückgestellt werden, wenn gegen ihn ein Strafverfahren anhängig ist, in dem Freiheitsstrafe, Strafarrest, Jugendstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu erwarten ist, oder wenn seine Einberufung die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.

(6) In den Fällen des Absatzes 4, ausgenommen Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 3, sowie des Absatzes 7, darf der Wehrpflichtige vom Grundwehrdienst höchstens so lange zurückgestellt werden, dass er noch vor der für ihn nach § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 maßgebenden Altersgrenze einberufen werden kann. In Ausnahmefällen, in denen die Einberufung eine unzumutbare Härte bedeuten würde, kann er auch darüber hinaus zurückgestellt werden.

(7) Vom Wehrdienst soll ein Wehrpflichtiger auf Antrag auch zurückgestellt werden, wenn er für die Erhaltung und Fortführung des elterlichen Betriebes oder des Betriebes seines Arbeitgebers oder für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung seiner Dienstbehörde unentbehrlich ist. In diesem Fall sind die Eltern, der Arbeitgeber oder die Dienstbehörde des Wehrpflichtigen antragsberechtigt und verpflichtet, den Wegfall der Voraussetzungen für die Unentbehrlichkeit der zuständigen Wehrersatzbehörde anzuzeigen. Die Zurückstellung bedarf der Zustimmung des Wehrpflichtigen. Die Einberufung des Wehrpflichtigen ist bis zur Entscheidung über den Antrag auszusetzen.




§ 13 Unabkömmlichstellung



(1) Zum Ausgleich des personellen Kräftebedarfs für die Aufgaben der Bundeswehr und andere Aufgaben kann ein Wehrpflichtiger im Spannungs- oder Verteidigungsfall im öffentlichen Interesse für den Wehrdienst unabkömmlich gestellt werden, wenn und solange er für die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht entbehrt werden kann.

(2) 1Über die Unabkömmlichstellung entscheidet die Wehrersatzbehörde auf Vorschlag der zuständigen Verwaltungsbehörde. 2Das Vorschlagsrecht steht auch den Kirchen und Religionsgemeinschaften, soweit sie Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, für ihre Bediensteten zu. 3Die Zuständigkeit und das Verfahren regelt eine Rechtsverordnung. 4In der Rechtsverordnung kann die Befugnis zur Bestimmung der zuständigen Behörden auf oberste Bundesbehörden oder auf die Landesregierungen mit der Befugnis zur Weiterübertragung auf oberste Landesbehörden übertragen werden; die nach dieser Verordnung vorschlagsberechtigte oberste Bundesbehörde oder die Landesregierung kann, soweit Landesrecht dies zulässt, das Vorschlagsrecht auch durch allgemeine Verwaltungsvorschrift regeln. 5Die Rechtsverordnung regelt auch, wie Meinungsverschiedenheiten zwischen der Wehrersatzbehörde und der vorschlagenden Verwaltungsbehörde unter Abwägung der verschiedenen Belange auszugleichen sind. 6Die Rechtsverordnung regelt ferner, für welche Fristen die Unabkömmlichstellung ausgesprochen werden kann und welche sachverständigen Stellen der öffentlichen Verwaltung und Wirtschaft zu hören sind.

(3) 1Die Dienstbehörde oder der Arbeitgeber des Wehrpflichtigen ist verpflichtet, den Wegfall der Voraussetzungen für die Unabkömmlichstellung der zuständigen Wehrersatzbehörde anzuzeigen. 2Wehrpflichtige, die in keinem Arbeits- oder Dienstverhältnis stehen, haben den Wegfall der Voraussetzungen selbst anzuzeigen.




§ 13a Zivilschutz oder Katastrophenschutz



(1) 1Wehrpflichtige, die sich vor Vollendung des 23. Lebensjahres mit Zustimmung der zuständigen Behörde auf mindestens vier Jahre zum ehrenamtlichen Dienst als Helfer im Zivilschutz oder Katastrophenschutz verpflichtet haben, werden nicht zum Wehrdienst herangezogen, solange sie als Helfer im Zivilschutz oder Katastrophenschutz mitwirken. 2Dies gilt auch bei von der zuständigen Behörde genehmigten Unterbrechungen der Mitwirkung, wenn die auf der Mindestverpflichtung beruhende vierjährige Mitwirkung noch bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres erfüllt werden kann. 3Auf Verlangen des Bundesministeriums der Verteidigung ist zwischen diesem und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat die Zahl, bis zu der Freistellungen möglich sind, unter angemessener Berücksichtigung des Personalbedarfs der Bundeswehr, des Zivilschutzes und des Katastrophenschutzes zu vereinbaren. 4Dabei kann auch nach Jahrgängen, beruflicher Tätigkeit und Ausbildungsstand unterschieden sowie die Zustimmung des Karrierecenters der Bundeswehr vorgesehen werden.

(2) 1Haben Wehrpflichtige vier Jahre im Zivilschutz oder Katastrophenschutz mitgewirkt, so erlischt ihre Pflicht, Grundwehrdienst zu leisten. 2Genehmigte Unterbrechungen der Mitwirkung (Absatz 1 Satz 2) gelten als Mitwirkung, soweit sie insgesamt einen Zeitraum von sechs Monaten nicht übersteigen. 3Endet die Mitwirkung aus Gründen, die nicht in der Person oder in dem Verhalten des Wehrpflichtigen liegen, vorzeitig, so ist die im Zivilschutz oder Katastrophenschutz zurückgelegte Zeit, soweit sie die Hälfte der Zeit nach Satz 1 übersteigt, anteilmäßig auf den Grundwehrdienst anzurechnen.

(3) Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, der zuständigen Wehrersatzbehörde das Vorliegen sowie den Wegfall der Voraussetzungen für die Nichtheranziehung von Wehrpflichtigen zum Wehrdienst anzuzeigen.




§ 13b Entwicklungsdienst



(1) Wehrpflichtige werden bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres nicht zum Wehrdienst herangezogen, wenn sie sich gegenüber einem nach § 2 des Entwicklungshelfer-Gesetzes anerkannten Träger des Entwicklungsdienstes im Rahmen des Bedarfs dieses Trägers vertraglich zur Leistung eines mindestens zweijährigen Entwicklungsdienstes verpflichtet haben, sich in angemessener Weise für die spätere Tätigkeit als Entwicklungshelfer fortbilden und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dies bestätigt.

(2) Wehrpflichtige werden ferner nicht zum Wehrdienst herangezogen, wenn und solange sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erfüllen.

(3) Haben Wehrpflichtige Entwicklungsdienst von der in Absatz 1 genannten Mindestdauer geleistet, so erlischt ihre Pflicht, Grundwehrdienst zu leisten. Wird der Entwicklungsdienst aus Gründen, die der Wehrpflichtige nicht zu vertreten hat, vorzeitig beendet, so ist die im Entwicklungsdienst zurückgelegte Zeit, soweit sie die Zeit übersteigt, die der Grundwehrdienst dauert, auf den Wehrdienst anzurechnen.

(4) Die Träger des Entwicklungsdienstes sind verpflichtet, das Vorliegen sowie den Wegfall der Voraussetzungen für die Nichtheranziehung von Wehrpflichtigen der zuständigen Wehrersatzbehörde anzuzeigen.